Vorratsdatenspeicherung: Wie ist die Rechtslage in Deutschland?
18.10.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Wenn Daten ohne konkreten Anlass gespeichert werden, also für den Fall, dass man sie später vielleicht einmal braucht, nennt man dies Vorratsdatenspeicherung. In Deutschland wird seit Jahren über die Vorratsdatenspeicherung von Telefon- bzw. Kommunikationsdaten diskutiert. Denn einerseits könnte sie eine Verhütung und bessere Verfolgung bestimmter Straftaten vereinfachen. Andererseits wird mit ihr in grundlegende Rechte unbescholtener Bürger eingegriffen.
Die Vorratsdatenspeicherung hat bereits einen langen Weg hinter sich. Er begann 2006 mit einer EU-Richtlinie, die alle Mitgliedsstaaten dazu verpflichtete, sie einzuführen. In Deutschland trat das erste Gesetz zur Einführung einer Vorratsdatenspeicherung Ende Dezember 2007 in Kraft. Dagegen wurden viele Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht eingereicht - insgesamt reichten 34.939 Personen über einen Rechtsanwalt Verfassungsbeschwerde ein. Allein die Erfassung der entsprechenden Vollmachten dauerte drei Monate. Zusätzlich gab es auch noch Verfassungsbeschwerden durch einige Politiker der FDP, des Bündnis 90/Die Grünen und durch die Gewerkschaft verdi.
Am 11. März 2008 hat das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung durch eine einstweilige Anordnung sehr stark eingeschränkt (Az. 1 BvR 256/08). Am 2. März 2010 folgte eine Entscheidung, in der das Gericht das Gesetz für verfassungswidrig erklärte. Denn: Darin fehlten konkrete Maßnahmen zur Gewährleistung der Datensicherheit. Auch seien die Hürden für einen staatlichen Zugriff auf die Daten deutlich zu niedrig.
2014 erging ein Urteil des Bundesgerichtshofes, nach dem ein Telekommunikationsanbieter die IP-Adressen seiner Kunden sieben Tage lang speichern darf (Urteil vom 3. Juli 2014, Az. III ZR 391/13).
Am 8. April 2014 wurde die EU-Richtlinie von 2006 vom Europäischen Gerichtshof gekippt, da diese gegen die Grundrechtscharta der EU verstoße.
Nach Ansicht der Bundesregierung konnte eine Vorratsdatenspeicherung jedoch der Aufklärung schwerster Verbrechen dienen - beispielsweise Bildung terroristischer Vereinigungen, Mord oder sexueller Missbrauch. Zum Katalog der dabei genannten Straftaten gehörten auch Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und bandenmäßiger Diebstahl. Daher wurde ein geänderter Gesetzentwurf verabschiedet, der am 18.12.2015 in Kraft trat. Die neuen Speicherpflichten sollten ab 1. Juli 2017 gelten.
Das Gesetz schreibt eine Speicherung der IP-Adressen von Internetnutzern für zehn Wochen vor. Dies betrifft auch Verbindungsdaten von Telefongesprächen und SMS – gespeichert werden also die Telefonnummern von beiden Beteiligten mit Datum und Uhrzeit. Das Gesetz sieht ferner die vierwöchige Speicherung von Handystandorten vor, also vom Standort des Nutzers während eines Gesprächs. Nicht gespeichert werden jedoch die Inhalte von E-Mails oder anderer Kommunikation oder Daten über aufgerufene Internetseiten.
Dem Gesetz zufolge sind die Telefonanbieter verpflichtet, diese Daten an die Strafverfolgungs- oder Gefahrenabwehrbehörden weiterzugeben, wenn sich die Behörden auf Gesetze berufen, die ihnen eine Datenerhebung zur Verfolgung besonders schwerer Straftaten oder zur Abwehr konkreter Gefahren erlauben. Allerdings sollen die Daten nur mit Zustimmung eines Richters abgerufen werden können.
Zusätzliche Maßnahmen sollen die Sicherheit der gespeicherten Daten gewährleisten. Dies sind zum Beispiel neue Verschlüsselungsverfahren, die Speicherung auf vom Internet entkoppelten Rechnern und die notwendige Beteiligung von mindestens zwei berechtigten Personen beim Zugriff auf die Daten.
Die frühere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger soll zum neuen Gesetz kommentiert haben: “Aus Raider wird jetzt Twix.”
Tatsächlich konnten viele Kritiker in der neuen Regelung keine sehr großen Unterschiede zum verfassungswidrigen Vorgängermodell erkennen. Technisch gesehen stellte sich auch die Frage, wie man ohne Internetverbindung der Datenspeicher eine unverzügliche Weitergabe der Daten an die Ermittlungsbehörden durchführen wollte – und wer kontrollieren sollte, ob die Anforderungen an den Datenschutz gewahrt wurden und ob die Behörden die Daten wirklich nur zur Verfolgung schwerer Straftaten nutzten.
Kritik gab es auch, weil die Speicherfristen zwar kürzer sind als in der früheren Variante, aber nun zusätzlich auch Standortdaten gesammelt werden sollten - also nicht nur die Verbindungsdaten sowie Ort und Zeit des Anrufs, sondern auch der Standort des Telefonierenden.
