Vaterschaftsanfechtung: Wie geht das?
18.04.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Immer wieder hört man – mit Berufung auf namenlose Experten – dass in Westeuropa jedes zehnte Kind nicht von dem Mann gezeugt wurde, der sich für seinen Vater hält. Ob diese Zahl stimmt, ist kaum zu beurteilen. Aber: Vor den Gerichten kommt es immer wieder zu Verfahren, in denen eine Vaterschaft angefochten wird. Der sogenannte Scheinvater kann es damit durchsetzen, nicht mehr für das “Kuckuckskind” zahlen zu müssen.
Laut § 1600 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gilt derjenige Mann rechtlich als Vater eines Kindes, der
- zur Zeit der Geburt mit der Mutter verheiratet war,
- die Vaterschaft anerkannt hat,
- dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde.
Eine Vaterschaftsanfechtung findet in aller Regel durch einen Ehemann oder Ex-Ehemann statt, der nicht glaubt, dass das während der Ehe geborene Kind von ihm ist. Eine gerichtlich festgestellte Vaterschaft kann er nicht anfechten.
Eine Vaterschaft darf allerdings nicht nur vom Mann angefochten werden. Anfechtungsberechtigt sind:
- der Mann, der zur Zeit der Geburt mit der Mutter verheiratet war,
- der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat,
- der Mann, der an Eides Statt versichert, der Mutter zur Zeit der Empfängis “beigewohnt” zu haben,
- die Mutter,
- das Kind.
Wurde das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung per Samenspende eines Dritten gezeugt, ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.
Mit einem DNA-Test kann die genetische Abstammung mit 99-prozentiger Sicherheit nachgewiesen oder widerlegt werden. Dazu sind Proben aller Beteiligten erforderlich. Ein Vaterschaftstest allein hat aber noch keine rechtlichen Auswirkungen. Er dient bei der gerichtlichen Vaterschaftsanfechtung als Indiz dafür, dass der Kläger nicht der Vater ist. Auch andere Argumente (nachweisliche Untreue der Frau, Abwesenheit des Mannes im Empfängniszeitraum, Unfruchtbarkeit des Mannes) können hinzukommen.
Achtung: Heimliche Vaterschaftstests sind seit 2010 verboten. Wer sie dennoch in die Wege leitet, muss mit einem Bußgeld bis 5.000 Euro rechnen. Das Bußgeld für das Labor ist weit höher. Ein DNA-Test erfordert daher die Zustimmung aller Beteiligten.
Dies muss durch eine Vaterschaftsanfechtungsklage beim Familiengericht erfolgen. Die Klage muss innerhalb einer Frist von zwei Jahren erhoben werden, gerechnet ab dem Zeitpunkt, zu dem der Anfechtende von den Umständen erfahren hat, die ihn an der Vaterschaft zweifeln lassen. Natürlich muss der Anfechtende dem Gericht schlüssig erklären können, warum er an der Vaterschaft zweifelt. Hier kann ein Seitensprung der Ehefrau genauso eine Rolle spielen wie die Unfruchtbarkeit des Ehemannes oder das Ergebnis eines Vaterschaftstests. Ein solcher Test kann privat mit Zustimmung aller Beteiligten oder auf Anordnung des Gerichts durchgeführt werden. Reine Vermutungen sind vor Gericht jedoch nicht ausreichend.
Der Klageschrift sollte eine Geburtsurkunde des Kindes beigefügt sein. Auch mögliche Beweismittel sollten mit eingereicht werden. Das Familiengericht wird dann die eingereichten Unterlagen prüfen. Reichen diese aus und wurde die Klagefrist eingehalten, wird es das Verfahren eröffnen. Im Verfahren werden alle Beteiligten angehört. Gibt es noch keinen Vaterschaftstest, wird das Gericht in der Regel einen anordnen. Es kann für die Durchführung einen Kostenvorschuss fordern.
Eine erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaft führt dazu, dass das rechtliche Vater-Kind-Verhältnis durch ein Urteil aufgehoben wird. Der Kläger gilt nun rechtlich nicht mehr als Vater des Kindes. Er muss keinen Kindesunterhalt mehr zahlen, bestehende Unterhaltstitel (Urteile, nach denen er Unterhalt zahlen muss) verlieren ihre Gültigkeit. Auch hat er kein Sorgerecht mehr. Solange der biologische Vater nicht durch eine entsprechende Erklärung das Sorgerecht akzeptiert, hat die Mutter das alleinige Sorgerecht. Der Scheinvater kann allerdings nach wie vor ein Umgangsrecht mit dem Kind haben. Dieses Umgangsrecht hat er nicht als biologischer oder rechtlicher Vater, sondern als der „soziale Vater“, der sich längere Zeit um das Kind gekümmert, mit ihm in häuslicher Gemeinschaft gelebt und es mit aufgezogen hat.
