Strafrecht: Wann verjährt sexueller Missbrauch?
25.07.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Viele Sexualstraftaten werden erst viele Jahre später zur Anzeige gebracht – zum Beispiel erst dann, wenn ein missbrauchtes Kind erwachsen geworden ist. Häufig muss hier erst eine psychologische Aufarbeitung stattfinden, oder gar eine Loslösung von Tätern aus dem familiären oder etwa kirchlichen Umfeld. Ist die Verjährungsfrist bereits abgelaufen, findet jedoch keine Strafverfolgung mehr statt.
Die Dauer der Verjährungsfrist richtet sich bei allen Straftaten nach der Schwere der Tat bzw. nach der maximalen Strafandrohung. In Deutschland sind bei Sexualstraftaten Verjährungsfristen zwischen drei Jahren und dreißig Jahren möglich. Die Grundsätze der Verjährung regelt § 78 des Strafgesetzbuches (StGB). Da sich die Verjährung nach der möglichen Höchststrafe richtet, das Strafgesetzbuch aber oft nur eine Mindeststrafe nennt, ist auch noch § 38 StGB wichtig: Danach beträgt die Höchststrafe, wenn nichts anderes geregelt ist, 15 Jahre.
Bei sämtlichen hier angesprochenen Sexualdelikten gibt es eine Besonderheit, die vor einiger Zeit durch Gesetzesänderungen eingeführt wurde: Während die Verjährungsfrist normalerweise mit Ende der Tat zu laufen beginnt, ruht sie bei den hier besprochenen Sexualstraftaten, bis das Opfer sein 30. Lebensjahr vollendet hat. Erst dann fängt die Verjährungsfrist also tatsächlich zu laufen an (§ 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB). Diese Regelung kommt insbesondere Minderjährigen zugute, die sich erst viele Jahre nach der Tat dazu durchringen, Strafanzeige zu erstatten.
Ein sexueller Missbrauch kann in sexuellen Handlungen bestehen, die jemand an einem anderen vornimmt, von diesem an sich vornehmen lässt oder die ohne Körperkontakt von einem der beiden vor dem anderen vorgenommen werden.
Gesetzlich geregelt sind verschiedene Varianten des sexuellen Missbrauchs in den §§ 174 bis 176e StGB. Zum Beispiel der sexuelle Missbrauch von Schutzbefohlenen, von Gefangenen, von Kranken sowie unter Ausnutzung einer Amtsstellung oder eines Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses. Strafandrohung und Verjährung sind jeweils unterschiedlich und hängen davon ab, welche Straftat im Einzelfall begangen wurde.
Beim sexuellen Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren gibt es verschiedene Strafabstufungen. Entsprechend gibt es auch abgestufte Verjährungsfristen. Die verschiedenen Varianten dieses Deliktes sind geregelt in § 176 ff. StGB.
Wenn der Täter im Sinne von § 176 StGB sexuelle Handlungen an dem Kind vornimmt (mit Körperkontakt, ohne Eindringen in den Körper) oder er solche Handlungen von dem Kind an sich vornehmen lässt, beträgt die Verjährungsfrist zwanzig Jahre (mögliche Höchststrafe 15 Jahre). Dies gilt auch, wenn er das Kind dazu bringt, sexuelle Handlungen an jemand anderem vorzunehmen oder von diesem an sich vornehmen zu lassen.
Nimmt der Täter sexuelle Handlungen an sich selbst vor, ohne das Kind zu berühren, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre (Höchststrafe bis zu zehn Jahre, § 176a StGB). Dies gilt auch, wenn der Täter auf ein Kind mit Hilfe von pornografischen Bildern, Inhalten oder Reden einwirkt.
Die zehnjährige Verjährungsfrist gilt auch, wenn jemand ein Kind zum sexuellen Missbrauch anbietet, zu vermitteln verspricht oder sich mit anderen für eine solche Tat verabredet.
Bei schweren Fällen sexuellen Missbrauchs im Sinne von § 176c StGB beträgt die Verjährungsfrist 20 Jahre. Der Gesetzgeber sieht für diese Fälle eine höhere Mindest-Freiheitsstrafe von zwei Jahren vor. Die Höchststrafe liegt bei 15 Jahren (§ 38 Abs. 2 StGB).
