Voraussetzungen der Härtefallregelung bei Scheidung
15.09.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Das Trennungsjahr lässt sich ausnahmsweise umgehen, wenn einer der Ehepartner einen besonderen Härtefall geltend macht. Dazu muss er glaubhaft machen können, dass ihm ein einjähriges Abwarten nicht zuzumuten ist. Allerdings wird ein solcher Härtefall nur unter engen Voraussetzungen anerkannt.
Ehepaare, die sich scheiden lassen möchten, müssen gemäß § 1565 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches erst einmal ein Jahr in Trennung leben. Erst nach Ablauf dieses Zeitraumes gilt die Ehe als gescheitert. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass sich Paare leichtfertig scheiden lassen, obwohl ihre Ehe vielleicht noch zu retten wäre.
Trennung bedeutet dabei: Die Partner dürfen zwar noch zusammen in einer Wohnung leben. Sie müssen jedoch getrennte Leben führen. Gemeinsame Mahlzeiten sind tabu, ebenso häusliche Erledigungen (Wäsche waschen, einkaufen) für den anderen. Getrennte Schlafzimmer sind selbstverständlich, finanzielle Angelegenheiten müssen getrennt stattfinden und auch gemeinsame Freizeitgestaltung sollte nicht mehr erfolgen. Einige Ausnahmen gibt es, wenn Kinder vorhanden sind.
Das Bürgerliche Gesetzbuch gesteht Ehepartnern immerhin eine Ausnahme zu: Die Scheidung einer Ehe ist auch nach einer kürzeren Zeit als einem Jahr möglich, wenn ihre Fortsetzung für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte sein würde (§ 1565 Absatz 2 BGB).
Die Familiengerichte stellen strenge Anforderungen an das Vorliegen eines solchen Härtefalles. Zum Beispiel liegt noch lange kein Härtefall vor, nur weil ein Ehepartner glaubt, das Verhalten des anderen sei unzumutbar. Wäre dies so, käme bei praktisch jeder Scheidung ein Härtefall zum Tragen. Denn: Niemand lässt sich scheiden ohne guten Grund.
Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Rostock liegt ein Härtefall allenfalls dann vor, wenn ein Ehepartner schwerwiegende Verstöße gegen die Gebote der ehelichen Solidarität begangen hat, die es geradezu als entwürdigendes Unrecht erscheinen lassen würden, wenn man ihn dazu zwingen würde, noch für ein Jahr an der Ehe festzuhalten (Urteil vom 15.06.2006, Az. 11 WF 103/06).
Selbstverständlich kann Gewalt einen Grund für einen Härtefall bilden. Dazu muss diese ein gewisses Ausmaß erreicht haben und häufiger vorgekommen sein. Ist es nur zu einzelnen Gewalttätigkeiten im Affekt gekommen, reicht dies noch nicht aus. Es gibt hier keine feste Anzahl von Vorfällen – die Gerichte entscheiden je nach Einzelfall und Umständen. Außerdem müssen die Vorkommnisse bewiesen werden – zum Beispiel durch Zeugenaussagen und ärztliche Bescheinigungen.
Beispiel: Dem Oberlandesgericht Dresden nach reicht ein mehrfaches Bedrohen der Ehefrau mit dem Tod – teilweise unterstützt durch Hinterherlaufen mit einem Zimmermannshammer – sowie das Verprügeln des Schwiegervaters für einen Härtefall aus (Beschluss vom 16.04.2012, Az. 23 UF 1041/11).
Ein Seitensprung ist noch kein ausreichender Grund für einen Härtefall – und auch nicht das Zusammenziehen mit einem neuen Partner. Normalerweise. Immerhin kann es durchaus Umstände geben, unter denen eine neue Beziehung zu einer unzumutbaren Härte wird, weil sie eine besondere Demütigung des bisherigen Partners darstellt. Zum Beispiel, wenn mit dem besten Freund des Partners oder der Partnerin etwas angefangen wird, um diese Person gezielt zu verletzen.
