Mietschulden: Was übernimmt das Jobcenter / Sozialamt?
27.03.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice

Das Wichtigste in Kürze
1. Übernahme nur in Ausnahmefällen: Das Jobcenter oder Sozialamt kann Mietschulden übernehmen, um eine Wohnungslosigkeit zu verhindern.
2. Voraussetzungen: Die Übernahme von Mietschulden ist eine Ermessensentscheidung und setzt insbesondere voraus, dass der Mietrückstand nicht selbst verschuldet ist und eine Räumungsklage droht.
3. Form der Hilfe: Mietschulden werden oft als Darlehen gewährt, das zurückgezahlt werden muss. In Einzelfällen kann es auch eine Beihilfe (Zuschuss) geben.
1. Übernahme nur in Ausnahmefällen: Das Jobcenter oder Sozialamt kann Mietschulden übernehmen, um eine Wohnungslosigkeit zu verhindern.
2. Voraussetzungen: Die Übernahme von Mietschulden ist eine Ermessensentscheidung und setzt insbesondere voraus, dass der Mietrückstand nicht selbst verschuldet ist und eine Räumungsklage droht.
3. Form der Hilfe: Mietschulden werden oft als Darlehen gewährt, das zurückgezahlt werden muss. In Einzelfällen kann es auch eine Beihilfe (Zuschuss) geben.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Übernimmt das Jobcenter alte Mietschulden? Unter welchen Voraussetzungen werden Mietschulden vom Jobcenter übernommen? Was versteht man unter "Schulden"? Welches Ermessen kann das Jobcenter bei Mietschulden ausüben? Was kann ich tun, wenn die Behörde eine Mietschuldenübernahme ablehnt? Welche Folgen hat die Zweckentfremdung von Geld? Werden auch bei der Sozialhilfe Mietschulden übernommen? Werden auch Mietschulden für die ehemalige Wohnung übernommen? Praxistipp zur Übernahme von Mietschulden durch die Sozialbehörden Übernimmt das Jobcenter alte Mietschulden?
Natürlich nutzt Hilfebedürftigen die Übernahme von Miete und Heizkosten durch das Jobcenter wenig, wenn ihnen ihr Vermieter wegen Altschulden fristlos kündigt. Der Vermieter darf dies tun, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine die Miete schuldig bleibt – oder einen erheblichen Teil davon. Als solcher gilt alles über einer Monatsmiete. Ebenso darf der Vermieter fristlos kündigen, wenn sein Mieter über einen längeren Zeitraum mit einem Betrag in Rückstand ist, der zwei Monatsmieten entspricht. Tatsächlich übernimmt das Jobcenter auch Mietschulden und nicht nur die laufende Miete. Dies ist in § 22 Absatz 8 SGB II festgelegt. Nach dieser Vorschrift kann das Amt auch Schulden übernehmen, wenn der Bürgergeld-Empfänger Leistungen für Unterkunft und Heizung erhält.
Unter welchen Voraussetzungen werden Mietschulden vom Jobcenter übernommen?
Das Jobcenter kann Schulden für Unterkunftskosten übernehmen, soweit dies gerechtfertigt ist, um die Unterkunft des Betreffenden abzusichern oder eine vergleichbare Notlage zu beheben. Gemeint ist hier die Vermeidung von Obdachlosigkeit. Dies ist jedoch eine eher lockere "kann"-Bestimmung und keine Verpflichtung der Behörde.
Zusätzlich heißt es im Gesetz, dass die Altschulden übernommen werden "sollen", wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst die Wohnungslosigkeit droht. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn die Kündigung schon stattgefunden hat oder der Vermieter zumindest konkret damit gedroht hat.
Besitzt der Hilfebedürftige noch eigenes Vermögen, muss er dieses – abzüglich eines Grundfreibetrages nach § 12 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II – erstrangig für die Bezahlung der Mietschulden ausgeben. Erst wenn es ausgegeben ist, bekommt er Unterstützung vom Staat. Der Grundfreibetrag beträgt 15.000 Euro für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft. Wenn das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft diesen Betrag übersteigt, werden nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen auf diese Person übertragen.
Wichtig: Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden. Das Jobcenter bezahlt also nicht einfach die Mietschulden, sondern es gibt einen Kredit, den der Leistungsempfänger zurückzahlen muss.
Was versteht man unter "Schulden"?
Als Schulden im Sinne der oben zitierten Regelung gelten alle Geldbeträge, die der Mieter dem Vermieter aus dem Mietverhältnis schuldet. Dazu kommt alles, was er dem Heizenergie-Versorger (zum Beispiel den Stadtwerken) schuldet. Für beide Kostenpositionen gilt: Die geschuldeten Beträge müssen so hoch sein, dass eine Kündigung der Verträge möglich ist. Drohen also der Vermieter oder die Stadtwerke im Rahmen einer Mahnung eine Vertragskündigung an, ist dies ein Indiz dafür, dass die entsprechenden Beträge erreicht sind.
Welches Ermessen kann das Jobcenter bei Mietschulden ausüben?
Ist zu befürchten, dass der Betroffene bald obdachlos wird, ist das Ermessen der Behörde sehr reduziert. Laut Gesetz "sollen" die Mietschulden bei drohender Wohnungslosigkeit übernommen werden. Rechtlich handelt es sich hier um ein sogenanntes "intendiertes Ermessen". Das heißt: Die Behörde darf nur ausnahmsweise von dem abweichen, was sie tun "soll". Wenn die Wohnungslosigkeit also nur durch ein Darlehen zur Finanzierung von Mietschulden abgewendet werden kann, darf die Behörde sich nicht weigern. Will sie dies im Ausnahmefall trotzdem tun, muss sie eine Einzelfallprüfung durchführen und ihre Entscheidung gut begründen. Sie darf die Unterstützung nicht einfach pauschal ablehnen.
