Teure Abmahnung wegen einmaligen Falschparkens zulässig?

17.06.2020, Redaktion Anwalt-Suchservice
Parkverbotsschild,privat Falschparker erhalten manchmal eine teure anwaltliche Abmahnung. © Bu - Anwalt-Suchservice

Inhaber privater Parkplätze können gegen Falschparker durchaus auch mit einer anwaltlichen Abmahnung vorgehen. Nicht immer ist eine kostenpflichtige Abmahnung jedoch gerechtfertigt.

Eigentümer oder Mieter von Parkplätzen oder Stellplätzen sind meist nicht erbaut, wenn sie ihren Parkplatz durch ein fremdes Auto besetzt vorfinden. Gerade nach dem Einkauf - beladen mit schweren Einkaufstüten - oder zum wohlverdienten Feierabend ist dies ein Ärgernis. Eine Möglichkeit besteht darin, das betreffende Fahrzeug abschleppen zu lassen.
Manche Parkplatzbesitzer greifen zur Selbstjustiz und parken das fremde Auto zu oder blockieren es gar mit einer Parkkralle. Damit begehen sie jedoch unter Umständen eine Nötigung und machen sich strafbar.
Andere wenden sich an ihren Anwalt und veranlassen, dass dieser den Missetäter abmahnt. Oder auch an einen der Dienstleister wie etwa www.parkplatzdieb.de, die ebenfalls den Weg der anwaltlichen Abmahnung beschreiten.

Wie funktioniert eine Abmahnung wegen Falschparken?


Eine Abmahnung bedeutet, dass der Rechtsanwalt des Parkplatzinhabers den Falschparker formell dazu auffordert, das Falschparken an dieser Stelle künftig zu unterlassen und eine entsprechende Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Darin verpflichtet dieser sich, eine vierstellige Vertragsstrafe zu zahlen, falls er noch einmal dort parkt. Natürlich stellt der Anwalt dem Falschparker auch gleich seine Kosten in Rechnung. Dies können bis zu 300 Euro sein. Dazu kommen geringe Kosten für die Halterermittlung des Fahrzeugs über dessen Kennzeichen. Den Parkplatzbesitzer kostet das Vorgehen dann nichts.

Wie wird die Abmahnung rechtlich begründet?


In rechtlicher Hinsicht geht man davon aus, dass der Falschparker durch das Abstellen seines Fahrzeugs auf einem fremden Parkplatz (der also vermietet oder Eigentum eines anderen ist) eine sogenannte verbotene Eigenmacht begeht.
Dieser zivilrechtliche Begriff bedeutet: Der Parkende stört den Besitzer in der Ausübung seines Besitzrechtes an seinem Parkplatz. Geregelt ist dies in § 858 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Der Parkplatzbesitzer hat gegen die verbotene Eigenmacht einen Unterlassungsanspruch aus § 862 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Was sagen die Gerichte?


Der Bundesgerichtshof hat bereits 2012 bestätigt, dass ein Parkplatzinhaber (Mieter oder Eigentümer) grundsätzlich einen Unterlassungsanspruch hat. Dieser richtete sich im BGH-Fall gegen den Halter des falsch geparkten Autos. Dessen Einwand (oder Ausrede) er sei nicht selbst gefahren, nützte ihm nichts: Als Halter habe er die Verfügungsgewalt über sein Fahrzeug, könne es im Zweifelsfall wegfahren und entscheide, wem er es überlasse. Er hafte also auch als sogenannter "Zustandsstörer", wenn jemand anders das Auto unberechtigt auf einem Privatparkplatz parke (21.9.2012, Az. V ZR 230/11).

Natürlich haftet auch der eigentliche Fahrer auf Unterlassung. Da man dessen Personalien jedoch kaum herausfinden wird, richten sich die Ansprüche in der Regel gegen den Halter. Dazu kommt: Erstaunlicherweise scheinen viele Menschen ihr Auto Unbekannten zu leihen, an die sie sich am nächsten Tag nicht mehr erinnern. Dies nützt ihnen rechtlich jedoch wenig.

Dem Urteil zufolge konnten dem Halter auch die Kosten für die Halterermittlung auferlegt werden. Im BGH-Fall waren dies 5,65 Euro.