Auch das erbrechtliche Verhältnis zwischen Scheinvater und Kind erlischt mit dem Urteil. Das Kind ist also nicht mehr sein gesetzlicher Erbe, kann jedoch per Testament zum Erben gemacht werden.
Eine Vaterschaftsanfechtung gilt rückwirkend ab der Geburt des Kindes. Das führt dazu, dass der Scheinvater nun den an das Kind bisher gezahlten Unterhalt vom biologischen Vater zurückfordern kann. Dabei spricht man vom Unterhaltsregress.
Wie bereits erwähnt, ist ein Paar, das mit Hilfe einer Samenspende einverständlich ein Kind bekommen hat, nicht zur Anfechtung der Vaterschaft berechtigt. Der rechtliche Vater, also zum Beispiel der Ehemann, kann also nicht nachträglich (etwa nach der Scheidung) die Vaterschaft anfechten.
Dies bedeutet aber noch lange nicht, dass der Samenspender die Vaterschaft nicht anfechten kann.
Der Bundesgerichtshof hat sich 2013 mit dieser Situation beschäftigt.
Der Samenspender war hier ein Mann, der in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebte. Die Frau, die die Spende bekam, war mit ihm bekannt und ebenfalls in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung. Die Spende war in einem Gefäß übergeben worden. Beide Seiten waren nachträglich unterschiedlicher Meinung darüber, ob der Mann von vornherein Verantwortung für das Kind hatte übernehmen sollen. Der Samenspender, der dies gern wollte, gab eine Anerkennungserklärung hinsichtlich der Vaterschaft ab. Diese wurde jedoch nicht wirksam, da die Mutter nicht zustimmte. Sie ließ stattdessen einen anderen Bekannten, mit dem sie in keiner engeren Beziehung stand und nicht zusammenlebte, eine Vaterschaftsanerkennung abgeben und stimmte dann dieser zu. Damit wurde der Bekannte zum rechtlichen Vater des Kindes. Der Samenspender focht nun dessen Vaterschaft vor Gericht an.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Samenspender ebenfalls zur Anfechtung berechtigt ist. Er falle nämlich unter die Regelung „Männer, die der Mutter zur Zeit der Empfängnis beigewohnt haben“. Dass diese „Beiwohnung“ nicht im Sinne von Geschlechtsverkehr, sondern mit Hilfe eines Einmachglases erfolgt war, war hier laut Gericht nicht entscheidend. Nur so könne der vom Bundesverfassungsgericht geforderte Zugang des biologischen Vaters zur rechtlichen Vaterschaft ermöglicht werden. Nur eine ausdrückliche Vereinbarung aller Beteiligten vor der Spende, dass ein anderer Mann als der Spender Vater werden solle, könne das Anfechtungsrecht des Spenders ausschließen.
Einen fremden Mann, der gar nicht die Absicht hatte, sich jemals um das Kind zu kümmern, per Anerkennungserklärung zum Vater zu machen, hielt das Gericht für einen Missbrauch der rechtlichen Möglichkeiten (Urteil vom 15.5.2013, Az. XII ZR 49/11).
Das OLG Frankfurt a. M. hatte 2024 folgenden Fall zu entscheiden: Eine Frau und ein Mann hatten sich über ein Dating-Portal kennengelernt. Nach einiger Zeit wurde die Frau schwanger und bekam ein Kind. Einem Vaterschaftstest zufolge war der Mann zu 99,9 Prozent der Vater des Kindes. Dieser weigerte sich jedoch, seine Vaterschaft anzuerkennen. Gegen einen entsprechenden Gerichtsbeschluss legte er Rechtsmittel ein. Seine Begründung: Dass die Frau eine Dating-Plattform benutzt habe, zeige doch, dass sie mit verschiedenen Männern zusammengekommen sei. Das Kind könne auch von sonstwem gezeugt worden sein.