Was kann ich tun, wenn die Behörde eine Mietschuldenübernahme ablehnt?
Eine Ablehnung ist ein sogenannter Verwaltungsakt. Daher kann man gegen sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Jeder Bescheid enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung. Hilft das Jobcenter dem Widerspruch nicht ab, indem es seine Entscheidung ändert, ist Abhilfe nur durch gerichtliche Schritte möglich.
Empfänger von Bürgergeld können vorgerichtlich eine Beratungshilfe beantragen. Das bedeutet, dass der Staat die Kosten für eine außergerichtliche anwaltliche Beratung übernimmt. Ein solcher Antrag ist beim Gericht oder über einen Anwalt zu stellen. Für den Prozess selbst kann Prozesskostenhilfe beantragt werden, welche die Gerichtskosten abdeckt. Übernommen werden auch die Gebühren des eigenen Rechtsanwalts für die eigentliche Prozessführung – aber nicht die für den gegnerischen Anwalt. Wenn man den Prozess verliert, kann dies teuer werden.
Näheres zur Prozesskostenhilfe finden Sie hier:
Prozesskostenhilfe und wie man sie beantragt
Welche Folgen hat die Zweckentfremdung von Geld?
Werden einem Leistungsempfänger vom Jobcenter Gelder zur Deckung von Mietschulden zur Verfügung gestellt, müssen diese auch genau dafür verwendet werden. Wer sie für andere Dinge ausgibt, riskiert, nichts mehr zu bekommen.
So entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg auf den Eilantrag einer sechsköpfigen Familie aus Freiburg. Diese hatte mehrfach Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch bezogen. Wegen häufiger Änderungen der Verhältnisse mussten die Leistungen häufig neu berechnet oder eingestellt werden. Arbeitsaufnahmen des Vaters, dann wieder Arbeitsplatzverluste, wechselnde Kinderdorfaufenthalte der vier Kinder, Strafhaft des Vaters und andere Vorkommnisse füllten schließlich 14 Bände Verwaltungsakten. Die Finanzlage der Familie wurde immer schlechter. Wiederholt kam sie mit Mietzahlungen in Verzug und schuldete dem Jobcenter schließlich u. a. wegen gewährter Darlehen zur Übernahme von Mietrückständen über 20.000 Euro.
Als sich das Ehepaar trennte, beantragte die in der Wohnung gebliebene Ehefrau erneut die Übernahme aufgelaufener Mietschulden. Die Behörde weigerte sich. Das Gericht bestätigte diese Entscheidung: Der wiederholte Ausgleich der Mietschulden habe bisher nie dazu geführt, dass sich das Zahlungsverhalten der Antragsteller geändert habe. Deren sozialwidriges Verhalten habe den Mietrückstand erst herbeigeführt. Die Familie habe nicht einmal einen Dauerauftrag zur Zahlung der Miete eingerichtet. Die Ehefrau habe stattdessen immer nur jeweils den Geldbetrag überwiesen, den sie meinte, gerade entbehren zu können. Aus diesem Verhalten könne man schließen, dass die Antragsteller bewusst ihre Miete nicht gezahlt und sich darauf verlassen hätten, dass das Jobcenter die auflaufenden Rückstände schon übernehmen werde (Beschluss vom 13.3.2013, Az. L 2 AS 842/13 ER-B).
Werden auch bei der Sozialhilfe Mietschulden übernommen?
Bei der Sozialhilfe nach dem 12. Sozialgesetzbuch (SGB XII) gilt Ähnliches wie beim Bürgergeld: Nach § 36 Abs. 1 SGB XII kann das Sozialamt Mietschulden übernehmen, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Es soll die Schulden übernehmen, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit droht. Geldleistungen kann das Sozialamt als Beihilfe oder als Darlehen erbringen.
Wichtig: Als gerechtfertigt gilt eine Übernahme von Mietschulden nur, wenn sie sich dazu eignet, die Unterkunft auf Dauer zu sichern. Dies ist nach dem Sozialgericht Nürnberg nicht der Fall, wenn der Vermieter durchblicken lässt, dass er das Mietverhältnis auch bei Zahlung der Schulden beenden wird (SG Nürnberg, Beschluss vom 25.4.2018, Az. S 8 SO 60/18 ER).
In Hamburg gilt beispielsweise eine behördliche Fachanweisung, nach der eine Mietschuldenübernahme gerechtfertigt ist, wenn
- der oder die Betroffene sich nicht selbst helfen kann und
- die Mietschuldenübernahme die Unterkunft tatsächlich erhalten und langfristig sichern kann.
Werden auch Mietschulden für die ehemalige Wohnung übernommen?
Die Sozialbehörden übernehmen in der Regel keine Mietschulden für eine Wohnung, in welcher der Betreffende gar nicht mehr wohnt.
Praxistipp zur Übernahme von Mietschulden durch die Sozialbehörden
Oft helfen die Sozialbehörden auch bei aufgelaufenen Mietschulden. Gibt es in diesem Zusammenhang rechtliche Probleme, ist ein Fachanwalt für Sozialrecht der beste Ansprechpartner. Wer sich als Leistungsempfänger keine Beratung leisten kann, kann beim örtlichen Amtsgericht eine Beratungshilfe beantragen. Diese deckt die Kosten einer außergerichtlichen Rechtsberatung ab.
(Wk)