Chef genehmigt Urlaub nicht – was kann ich tun?

06.08.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Urlaubsantrag,abgelehnt,nicht,genehmigt Urlaubsantrag vom Chef abgelehnt - Welche Rechte hat der Arbeitnehmer? © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Ablehnung: Der Arbeitgeber kann ausnahmsweise einen Urlaubswunsch ablehnen, wenn ihm dringende betriebliche Belange entgegenstehen oder ein anderer Arbeitnehmer aus sozialen Gründen zu bevorzugen ist.

2. Betriebsferien: Auch für die Anordnung von Betriebsferien müssen dringende betriebliche Gründe vorliegen. Die Betriebsferien dürfen nicht den gesamten Jahresurlaub verbrauchen.

3. Ungenehmigter Urlaubsantritt: Beurlaubt sich der Arbeitnehmer selbst, stellt dies eine Arbeitsverweigerung dar und ist ein Grund für die fristlose Kündigung. Es sei denn diese ist unverhältnismäßig.

4. Klage beim Arbeitsgericht: Der Arbeitnehmer kann einen geplanten Urlaub mit einer einstweiligen Verfügung unter exakter Nennung des Zeitpunkts des Urlaubs und auch der Gründe für die Eilbedürftigkeit vor dem Arbeitsgericht einklagen.
Nach dem Bundesurlaubsgesetz hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen bezahlten Erholungsurlaub von mindestens 24 Werktagen im Jahr. Erstmalig kann Erholungsurlaub nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden. Es gibt jedoch auch oft Streit um den Zeitpunkt, zu dem man Urlaub nehmen kann. Dies ist meist dann der Fall, wenn im Betrieb gerade besonders viel zu tun ist, mehrere Mitarbeiter gleichzeitig krank sind oder sich die Kollegen untereinander nicht einigen können, wer zu den begehrten Zeiten in den Schulferien in Urlaub fahren darf.

Wann darf der Arbeitgeber den Urlaubsantrag ablehnen?


In § 7 Bundesurlaubsgesetz ist geregelt, wann man seinen Urlaub geltend machen kann. Diese Regelung schreibt vor, dass der Chef grundsätzlich die terminlichen Wünsche des Arbeitnehmers aus dessen Urlaubsantrag zu berücksichtigen hat. Es gibt jedoch folgende Ausnahmen:

- Wenn dem Wunschtermin dringende betriebliche Belange entgegenstehen,
- wenn zu diesem Zeitpunkt andere Arbeitnehmer Urlaub nehmen möchten, die unter sozialen Gesichtspunkten vorrangig zu behandeln sind.

Weiterhin gilt: Beantragt ein Arbeitnehmer im Anschluss an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation Urlaub, muss der Arbeitgeber diesen auch gewähren.

Was sind dringende betriebliche Gründe für die Verweigerung des Urlaubs?


Dafür existiert keine gesetzliche Definition. Allerdings gilt nicht jede kleine Beeinträchtigung des Betriebsablaufs gleich als "dringender betrieblicher Grund". Mögliche betriebliche Gründe für eine Urlaubsverweigerung sind zum Beispiel die Unterbesetzung des Betriebes oder einer Abteilung wegen Erkrankungen von Arbeitnehmern oder auch wegen der Kündigung von Kollegen sowie unerwartet hohe Auftragseingänge. Dringende betriebliche Gründe können aber auch auf branchentypischen Besonderheiten beruhen. So kann in einer Apotheke zum Beispiel die Grippesaison für Mehrarbeit sorgen. In einer Arztpraxis hat es keinen Sinn, die Arzthelferin zur Arbeit kommen zu lassen, während der Chef im Urlaub ist – in solchen Fällen lässt sich Betriebsurlaub für alle nicht vermeiden.

Welche Rolle spielen die Kollegen mit Blick auf meinen Urlaubsantrag?


