Urlaubsanspruch: Welche Regeln gelten für Teilzeitarbeiter?

18.03.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Teilzeit,Urlaub,Sonne,Meer Anspruch auf Urlaub - was gilt für Arbeitnehmer, die in Teilzeit arbeiten? © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Anzahl Urlaubstage: Für die Frage, wie viele Urlaubstage einem Teilzeitbeschäftigtem im Jahr zustehen, ist entscheidend, wie viele Tage dieser pro Woche arbeitet. Die Stundenzahl pro Tag ist für die Berechnung unerheblich.

2. Unregelmäßigen Arbeitszeiten: Arbeitet ein Teilzeitbeschäftigter nicht jede Woche die gleiche Anzahl an Tagen, ist zur Berechnung der Anzahl der Urlaubstage der Durchschnitt der Arbeitstage pro Woche maßgeblich.

3. Wechsel von Voll- auf Teilzeit: Wechselt ein Arbeitnehmer von einer Vollzeit- in eine Teilzeitbeschäftigung mit weniger Wochentagen, bleibt ihm der aus der Vollzeitbeschäftigung beretis erlangte Urlaubsanspruch – sofern er noch nicht erfüllt wurde – für das aktuelle Kalenderjahr komplett erhalten.
Immer mehr Arbeitnehmer arbeiten in Teilzeit oder im Rahmen von verschiedenen flexiblen Beschäftigungsmodellen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung gilt jedoch auch hinsichtlich des Urlaubs. Grundsätzlich haben Teilzeitbeschäftigte ebenso wie Vollzeitbeschäftigte also Anspruch auf Urlaub. Probleme bereitet jedoch oft die Berechnung des Urlaubsanspruchs.

Wie viel Urlaub gewährt das Gesetz generell?


Nach § 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) haben Arbeitnehmer mindestens 24 Werktage Urlaub pro Kalenderjahr. Dabei gelten alle Tage als Werktage, die keine Sonntage oder Feiertage sind. Das heißt: Wer sechs Tage in der Woche arbeitet, hat 24 Urlaubstage im Jahr. Bei Arbeitnehmern mit fünf-Tage-Woche liegt der Mindest-Urlaubsanspruch bei 20 Arbeitstagen im Jahr. In beiden Fällen läuft es auf vier Wochen Urlaub hinaus. Per Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag kann auch ein längerer Urlaub vereinbart werden.

Welchen Urlaubsanspruch haben Teilzeitarbeitnehmer?


Im Prinzip haben Teilzeitbeschäftigte den gleichen Urlaubsanspruch wie Vollzeitkräfte. § 1 des Bundesurlaubsgesetzes legt fest, dass jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr bezahlten Erholungsurlaub beanspruchen kann. Allerdings gibt es Unterschiede bei der Berechnung der Urlaubstage.

Bei der Berechnung, wie viele Urlaubstage ein Teilzeitbeschäftigter im Jahr nehmen kann, ist entscheidend, wie viele Tage dieser pro Woche arbeitet. Die Stundenzahl pro Tag ist dagegen nicht maßgeblich.

Hier verwenden die Arbeitsgerichte eine einfache Formel: Man nimmt die übliche Anzahl der jährlichen Urlaubstage im Betrieb, multipliziert sie mit der Anzahl der tatsächlich gearbeiteten Tage des Mitarbeiters pro Woche und teilt das Ganze durch die Zahl der Arbeitstage einer Vollzeitwoche in diesem Betrieb.

Beispiele für die Berechnung der Urlaubstage in Teilzeit

Beispiel 1: Ein Arbeitnehmer arbeitet halbtags, jeden Tag 4 Stunden. Im Betrieb gibt es die 5-Tage-Woche. Vollzeitbeschäftigte erhalten 26 Tage Urlaub.

Berechnung:
(26 Urlaubstage x 5 Arbeitstage) / 5 = 26 Urlaubstage für den Teilzeitbeschäftigten.

Beispiel 2: Der Arbeitnehmer arbeitet im gleichen Betrieb an 3 Tagen pro Woche je 8 Stunden. Berechnung:
(26 Urlaubstage x 3 Arbeitstage) / 5 = 15,6 Urlaubstage für den Teilzeitbeschäftigten.

Dabei spielt die Stundenzahl pro Arbeitstag keine Rolle.

0,6 Urlaubstage - was passiert mit Bruchteilen?


Bei dieser Berechnungsweise ergeben sich zwangsläufig Nachkommastellen. Was passiert dann mit diesen Bruchteilen von Urlaubstagen?

Nach § 5 Abs. 2 des Bundesurlaubsgesetzes müssen Bruchteile von Urlaubstagen, die mehr als einen halben Tag ausmachen, auf einen vollen Tag aufgerundet werden.

Nicht gesetzlich geregelt ist, was mit Bruchteilen unter einem halben Tag passiert. Dazu hat das Bundesarbeitsgericht schon 1991 entschieden, dass Arbeitgeber auch Bruchteile von Urlaubstagen gewähren müssen, wenn tarifvertragliche Regelungen dies nicht ausschließen (Urteil vom 14.2.1991, Az. 8 AZR 97/90). Dabei ging es um einen Urlaub von 22,4 Urlaubstagen, der auf 22 abgerundet worden war.