Ein schwerer Fall liegt vor, wenn der Täter
- bereits eine Verurteilung wegen eines solchen Delikts in den letzten fünf Jahren hinter sich hat oder
- mindestens 18 Jahre alt ist und sexuelle Handlungen an einem Kind vollzieht, die mit einem Eindringen in dessen Körper verbunden sind oder
- wenn die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird oder
- wenn der Täter das Kind in die Gefahr einer schweren seelischen oder körperlichen Schädigung seiner Gesundheit oder seiner Entwicklung bringt.
Hier beginnt die Verjährungsfrist wieder erst mit dem vollendeten 30. Lebensjahr des Opfers zu laufen.
Strafbar ist auch der Besitz und die Verbreitung von Anleitungen zum Missbrauch von Kindern. Nach § 176e StGB steht darauf eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Die Tat verjährt daher in fünf Jahren.
Wenn der Täter durch sexuellen Missbrauch zumindest leichtfertig den Tod eines Kindes verursacht, wird er mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft (§ 176d StGB). Die Verjährungsfrist beträgt hier 30 Jahre.
Wer beschuldigt wird, eine hier beschriebenen Taten begangen zu haben, sollte sich von einem Fachanwalt für Strafrecht beraten lassen. Wenn die Tat länger zurückliegt, können abweichende Verjährungsregeln gelten - nämlich diejenigen, die zum Tatzeitpunkt aktuell waren. Auch von sexuellem Missbrauch Betroffenen kann eine Beratung durch einen Anwalt helfen - so können sie zum Beispiel als Nebenkläger im Strafverfahren auftreten.
Gerade bei Sexualstraftaten ist Verjährung ein wichtiges Thema. Diese werden oft erst Jahre später angezeigt. Opfer und Täter wissen oft nicht, wann die Straftaten verjähren und bis wann eine Strafanzeige erfolgen muss.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wie funktioniert die Verjährung von Straftaten? Sonderregeln: Wann beginnt die Verjährungsfrist zu laufen? Was versteht man unter sexuellem Missbrauch? Wann verjährt der sexuelle Missbrauch von Kindern? Wie lang ist die Verjährungsfrist für den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern? Stafbar: Anleitungen zum Kindesmissbrauch Wann verjährt der sexuelle Missbrauch von Kindern mit Todesfolge? Praxistipp zur Verjährung bei sexuellem Missbrauch Wie funktioniert die Verjährung von Straftaten?
Die Dauer der Verjährungsfrist richtet sich bei allen Straftaten nach der Schwere der Tat bzw. nach der maximalen Strafandrohung. In Deutschland sind bei Sexualstraftaten Verjährungsfristen zwischen drei Jahren und dreißig Jahren möglich. Die Grundsätze der Verjährung regelt § 78 des Strafgesetzbuches (StGB). Da sich die Verjährung nach der möglichen Höchststrafe richtet, das Strafgesetzbuch aber oft nur eine Mindeststrafe nennt, ist auch noch § 38 StGB wichtig: Danach beträgt die Höchststrafe, wenn nichts anderes geregelt ist, 15 Jahre.
Sonderregeln: Wann beginnt die Verjährungsfrist zu laufen?
Bei sämtlichen hier angesprochenen Sexualdelikten gibt es eine Besonderheit, die vor einiger Zeit durch Gesetzesänderungen eingeführt wurde: Während die Verjährungsfrist normalerweise mit Ende der Tat zu laufen beginnt, ruht sie bei den hier besprochenen Sexualstraftaten, bis das Opfer sein 30. Lebensjahr vollendet hat. Erst dann fängt die Verjährungsfrist also tatsächlich zu laufen an (§ 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB). Diese Regelung kommt insbesondere Minderjährigen zugute, die sich erst viele Jahre nach der Tat dazu durchringen, Strafanzeige zu erstatten.
Was versteht man unter sexuellem Missbrauch?
Ein sexueller Missbrauch kann in sexuellen Handlungen bestehen, die jemand an einem anderen vornimmt, von diesem an sich vornehmen lässt oder die ohne Körperkontakt von einem der beiden vor dem anderen vorgenommen werden.
