Unfall zwischen wankenden Treckergespannen

19.03.2017, Redaktion Anwalt-Suchservice
Unfall zwischen wankenden Treckergespannen © Rh - Anwalt-Suchservice

Im Frühjahr ist in ländlichen Gegenden wieder verstärkt mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen zu rechnen. Manchmal ist allerdings für zwei dieser Vehikel eine Straße einfach zu schmal.

Auch zwischen langsamen Fahrzeugen kann es zu Unfällen kommen. Dies zeigt ein Fall, mit dem sich das Oberlandesgericht Hamm in zweiter Instanz beschäftigen musste.

Auf einer 5,80 Meter breiten Straße waren sich zwei Treckergespanne begnet. Einmal fuhr da der Sohn des späteren Klägers mit einem am Trecker hängenden 3,03 Meter breiten Grubber. Seine Geschwindigkeit betrug ca. 35 bis 40 km/h. Ihm kam der spätere Beklagte mit einem Traktor entgegen, hinter dem ein 2,85 m breiter Fasswagen für Gülle hing. Er fuhr 30 km/h schnell. Da ja nun ein paar Zentimeter an der Straßenbreite fehlten, musste einer ausweichen. Der Sohn des Klägers tat dieses und fuhr auf den Grünstreifen. Dort befand sich jedoch eine mit Gras überwachsene Mulde, in die er hineingeriet – und sein Gespann inklusive Grubber bekam Schlagseite und kippte um.

Sein Vater verlangte nun vom Beklagten 75 Prozent des ihm entstandenen Schadens – rund 26.000 Euro. Das Gericht erster Instanz befasste sich nicht groß mit dem Unfallhergang und sprach beiden infolge der Betriebsgefahr ihrer Vehikel eine Mithaftung von 50 Prozent zu. Der Beklagte hätte dann immer noch rund 17.000 Euro zahlen müssen, und ging gegen dieses Urteil in die Berufung. Sein Hauptargument: Warum sollte er etwas bezahlen, wenn sein Trecker doch den anderen gar nicht berührt hatte?

Das Oberlandesgericht war da etwas anderer Meinung. Auch ohne Berührung könne man einen Unfall mit verursachen – zum Beispiel, wenn man den anderen zum Ausweichen veranlasse. Hier habe keiner der beiden einfach davon ausgehen dürfen, dass man sich gefahrlos begegnen könne. Selbst bei Nutzung der Bankette wäre durch das Schwanken der beiden Gespanne ein Unfall gut möglich gewesen. Die beiden hätten nach Ansicht des Gerichts also ihr Tempo auf Schrittgeschwindigkeit verringern oder sogar anhalten müssen, um sich zu verständigen. Statt dessen seien sie mit unverändertem und unverantwortlich hohen Tempo von 30 – 40 km/h aufeinander zu gerast, pardon, gefahren. Bei dieser Geschwindigkeit sei keine sachgerechte Reaktion mehr möglich.

Das Gericht bestätigte die Haftungsverteilung von 50/50.

Fazit: Alles ist relativ – auch die Geschwindigkeit auf Landstraßen.


Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 7.6.2016, Az. 9 U 59/14