Unfall mit dem Leasingfahrzeug

16.06.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
Unfall,Leasing,Wiederbeschaffungswert,Kasko Die Schadensabwicklung bei einem Leasingfahrzeug kann aufwändig werden. © - freepik

Ein Leasingfahrzeug gehört nicht dem Leasingnehmer, der am Lenkrad sitzt, sondern dem Leasinggeber. Daraus ergeben sich bei einem Unfall viele rechtliche Fragen und auch einige Pflichten.

Ein Unfall im Straßenverkehr ist schnell passiert. Gehört das Unfallfahrzeug einem selbst, sind die Abläufe bekannt. Die eigene KfZ-Haftpflichtversicherung kommt für Schäden auf, die man an einem fremden Fahrzeug verursacht. Ist der Unfallgegner schuld, zahlt dessen Haftpflichtversicherung. Selbst verursachte Schäden am eigenen Auto deckt höchstens die eigene Vollkaskoversicherung ab.
Aber was ist nun, wenn das "eigene" Auto geleast ist und einem selbst gar nicht gehört? Wer muss den Schaden geltend machen, wer hat welche Ansprüche?

Was muss man zum Leasingvertrag wissen?


Beim Leasingvertrag ist der Eigentümer des Fahrzeugs der Leasinggeber. Der Leasingnehmer darf es nutzen und hat die Verfügungsgewalt über das Auto.
In einem Leasingvertrag bzw. den dazugehörigen AGB ist auch geregelt, wie bei einem Unfallschaden vorzugehen ist. Mit diesen Bestimmungen sollten sich Leasingnehmer daher unbedingt bekannt machen - und zwar vor einem Unfall.

Was sind die ersten Schritte nach einem Unfall?


Direkt nach dem Unfall gilt wie immer: Unfallstelle absichern und Verletzten erste Hilfe leisten. Bei Bagatellschäden muss nicht immer die Polizei gerufen werden, oft reicht es aus, wenn die Unfallgegner ihre Kontaktdaten und KfZ-Versicherungen austauschen. Auch das Kennzeichen des Unfallgegners sollte man notieren.

Wird über die Schuldfrage gestritten, ist es zu größeren Sachschäden oder zu Personenschäden gekommen, besteht ein Verdacht auf Alkohol- oder Drogenkonsum bei einem Fahrer oder haben Sie ein geparktes Auto beschädigt, dessen Fahrer nicht vor Ort ist? Dann sollten Sie die Polizei hinzuziehen. Auch bei einem Wildunfall ist dies Pflicht. Der Unfallbericht der Polizei wird von der KfZ-Versicherung angefordert werden.

Bei einem geleasten Fahrzeug müssen Sie nicht nur unverzüglich Ihre Versicherung über den Unfall informieren, sondern auch den Leasinggeber. Als Eigentümer des Fahrzeugs kann Ihnen dieser das weitere Vorgehen vorschreiben. Dazu gehört zum Beispiel die Reparatur in einer Vertragswerkstatt.

Vorsicht: Verletzungen vertraglicher Obliegenheiten gegenüber der Versicherung - wie etwa zu späte oder unvollständige Benachrichtigung über einen Unfall - können dazu führen, dass die Versicherung nicht zahlt. Bei einem selbst verschuldeten Unfall haften Sie dem Leasinggeber trotzdem für den Schaden.

Die Schuldfrage: Wer muss am Ende zahlen?


Ist der Unfall überall gemeldet, muss die Schuldfrage geklärt werden. Als Leasingnehmer haben Sie den Unfall vielleicht nicht selbst verschuldet, oder Sie tragen eine Teilschuld oder sind gar der Hauptschuldige.

Bei einem fremdverschuldeten Unfall gilt: Grundsätzlich wäre es Sache des Fahrzeugeigentümers, also des Leasinggebers, Ansprüche gegen den Unfallverursacher geltend zu machen. In den meisten Leasingverträgen ist jedoch geregelt, dass der Leasingnehmer und Fahrzeughalter für die Wiederinstandsetzung nach einem Unfall verantwortlich ist. Dann müssen Sie auf Ihre Rechnung das Auto in Reparatur geben und vom Unfallgegner bzw. von dessen Haftpflichtversicherung Ersatz des Unfallschadens fordern.

Die Versicherung des Unfallgegners lässt sich über den Zentralruf der Autoversicherer (0800 250 260 0) herausfinden. Dazu brauchen Sie dessen Autokennzeichen und das Datum des Unfalls sowie das Land, in dem der Unfall stattgefunden hat. Persönliche Daten werden dort nicht weitergegeben.

Oft tragen beide Unfallbeteiligte eine Mitschuld. Dann müssen beide anteilig für den Schaden aufkommen - bzw. ihre Haftpflichtversicherungen.

