Scheidung / Trennung: Wie wird der Umgang mit den Kindern geregelt?

14.02.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Umgangsrecht,Besuchsrecht,Kind,Sorgerecht Das Umgangsrecht zwingt Eltern auch nach der Trennung zur Kooperation. © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Kindeswohl im Fokus: Grundsätzlich haben das Kind und dessen Eltern, aber auch die Verwandten ein Recht auf Umgang. Das Wohl des Kindes steht dabei im absoluten Mittelpunkt.

2. Kooperation der Eltern: Die Wahrnehmung des Umgangsrechts erfordert eine gewisse Kooperation seitens der Eltern. Die Umgangszeiten, Abhol- und Bringmodalitäten sowie spezielle Situationen wie Schul- oder Arztbesuche sollten klar geregelt und eingehalten werden.

3. Verweigerung des Umgangs: Verweigert der sorgeberechtigte Elternteil den Umgang des anderen Elternteils mit den gemeinsamen Kind, empfiehlt sich zunächst der Gang zum Jugendamt. Wenn das nicht hilft, muss beim Familiengericht Klage auf Einräumung des Umgangsrechts eingereicht werden.
Nach einer Trennung oder Scheidung leben minderjährige Kinder meist nicht mehr mit beiden Elternteilen in einem Haushalt zusammen. Trotzdem hat derjenige Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, das Recht, sein Kind regelmäßig zu treffen. Auch das Kind hat das Recht, beide Elternteile regelmäßig zu sehen. Dieses sogenannte Umgangsrecht umfasst persönliche Treffen ebenso wie Kontakte etwa per Telefon, E-Mail oder Messenger. Es steht auch Elternteilen zu, die nicht das Sorgerecht haben. Streitigkeiten um das Umgangsrecht sind nicht selten. Können sich die Eltern nicht einigen, wie sie es handhaben wollen, muss das Familiengericht entscheiden, wie oft und wie lange der jeweilige Elternteil sein Kind sehen darf.

Wer hat ein Umgangsrecht mit wem?


Jedes Kind hat das Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen. Diese haben auch ihrerseits ein Recht auf Umgang mit dem Kind. Auch andere Personen können jedoch ein Umgangsrecht mit dem Kind haben: So steht Großeltern oder Geschwistern gemäß § 1685 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ebenfalls ein Umgangsrecht zu. Die Voraussetzung dafür ist, dass der Umgang mit ihnen dem Wohl des Kindes dient. Und diese Bedingung nehmen die Gerichte sehr ernst: Sind Großeltern und Eltern so schwer zerstritten, dass die Kinder bei jedem Treffen in einen Loyalitätskonflikt geraten, kann der Umgang mit den Großeltern untersagt werden (Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 23.6.2000, Az. 11 UF 26/00).

Ein Recht auf Umgang mit dem Kind können auch andere enge Bezugspersonen haben, § 1685 Abs. 2 BGB. Hier gilt die Voraussetzung, dass sie für das Kind echte Verantwortung tragen oder getragen haben. Ein Anzeichen für eine solche Verantwortung kann sein, dass Kind und Bezugsperson längeres Zeit zusammen in einem Haushalt gelebt haben.

Für Schwierigkeiten sorgt immer wieder der Begriff "Vater". Denn: Dieser ist nicht immer eindeutig. Ein Mann kann der leibliche Vater eines Kindes sein. Nach einer Trennung oder Scheidung kann jedoch der neue Partner der Mutter mit deren Zustimmung seine eigene Vaterschaft am Kind anerkennen und damit zum rechtlichen Vater werden. Dieser Vorgang ändert jedoch gar nichts daran, dass der biologische Vater ein Umgangsrecht hat - solange dies dem Wohl des Kindes dient (§ 1686a BGB).

Welche Rechte gibt das Umgangsrecht dem Elternteil im Einzelnen?


Auch bei einem Besuch des Kindes beim umgangsberechtigten Elternteil stellt sich die Frage, worüber dieser entscheiden darf. Während seiner Zeit mit dem Kind darf der umgangsberechtigte Elternteil Entscheidungen in dessen alltäglichen Angelegenheiten treffen. Diese können beispielsweise Ernährung oder Zubettgehzeiten betreffen. Auch Ausflüge mit Übernachtung darf der umgangsberechtigte Elternteil mit dem Kind unternehmen.

Was für Pflichten sind mit dem Umgangsrecht verbunden?


Beide Umgangsberechtigte müssen dem jeweils anderen einen ungestörten Umgang mit dem Kind ermöglichen. Ein Elternteil darf also nicht das Umgangsrecht des anderen blockieren, so zerstritten man auch sein mag. Zur Ausübung des Umgangs ist eine gewisse Kooperation nötig - zum Beispiel eine Terminabsprache oder die Regelung, wer das Kind abholt oder bringt. Dabei muss ein höflicher Umgangston ohne Feindseligkeiten gewahrt bleiben. Das Kind soll positiv auf den Umgang mit dem jeweils anderen vorbereitet und nicht gegen diesen aufgehetzt werden.

Grundsätzlich muss der umgangsberechtigte Elternteil sein Kind abholen und auch wieder bringen. Der Elternteil, bei dem das Kind lebt, hat dieses rechtzeitig auf das Abholen vorzubereiten - es anzuziehen und ggf. einen Koffer zu packen. Der umgangsberechtige Elternteil muss die Kosten für das Abholen und Bringen übernehmen. Allerdings kann es Ausnahmen bei großer Entfernung geben. Dann wird von dem Elternteil, bei dem das Kind wohnt, auch erwartet, dass dieser das Kind zum Beispiel auch zum Bahnhof bringt und in den Zug setzt.

