Unfälle auf der Firmenfeier – muss die Unfallversicherung zahlen?
06.12.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Ma - Anwalt-Suchservice Betriebsfeiern haben den Zweck, den Zusammenhalt der Mitarbeiter und ihre Identifikation mit dem Betrieb zu stärken. Der Anlass kann ein Firmenjubiläum sein, oder auch das jährliche Sommerfest wie auch die Weihnachtsfeier. Letztere ist in fast allen Betrieben üblich. Nur: Auf Firmenfeiern wird oft Alkohol konsumiert und die Stimmung ist häufig ausgelassen. Dann ist es schnell passiert: Ein Sturz, eine Verstauchung, ein Bruch oder ein Sehnenriss. Hier stellt sich die Frage, ob es sich um einen Arbeitsunfall handelt und ob der betreffende Arbeitnehmer bei der Betriebsfeier unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand. Selbstverständlich ist dies nicht.
Im Laufe der Zeit hat das Bundessozialgericht Grundsätze dazu entwickelt, wann eine Feier als betriebliche Veranstaltung gilt und unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fällt.
Folgende Voraussetzungen müssen vorliegen:
- Die Feier wird von der Geschäftsleitung organisiert. Grundsätzlich sollte zumindest ein Vertreter der Geschäftsführung teilnehmen.
- Die Feier muss allen Betriebsangehörigen offen stehen. Bei einem größeren Unternehmen reicht es aus, wenn nur die Mitarbeiter einer Abteilung eingeladen sind.
- Der Zweck der Veranstaltung muss die Förderung der Betriebsverbundenheit sein.
Zum ersten Punkt: Bis vor einigen Jahren wurde noch ausdrücklich die Anwesenheit des Chefs oder eines Mitglieds der engeren Geschäftsführung gefordert. 2016 hat das Bundessozialgericht jedoch entschieden, dass es auch ausreichen kann, wenn die Feier von einem Teamleiter – hier der Sachgebietsleiterin einer Behörde – organisiert wird und diese Person anwesend ist. Das Vorgehen muss jedoch zumindest mit der Geschäftsleitung abgesprochen sein (Urteil vom 5.7.2016, Az. B 2 U 19/14 R).
Zum zweiten Punkt:
Es reicht nicht aus, wenn nur bestimmte Mitarbeiter angesprochen werden oder eine kleinere Gruppe ihre private Weihnachtsfeier in der Abteilung veranstaltet.
Wenn sich die Einladung ausdrücklich an "Fußballfreunde und Kicker" richtet, ist dies keine Einladung an alle Mitarbeiter. Ebenso handelt es sich nicht um eine betriebliche Veranstaltung, wenn dazu auch betriebsfremde Personen wie Angehörige und Bekannte eingeladen sind und ein Großteil des Teilnehmerkreises aus solchen Personen besteht. In solchen Fällen sind zum Beispiel Sehnenverletzungen beim Fußballspielen nicht von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt (Bundessozialgericht, Urteil vom 15.11.2016, Az. B 2 U 12/15 R).
Wenn jedoch die drei genannten Voraussetzungen erfüllt sind, muss die gesetzliche Unfallversicherung zahlen, falls es zu einem Unfall kommt. So war es zum Beispiel bei einer Frau, die sich bei einem Treppensturz auf einer Weihnachtsfeier im Bowling-Center das Bein gebrochen hatte. Das Sozialgericht Berlin betrachtete die Veranstaltung als versicherte Betriebsfeier. Dass die Teamleiterin, die alles organisiert hatte, abwesend war, änderte nichts: Diese hatte wegen eines kranken Kindes kurzfristig absagen müssen (Urteil vom 16. Dezember 2010, Az. S 163 U 562/09).
Wenn die Feier beendet ist, endet auch der Unfallversicherungsschutz. Die Frage ist nur: Wann ist die Feier beendet? Erst, wenn der letzte Gast gegangen ist? Oder, wenn sich der Chef zurückgezogen hat?
Recht eindeutig ist die Rechtslage, wenn der Chef das Ende der Veranstaltung allgemein ansagt und sich nach Hause aufmacht. Eindeutig ist die Rechtslage auch, wenn eine kleine Gruppe sich in eine gemütliche Kneipe absetzt und dort noch weiterfeiert, obwohl alle anderen bereits nach Hause gegangen sind. In diesen Fällen besteht kein Versicherungsschutz in der Unfallversicherung mehr.
Allerdings gibt es Grenzfälle. So ging es einmal vor dem Hessischen Landessozialgericht um einen Fall, in dem nur noch der Abteilungsleiter und ein weiterer Mitarbeiter anwesend waren. Der Mitarbeiter suchte um 3 Uhr 15 die Toilette auf. Er stürzte jedoch auf der Treppe und erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma. Sein Blutalkohol-Spiegel betrug dabei 2,89 Promille.