In einem Betrieb können in der Regel nicht alle Arbeitnehmer gleichzeitig Urlaub nehmen. Daher empfiehlt sich die rechtzeitige Aufstellung eines Urlaubsplans. Der Arbeitgeber muss bei der Berücksichtigung der Urlaubswünsche soziale Belange beachten. Dies können beispielsweise die Schulferien von Kindern sein, das Alter und die Dauer der Betriebszugehörigkeit des jeweiligen Arbeitnehmers oder die Frage, ob ein Mitarbeiter in diesem Jahr zum ersten Mal oder schon zum wiederholten Mal einen Urlaubsantrag einreicht. Auch eine besondere Erholungsbedürftigkeit, etwa nach einer Erkrankung oder einer besonders arbeitsintensiven Zeit, kann zu berücksichtigen sein.

Wann ist ein nicht genehmigter Urlaubsantritt ein Kündigungsgrund?


Grundsätzlich immer - Ausnahme siehe nächster Absatz. Verweigert der Arbeitgeber den Urlaub ohne guten Grund, darf der Arbeitnehmer sich auf keinen Fall einfach selbst beurlauben. Es kommt immer wieder vor, dass Arbeitnehmer zum angekündigten Zeitpunkt aus dem Urlaubsantrag einfach der Arbeit fernbleiben. Aber: Dies ist rechtlich gesehen einfach eine Arbeitsverweigerung und damit ein Grund für eine fristlose Kündigung. Ob die Ablehnung eines Urlaubsantrag rechtens ist, darf nur ein Gericht entscheiden. Der einzig richtige Weg besteht hier darin, einen Eilantrag beim Arbeitsgericht zu stellen. Solange dieses nicht entschieden hat, heißt es: weiter zur Arbeit gehen.

Kann eine Kündigung wegen Selbstbeurlaubung unzulässig sein?


Dies kann ausnahmsweise der Fall sein, wenn die Kündigung im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
Dazu gibt es ein Urteil vom Arbeitsgericht Krefeld. Dort hatte ein Arbeitgeber einem Schlosser den beantragten Urlaub wegen hohem Krankenstand im Betrieb verweigert. Auch von mehreren alternativen Urlaubsterminen wollte der Arbeitgeber nichts wissen. Ebenso lehnte er eine vom Vorgesetzten des Schlossers angeregte Übertragung des Urlaubs auf das zweite Quartal des Folgejahres ab. Daraufhin legte der Arbeitnehmer dem Chef einen Urlaubsantrag auf den Tisch und fuhr in Urlaub.

Dann kündigte ihm sein Arbeitgeber fristlos. Diese Kündigung erklärte das Arbeitsgericht jedoch für unwirksam. Auch die Arbeitgeberseite habe sich nicht korrekt verhalten. Daher sei die Kündigung unverhältnismäßig. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Mann seit 18 Jahren ohne Beanstandung im Betrieb tätig gewesen sei (Urteil vom 8.9.2011, Az. 1 Ca 960/11).

Können Arbeitnehmer gegen die Ablehnung des Urlaubsantrags klagen?


Ja. Wird der Urlaubsantrag vom Chef nicht genehmigt, können Arbeitnehmer gerichtliche Schritte einleiten. Sie müssen also den Arbeitgeber auf Gewährung des Urlaubs im umstrittenen Zeitraum verklagen. Da bis zu einer Verhandlung vor dem Arbeitsgericht oft viel Zeit vergeht, ist ein Eilverfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der richtige Weg. Nur so ist rechtzeitig eine Entscheidung möglich. Wichtig: Man sollte unbedingt dem Arbeitsgericht den Zeitpunkt des Urlaubs exakt nennen – und auch die Gründe für die Eilbedürftigkeit der Klage erläutern. Die Beweislast für die Gründe, aus denen der Urlaubsantrag abgelehnt wurde, liegt beim Arbeitgeber.

Beispiel: Eine Unternehmensberatung hatte den Urlaubsantrag eines Mitarbeiters mit der Begründung abgewiesen, dass ein Großauftrag von einer Bank zu erwarten sei. Aufgrund der Konkurrenzsituation des Unternehmens müsse dieser pünktlich abgewickelt werden. Die Klage des Arbeitnehmers auf Gewährung von Urlaub war jedoch erfolgreich. Denn: Der Arbeitgeber hatte weder Zeit noch Umfang des erwarteten Großauftrags nachweisen können. Dem Gericht war seine Begründung zu allgemein (Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Az. 15 Ga 117/04).