Update vom 14.2.2024: Was passiert, wenn der Umgangsberechtigte mal keine Zeit hat?


Das Oberlandesgericht Nürnberg hat darauf hingewiesen, dass das Umgangsrecht - gerade bei Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht - durchaus auch dazu dient, den Ex-Partner zu entlasten. Im verhandelten Fall ging es um ein geschiedenes Paar mit gemeinsamem Sorgerecht. Es bestand eine Umgangsregelung, nach der die beiden Kinder sich zu etwa 1/3 beim Vater und zu 2/3 bei der Mutter aufhalten sollten. Nun waren aber beide Elternteile in Berufen mit unregelmäßigen Arbeitszeiten tätig - der Vater war Pilot und konnte sich nicht immer wie vereinbart um die Kinder kümmern. Die Mutter setzte per Klage durch, dass sich der Vater 14-tägig von Donnerstag ab Schulschluss bis Montag morgen um die Kinder kümmern musste. Auch eine Ferienregelung wurde getroffen. Der Vater ging nun vor dem OLG gegen dieses Urteil vor - er wollte eine flexiblere Regelung. Das Gericht entschied, dass die Umgangsregelung so praktikabel sei. Die Kinder hätten den Wunsch geäußert, diese beizubehalten - auch wenn ihr Vater dann nicht immer zu Hause sei. Der Umgang diene nicht nur dazu, die Beziehungen zwischen beiden Elternteilen und den Kindern zu fördern, sondern stelle auch eine Entlastung für den anderen Elternteil dar. Gerade bei einem wie hier erweiterten Umgangsrecht sei es dem Umgangsberechtigten auch zuzumuten, dass er sich bei beruflicher Verhinderung in einzelnen Fällen um eine andere Betreuung für die Kinder kümmere. Und letztlich könnten sich die Eltern auch absprechen und das Umgangswochenende tauschen. Daher bleibe die Regelung, wie sie sei (OLG Nürnberg, 18.1.2024, Az. 9 UF 744/23).

Wann untersagt das Gericht den Umgang?


Das Umgangsrecht kann einem Elternteil oder einem anderen Umgangsberechtigten durch das Familiengericht entzogen werden, wenn der Umgang nicht dem Wohl des Kindes dient. Dabei spielt das Wohl der Eltern keine Rolle. Eine Gefährdung des Kindeswohls kann zum Beispiel bei drohendem sexueller Missbrauch, drohender Kindesentführung oder einer Sektenzugehörigkeit des umgangsberechtigten Elternteils naheliegen. Allerdings muss es nicht unbedingt gleich ein solcher Extremfall sein: Auch eine extreme Abneigung des Kindes selbst gegen den umgangsberechtigten Elternteil kann einen Entzug des Umgangsrechts rechtfertigen. Das Gericht wird jedoch bei seiner Entscheidung eine mögliche Beeinflussung durch den anderen Elternteil mit einbeziehen (Oberlandesgericht Brandenburg, Beschluss vom 27.12.2018, Az. 9 UF 86/18).

Voraussetzung ist jedoch immer, dass es sich um echte und nicht nur um vorgeschobene Gründe handelt. Beispiel: Dass der Vater mehrere Hunde hält, rechtfertigt nicht den Entzug des Umgangsrechts mit einem knapp zweijährigen Kind (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 27.10.2020, Az. 1 UF 170/20).

Was tun, wenn mir der Umgang mit meinem Kind verweigert wird?


In diesem Fall ist zunächst eine Kontaktaufnahme mit dem Jugendamt zu empfehlen. Dieses kann unter Umständen vermitteln. Wenn dies nicht funktioniert, hilft nur ein gerichtliches Vorgehen, wie etwa eine Klage auf Einräumung des Umgangsrechts. Wichtig ist schnelles Handeln. Denn: Gerade bei kleineren Kindern tritt schnell eine Entfremdung ein.

Wenn sich der sorgeberechtigte Elternteil auch nach einer entsprechenden Gerichtsentscheidung weigert, dem Umgangsberechtigten sein Umgangsrecht einzuräumen, kann das Gericht ein Zwangsgeld bzw. Ordnungsgeld androhen. Wenn dies wieder zu nichts führt, wird es für den betreffenden Elternteil schnell teuer. Dann ist mit der Festsetzung von Ordnungsgeldern in teils erheblicher Höhe zu rechnen.

Muss das Kind vor Gericht erscheinen?


Wenn die Eltern über das Umgangsrecht streiten, wird das Gericht in aller Regel auch das Kind anhören wollen. Denn: Es geht hier um sein Wohl und auch seine Meinung zählt. Der Bundesgerichtshof hat 2018 noch einmal entschieden: Solange es für die Entscheidung relevant ist, ist das Gericht verpflichtet, das Kind anzuhören. Dies gilt auch bei Kindern unter 14 Jahren. Darauf verzichtet werden kann nur, wenn sich das Kind nicht sinnvoll äußern kann. Das Kind im Entscheidungsfall war vier Jahre alt (Beschluss vom 31.10.2018, Az. XII ZB 411/18).

Praxistipp zum Umgangsrecht


Häufig sorgt das Umgangsrecht für Streit unter Ex-Partnern. Ein Fachanwalt für Familienrecht kann Sie zu Ihren Rechten und Pflichten beraten und Ihnen notfalls auch vor Gericht helfen, falls der andere Elternteil Ihnen das Umgangsrecht mit Ihrem Kind verweigert.

(Ma)


 Ulf Matzen
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