Diesen Unfall erkannte das Gericht nicht als Arbeitsunfall an. Schließlich sei die versicherte Veranstaltung längst zu Ende gewesen. Dass der Chef noch anwesend war, ändere nichts. Daher sei auch der Gang zur Toilette rein privat erfolgt (Urteil vom 26.2.2008, Az. L 3 U 71/06).
Ob Weihnachtsfeier oder Sommerfest – meist wird auf Betriebsfeiern Alkohol konsumiert. Wenn übermäßiger Alkoholgenuss zu einem Unfall führt, kann der Beschäftigte seinen Versicherungsschutz verlieren. Dies gilt ebenso für Wegeunfälle auf dem Heimweg, die normalerweise auch unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fallen. Entscheidend ist, ob die Alkoholisierung der Grund für den Unfall war.
Unfallversichert sind alle Tätigkeiten, die mit dem Zweck der jeweiligen Veranstaltung zu vereinbaren sind. Dazu gehören beispielsweise gemeinsames Essen, Tanzen oder auch sportliche Betätigungen wie Bowling, ebenso, wie das Treppensteigen zum Veranstaltungsraum oder von dort zu den Sanitärräumen. Unfallversichert ist auch der Hin- und Rückweg zur Betriebsfeier. Aber: Private Umwege sind nicht unfallversichert.
Nehmen allzu viele externe Personen teil, kann dies den Charakter der Betriebsfeier als versicherte Veranstaltung gefährden. Generell sind Personen, die nicht im Betrieb arbeiten, auf der Betriebsfeier nicht gesetzlich unfallversichert. Dies gilt für ehemalige Mitarbeiter und auch für Ehe- und Lebenspartner von Beschäftigten.
Der Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung hat seine Grenzen. Auf Betriebsfeiern sollten Arbeitnehmer daran denken, dass nach dem offiziellen oder offensichtlichen Ende der Feier der Versicherungsschutz entfällt. Auch allzu viel Alkohol gefährdet den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Kommt es zu einem Rechtsstreit mit der Berufsgenossenschaft als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, ist ein Fachanwalt für Sozialrecht der beste Ansprechpartner.
Betriebsfeiern sind in vielen Firmen üblich - als Sommerfest, aber auch zu Weihnachten. Dabei kommt es gelegentlich zu Verletzungen. Sind Arbeitnehmer dann gesetzlich unfallversichert?
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wann ist eine Betriebsfeier unfallversichert? Wann ist die unfallversicherte Betriebsfeier zu Ende? Welche Auswirkungen hat Alkohol auf den Versicherungsschutz? Welche Tätigkeiten auf der Betriebsfeier sind versichert? Welche Regeln gelten für Gäste auf der Betriebsfeier? Praxistipp zur Unfallversicherung auf der Betriebsfeier Wann ist eine Betriebsfeier unfallversichert?
Im Laufe der Zeit hat das Bundessozialgericht Grundsätze dazu entwickelt, wann eine Feier als betriebliche Veranstaltung gilt und unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fällt.
Folgende Voraussetzungen müssen vorliegen:
- Die Feier wird von der Geschäftsleitung organisiert. Grundsätzlich sollte zumindest ein Vertreter der Geschäftsführung teilnehmen.
- Die Feier muss allen Betriebsangehörigen offen stehen. Bei einem größeren Unternehmen reicht es aus, wenn nur die Mitarbeiter einer Abteilung eingeladen sind.
- Der Zweck der Veranstaltung muss die Förderung der Betriebsverbundenheit sein.
Zum ersten Punkt: Bis vor einigen Jahren wurde noch ausdrücklich die Anwesenheit des Chefs oder eines Mitglieds der engeren Geschäftsführung gefordert. 2016 hat das Bundessozialgericht jedoch entschieden, dass es auch ausreichen kann, wenn die Feier von einem Teamleiter – hier der Sachgebietsleiterin einer Behörde – organisiert wird und diese Person anwesend ist. Das Vorgehen muss jedoch zumindest mit der Geschäftsleitung abgesprochen sein (Urteil vom 5.7.2016, Az. B 2 U 19/14 R).
Zum zweiten Punkt:
Es reicht nicht aus, wenn nur bestimmte Mitarbeiter angesprochen werden oder eine kleinere Gruppe ihre private Weihnachtsfeier in der Abteilung veranstaltet.