Das Bundesarbeitsgericht entschied auch 2016, dass das Abrunden von Urlaubstagen ohne tarifvertragliche Grundlage unzulässig ist. Ist nichts anderes in einem Tarifvertrag vereinbart, muss der Arbeitgeber den Urlaub eben in Bruchteilen gewähren. Im damaligen Fall war es um eine im Schichtdienst beschäftigte Flughafen-Kontrolleurin gegangen. Ihr standen laut Manteltarifvertrag 28,15 Urlaubstage zu (Urteil vom 8.5.2016, Az. 9 AZR 578/17).

Dies ergibt sich auch aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts von 2018. Danach ist ein Anspruch auf Urlaub, der weniger als einen halben Tag beträgt, weder auf- noch abzurunden. Solange Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag nichts anderes besagen, muss der Arbeitgeber den Urlaub eben in Bruchteilen gewähren (Urteil vom 23.01.2018, Az. 9 AZR 200/17).

Allerdings ist der Urlaub trotzdem grundsätzlich zusammenhängend zu gewähren. Daher scheiterte ein Arbeitnehmer vor dem Landes-Arbeitsgericht Baden-Württemberg mit seiner Klage auf Gewährung von zehn einzelnen halben Urlaubstagen, die er benötigte, um bei spontaner Erforderlichkeit auf dem Weingut seiner Familie zu helfen (Urteil vom 6.3.2019, Az. 4 Sa 73/18).

Was gilt bei unregelmäßigen Arbeitszeiten?


So mancher Arbeitnehmer arbeitet jedoch nicht in jeder Woche gleich viele Tage lang. Dann ist die durchschnittliche Zahl der wöchentlichen Arbeitstage heranzuziehen. Man teilt die betriebsübliche Urlaubsdauer durch die Anzahl aller Werktage im Jahr und multipliziert sie mit den Tagen, an denen der Mitarbeiter insgesamt gearbeitet hat.

Beispiel 3: (26 Urlaubstage im Betrieb / 260 Werktage) x 130 gearbeitete Tage = 13 Urlaubstage.

Urlaubsentgelt: Wie viel ist ein Teilzeittag wert?


Nach § 1 BUrlG haben Arbeitnehmer auch während ihres Erholungsurlaubs Anspruch auf eine Fortzahlung ihrer Vergütung. Diese Zahlung bezeichnet man als das Urlaubsentgelt. Gemäß § 11 BUrlG richtet sich seine Höhe nach dem durchschnittlichen Verdienst in den letzten 13 Wochen, also in den drei Monaten vor Antritt des Urlaubs.

Man berechnet das Urlaubsentgelt für Teilzeitbeschäftigte nach den gleichen Grundsätzen wie bei Vollzeitkräften. Arbeiten Teilzeitmitarbeiter nicht an allen betrieblichen Arbeitstagen, wird der in den letzten drei Monaten erzielte Verdienst durch die Anzahl der echten Arbeitstage in diesen drei Monaten geteilt – unabhängig von der Zahl der jeweiligen Arbeitsstunden. Anschließend multipliziert man das Ergebnis mit den tatsächlich genommenen Urlaubstagen.

Beispiel 4: Ein Arbeitnehmer arbeitet an 3 Tagen pro Woche jeweils 8 Stunden. Wenn er in den drei Monaten vor dem Urlaub insgesamt 3.600 Euro verdient hat, wird so gerechnet:

3.600 Euro / (13 Wochen x 3 Arbeitstage pro Woche ) = 92,31 Euro.
Der Beschäftigte erhält dann für 15,6 Urlaubstage (siehe Beispiel 2):
92,31 Euro x 15,6 genommene Urlaubstage = 1.440 Euro Urlaubsentgelt.

Einmalzahlung und Urlaubsgeld: Bei Teilzeit nur anteilig


Erhalten die Vollzeitkräfte im jeweiligen Betrieb eine jährliche Einmalzahlung als Urlaubsgeld, können auch die Teilzeitkräfte diese beanspruchen. Sie erhalten die Zahlung jedoch nur anteilig entsprechend ihrer tatsächlichen Arbeit.

Urlaubstage: Was gilt beim Wechsel von Vollzeit zu Teilzeit?


Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts dürfen Arbeitgeber den ungenutzten Jahresurlaub eines Arbeitnehmers nicht verhältnismäßig kürzen, wenn dieser während des laufenden Jahres von Vollzeit zu Teilzeit wechselt. Dabei verwiesen die Richter auf den Europäischen Gerichtshof, der eine solche Kürzung von Urlaubsansprüchen als Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten ansieht (Urteil vom 10.02.2015, Az. 9 AZR 53/14).

Wenn also ein Arbeitnehmer von einer Vollzeitarbeit in eine Teilzeitbeschäftigung mit weniger Wochentagen wechselt, bleibt ihm der schon erlangte Urlaubsanspruch aus der Vollzeitbeschäftigung – sofern er noch nicht erfüllt wurde – für das aktuelle Kalenderjahr komplett erhalten.

Praxistipp zum Urlaubsanspruch für Teilzeitbeschäftigte


Immer wieder kommt es bei der Berechnung des Urlaubsentgelts oder der Urlaubstage zu Fehlern. Arbeitnehmer sollten bei Unstimmigkeiten über ihren Urlaubsanspruch keinesfalls eigenmächtig in Urlaub fahren oder länger im Urlaub bleiben, weil sie ihren Urlaubsanspruch anders berechnen als der Chef. Dann droht eine Kündigung wegen Arbeitsverweigerung. Solche Fragen sollten immer gerichtlich geklärt werden, ggf. im Eilverfahren. Qualifizierte Beratung dazu kann Ihnen ein Fachanwalt für Arbeitsrecht erteilen.

(Bu)


 Stephan Buch
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