Gesetzlich geregelt sind verschiedene Varianten des sexuellen Missbrauchs in den §§ 174 bis 176e StGB. Zum Beispiel der sexuelle Missbrauch von Schutzbefohlenen, von Gefangenen, von Kranken sowie unter Ausnutzung einer Amtsstellung oder eines Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses. Strafandrohung und Verjährung sind jeweils unterschiedlich und hängen davon ab, welche Straftat im Einzelfall begangen wurde.
Wann verjährt der sexuelle Missbrauch von Kindern?
Beim sexuellen Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren gibt es verschiedene Strafabstufungen. Entsprechend gibt es auch abgestufte Verjährungsfristen. Die verschiedenen Varianten dieses Deliktes sind geregelt in § 176 ff. StGB.
Wenn der Täter im Sinne von § 176 StGB sexuelle Handlungen an dem Kind vornimmt (mit Körperkontakt, ohne Eindringen in den Körper) oder er solche Handlungen von dem Kind an sich vornehmen lässt, beträgt die Verjährungsfrist zwanzig Jahre (mögliche Höchststrafe 15 Jahre). Dies gilt auch, wenn er das Kind dazu bringt, sexuelle Handlungen an jemand anderem vorzunehmen oder von diesem an sich vornehmen zu lassen.
Nimmt der Täter sexuelle Handlungen an sich selbst vor, ohne das Kind zu berühren, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre (Höchststrafe bis zu zehn Jahre, § 176a StGB). Dies gilt auch, wenn der Täter auf ein Kind mit Hilfe von pornografischen Bildern, Inhalten oder Reden einwirkt.
Die zehnjährige Verjährungsfrist gilt auch, wenn jemand ein Kind zum sexuellen Missbrauch anbietet, zu vermitteln verspricht oder sich mit anderen für eine solche Tat verabredet.
Wie lang ist die Verjährungsfrist für den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern?
Bei schweren Fällen sexuellen Missbrauchs im Sinne von § 176c StGB beträgt die Verjährungsfrist 20 Jahre. Der Gesetzgeber sieht für diese Fälle eine höhere Mindest-Freiheitsstrafe von zwei Jahren vor. Die Höchststrafe liegt bei 15 Jahren (§ 38 Abs. 2 StGB).
Ein schwerer Fall liegt vor, wenn der Täter
- bereits eine Verurteilung wegen eines solchen Delikts in den letzten fünf Jahren hinter sich hat oder
- mindestens 18 Jahre alt ist und sexuelle Handlungen an einem Kind vollzieht, die mit einem Eindringen in dessen Körper verbunden sind oder
- wenn die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird oder
- wenn der Täter das Kind in die Gefahr einer schweren seelischen oder körperlichen Schädigung seiner Gesundheit oder seiner Entwicklung bringt.
Hier beginnt die Verjährungsfrist wieder erst mit dem vollendeten 30. Lebensjahr des Opfers zu laufen.
Stafbar: Anleitungen zum Kindesmissbrauch
Strafbar ist auch der Besitz und die Verbreitung von Anleitungen zum Missbrauch von Kindern. Nach § 176e StGB steht darauf eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Die Tat verjährt daher in fünf Jahren.
Wann verjährt der sexuelle Missbrauch von Kindern mit Todesfolge?
Wenn der Täter durch sexuellen Missbrauch zumindest leichtfertig den Tod eines Kindes verursacht, wird er mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft (§ 176d StGB). Die Verjährungsfrist beträgt hier 30 Jahre.
Praxistipp zur Verjährung bei sexuellem Missbrauch
Wer beschuldigt wird, eine hier beschriebenen Taten begangen zu haben, sollte sich von einem Fachanwalt für Strafrecht beraten lassen. Wenn die Tat länger zurückliegt, können abweichende Verjährungsregeln gelten - nämlich diejenigen, die zum Tatzeitpunkt aktuell waren. Auch von sexuellem Missbrauch Betroffenen kann eine Beratung durch einen Anwalt helfen - so können sie zum Beispiel als Nebenkläger im Strafverfahren auftreten.