Wenn sich die Einladung ausdrücklich an "Fußballfreunde und Kicker" richtet, ist dies keine Einladung an alle Mitarbeiter. Ebenso handelt es sich nicht um eine betriebliche Veranstaltung, wenn dazu auch betriebsfremde Personen wie Angehörige und Bekannte eingeladen sind und ein Großteil des Teilnehmerkreises aus solchen Personen besteht. In solchen Fällen sind zum Beispiel Sehnenverletzungen beim Fußballspielen nicht von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt (Bundessozialgericht, Urteil vom 15.11.2016, Az. B 2 U 12/15 R).
Wenn jedoch die drei genannten Voraussetzungen erfüllt sind, muss die gesetzliche Unfallversicherung zahlen, falls es zu einem Unfall kommt. So war es zum Beispiel bei einer Frau, die sich bei einem Treppensturz auf einer Weihnachtsfeier im Bowling-Center das Bein gebrochen hatte. Das Sozialgericht Berlin betrachtete die Veranstaltung als versicherte Betriebsfeier. Dass die Teamleiterin, die alles organisiert hatte, abwesend war, änderte nichts: Diese hatte wegen eines kranken Kindes kurzfristig absagen müssen (Urteil vom 16. Dezember 2010, Az. S 163 U 562/09).
Wann ist die unfallversicherte Betriebsfeier zu Ende?
Wenn die Feier beendet ist, endet auch der Unfallversicherungsschutz. Die Frage ist nur: Wann ist die Feier beendet? Erst, wenn der letzte Gast gegangen ist? Oder, wenn sich der Chef zurückgezogen hat?
Recht eindeutig ist die Rechtslage, wenn der Chef das Ende der Veranstaltung allgemein ansagt und sich nach Hause aufmacht. Eindeutig ist die Rechtslage auch, wenn eine kleine Gruppe sich in eine gemütliche Kneipe absetzt und dort noch weiterfeiert, obwohl alle anderen bereits nach Hause gegangen sind. In diesen Fällen besteht kein Versicherungsschutz in der Unfallversicherung mehr.
Allerdings gibt es Grenzfälle. So ging es einmal vor dem Hessischen Landessozialgericht um einen Fall, in dem nur noch der Abteilungsleiter und ein weiterer Mitarbeiter anwesend waren. Der Mitarbeiter suchte um 3 Uhr 15 die Toilette auf. Er stürzte jedoch auf der Treppe und erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma. Sein Blutalkohol-Spiegel betrug dabei 2,89 Promille.
Diesen Unfall erkannte das Gericht nicht als Arbeitsunfall an. Schließlich sei die versicherte Veranstaltung längst zu Ende gewesen. Dass der Chef noch anwesend war, ändere nichts. Daher sei auch der Gang zur Toilette rein privat erfolgt (Urteil vom 26.2.2008, Az. L 3 U 71/06).
Welche Auswirkungen hat Alkohol auf den Versicherungsschutz?
Ob Weihnachtsfeier oder Sommerfest – meist wird auf Betriebsfeiern Alkohol konsumiert. Wenn übermäßiger Alkoholgenuss zu einem Unfall führt, kann der Beschäftigte seinen Versicherungsschutz verlieren. Dies gilt ebenso für Wegeunfälle auf dem Heimweg, die normalerweise auch unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fallen. Entscheidend ist, ob die Alkoholisierung der Grund für den Unfall war.
Welche Tätigkeiten auf der Betriebsfeier sind versichert?
Unfallversichert sind alle Tätigkeiten, die mit dem Zweck der jeweiligen Veranstaltung zu vereinbaren sind. Dazu gehören beispielsweise gemeinsames Essen, Tanzen oder auch sportliche Betätigungen wie Bowling, ebenso, wie das Treppensteigen zum Veranstaltungsraum oder von dort zu den Sanitärräumen. Unfallversichert ist auch der Hin- und Rückweg zur Betriebsfeier. Aber: Private Umwege sind nicht unfallversichert.
Welche Regeln gelten für Gäste auf der Betriebsfeier?
Nehmen allzu viele externe Personen teil, kann dies den Charakter der Betriebsfeier als versicherte Veranstaltung gefährden. Generell sind Personen, die nicht im Betrieb arbeiten, auf der Betriebsfeier nicht gesetzlich unfallversichert. Dies gilt für ehemalige Mitarbeiter und auch für Ehe- und Lebenspartner von Beschäftigten.
Praxistipp zur Unfallversicherung auf der Betriebsfeier
Der Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung hat seine Grenzen. Auf Betriebsfeiern sollten Arbeitnehmer daran denken, dass nach dem offiziellen oder offensichtlichen Ende der Feier der Versicherungsschutz entfällt. Auch allzu viel Alkohol gefährdet den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Kommt es zu einem Rechtsstreit mit der Berufsgenossenschaft als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, ist ein Fachanwalt für Sozialrecht der beste Ansprechpartner.
(Ma)