Unter welchen Umständen darf der Arbeitgeber Betriebsferien anordnen?


Meist verlangen die Arbeitsgerichte, dass der Arbeitgeber auch für Betriebsferien dringende betriebliche Erfordernisse vorweisen kann. Erst in einer dementsprechenden Situation kann der Chef sein Direktionsrecht ausüben und einen Betriebsurlaub verkünden, auch, wenn er sich damit über die Urlaubswünsche der Mitarbeiter hinwegsetzt. Ein Betriebsurlaub kann auch im Arbeitsvertrag festgelegt werden.

Wichtig: Die Betriebsferien dürfen nicht den gesamten Jahresurlaub eines Arbeitnehmers aufzehren. Dieser muss auch noch Urlaubstage zur eigenen freien Verfügung haben. Das Bundesarbeitsgericht sah vor vielen Jahren bis zu drei Fünftel der Urlaubstage als zulässigen Betriebsurlaub an (Az. 1 ABR 79/79). Die Arbeitsgerichte urteilen dazu jedoch nicht einheitlich. Zum Teil geht man von etwa zwei Wochen pro Jahr aus.

Den Betriebsurlaub muss der Arbeitgeber rechtzeitig ankündigen. Dazu gibt es keine gesetzliche Vorgabe. Ein halbes Jahr vorher sollte die Ankündigung aber jedenfalls erfolgen. Der Arbeitgeber darf damit nicht so lange warten, bis die Arbeitnehmer schon ihren Urlaub geplant und gebucht haben.

Wenn es im Betrieb einen Betriebsrat gibt, darf dieser auch bei Betriebsferien mitbestimmen.

Nochmal kurz gefragt und kurz geantwortet



1. Darf der Chef den Urlaub ablehnen?
Ja, bei Vorliegen dringender betrieblicher Gründe.

2. Welche betrieblichen Gründe sind zulässig?
Insbesondere Personalengpässe, wichtige Projekte, saisonale Arbeitsspitzen.

3. Muss der Chef die Ablehnung des Urlaubs begründen?
Ja, der Arbeitgeber muss die Ablehnung des Urlaubsantrags begründen.

4. Kann genehmigter Urlaub gestrichen werden?
Nur in Ausnahmefällen; die Kosten der Stornierung einer Reise trägt der Arbeitgeber.

5. Was tun bei Ablehnung des Urlaubsantrags?
Das Gespräch mit dem Chef suchen, alternative Termine besprechen. Gegebenenfalls vor dem Arbeitsgericht klagen.

6. Was bei mehrfacher Ablehnung?
Wenn vorhanden, den Betriebsrat einschalten und bzw. oder rechtlichen Rat beim Anwalt einholen.

7. Darf man trotzdem in Urlaub gehen?
Nein, das kann leicht zur fristlosen Kündigung führen.

8. Gibt es besondere Regelungen für Resturlaub?
Resturlaub muss bis Jahresende oder bis zum Ablauf des Übertragungszeitraums im Folgejahr genommen werden.

9. Darf man Urlaub zu einem bestimmtem Zeitpunkt erzwingen?
Nein, Wünsche müssen berücksichtigt werden, außer bei Vorliegen dringender betrieblicher Gründe.

10. Wie ist die Rolle des Betriebsrats?
Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei der Genehmigung von Betriebsferien und kann bei Konflikten vermitteln.

Praxistipp bei abgelehntem Urlaubsantrag


Immer zu empfehlen ist es für Arbeitnehmer, ihren Urlaub rechtzeitig zu beantragen und sich mit den Kollegen absprechen. Wer schulpflichtige Kinder hat, hat nicht immer automatisch ein Recht auf Urlaub in den Sommerferien. Irgendwann ist auch mal der Single-Kollege an der Reihe. Lehnt der Chef den Urlaubsantrag ohne guten Grund ab, kann eine Beratung bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht helfen.

(Wk)


 Günter Warkowski
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