Haben Sie den Unfall verursacht, zahlt Ihre Haftpflichtversicherung den Fremdschaden. Für den Schaden an Ihrem Leasingfahrzeug haften Sie dem Leasinggeber auf Schadensersatz. Dieser umfasst die Reparaturkosten sowie die Wertminderung des Fahrzeugs. In diesem Fall trägt Ihre Vollkaskoversicherung den Schaden. Unter Umständen haben Sie dabei eine vereinbarte Selbstbeteiligung zu tragen. Zum Abschluss einer Vollkaskoversicherung verpflichtet Sie der Leasingvertrag. Und darauf sollten Sie auch keinesfalls verzichten.

Was muss man zur Reparatur wissen?


Der Leasinggeber wird Ihnen hier in der Regel Vorgaben machen. So kann im Leasingvertrag geregelt sein, dass Sie das Fahrzeug in einer Vertragswerkstatt oder einer Partnerwerkstatt des Leasinggebers reparieren lassen müssen. Daran sollten Sie sich halten.

Bekomme ich eine Entschädigung für den Nutzungsausfall?


Während das Leasingfahrzeug in der Werkstatt ist, können Sie es nicht nutzen. Sie haben daher Anspruch auf eine Nutzungsausfall-Entschädigung. Diesen Anspruch müssen Sie selbst gegen den Unfallgegner bzw. dessen Haftpflichtversicherung geltend machen.

Muss ich die Leasingraten weiter zahlen?


Ja. Dass das Auto in der Werkstatt steht oder ein Totalschaden ist, ändert erst einmal nichts daran, dass Sie weiter die Leasingraten zu zahlen haben.
Sie haben aber insbesondere bei einem Totalschaden das Recht, den Leasingvertrag außerordentlich zu kündigen.

Welche Besonderheiten gibt es bei einem Totalschaden?


Bei einem Totalschaden ist nicht der Leasingnehmer, sondern der Leasinggeber für die Abwicklung verantwortlich. Oft kommt es in diesem Fall zur Kündigung des Leasingvertrages. Was als Totalschaden gilt, ist im Leasingvertrag festgelegt. Meist tritt dieser Fall ein, wenn die Reparaturkosten 60 Prozent des Wiederbeschaffungswertes übersteigen würden.
Vorsicht: Lassen Sie nicht ohne Rücksprache mit dem Leasinggeber das Auto reparieren oder verschrotten!

Was muss man zur Wertminderung des Fahrzeugs wissen?


Ein reparierter Unfallwagen hat natürlich an Wert verloren. Bei Rückgabe des Leasingfahrzeugs müssen Sie dem Leasinggeber diesen Wertverlust ersetzen. Bei einem fremdverschuldeten Unfall trägt die gegnerische Haftpflichtversicherung diesen Schaden. Oft ist dafür aber als Beweis ein Gutachten notwendig, welches die Wertminderung genau feststellt.

Was ist eine GAP-Versicherung?


Der englische Begriff "GAP" steht für eine Lücke - hier eine Lücke im Versicherungsschutz. Die Vollkaskoversicherung ersetzt bei einem Totalschaden den Wiederbeschaffungswert des Unfallfahrzeuges, abzüglich Ihrer Selbstbeteiligung und des Restwertes, den Ihnen ein Schrotthändler zahlen würde.

Der Wiederbeschaffungswert ist der aktuelle Wert eines gebrauchten gleichwertigen Fahrzeugs mit gleicher Laufleistung und ähnlicher Ausstattung.

Ihr Leasinggeber wird jedoch von Ihnen den Restwert plus die noch ausstehenden Leasingraten verlangen, also den sogenannten Ablösewert. Dieser kann deutlich höher als der von der Versicherung bezahlte Wiederbeschaffungswert sein. Daher kann es sein, dass Ihnen die Vollkaskoversicherung nach einem selbst verursachten Totalschaden 15.000 Euro als Wiederbeschaffungswert bezahlt, Ihr Leasinggeber von Ihnen jedoch 22.000 Euro Ablösewert verlangt. Es entsteht also eine "Lücke" von 7.000 Euro.

Bei einer "GAP-Versicherung" oder einem "GAP-Schutz" ist diese Lücke zusätzlich versichert und Sie bekommen von der Versicherung auch die 7.000 Euro ersetzt. Dies kostet Aufpreis, ist aber bei Leasingfahrzeugen unbedingt zu empfehlen.

Praxistipp


Nach einem Unfall kann Ihnen ein Rechtsanwalt für Zivilrecht helfen, Ihre Ansprüche gegenüber dem Unfallgegner geltend zu machen. Ein Fachanwalt für Verkehrsrecht ist auf alle Fragen rund um das Auto und Unfälle spezialisiert und kann Sie besonders kompetent beraten.

(Wk)


 Günter Warkowski
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