Auch wenn nicht vorgesehen ist, Bewegungsprofile oder Profile über persönliche Beziehungen von Personen zu erstellen, stellt eine solche Datensammlung dafür doch die Möglichkeiten zur Verfügung. Unter Umständen ist es dann nur eine Frage der Zeit und der politischen Stimmung, bis diese dann auch genutzt werden.
Einerseits kritisieren Polizeikreise die Datensammlungen und ihre Zugriffsmöglichkeiten darauf als noch nicht weitgehend genug. Berufsgeheimnisträger wie Reporter und Rechtsanwälte befürchten dagegen trotz geplanter Schutzmaßnahmen Gefahren für ihre Arbeit. Immerhin sollen auch der Anruf eines Straftäters bei seinem Rechtsanwalt oder eines Informanten bei einer Redaktion registriert werden. Und auch wenn diese Daten eigentlich nicht verwendet werden dürfen – gespeichert werden sie trotzdem. 2015 wurde zudem ein neuer Straftatbestand der “Datenhehlerei” eingeführt - dies könnte auch sogenannte Whistleblower treffen.
Zwar sollte die deutsche Neuregelung ab 1. Juli 2017 angewendet werden. Allerdings hat der Europäische Gerichtshof am 21. Dezember 2016 entschieden, dass anlasslose Vorratsdatenspeicherung illegal ist. Bisher war man in Deutschland der Meinung gewesen, dass das Gesetz trotzdem allen EU- und Grundgesetz-Vorgaben genüge. Allerdings sah das Oberverwaltungsgericht von Nordrhein-Westfalen dies in einer Entscheidung vom 22. Juni 2017 ganz anders und entschied, dass die Vorschriften nicht mit dem EU-Recht im Einklang seien. Zwar dürften Telekommunikationsunternehmen nun Daten speichern, sie könnten aber dazu nicht nach dem Gesetz von 2015 verpflichtet werden (Az. 13 B 238/17).
Daraufhin erklärte die Bundesnetzagentur, die Vorratsdatenspeicherung vorläufig nicht durchzusetzen.
Am 20.4.2018 entschied auch das VG Köln, dass die deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung, speziell die §§ 113a und b Telekommunikationsgesetz (TKG), gegen das europäische Recht verstoßen. Dabei argumentierte das Gericht ähnlich wie das OVG Nordrhein-Westfalen: § 113a Absatz 1 in Verbindung mit § 113b TKG ordneten eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsdatenspeicherung an und seien daher europarechtlich nicht zulässig. Der Europäische Gerichtshof habe dies schon hinsichtlich der schwedischen und der britischen Gesetze entschieden. Das klagende Telekommunikationsunternehmen (hier: die Telekom) sei daher nicht zur Speicherung der Telekommunikationsverbindungsdaten seiner Kunden verpflichtet. Das EU-Recht habe Vorrang vor dem deutschen Recht (Az. 9 K 7417/17).
Der Fall ging dann durch die Instanzen bis zum Bundesverwaltungsgericht, welches entschied, ihn dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen (Beschluss vom 25.9.2019, Az. 6 C 12.18). Dort ist noch keine Entscheidung gefallen.
Der Europäische Gerichtshof befasste sich mit drei Fällen aus Großbritannien, Frankreich und Belgien. In allen Fällen gingen die Kläger gegen nationale Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung vor.
Der EuGH hat erneut betont, dass eine anlasslose, flächendeckende und pauschale Speicherung von Internet- und Telefon-Verbindungsdaten europarechtlich nicht zulässig ist. Allerdings lässt er Ausnahmen zu, sofern es um die Bekämpfung schwerer Kriminalität oder den konkreten Fall einer Bedrohung der nationalen Sicherheit geht.
Das Urteil erlaubt den Mitgliedsstaaten unter strengen Voraussetzen also letztendlich doch die Einführung einer Vorratsdatenspeicherung. Erlaubt sein soll dies insbesondere im Fall einer gegenwärtigen oder bevorstehenden Bedrohung der nationalen Sicherheit. Auch für schwere Straftaten etwa im Bereich Kinderpornografie will der EuGH die Speicherung zulassen. Es gibt jedoch einen Haken:
Die Sammlung und Übermittlung von Daten privater Internetanbieter an Ermittlungsbehörden darf nur für einen begrenzten Zeitraum vorgesehen werden. Auch unterliegt sie engen Verhältnismäßigkeitsgrenzen. Der Eingriff in die Grundrechte des Bürgers muss zusätzlich einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen (EuGH, 6.10.2020, Az. C-511/18, C-512/18, C-520/18).