Solche besonderen Umstände müssten dann natürlich auch vor Gericht irgendwie nachgewiesen werden, was oft schwierig ist. Die Gerichte sehen immerhin zum Teil das Zusammenleben mit jemand anderem in der bisherigen Ehewohnung als Härtegrund an. Als nicht mehr zumutbar wird auch ein öffentlich ausgelebtes ehebrecherisches Verhältnis in einer Kleinstadt angesehen. Wenn die Ehefrau ein Kind von einem anderen Mann erwartet, ist für die Gerichte meist ebenfalls Schluss mit der Geduld (OLG Frankfurt, 06.06.2005, Az. 1 WF 89/05).
Kein Härtefall liegt jedoch vor, wenn die Ehefrau die Härtefallscheidung beantragt, weil sie inzwischen mit einem anderen Mann zusammen lebt und diesen vor der Geburt des gemeinsamen Kindes heiraten möchte (Oberlandesgericht Naumburg, 05.11.2004, Az. 14 WF 211/04).
Zahlt der dazu verpflichtete Ehepartner keinen Unterhalt, ist dies in der Regel kein Härtegrund. Jedenfalls nicht, solange nicht weitere, erschwerende Umstände hinzukommen. So entschied beispielsweise das Oberlandesgericht Stuttgart (Beschluss vom 7.2.2001, Az. 18 WF 44/01).
Bei einer Härtefallscheidung muss damit gerechnet werden, dass vor Gericht Anschuldigungen gegen den Partner vorzutragen sind, dass Gegenanschuldigungen folgen und Verwandte und Freunde als Zeugen aussagen müssen. Auch wenn man vom Partner wirklich genug hat, kann das Abwarten des Trennungsjahres gegenüber der emotionalen Belastung und der möglichen Schädigung anderer sozialer Beziehungen im Rahmen eines solchen Verfahrens oft vorzuziehen sein. Auch gilt es zu bedenken, dass die Beweisaufnahme das Verfahren ebenfalls verzögert, sodass im Ergebnis vielleicht gar nicht so viel Zeit gespart wird. Ein Fachanwalt für Familienrecht kann Sie dazu beraten, was in Ihrem Fall zu empfehlen ist.
Grundsätzlich ist eine Scheidung erst nach einem Trennungsjahr möglich. Ein Härtefall kann dies ändern. Dazu müssen jedoch einige Voraussetzungen erfüllt sein.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was ist das Trennungsjahr? Was besagt die Härtefallregelung? Wann liegt ein Härtefall vor? Was gilt bei Gewalt in der Ehe? Welche Auswirkungen haben Untreue und neue Partner? Wie wirkt sich die Nichtzahlung von Unterhalt aus? Praxistipp Was ist das Trennungsjahr?
Ehepaare, die sich scheiden lassen möchten, müssen gemäß § 1565 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches erst einmal ein Jahr in Trennung leben. Erst nach Ablauf dieses Zeitraumes gilt die Ehe als gescheitert. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass sich Paare leichtfertig scheiden lassen, obwohl ihre Ehe vielleicht noch zu retten wäre.
Trennung bedeutet dabei: Die Partner dürfen zwar noch zusammen in einer Wohnung leben. Sie müssen jedoch getrennte Leben führen. Gemeinsame Mahlzeiten sind tabu, ebenso häusliche Erledigungen (Wäsche waschen, einkaufen) für den anderen. Getrennte Schlafzimmer sind selbstverständlich, finanzielle Angelegenheiten müssen getrennt stattfinden und auch gemeinsame Freizeitgestaltung sollte nicht mehr erfolgen. Einige Ausnahmen gibt es, wenn Kinder vorhanden sind.
Was besagt die Härtefallregelung?
Das Bürgerliche Gesetzbuch gesteht Ehepartnern immerhin eine Ausnahme zu: Die Scheidung einer Ehe ist auch nach einer kürzeren Zeit als einem Jahr möglich, wenn ihre Fortsetzung für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte sein würde (§ 1565 Absatz 2 BGB).
Wann liegt ein Härtefall vor?
Die Familiengerichte stellen strenge Anforderungen an das Vorliegen eines solchen Härtefalles. Zum Beispiel liegt noch lange kein Härtefall vor, nur weil ein Ehepartner glaubt, das Verhalten des anderen sei unzumutbar. Wäre dies so, käme bei praktisch jeder Scheidung ein Härtefall zum Tragen. Denn: Niemand lässt sich scheiden ohne guten Grund.
Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Rostock liegt ein Härtefall allenfalls dann vor, wenn ein Ehepartner schwerwiegende Verstöße gegen die Gebote der ehelichen Solidarität begangen hat, die es geradezu als entwürdigendes Unrecht erscheinen lassen würden, wenn man ihn dazu zwingen würde, noch für ein Jahr an der Ehe festzuhalten (Urteil vom 15.06.2006, Az. 11 WF 103/06).
Was gilt bei Gewalt in der Ehe?
Selbstverständlich kann Gewalt einen Grund für einen Härtefall bilden. Dazu muss diese ein gewisses Ausmaß erreicht haben und häufiger vorgekommen sein. Ist es nur zu einzelnen Gewalttätigkeiten im Affekt gekommen, reicht dies noch nicht aus. Es gibt hier keine feste Anzahl von Vorfällen – die Gerichte entscheiden je nach Einzelfall und Umständen. Außerdem müssen die Vorkommnisse bewiesen werden – zum Beispiel durch Zeugenaussagen und ärztliche Bescheinigungen.
Beispiel: Dem Oberlandesgericht Dresden nach reicht ein mehrfaches Bedrohen der Ehefrau mit dem Tod – teilweise unterstützt durch Hinterherlaufen mit einem Zimmermannshammer – sowie das Verprügeln des Schwiegervaters für einen Härtefall aus (Beschluss vom 16.04.2012, Az. 23 UF 1041/11).
Welche Auswirkungen haben Untreue und neue Partner?
Ein Seitensprung ist noch kein ausreichender Grund für einen Härtefall – und auch nicht das Zusammenziehen mit einem neuen Partner. Normalerweise. Immerhin kann es durchaus Umstände geben, unter denen eine neue Beziehung zu einer unzumutbaren Härte wird, weil sie eine besondere Demütigung des bisherigen Partners darstellt. Zum Beispiel, wenn mit dem besten Freund des Partners oder der Partnerin etwas angefangen wird, um diese Person gezielt zu verletzen.
Solche besonderen Umstände müssten dann natürlich auch vor Gericht irgendwie nachgewiesen werden, was oft schwierig ist. Die Gerichte sehen immerhin zum Teil das Zusammenleben mit jemand anderem in der bisherigen Ehewohnung als Härtegrund an. Als nicht mehr zumutbar wird auch ein öffentlich ausgelebtes ehebrecherisches Verhältnis in einer Kleinstadt angesehen. Wenn die Ehefrau ein Kind von einem anderen Mann erwartet, ist für die Gerichte meist ebenfalls Schluss mit der Geduld (OLG Frankfurt, 06.06.2005, Az. 1 WF 89/05).
Kein Härtefall liegt jedoch vor, wenn die Ehefrau die Härtefallscheidung beantragt, weil sie inzwischen mit einem anderen Mann zusammen lebt und diesen vor der Geburt des gemeinsamen Kindes heiraten möchte (Oberlandesgericht Naumburg, 05.11.2004, Az. 14 WF 211/04).
Wie wirkt sich die Nichtzahlung von Unterhalt aus?
Zahlt der dazu verpflichtete Ehepartner keinen Unterhalt, ist dies in der Regel kein Härtegrund. Jedenfalls nicht, solange nicht weitere, erschwerende Umstände hinzukommen. So entschied beispielsweise das Oberlandesgericht Stuttgart (Beschluss vom 7.2.2001, Az. 18 WF 44/01).
Praxistipp
Bei einer Härtefallscheidung muss damit gerechnet werden, dass vor Gericht Anschuldigungen gegen den Partner vorzutragen sind, dass Gegenanschuldigungen folgen und Verwandte und Freunde als Zeugen aussagen müssen. Auch wenn man vom Partner wirklich genug hat, kann das Abwarten des Trennungsjahres gegenüber der emotionalen Belastung und der möglichen Schädigung anderer sozialer Beziehungen im Rahmen eines solchen Verfahrens oft vorzuziehen sein. Auch gilt es zu bedenken, dass die Beweisaufnahme das Verfahren ebenfalls verzögert, sodass im Ergebnis vielleicht gar nicht so viel Zeit gespart wird. Ein Fachanwalt für Familienrecht kann Sie dazu beraten, was in Ihrem Fall zu empfehlen ist.
(Ma)