Versicherungsrecht: Wer zahlt, wenn die Küche brennt?

17.10.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
Küche,brennt,Brand,Feuerlöscher Zahlt die Versicherung bei einem Küchenbrand? © - freepik

Man möchte es nicht erleben, es kommt aber immer wieder vor: ein Küchenbrand. Dabei kann ein teurer Schaden entstehen. Welche Versicherung zahlt in einem solchen Fall - und wann?

Gerade Küchenbrände können sich extrem schnell ausbreiten. Oft sind sogenannte Fettbrände die Ursache. Dabei überhitzen sich Speisefette oder -öle über ihren Brennpunkt hinaus und entzünden sich selbst. Wer dann mit Wasser zu löschen versucht, löst eine Fettexplosion aus und gerät womöglich in Lebensgefahr. Welche Versicherung zahlt für Schäden? Und wann zahlt eine Versicherung überhaupt?

Küchenbrand: Wer zahlt für welche Schäden?


Die Versicherungen unterscheiden Brandschäden danach, ob diese Einrichtungsgegenstände oder die Immobilie selbst betreffen. Geht es um Schäden an der Einrichtung, ist die Hausratversicherung zuständig. Diese ersetzt die verkohlten Gegenstände zum Neuwert. Oft ermittelt und entscheidet ein Sachverständiger, ob die beschädigten Möbel erhalten werden können. Verbleibende Geruchsbelästigungen muss man nicht hinnehmen. Für Gebäudeschäden ist hingegen die Wohngebäudeversicherung zuständig.

Nachbarwohnungen beschädigt: Welche Versicherung zahlt?


Wenn die Nachbarwohnungen bei einem Wohnungsbrand zum Beispiel durch Ruß oder Rauch Schäden erlitten haben oder Schäden durch Löschwasser entstanden sind, greift die private Haftpflichtversicherung ein. Besonders bedeutend ist hier das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 1.4.2011 (Az. V ZR 193/10). Danach haftet ein Wohnungsinhaber auch dann für Schäden der Nachbarn, wenn der Brand nicht durch seine Unachtsamkeit, sondern durch einen technischen Defekt ausgelöst wurde. Für solche Risiken bietet nur der Abschluss einer privaten Haftpflichtversicherung ausreichenden Versicherungsschutz.

Bei einer privaten Haftpflichtversicherung spielt das Argument "grobe Fahrlässigkeit" keine Rolle. Laut Verbraucherportal des GDV (Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft) übernimmt die private Haftpflichtversicherung auch Schäden durch grobe Fahrlässigkeit. Dies gilt aber nicht für andere Arten von Versicherungen.

Einfache und grobe Fahrlässigkeit - was ist der Unterschied?


Lässt jemand die ganz allgemeine Sorgfalt außer acht, die man von ihm in einer bestimmten Situation erwarten kann, handelt er fahrlässig. Lässt er die elementarsten Sorgfaltspflichten außer acht, die wirklich jedem einleuchten müssten, handelt er grob fahrlässig. Fahrlässigkeit ist also etwas, dass schon mal passieren kann, auch wenn es nicht passieren sollte. Grobe Fahrlässigkeit ist etwas, das nicht passieren darf.
Zum Beispiel: Wer einen Weihnachtsbaum mit brennenden Kerzen kurz allein lässt, um die Toilette aufzusuchen, handelt noch nicht grob fahrlässig. Verlässt er das Haus für eine längere Unterhaltung mit einem Nachbarn, liegt grobe Fahrlässigkeit vor.

Verzicht auf Einwand der groben Fahrlässigkeit?


Die Hausratversicherung und die Wohngebäudeversicherung zahlen üblicherweise nicht, wenn ein Schaden etwa durch einen Küchenbrand durch grobe Fahrlässigkeit ausgelöst wurde. Die Grenzen zwischen (mitversicherter) leichter Fahrlässigkeit und grober Fahrlässigkeit sind fließend. Inzwischen bieten jedoch viele Versicherer in bestimmten Tarifen einen Verzicht auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit an. Schon aus diesem Grund kann es sich lohnen, einen alten Vertrag zu kündigen und einen neuen abzuschließen.

Fall: Brennendes Frittierfett führt zu Küchenbrand


Ein solcher Verzicht auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit fehlte bei einem Mann aus Niedersachsen. Dieser musste sich daher seitens der Versicherung den Vorwurf gefallen lassen, dass er sich grob fahrlässig verhalten und den Schaden erst ermöglicht habe.

Der damals 33-jährige Mann hatte nach der Heimkehr von einem feuchtfröhlichen Abend um 4 Uhr früh Hunger bekommen und sich in einem Kochtopf mit Frittiereinsatz Kartoffelröllchen zubereitet. Den tiefgefrorenen Snack gab er in heißes Fett und ging ins Wohnzimmer. Während er sich dort fünf bis 15 Minuten lang aufhielt, erhitzte sich das im Topf befindliche Fett derartig, dass es sich entzündete. Das Feuer griff schnell auf die Küchenzeile und den Deckenbereich über. Der Küchenbrand erfasste den Dachstuhl und schließlich das gesamte Mehrfamilienhaus.

Dieser Brand hatte sogar strafrechtliche Folgen: Der Mann wurde rechtskräftig wegen fahrlässiger Brandstiftung zu einer Geldstrafe verurteilt. Es kam jedoch noch schlimmer: Der Feuerversicherer des Vermieters nahm ihn aus gem. § 67 VVG a.F. übergegangenem Recht wegen des Brandschadens in Regress. Er sollte knapp 150.000 Euro wegen des Vorwurfs der groben Fahrlässigkeit an die Versicherung zahlen.

Das Amtsgericht Nordhorn und das Landgericht Osnabrück wiesen die Klage der Versicherung ab. Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Entscheidungen (Urteil vom 10.5.2011, Az. VI ZR 196/10). Die Richter in Karlsruhe sahen hier zwar ebenfalls einen objektiv schweren Verstoß gegen Sorgfaltspflichten. Allerdings sei das Verhalten des "Amateurkochs" nicht schlechthin unentschuldbar. Schließlich habe der damals 33-jährige Mieter erst seit relativ kurzer Zeit eigene Erfahrungen mit der Essenszubereitung gesammelt. Unerfahrenheit sei ein subjektiver Umstand, der es im Einzelfall rechtfertigen könne, einen Pflichtenverstoß geringer als grob fahrlässig zu bewerten.

Nicht unwichtig war freilich auch, dass die Versicherung als Klägerin die Beweislast für die grobe Fahrlässigkeit des Wohnungsinhabers trug. Zwar behauptete die Versicherung hier, dass der Mann infolge Alkoholkonsums sicherlich nebenan vor dem Fernseher eingeschlafen sei. Dafür gab es jedoch keinen Beweis. Eine vor Ort erfolgte Befragung durch die Polizei ließ nicht den Schluss zu, dass er vollkommen betrunken gewesen wäre.

Praxistipp zum Küchenbrand


Seien Sie achtsam beim Kochen mit heißen Fetten oder Ölen. Überprüfen Sie am besten Ihre bestehenden Versicherungsverträge darauf, welche Schäden abgedeckt sind und ob der Einwand der groben Fahrlässigkeit ausgeschlossen ist. Sollte sich trotzdem einmal ein solcher Schadensfall ereignen und verweigert die Versicherung eine Zahlung, sollten Sie sich umgehend an einen auf Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt wenden, um Ihre Rechte zu wahren.

(Wk)


 Günter Warkowski
Anwalt-Suchservice
Juristische Redaktion
E-Mail schreiben Juristische Redaktion