Der Bundesgerichtshof bestätigte auch in einem Urteil von 2015, dass ein Unterlassungsanspruch gegen Falschparker besteht. Dieser gilt nicht nur bei unberechtigtem Parken auf einem Privatparkplatz, sondern auch, wenn nicht der dort verlangte Parkschein gezogen wird.

Eine Änderung in der Rechtsprechung gab es jedoch: Die Kosten für die Halterermittlung (5,65 Euro) können dem Falschparker nicht mehr in Rechnung gestellt werden (18.12.2015, Az. V ZR 160/14).
Die hier verwendete Anspruchsgrundlage war zuvor die sogenannte Geschäftsführung ohne Auftrag. Diese setzt aber voraus, dass es irgendwie im Interesse des anderen liegen muss, eine Ausgabe zu tätigen. Der BGH erklärte: Es läge hier ausschließlich im Interesse des Parkplatzbesitzers, eine Halterermittlung durchzuführen.

Wie kann man sich verteidigen?


"Grundsätzlich" heißt nicht, dass in jedem Fall ein solcher Unterlassungsanspruch besteht. Zum Beispiel setzt ein Unterlassungsanspruch immer eine Wiederholungsgefahr voraus. Zwar hat der BGH festgestellt, dass das einmalige Parken auf einem fremden Privatparkplatz schon eine Wiederholungsgefahr vermuten lässt. Es kann aber durchaus Fälle geben, in denen diese Vermutung entkräftet wird - denkbar zum Beispiel, wenn der Betreffende gar nicht vor Ort wohnt und sich nur für einen Tag in der Stadt aufhält.

Weitere mögliche Ansatzpunkte sind die genauen Umstände des Einzelfalls. So kann die Kennzeichnung des Privatparkplatzes unzureichend gewesen sein, oder es verging zu viel Zeit zwischen Parkverstoß und Abmahnung.

Außerdem muss der Abmahnende natürlich den Parkverstoß auch vernünftig beweisen können. Beweise können Fotos oder Zeugen sein. Auch hier lohnt es sich aber, die Beweismittel näher anzuschauen.

Muss ich auch die Anwaltskosten für die Abmahnung bezahlen?


Aber was ist nun mit den Anwaltskosten für die Abmahnung - dem eigentlichen, schmerzhaften Punkt der Angelegenheit? Der Bundesgerichtshof gesteht diese dem Parkplatzinhaber nur zu, wenn die Angelegenheit von der Schwierigkeit her einen Anwalt erforderte. Das heißt: Hat er in der Vergangenheit schon einmal einen Unterlassungsanspruch erfolgreich durchgesetzt - mit Hilfe eines Anwalts - kann er sich nicht später immer wieder darauf berufen, nicht zu wissen, ob er im Recht ist und wie er nun vorgehen kann.

Der Bundesgerichtshof verwies 2012 den Fall an die Vorinstanz zurück, um ebendies genauer zu prüfen. Anspruchsgrundlage für die Anwaltskosten ist hier übrigens die sogenannte Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 683, 677, 670 BGB.

Auch bei den Anwaltskosten kann es also gute Gegenargumente geben - der gleiche Parkplatzinhaber kann nicht serienmäßig immer wieder durch einen Anwalt Abmahnungen verschicken lassen.

Die neue Rechtsprechung des BGH zu den Kosten der Halterermittlung hat in puncto Abmahnkosten nichts geändert. Dies zeigt sich zum Beispiel im Urteil des Landgerichts Mainz vom 26.11.2019 (Az. 6 S 39/19). Die "Geschäftsführung ohne Auftrag" kann weiterhin als Grundlage dienen, um vorgerichtliche Abmahnkosten vom Falschparker zu fordern.

Praxistipp


Gegen die beschriebenen Forderungen von Parkplatzbesitzern kann man sich unter Umständen zur Wehr setzen. Unter Umständen ist der Parkverstoß nicht beweisbar oder der behauptete Unterlassungsanspruch ist nicht haltbar. Falls der Parkplatzinhaber jedoch über ausreichende Beweismittel verfügt und auch der Unterlassungsanspruch "Hand und Fuß" hat, kann es immer noch möglich sein, sich gegen die Übernahme der gegnerischen Anwaltskosten zur Wehr zu setzen. Hier sollte man sich am besten die Unterstützung eines Fachanwalts für Verkehrsrecht sichern.

(Bu)


 Stephan Buch
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