Das Gericht wies diese Argumentation zurück. Weder die Beweisaufnahme mit den Aussagen der Frau, noch der Vaterschaftstest würden großen Raum für Zweifel an seiner Vaterschaft lassen. Tatsächlich sei die Wahrscheinlichkeit, dass er der Vater sei, so hoch, dass sich weitere Diskussionen erübrigten. Dass der Mann die Frau über ein Dating-Portal kennengelernt habe, lasse noch nicht den Schluss zu, dass diese zeitgleich auch mit anderen Männern Sexualkontakte gepflegt habe. Andere Hinweise auf solche Kontakte existierten nicht. Damit musste sich der Mann mit seiner Vaterschaft für das Kind abfinden (Beschluss vom 1.2.2024, Az. 1 UF 75/22).
Wer Anlass zu Zweifeln hat, ob „sein“ Kind wirklich von ihm ist, kann durchaus seine Vaterschaft anfechten. Dieser Schritt sollte aber wohlüberlegt sein, auch Beweismittel sollten nicht fehlen. Auch sollte man bedenken, dass eine solche Anfechtung langjährige persönliche Bindungen – etwa zum Kind – in der Regel nachhaltig stören oder zerstören wird. Ist die Entscheidung für eine Vaterschaftsanfechtung gefallen, hilft dabei ein Fachanwalt für Familienrecht.
Das Wichtigste in Kürze
1. Vaterschaftsanfechtung: Eine Anfechtung der Vaterschaft findet zumeist durch einen Ehemann bzw. Ex-Ehemann statt, der nicht glaubt, dass das während der Ehe geborene Kind von ihm ist.
2. Berechtigung zur Anfechtung: Eine Vaterschaft darf nur von einem gesetzlich festgelegten Personenkreis, z.B. dem Ehemann, der Mutter und dem Kind, angefochten werden. Wurde die Vaterschaft bereits gerichtlich festgestellt, ist es nicht mehr möglich, sie anzufechten.
3. Verfahren: Die Vaterschaftsanfechtungsklage muss beim Familiengericht eingereicht werden. Die Klage muss innerhalb einer Frist von zwei Jahren erhoben werden. Entscheidende hierfür ist der Zeitpunkt, zu dem der Anfechtende von den Umständen erfahren hat, die ihn an der Vaterschaft zweifeln lassen.
1. Vaterschaftsanfechtung: Eine Anfechtung der Vaterschaft findet zumeist durch einen Ehemann bzw. Ex-Ehemann statt, der nicht glaubt, dass das während der Ehe geborene Kind von ihm ist.
2. Berechtigung zur Anfechtung: Eine Vaterschaft darf nur von einem gesetzlich festgelegten Personenkreis, z.B. dem Ehemann, der Mutter und dem Kind, angefochten werden. Wurde die Vaterschaft bereits gerichtlich festgestellt, ist es nicht mehr möglich, sie anzufechten.
3. Verfahren: Die Vaterschaftsanfechtungsklage muss beim Familiengericht eingereicht werden. Die Klage muss innerhalb einer Frist von zwei Jahren erhoben werden. Entscheidende hierfür ist der Zeitpunkt, zu dem der Anfechtende von den Umständen erfahren hat, die ihn an der Vaterschaft zweifeln lassen.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wer ist der Vater? Wer darf eine Vaterschaft anfechten? Welche Rolle spielt der Vaterschaftstest? Wie wird die Vaterschaft angefochten? Was ist bei der Vaterschaftsanfechtung zu beachten? Welche Folgen hat eine erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung? Anfechtung der Vaterschaft bei Samenspende? Update vom 18.4.2024: Benutzung von Dating-Apps begründet keine Zweifel an Vaterschaft Praxistipp zur Vaterschaftsanfechtung Wer ist der Vater?
Laut § 1600 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gilt derjenige Mann rechtlich als Vater eines Kindes, der
- zur Zeit der Geburt mit der Mutter verheiratet war,
- die Vaterschaft anerkannt hat,
- dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde.
Eine Vaterschaftsanfechtung findet in aller Regel durch einen Ehemann oder Ex-Ehemann statt, der nicht glaubt, dass das während der Ehe geborene Kind von ihm ist. Eine gerichtlich festgestellte Vaterschaft kann er nicht anfechten.
Wer darf eine Vaterschaft anfechten?
Eine Vaterschaft darf allerdings nicht nur vom Mann angefochten werden. Anfechtungsberechtigt sind:
- der Mann, der zur Zeit der Geburt mit der Mutter verheiratet war,
- der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat,
- der Mann, der an Eides Statt versichert, der Mutter zur Zeit der Empfängis “beigewohnt” zu haben,
- die Mutter,
- das Kind.
Wurde das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung per Samenspende eines Dritten gezeugt, ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.
