Unfälle auf der Firmenfeier – muss die Unfallversicherung zahlen?
13.12.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Ma - Anwalt-Suchservice Mit Betriebsfeiern wird bezweckt, den Zusammenhalt der Mitarbeiter und ihre Identifikation mit dem Betrieb zu stärken. Anlass kann ein Firmenjubiläum sein, das jährliche Sommerfest oder auch die Weihnachtsfeier. Letztere ist in den meisten Betrieben üblich. Aber: Auf Firmenfeiern auch zu Weihnachten wird häufig Alkohol konsumiert und die Stimmung ist ausgelassen. Dann ist es schnell passiert: ein Sturz, eine Verstauchung, ein Bruch oder ein Sehnenriss. Dann stellt sich Betroffenen schnell die Frage, ob es sich um einen Arbeitsunfall handelt und ob der verletzte Arbeitnehmer bei der Betriebsfeier unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand. Dies ist nicht selbstverständlich.
Das Bundessozialgericht hat im Laufe der Zeit Grundsätze dazu entwickelt, wann eine Feier als betriebliche Veranstaltung anzusehen ist und dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegt.
Dazu müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Die Feier wird durch die Geschäftsleitung organisiert. Grundsätzlich sollte mindestens ein Vertreter der Geschäftsführung teilnehmen.
- Die Feier muss allen Betriebsangehörigen offen stehen. Bei einem größeren Unternehmen ist es ausreichend, wenn nur die Mitarbeiter einer Abteilung eingeladen sind.
- Der Zweck der Veranstaltung muss die Förderung der Betriebsverbundenheit sein.
Zum ersten Punkt: Bis vor einigen Jahren verlangten die Gerichte noch ausdrücklich die Anwesenheit des Chefs oder eines Mitglieds der engeren Geschäftsführung. 2016 wurde jedoch durch das Bundessozialgericht entschieden, dass es auch ausreichen kann, wenn die Feier von einem Teamleiter – hier der Sachgebietsleiterin einer Behörde – organisiert wird und diese Person anwesend ist. Allerdings muss dieses Vorgehen mit der Geschäftsleitung abgesprochen sein (Urteil vom 5.7.2016, Az. B 2 U 19/14 R).
Zum zweiten Punkt:
Nicht ausreichend ist es, wenn nur bestimmte Mitarbeiter angesprochen werden oder eine kleinere Gruppe ihre private Weihnachtsfeier in der Abteilung durchführt.
Richtet sich die Einladung ausdrücklich an "Fußballfreunde und Kicker", ist dies keine Einladung an alle Mitarbeiter. Gegen eine betriebliche Veranstaltung spricht es ferner, wenn dazu auch betriebsfremde Personen wie Angehörige und Bekannte eingeladen sind und ein Großteil des Teilnehmerkreises sich aus solchen Personen zusammensetzt. Im konkreten Fall waren daher Sehnenverletzungen beim Fußballspielen nicht von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt (Bundessozialgericht, Urteil vom 15.11.2016, Az. B 2 U 12/15 R).
Sind jedoch die drei genannten Voraussetzungen erfüllt, muss die gesetzliche Unfallversicherung nach einem Unfall zahlen. Dies war bei einer Frau der Fall, die sich bei einem Treppensturz auf einer Weihnachtsfeier im Bowling-Center das Bein gebrochen hatte. Das Sozialgericht Berlin sah die Veranstaltung als versicherte Betriebsfeier an. Es änderte nichts, dass die Teamleiterin, die alles organisiert hatte, abwesend war: Diese hatte wegen ihres kranken Kindes kurzfristig absagen müssen (Urteil vom 16. Dezember 2010, Az. S 163 U 562/09).
Mit dem Ende der Betriebsfeier endet auch der Unfallversicherungsschutz. Die Frage ist nur: Wann genau ist die Feier beendet? Erst, wenn der letzte Gast gegangen ist? Oder, wenn sich der Chef zurückgezogen hat?
