Totalschaden: Welche Reparaturkosten muss die gegnerische Versicherung erstatten?

26.08.2015, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Ein fremdverschuldeter Autounfall mit Totalschaden ist äußerst unerfreulich. Aber wie hoch dürfen die Reparaturkosten höchstens sein, welche die gegnerische Versicherung erstatten muss?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat Manipulationen bei Reparaturkosten von alten Autos nach einem Unfall mit Totalschaden einen Riegel vorgeschoben (VI ZR 387/14). Die geschädigten Autobesitzer dürfen demnach bei der Reparatur nicht von den Vorgaben der Sachverständigen abweichen. Von dem Urteil sind allerdings auch Besitzer von Neuwagen betroffen, die sehr schnell an Wert verlieren, was oft einen finanziellen Verlust zur Folge hat.

Totalschaden: Welche Reparaturkosten sind erstattungsfähig?


Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers im oben genannten Fall hatte die Reparaturkosten zunächst von einem Sachverständigen schätzen lassen. Liegen diese Kosten im Falle eines Totalschadens mindestens 30 % über dem Wiederbeschaffungswert, gilt die Reparatur in aller Regel als wirtschaftlich unvernünftig. Der Geschädigte erhält dann nur den Wiederbeschaffungswert von der gegnerischen Versicherung erstattet. Die teurere Reparatur muss sie nicht bezahlen. Das war vielen Geschädigten bisher zu wenig, weshalb sie versuchten, die Reparaturkosten unter die 30 Prozent-Grenze zu drücken, um mehr Geld von der Versicherung zu erhalten. So auch im vom BGH entschiedenen Fall.

Reparatur: Wer zahlt die Mehrkosten?


Der vorgerichtlich mit der Schätzung des Sachschadens beauftragte Sachverständige hatte die Reparaturkosten bei dem Mercedes Benz C 200 D mit rund 2.973 € brutto, den Wiederbeschaffungswert mit 1.600 € und den Restwert mit 470 € ermittelt. Von der Werkstatt ließ die Mercedes-Besitzerin Gebrauchtteile einbauen und gab die Reparatur einiger Teile gar nicht erst in Auftrag, so dass die Reparatur letztlich nur 2.079 € kostete. Die Versicherung regulierte den Schaden dennoch als wirtschaftlichen Totalschaden und zahlte nur 1.130 €. Die geschädigte Kfz-Besitzerin verlangte gerichtlich die Zahlung der noch mit rund 949 € offenen Reparaturkosten. Auf diesen Mehrkosten blieb sie jedoch sitzen.

BGH:Vorgaben des Sachverständigen missachtet


Zwar erkannte das AG Oberkirch in erster Instanz die Reparaturkosten noch in vollem Umfang an. Das LG Offenburg hob das Urteil jedoch im Berufungsverfahren wieder auf und wies die Klage ab. Der BGH bestätigte diese Auffassung. "Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug trotz wirtschaftlichen Totalschadens reparieren, können die Kosten nicht in einen vom Schädiger auszugleichenden wirtschaftlich vernünftigen und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgespalten werden," so die Richter am Bundesgerichtshof. Abgesehen davon war die Reparatur auch nicht vollständig nach den Vorgaben des Sachverständigen erfolgt, wozu Autobesitzer nach dem Urteil nun fortan verpflichtet sind.

Reparatur: Einbau von Gebrauchtteilen zulässig?


Das Gericht entschied weiterhin, dass zwar altersentsprechende, funktionsfähige Gebrauchtteile eingebaut werden dürften, um Kosten zu sparen. Allerdings dürfte der Geschädigte nicht - wie im vorliegenden Fall - vom Sachverständigen als reparaturbedürftig begutachtete Teile komplett unrepariert lassen. Insoweit hilft es auch nicht, wenn trotz allem "keine optischen Mängel" zu sehen sind. Denn es kommt nicht darauf an, ob die verbliebenen Defizite optisch nicht störten.

Wie können sich Neuwagenbesitzer schützen?


Neuwagen verlieren schnell an Wert. Erleidet ein Neuwagen einen wirtschaftlichen Totalschaden, wird die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers auch in solchen Fällen nur den Wiederbeschaffungswert zahlen. Um hier einem finanziellen Verlust zu vermeiden, sollten Neuwagenbesitzer mit ihrer eigenen Kfz-Versicherung eine Neupreisentschädigung vereinbaren. Dadurch erhält der Versicherungsnehmer den Neupreis des Fahrzeugs erstattet, und zwar unabhängig vom jeweiligen Zeitwert des Fahrzeuges.

Praxistipp zu den Reparaturkosten bei Totalschaden


Mit diesem Urteil hat der BGH klargestellt, bis zu welcher Höhe Reparaturkosten von der gegnerischen Versicherung im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens zu erstatten sind. Außerdem hat er festgestellt, dass alle defekten Teile vollständig zu reparieren sind, die Reparatur aber mit altersgerechten Gebrauchtersatzteilen erfolgen darf. Wenn Sie nach einem wirtschaftlichen Totalschaden ihres Autos Probleme mit der Abrechnung der Reparaturkosten oder dem Wiederbeschaffungswert haben, ist ein auf Verkehrsrecht spezialisierter Anwalt der geeignete Ansprechpartner.

(Bu)


 Stephan Buch
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