Welche Rolle spielt der Vaterschaftstest?
Mit einem DNA-Test kann die genetische Abstammung mit 99-prozentiger Sicherheit nachgewiesen oder widerlegt werden. Dazu sind Proben aller Beteiligten erforderlich. Ein Vaterschaftstest allein hat aber noch keine rechtlichen Auswirkungen. Er dient bei der gerichtlichen Vaterschaftsanfechtung als Indiz dafür, dass der Kläger nicht der Vater ist. Auch andere Argumente (nachweisliche Untreue der Frau, Abwesenheit des Mannes im Empfängniszeitraum, Unfruchtbarkeit des Mannes) können hinzukommen.
Achtung: Heimliche Vaterschaftstests sind seit 2010 verboten. Wer sie dennoch in die Wege leitet, muss mit einem Bußgeld bis 5.000 Euro rechnen. Das Bußgeld für das Labor ist weit höher. Ein DNA-Test erfordert daher die Zustimmung aller Beteiligten.
Wie wird die Vaterschaft angefochten?
Dies muss durch eine Vaterschaftsanfechtungsklage beim Familiengericht erfolgen. Die Klage muss innerhalb einer Frist von zwei Jahren erhoben werden, gerechnet ab dem Zeitpunkt, zu dem der Anfechtende von den Umständen erfahren hat, die ihn an der Vaterschaft zweifeln lassen. Natürlich muss der Anfechtende dem Gericht schlüssig erklären können, warum er an der Vaterschaft zweifelt. Hier kann ein Seitensprung der Ehefrau genauso eine Rolle spielen wie die Unfruchtbarkeit des Ehemannes oder das Ergebnis eines Vaterschaftstests. Ein solcher Test kann privat mit Zustimmung aller Beteiligten oder auf Anordnung des Gerichts durchgeführt werden. Reine Vermutungen sind vor Gericht jedoch nicht ausreichend.
Was ist bei der Vaterschaftsanfechtung zu beachten?
Der Klageschrift sollte eine Geburtsurkunde des Kindes beigefügt sein. Auch mögliche Beweismittel sollten mit eingereicht werden. Das Familiengericht wird dann die eingereichten Unterlagen prüfen. Reichen diese aus und wurde die Klagefrist eingehalten, wird es das Verfahren eröffnen. Im Verfahren werden alle Beteiligten angehört. Gibt es noch keinen Vaterschaftstest, wird das Gericht in der Regel einen anordnen. Es kann für die Durchführung einen Kostenvorschuss fordern.
Welche Folgen hat eine erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung?
Eine erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaft führt dazu, dass das rechtliche Vater-Kind-Verhältnis durch ein Urteil aufgehoben wird. Der Kläger gilt nun rechtlich nicht mehr als Vater des Kindes. Er muss keinen Kindesunterhalt mehr zahlen, bestehende Unterhaltstitel (Urteile, nach denen er Unterhalt zahlen muss) verlieren ihre Gültigkeit. Auch hat er kein Sorgerecht mehr. Solange der biologische Vater nicht durch eine entsprechende Erklärung das Sorgerecht akzeptiert, hat die Mutter das alleinige Sorgerecht. Der Scheinvater kann allerdings nach wie vor ein Umgangsrecht mit dem Kind haben. Dieses Umgangsrecht hat er nicht als biologischer oder rechtlicher Vater, sondern als der „soziale Vater“, der sich längere Zeit um das Kind gekümmert, mit ihm in häuslicher Gemeinschaft gelebt und es mit aufgezogen hat.
Auch das erbrechtliche Verhältnis zwischen Scheinvater und Kind erlischt mit dem Urteil. Das Kind ist also nicht mehr sein gesetzlicher Erbe, kann jedoch per Testament zum Erben gemacht werden.
Eine Vaterschaftsanfechtung gilt rückwirkend ab der Geburt des Kindes. Das führt dazu, dass der Scheinvater nun den an das Kind bisher gezahlten Unterhalt vom biologischen Vater zurückfordern kann. Dabei spricht man vom Unterhaltsregress.
Anfechtung der Vaterschaft bei Samenspende?
Wie bereits erwähnt, ist ein Paar, das mit Hilfe einer Samenspende einverständlich ein Kind bekommen hat, nicht zur Anfechtung der Vaterschaft berechtigt. Der rechtliche Vater, also zum Beispiel der Ehemann, kann also nicht nachträglich (etwa nach der Scheidung) die Vaterschaft anfechten.