Sagt der Chef das Ende der Veranstaltung allgemein an und macht sich auf den Heimweg, ist die Rechtslage recht klar: Die Feier ist zu Ende. Dies gilt auch, wenn sich eine kleine Gruppe noch in eine gemütliche Kneipe absetzt und dort weiterfeiert, obwohl alle anderen schon nach Hause gegangen sind. Kommt es in einer solchen Situation dann zu einem Unfall, zahlt die gesetzliche Unfallversicherung nicht.
Es gibt jedoch Grenzfälle. So entschied das Hessische Landessozialgericht einen Fall, in dem nur noch der Abteilungsleiter und ein weiterer Mitarbeiter anwesend waren. Der Arbeitnehmer suchte um 3 Uhr 15 die Toilette auf. Er stürzte auf der Treppe und erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma. Dabei hatte er einen Blutalkohol-Spiegel von 2,89 Promille.
Das Gericht sah diesen Unfall nicht als Arbeitsunfall an. Die versicherte Betriebsfeier sei längst zu Ende gewesen. Es ändere nichts, dass der Chef noch anwesend gewesen sei. Damit sei auch der Gang zur Toilette rein privat erfolgt (Urteil vom 26.2.2008, Az. L 3 U 71/06).
Egal ob Weihnachtsfeier oder Sommerfest – auf Betriebsfeiern wird fast immer Alkohol konsumiert. Führt übermäßiger Alkoholgenuss zu einem Unfall, kann der Beschäftigte seinen Versicherungsschutz verlieren. Dies gilt auch für Wegeunfälle auf dem Heimweg, die ja im Normalfall auch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Maßgeblich ist, ob die Alkoholisierung die Ursache des Unfalls war.
Gesetzlich unfallversichert sind alle Tätigkeiten, die sich mit dem Zweck der jeweiligen Veranstaltung vereinbaren lassen. Dies schließt zum Beispiel gemeinsames Essen ein, Tanzen oder auch sportliche Betätigungen wie Bowling. Auch das Treppensteigen zum Veranstaltungsraum oder von dort zu den Sanitärräumen ist versichert. Ebenso gilt die Unfallversicherung für den Hin- und Rückweg zur Betriebsfeier. Vorsicht ist jedoch bei privaten Umwegen angesagt: Diese unterliegen nicht dem Schutz der Unfallversicherung.
Wenn allzu viele externe Personen teilnehmen, gefährdet dies den Charakter der Betriebsfeier als versicherte Veranstaltung. Personen, die nicht im Betrieb arbeiten, sind auf der Betriebsfeier generell nicht gesetzlich unfallversichert. Dies gilt zum Beispiel für ehemalige Mitarbeiter, aber auch für Ehe- und Lebenspartner von Beschäftigten.
Dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung sind Grenzen gesetzt. Arbeitnehmer sollten auf der Weihnachtsfeier bzw. auf jeder Betriebsfeier daran denken, dass nach dem offiziellen oder offensichtlichen Ende der Feier der Versicherungsschutz entfällt. Zu viel Alkohol kann zum Entfallen des Versicherungsschutzes der gesetzlichen Unfallversicherung führen. Bei einem Rechtsstreit mit der Berufsgenossenschaft als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein Fachanwalt für Sozialrecht der beste Ansprechpartner.
Das Wichtigste in Kürze
1. Versicherungsschutz: Unfälle auf einer Betriebsfeier sind gesetzlich wie Arbeitsunfälle unfallversichert, wenn die Feier durch die Geschäftsleitung organisiert wurde, mindestens ein Vertreter der Geschäftsführung teilnimmt, die Feier allen Betriebsangehörigen offen steht und Zweck der Veranstaltung die Förderung der Betriebsverbundenheit ist.
2. Umfang des Versicherungsschutzes:Versichert sind alle Tätigkeiten, die sich mit dem Zweck der jeweiligen Veranstaltung vereinbaren lassen, also z.B. gemeinsames Essen ein, Tanzen oder auch sportliche Betätigungen wie Bowling oder Klettern.
3. Alkoholgenuss: Ist übermäßiger Alkoholgenuss Ursache eines Unfalls auf oder nach einer Betriebsfeier, kann der verunfallte Arbeitnehmer seinen Versicherungsschutz verlieren. Dies gilt auch für Wegeunfälle auf dem Heimweg.
