Wann kann eine Scheidung besonders schnell durchgeführt werden?

03.03.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Scheidung,Blitzscheidung,Härtefall,Trennungsjahr Gewalt kann einen Grund für eine Härtefallscheidung darstellen. © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Grundsatz: Eine Ehe gilt grundsätzlich erst dann als gescheitert, wenn sich die Eheleute nach einem Trennungsjahr immer noch scheiden lassen wollen. Diese Regelung soll einer voreiligen Scheidung vorbeugen.

2. Härtefalle: Eine Scheidung kann ausnahmsweise auch schneller herbeigeführt werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für einen Ehepartner aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde, insbesondere bei Gewalt eines Ehegatten.

3. Nachweis: Bantragt ein Ehegatte eine Scheidung wegen unzumutbarer Härte, muss er den zugrundeliegenden Sachverhalt, z.B. Gewalt, auch beweisen können, z.B. mittels Zeugenaussagen von Verwandten und Freunden, oder ärztlichen Gutachten.
Das sogenannte Trennungsjahr kann man ausnahmsweise umgehen, wenn einer der Ehepartner einen besonderen Härtefall geltend macht. Dazu muss derjenige glaubhaft machen können, dass ein einjähriges Abwarten für ihn oder sie nicht zumutbar ist. Ein solcher Härtefall wird jedoch nur unter engen Voraussetzungen anerkannt.

Ehescheidung: Was ist das Trennungsjahr?


Wenn sich ein Ehepaar scheiden lassen will, müssen die Ehepartner nach § 1565 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zunächst ein Jahr in Trennung leben. Die Ehe gilt nämlich erst nach Ablauf dieses Zeitraumes als gescheitert. So soll verhindert werden, dass sich Paare leichtfertig scheiden lassen, obwohl ihre Ehe vielleicht noch zu retten wäre.

Was versteht man unter "Trennung"?


Die Familiengerichte haben genaue Vorstellungen, wie eine solche einjährige Trennung aussehen muss, um als Voraussetzung für die Ehescheidung zu gelten. Während der Trennung dürfen die Partner zwar noch zusammen in einer Wohnung leben. Allerdings müssen sie getrennte Leben führen. Gemeinsame Mahlzeiten sind nicht erlaubt. Man darf auch keine Haushaltsarbeiten für den anderen erledigen, wie zum Beispiel Wäsche waschen oder einkaufen. Getrennte Schlafzimmer sind selbstverständlich. Auch finanzielle Angelegenheiten müssen getrennt stattfinden. Die Freizeit sollte ebenfalls nicht mehr gemeinsam verbracht werden. Ausnahmen sind möglich, wenn Kinder vorhanden sind. Umgangssprachlich nennt man all dies die "Trennung von Tisch und Bett."

Wie kann man die Scheidung beschleunigen?


Das Bürgerliche Gesetzbuch gesteht Ehepartnern eine Ausnahme vom Trennungsjahr zu. Die Scheidung einer Ehe ist nämlich auch nach einer kürzeren Zeit als einem Jahr möglich. Die Voraussetzung ist, dass ihre Fortsetzung für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte sein würde (§ 1565 Absatz 2 BGB). Aber: Wann ist dies der Fall?

An das Vorliegen eines solchen Härtefalls stellen die Familiengerichte strenge Anforderungen. So liegt noch lange kein Härtefall vor, nur weil ein Ehepartner glaubt, das Verhalten des anderen sei unzumutbar. Denn dann käme bei praktisch jeder Scheidung ein Härtefall zum Tragen. Schließlich lässt sich niemand ohne guten Grund scheiden.

Wie wirkt sich die Nichtzahlung von Unterhalt aus?


Wenn der zur Unterhaltszahlung verpflichtete Ehepartner nicht zahlt, ist dies in der Regel kein Härtegrund. Kommen weitere erschwerende Umstände hinzu, kann die Nichtzahlung von Unterhalt jedoch zu einem Härtegrund werden. So entschied zum Beispiel das Oberlandesgericht Stuttgart (Beschluss vom 7.2.2001, Az. 18 WF 44/01).

Welche Auswirkungen haben Untreue und neue Partner auf das Trennungsjahr?


Das Oberlandesgericht Rostock hat entschieden, dass ein Härtefall allenfalls dann vorliegt, wenn ein Ehepartner schwerwiegende Verstöße gegen die Gebote der ehelichen Solidarität begangen hat, die es geradezu als entwürdigendes Unrecht erscheinen lassen würden, wenn man ihn dazu zwingen würde, noch für ein Jahr länger verheiratet zu bleiben (Urteil vom 15.06.2006, Az. 11 WF 103/06). Hier war die Ehefrau nach der Trennung bei einem anderen Mann eingezogen. Dies allein reichte dem Gericht als Härtefallgrund nicht aus - da hätte noch einiges mehr an entwürdigenden Umständen für den bisherigen Ehemann hinzukommen müssen.

Auch ein Seitensprung ist noch kein ausreichender Grund für einen Härtefall. Dies gilt zumindest normalerweise. Schließlich kann es Umstände geben, unter denen ein Verhältnis oder eine neue Beziehung zu einer unzumutbaren Härte wird, weil sie für den bisherigen Partner eine besondere Demütigung darstellt. Zum Beispiel, wenn mit dem besten Freund des Partners oder der Partnerin etwas angefangen wird, um den oder die Ex gezielt zu verletzen.