Dies bedeutet aber noch lange nicht, dass der Samenspender die Vaterschaft nicht anfechten kann.
Der Bundesgerichtshof hat sich 2013 mit dieser Situation beschäftigt.
Der Samenspender war hier ein Mann, der in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebte. Die Frau, die die Spende bekam, war mit ihm bekannt und ebenfalls in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung. Die Spende war in einem Gefäß übergeben worden. Beide Seiten waren nachträglich unterschiedlicher Meinung darüber, ob der Mann von vornherein Verantwortung für das Kind hatte übernehmen sollen. Der Samenspender, der dies gern wollte, gab eine Anerkennungserklärung hinsichtlich der Vaterschaft ab. Diese wurde jedoch nicht wirksam, da die Mutter nicht zustimmte. Sie ließ stattdessen einen anderen Bekannten, mit dem sie in keiner engeren Beziehung stand und nicht zusammenlebte, eine Vaterschaftsanerkennung abgeben und stimmte dann dieser zu. Damit wurde der Bekannte zum rechtlichen Vater des Kindes. Der Samenspender focht nun dessen Vaterschaft vor Gericht an.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Samenspender ebenfalls zur Anfechtung berechtigt ist. Er falle nämlich unter die Regelung „Männer, die der Mutter zur Zeit der Empfängnis beigewohnt haben“. Dass diese „Beiwohnung“ nicht im Sinne von Geschlechtsverkehr, sondern mit Hilfe eines Einmachglases erfolgt war, war hier laut Gericht nicht entscheidend. Nur so könne der vom Bundesverfassungsgericht geforderte Zugang des biologischen Vaters zur rechtlichen Vaterschaft ermöglicht werden. Nur eine ausdrückliche Vereinbarung aller Beteiligten vor der Spende, dass ein anderer Mann als der Spender Vater werden solle, könne das Anfechtungsrecht des Spenders ausschließen.
Einen fremden Mann, der gar nicht die Absicht hatte, sich jemals um das Kind zu kümmern, per Anerkennungserklärung zum Vater zu machen, hielt das Gericht für einen Missbrauch der rechtlichen Möglichkeiten (Urteil vom 15.5.2013, Az. XII ZR 49/11).
Update vom 18.4.2024: Benutzung von Dating-Apps begründet keine Zweifel an Vaterschaft
Das OLG Frankfurt a. M. hatte 2024 folgenden Fall zu entscheiden: Eine Frau und ein Mann hatten sich über ein Dating-Portal kennengelernt. Nach einiger Zeit wurde die Frau schwanger und bekam ein Kind. Einem Vaterschaftstest zufolge war der Mann zu 99,9 Prozent der Vater des Kindes. Dieser weigerte sich jedoch, seine Vaterschaft anzuerkennen. Gegen einen entsprechenden Gerichtsbeschluss legte er Rechtsmittel ein. Seine Begründung: Dass die Frau eine Dating-Plattform benutzt habe, zeige doch, dass sie mit verschiedenen Männern zusammengekommen sei. Das Kind könne auch von sonstwem gezeugt worden sein.
Das Gericht wies diese Argumentation zurück. Weder die Beweisaufnahme mit den Aussagen der Frau, noch der Vaterschaftstest würden großen Raum für Zweifel an seiner Vaterschaft lassen. Tatsächlich sei die Wahrscheinlichkeit, dass er der Vater sei, so hoch, dass sich weitere Diskussionen erübrigten. Dass der Mann die Frau über ein Dating-Portal kennengelernt habe, lasse noch nicht den Schluss zu, dass diese zeitgleich auch mit anderen Männern Sexualkontakte gepflegt habe. Andere Hinweise auf solche Kontakte existierten nicht. Damit musste sich der Mann mit seiner Vaterschaft für das Kind abfinden (Beschluss vom 1.2.2024, Az. 1 UF 75/22).
Praxistipp zur Vaterschaftsanfechtung
Wer Anlass zu Zweifeln hat, ob „sein“ Kind wirklich von ihm ist, kann durchaus seine Vaterschaft anfechten. Dieser Schritt sollte aber wohlüberlegt sein, auch Beweismittel sollten nicht fehlen. Auch sollte man bedenken, dass eine solche Anfechtung langjährige persönliche Bindungen – etwa zum Kind – in der Regel nachhaltig stören oder zerstören wird. Ist die Entscheidung für eine Vaterschaftsanfechtung gefallen, hilft dabei ein Fachanwalt für Familienrecht.
(Wk)