1. Versicherungsschutz: Unfälle auf einer Betriebsfeier sind gesetzlich wie Arbeitsunfälle unfallversichert, wenn die Feier durch die Geschäftsleitung organisiert wurde, mindestens ein Vertreter der Geschäftsführung teilnimmt, die Feier allen Betriebsangehörigen offen steht und Zweck der Veranstaltung die Förderung der Betriebsverbundenheit ist.
2. Umfang des Versicherungsschutzes:Versichert sind alle Tätigkeiten, die sich mit dem Zweck der jeweiligen Veranstaltung vereinbaren lassen, also z.B. gemeinsames Essen ein, Tanzen oder auch sportliche Betätigungen wie Bowling oder Klettern.
3. Alkoholgenuss: Ist übermäßiger Alkoholgenuss Ursache eines Unfalls auf oder nach einer Betriebsfeier, kann der verunfallte Arbeitnehmer seinen Versicherungsschutz verlieren. Dies gilt auch für Wegeunfälle auf dem Heimweg.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wann ist eine Betriebsfeier gesetzlich unfallversichert? Wann ist die unfallversicherte Betriebsfeier zu Ende? Welche Auswirkungen hat Alkohol auf den Versicherungsschutz? Welche Tätigkeiten auf der Betriebsfeier sind versichert? Welche Regeln gelten für Gäste auf der Betriebsfeier? Praxistipp zur Unfallversicherung auf der Betriebsfeier Wann ist eine Betriebsfeier gesetzlich unfallversichert?
Das Bundessozialgericht hat im Laufe der Zeit Grundsätze dazu entwickelt, wann eine Feier als betriebliche Veranstaltung anzusehen ist und dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegt.
Dazu müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Die Feier wird durch die Geschäftsleitung organisiert. Grundsätzlich sollte mindestens ein Vertreter der Geschäftsführung teilnehmen.
- Die Feier muss allen Betriebsangehörigen offen stehen. Bei einem größeren Unternehmen ist es ausreichend, wenn nur die Mitarbeiter einer Abteilung eingeladen sind.
- Der Zweck der Veranstaltung muss die Förderung der Betriebsverbundenheit sein.
Zum ersten Punkt: Bis vor einigen Jahren verlangten die Gerichte noch ausdrücklich die Anwesenheit des Chefs oder eines Mitglieds der engeren Geschäftsführung. 2016 wurde jedoch durch das Bundessozialgericht entschieden, dass es auch ausreichen kann, wenn die Feier von einem Teamleiter – hier der Sachgebietsleiterin einer Behörde – organisiert wird und diese Person anwesend ist. Allerdings muss dieses Vorgehen mit der Geschäftsleitung abgesprochen sein (Urteil vom 5.7.2016, Az. B 2 U 19/14 R).
Zum zweiten Punkt:
Nicht ausreichend ist es, wenn nur bestimmte Mitarbeiter angesprochen werden oder eine kleinere Gruppe ihre private Weihnachtsfeier in der Abteilung durchführt.
Richtet sich die Einladung ausdrücklich an "Fußballfreunde und Kicker", ist dies keine Einladung an alle Mitarbeiter. Gegen eine betriebliche Veranstaltung spricht es ferner, wenn dazu auch betriebsfremde Personen wie Angehörige und Bekannte eingeladen sind und ein Großteil des Teilnehmerkreises sich aus solchen Personen zusammensetzt. Im konkreten Fall waren daher Sehnenverletzungen beim Fußballspielen nicht von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt (Bundessozialgericht, Urteil vom 15.11.2016, Az. B 2 U 12/15 R).
Sind jedoch die drei genannten Voraussetzungen erfüllt, muss die gesetzliche Unfallversicherung nach einem Unfall zahlen. Dies war bei einer Frau der Fall, die sich bei einem Treppensturz auf einer Weihnachtsfeier im Bowling-Center das Bein gebrochen hatte. Das Sozialgericht Berlin sah die Veranstaltung als versicherte Betriebsfeier an. Es änderte nichts, dass die Teamleiterin, die alles organisiert hatte, abwesend war: Diese hatte wegen ihres kranken Kindes kurzfristig absagen müssen (Urteil vom 16. Dezember 2010, Az. S 163 U 562/09).