Solche besonders verletzenden oder demütigenden Umstände müssen vor dem Familiengericht natürlich irgendwie nachgewiesen werden. Dies ist oft nicht einfach. Immerhin sehen manche Gerichte das Zusammenleben mit jemand anderem in der bisherigen Ehewohnung als Härtegrund an. Als nicht mehr zumutbar gilt auch ein öffentlich ausgelebtes ehebrecherisches Verhältnis in einer Kleinstadt. Erwartet die Ehefrau ein Kind von einem anderen Mann, ist für die Gerichte meist ebenfalls Schluss mit der Geduld (OLG Frankfurt, 06.06.2005, Az. 1 WF 89/05).

Lebt die Ehefrau inzwischen mit einem neuen Mann zusammen und möchte diesen vor der Geburt des gemeinsamen Kindes heiraten, liegt jedoch kein Härtefall vor. Die Ehefrau kann dann also keine Verkürzung des Trennungsjahres beantragen (Oberlandesgericht Naumburg, 05.11.2004, Az. 14 WF 211/04).

Wann ist Gewalt in der Ehe ein Grund für eine Verkürzung des Trennungsjahrs?


Gewalt in der Ehe kann selbstverständlich ein Grund für einen Härtefall sein. Die Gewalt muss dafür ein gewisses Ausmaß erreicht haben und häufiger vorgekommen sein. Einzelne Gewalttätigkeiten im Affekt reichen noch nicht aus. Eine bestimmte Anzahl von Vorfällen wird dabei nicht verlangt – die Gerichte entscheiden je nach Einzelfall und Umständen. Wer einen Härtefall aufgrund von Gewalt des Ehepartners geltend machen will, muss diese auch beweisen können. Dies kann zum Beispiel durch Zeugenaussagen und ärztliche Bescheinigungen geschehen.

Beispiel: Ein Ehemann drohte seiner Ehefrau mehrfach, sie zu töten. Dabei lief er ihr zum Teil hinterher und schwang einen Zimmermannshammer. Auch verprügelte er ihren Vater. Das Oberlandesgericht Dresden erkannte dies als Härtefall an und erlaubte eine Verkürzung des Trennungsjahres (Beschluss vom 16.04.2012, Az. 23 UF 1041/11).

Was sind Gründe für eine Scheidung wegen unzumutbarer Härte?


Gründe für eine Härtefallscheidung liegen vor, wenn es einem Ehepartner nicht zumutbar ist, das Trennungsjahr abzuwarten. Typische Gründe sind:

1. Häusliche Gewalt – Körperliche oder psychische Misshandlungen.
2. Schwere Beleidigungen und Demütigungen – Zum Beispiel extreme Beschimpfungen oder öffentliche Bloßstellungen.
3. Ehebruch in besonders verletzender Form – Etwa eine langjährige Affäre oder das Zusammenziehen mit einer neuen Partnerin/einem neuen Partner direkt nach der Trennung.
4. Alkoholsucht oder Drogenmissbrauch – Wenn dadurch das Zusammenleben untragbar wird.
5. Verweigerung jeglicher Unterstützung – Wenn ein Partner keinerlei Verantwortung für Kinder oder Haushalt übernimmt.

Das Gericht prüft jeden Fall individuell und verlangt Beweise für eine unzumutbare Härte (z. B. Zeugenaussagen, ärztliche Gutachten oder polizeiliche Anzeigen).

Was sind keine Gründe für eine Härtefallscheidung?


Nicht jeder Streit oder jedes Fehlverhalten in der Ehe reicht für eine Härtefallscheidung aus. Eine Härtefallscheidung wird nur zugelassen, wenn die Fortsetzung der Ehe unzumutbar wäre. Dies beurteilt das Familiengericht im Einzelfall. Hier sind einige Gründe, die nicht ausreichen:

1. Normale Eheprobleme – Häufige Streitereien, unterschiedliche Interessen oder Auseinanderleben.
2. Gelegentliche Untreue – Ein einmaliger Seitensprung führt meist nicht zur Härtefallscheidung, es sei denn, er ist besonders verletzend.
3. Emotionale Kälte oder fehlende Liebe – Das allein ist kein Härtegrund, sondern ein normaler Scheidungsgrund.
4. Schlechte Haushaltsführung – Wenn der Partner wenig im Haushalt hilft oder unordentlich ist, reicht das nicht aus.
5. Trennung wegen neuer Partnerschaft – Wenn sich jemand neu verliebt und die Ehe verlässt, ist das kein Härtefall, solange keine besondere Demütigung oder Belastung hinzukommt.

Praxistipp zur beschleunigten Scheidung im Härtefall


Bei einer Härtefallscheidung muss man damit rechnen, dass vor Gericht Anschuldigungen gegen den Partner vorzutragen sind. Gegenanschuldigungen werden folgen. Oft müssen Verwandte und Freunde als Zeugen aussagen. Auch, wenn man vom Partner wirklich genug hat, kann das Abwarten des Trennungsjahres gegenüber der emotionalen Belastung und der möglichen Schädigung anderer sozialer Beziehungen bei einem solchen Verfahren oft vorzuziehen sein. Auch sollte man bedenken, dass die Beweisaufnahme das Verfahren ebenfalls verzögert. Am Ende wird womöglich gar nicht so viel Zeit gespart. Ein Fachanwalt für Familienrecht kann Sie dazu beraten, was in Ihrem Fall zu empfehlen ist.

(Ma)


 Ulf Matzen
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