Trennung: Wer darf das Auto verkaufen?

05.01.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
Scheidung,Trennung,Auto,Verkauf Nach einer Scheidung gibt es oft Streit um gemeinsames Eigentum. © - freepik

Eine Trennung oder Scheidung belastet beide Seiten. Oft sorgt sie auch für Streit um gemeinsam angeschafftes Eigentum. Ein möglicher Streitpunkt: Darf einer der Ehegatten einfach den gemeinsamen PKW verkaufen?

Vor dem Oberlandesgericht Stuttgart wurde der Fall eines Ehepaares verhandelt, das 20 Jahre lang verheiratet gewesen war. Dann folgte die Scheidung. Ernsthafter Streit entstand jedoch erst um ein Auto, welches sich das Paar etwa zwei Jahre vor der Scheidung gekauft hatte. Das Fahrzeug war ein neuwertiger Mazda MX5, also ein schickes Sportcabrio mit 126 PS, einer Sonderlackierung und beim Kauf nur 4.000 Kilometern Laufleistung. Der Ehemann war im KfZ-Brief als Halter verzeichnet und auch die Versicherung lief auf seinen Namen. Den Kaufpreis von rund 20.000 Euro hatte das Ehepaar gemeinsam aufgebracht, zum Teil durch Bargeld, zum Teil durch den Verkauf eines Gebrauchtwagens. Den Rest finanzierten beide durch einen gemeinsam aufgenommenen Kredit von 4.700 Euro.

Nach der Trennung: Frau nutzt Fahrzeug weiter


Nach der Trennung nutzte die Noch-Ehefrau zunächst das Cabrio weiter. Ihr Mann leaste für sein Geschäft einen VW Caddy. Vor der Scheidung jedoch besuchte die Frau den gemeinsamen Sohn. Dieser wohnte beim Vater. Bei dieser Gelegenheit öffnete sie den Safe des Vaters und nahm alle Fahrzeugpapiere mit. Danach verkaufte sie das Auto für 12.000 Euro. Davon erfuhr der Mann erst, als ihm KfZ-Versicherungsbeiträge gutgeschrieben wurden. Die Scheidung war inzwischen rechtskräftig. Der Mann wollte den Autoverkauf durch seine Ex-Frau so nicht stehenlassen und machte gegen diese Schadensersatzforderungen in Höhe von 14.000 Euro geltend.

Wann spricht eine Eigentumsvermutung zu Gunsten einer Seite?


Das Familiengericht Bad Saulgau wies die Klage des Ex-Mannes in erster Instanz ab. Diese Entscheidung begründete das Gericht mit der sogenannten "Eigentumsvermutung für Besitzer" nach § 1006 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Diese Vorschrift besagt: Wenn jemand eine bewegliche Sache besitzt (er also die tatsächliche Verfügungsgewalt darüber hat), darf man vermuten, dass er auch deren Eigentümer ist. Wichtig zu wissen: Besitz und Eigentum sind rechtlich nicht das Gleiche. Der Besitzer nutzt eine Sache nur, die ihm jedoch nicht zwingend auch gehören muss. Er kann damit also nicht machen, was er will. Der Eigentümer jedoch hat dieses Recht und darf den Gegenstand zum Beispiel auch verkaufen.
Ausnahmen gibt es dann, wenn der Gegenstand dem früheren Besitzer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhandengekommen ist.

War das Auto Alleineigentum eines der Ehepartner?


Der Ex-Mann war über dieses Gerichtsurteil nicht erfreut. Er legte Rechtsmittel ein. Seiner Ansicht nach war er Alleineigentümer des Autos gewesen – und auch des dafür in Zahlung gegebenen Gebrauchtwagens. Er habe seiner Frau nur die Nutzung des Fahrzeugs erlaubt. Seine Schwester bestätigte, ihm für den Kauf des Cabrios 10.000 Euro geliehen zu haben.

Allerdings bestand die Ehefrau ebenfalls darauf, Alleineigentümerin des Autos zu sein. Ihr Mann sei nur aus steuerlichen Gründen als Fahrzeughalter aufgetreten. Die Bareinzahlung von 10.000 Euro und die Darlehensraten seien von ihrem eigenen Geschäftskonto aus gezahlt worden und nicht durch ihren Mann oder vom gemeinsamen Konto. Sie habe ihren Mann über die Mitnahme des Fahrzeugbriefes informiert, während er sich in der Psychiatrie befunden habe. Sie habe das Auto zur Deckung von Schulden verkaufen müssen und sei nun sowieso mittellos.

Wann ist ein Auto Miteigentum beider Ehegatten?


Schließlich entschied das Oberlandesgericht Stuttgart, dass beide Ex-Ehegatten Miteigentum am Auto hatten. Es gehörte ihnen also gemeinsam. Die Frau habe durch den eigenmächtigen Verkauf des Autos die Eigentumsrechte des Mannes verletzt. Daher schuldete sie ihm Schadensersatz. Das Bürgerliche Gesetzbuch enthalte noch eine andere "Eigentumsvermutung", die dem § 1006 hier vorginge: In diesem Fall sei der speziell auf die Trennung von Ehegatten bezogene § 1568b Abs. 2 BGB anzuwenden. Das Gericht betrachtete den Mazda damit als "Haushaltsgegenstand".

Wann sind die Regeln über Hausrat anwendbar?


Die genannte Vorschrift besagt, dass Hausrat, der während der Ehe für den gemeinsamen Haushalt gekauft wurde, gemeinsames Eigentum beider Ehegatten ist. Ausnahme: Das Alleineigentum eines Ehegatten steht fest. Beruft sich ein Ehepartner auf sein Alleineigentum, muss dieser nach dem Urteil konkret die Umstände für den Erwerb von alleinigem Eigentum nachweisen können.

Während der Ehe angeschaffte Haushaltsgegenstände sind dem Gericht zufolge im Zweifel gemeinsames Eigentum der Ehegatten. Hier sei das Auto als Haushaltsgegenstand anzusehen. Es sei während der Ehe nach Zeugenaussagen von beiden gemeinsam genutzt worden. Die Darlehensraten seien vom gemeinsamen Konto gezahlt worden. Das Gericht sprach daher dem Ehemann einen Schadensersatz von 6.000 Euro zu (OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.2.2016, Az. 16 UF 195/15).

Praxistipp zum Verkauf des Autos nach der Trennung


Bei vielen Trennungen oder Scheidungen wird um gemeinsam angeschafftes Eigentum der Ehegatten gestritten. Oft ist keine gütliche Einigung möglich. Ein Fachanwalt für Familienrecht kann Sie im konkreten Fall beraten und Ihnen helfen, zu Ihrem Recht zu kommen.

(Ma)


 Ulf Matzen
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