Wann ist die unfallversicherte Betriebsfeier zu Ende?
Mit dem Ende der Betriebsfeier endet auch der Unfallversicherungsschutz. Die Frage ist nur: Wann genau ist die Feier beendet? Erst, wenn der letzte Gast gegangen ist? Oder, wenn sich der Chef zurückgezogen hat?
Sagt der Chef das Ende der Veranstaltung allgemein an und macht sich auf den Heimweg, ist die Rechtslage recht klar: Die Feier ist zu Ende. Dies gilt auch, wenn sich eine kleine Gruppe noch in eine gemütliche Kneipe absetzt und dort weiterfeiert, obwohl alle anderen schon nach Hause gegangen sind. Kommt es in einer solchen Situation dann zu einem Unfall, zahlt die gesetzliche Unfallversicherung nicht.
Es gibt jedoch Grenzfälle. So entschied das Hessische Landessozialgericht einen Fall, in dem nur noch der Abteilungsleiter und ein weiterer Mitarbeiter anwesend waren. Der Arbeitnehmer suchte um 3 Uhr 15 die Toilette auf. Er stürzte auf der Treppe und erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma. Dabei hatte er einen Blutalkohol-Spiegel von 2,89 Promille.
Das Gericht sah diesen Unfall nicht als Arbeitsunfall an. Die versicherte Betriebsfeier sei längst zu Ende gewesen. Es ändere nichts, dass der Chef noch anwesend gewesen sei. Damit sei auch der Gang zur Toilette rein privat erfolgt (Urteil vom 26.2.2008, Az. L 3 U 71/06).
Welche Auswirkungen hat Alkohol auf den Versicherungsschutz?
Egal ob Weihnachtsfeier oder Sommerfest – auf Betriebsfeiern wird fast immer Alkohol konsumiert. Führt übermäßiger Alkoholgenuss zu einem Unfall, kann der Beschäftigte seinen Versicherungsschutz verlieren. Dies gilt auch für Wegeunfälle auf dem Heimweg, die ja im Normalfall auch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Maßgeblich ist, ob die Alkoholisierung die Ursache des Unfalls war.
Welche Tätigkeiten auf der Betriebsfeier sind versichert?
Gesetzlich unfallversichert sind alle Tätigkeiten, die sich mit dem Zweck der jeweiligen Veranstaltung vereinbaren lassen. Dies schließt zum Beispiel gemeinsames Essen ein, Tanzen oder auch sportliche Betätigungen wie Bowling. Auch das Treppensteigen zum Veranstaltungsraum oder von dort zu den Sanitärräumen ist versichert. Ebenso gilt die Unfallversicherung für den Hin- und Rückweg zur Betriebsfeier. Vorsicht ist jedoch bei privaten Umwegen angesagt: Diese unterliegen nicht dem Schutz der Unfallversicherung.
Welche Regeln gelten für Gäste auf der Betriebsfeier?
Wenn allzu viele externe Personen teilnehmen, gefährdet dies den Charakter der Betriebsfeier als versicherte Veranstaltung. Personen, die nicht im Betrieb arbeiten, sind auf der Betriebsfeier generell nicht gesetzlich unfallversichert. Dies gilt zum Beispiel für ehemalige Mitarbeiter, aber auch für Ehe- und Lebenspartner von Beschäftigten.
Praxistipp zur Unfallversicherung auf der Betriebsfeier
Dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung sind Grenzen gesetzt. Arbeitnehmer sollten auf der Weihnachtsfeier bzw. auf jeder Betriebsfeier daran denken, dass nach dem offiziellen oder offensichtlichen Ende der Feier der Versicherungsschutz entfällt. Zu viel Alkohol kann zum Entfallen des Versicherungsschutzes der gesetzlichen Unfallversicherung führen. Bei einem Rechtsstreit mit der Berufsgenossenschaft als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein Fachanwalt für Sozialrecht der beste Ansprechpartner.
(Ma)