Am 20.9.2022 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung im Telekommunikationsgesetz gegen das EU-Recht verstößt. Das Unionsrecht untersage eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten, außer in einem Fall: Bei einer ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit. Geklagt hatten in dem Verfahren die Mobilfunkprovider Spacenet und Telekom Deutschland. Für besondere Kritik sorgte beim EuGH die Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten für zehn bzw. vier Wochen. Dadurch seien Erkenntnisse über das Privatleben möglich - zum Beispiel über persönliche Gewohnheiten, häufige Aufenthaltsorte, ausgeübte Tätigkeiten, soziale Beziehungen - eben alles, was jeden von uns im privaten Bereich betrifft. Dadurch könnten umfangreiche Profile von Personen erstellt werden.
Das Urteil wurde von deutschen Politikern unterschiedlich aufgenommen. Während Justizminister Buschmann erfreut ankündigte, die Vorratsdatenspeicherung umgehend aus dem Gesetz zu streichen, will Innenministerin Faeser die verbleibenden Möglichkeiten nutzen, um dann doch Daten auf Vorrat zu speichern.
Tatsächlich lässt die EuGH-Rechtsprechung offenbar einigen Spielraum. Zwar ist danach keine anlasslose Speicherung aller Nutzerdaten möglich - aber sehr wohl eine Speicherung von IP-Adressen. Auch dürfen Verkehrs- und Standortdaten an bestimmten Orten wie etwa Verkehrsknotenpunkten gespeichert werden. Diese Daten lassen sich natürlich mit anderen zusammenführen. Es ist also nach wie vor nicht unmöglich, dass in Deutschland eine Vorratsdatenspeicherung eingeführt wird - nur mit deutlich geänderter Rechtsgrundlage.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in zwei Urteilen vom 14.8.2023 entschieden, dass die bisherige deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung vollständig verfassungswidrig ist. Die Regelung darf daher nicht angewendet werden.
Das Gericht folgte dem EuGH und betonte, dass eine gezielte und zeitlich begrenzte Speicherung der Daten zwar bei einer ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit möglich sei. Zur Bekämpfung schwerer Kriminalität könne laut EuGH auch eine Vorratsspeicherung der IP-Adressen zulässig sein.
Aber: Die Regelung im Telekommunikationsgesetz schreibe eine anlasslose, flächendeckende und personell, zeitlich und geografisch undifferenzierte Vorratsspeicherung eines Großteils der Verkehrs- und Standortdaten vor. Diese Maßgabe genüge schon deshalb nicht den europarechtlichen Anforderungen, weil keine objektiven Kriterien bestimmt würden, die einen Zusammenhang zwischen den zu speichernden Daten und dem verfolgten Ziel herstellten. Die Begrenzung der Verwendungszwecke in § 177 Abs. 1 TKG reiche von vornherein nicht aus, da die Vorratsspeicherung der genannten Daten und der Zugang zu ihnen unterschiedliche Eingriffe in die betroffenen Grundrechte darstellten, die jeweils eine gesonderte Rechtfertigung erforderten (BVerwG, Urteile vom 14.8.2023, Az. 6 C 6.22 und 6 C 7.22).
Der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 30.4.2024, Az. C-470/21) ist von seinen bisher strengen Ansichten zur Vorratsdatenspeicherung abgewichen. In einem neuen Urteil entschied der EuGH, dass eine Beschränkung der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung auf die Bekämpfung schwerer Straftaten nicht gerechtfertigt sei. Stattdessen könne die Speicherung von IP-Adressen zur Bekämpfung jeglicher Straftaten eingesetzt werden. Da IP-Adressen allein noch nicht die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen ermöglichten, sei ihre Speicherung kein schwerer Eingriff in Persönlichkeitsrechte.
Anlass war das Vorgehen der französischen Behörde "Hadopi", die gespeicherte IP-Adressen nutzt, um Personen zu identifizieren, die illegales Filesharing von Musik- und Filmdateien betrieben haben. Gegen diese wird nach zwei Verwarnungen ein Strafverfahren eingeleitet. Der EuGH forderte, dass die Zwangsspeicherung von IP-Adressen durch Internetdiensteanbieter zeitlich beschränkt sein müsse. Einen Zeitrahmen nannte das Gericht nicht.
In Deutschland hat sich die Ampel-Koalition im April 2024 auf das sogenannte "Quick-Freeze-Verfahren" geeinigt. Dabei können anlassbezogen bei einem Verdacht auf schwere Straftaten Telekommunikationsdaten gespeichert werden. Dies darf nur auf richterlichen Beschluss hin erfolgen. Innerhalb eines Monats kann ein weiterer Gerichtsbeschluss erwirkt werden, die "eingefrorenen" Daten tatsächlich zu benutzen. Bundesinneninisterin Faeser ist - ebenso wie die CDU - eine starke Befürworterin der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung. Allerdings bleibt diese Art der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland so lange unzulässig, bis sie ggf. durch ein neues, verfassungskonformes Gesetz erlaubt wird.
Mitte Oktober hat der Bundesjustizministerium einen neuen Gesetzesentwurf vorgelegt. Eine Abstimmung der zuständigen Minister hat bereits stattgefunden. Der Entwurf gibt dem "Quick-Freeze-Verfahren" Vorzug vor einer Vorratsdatenspeicherung. Konkret ist eine Änderung des § 100g der Strafprozessordnung (StPO) geplant. Wenn ein Verdacht auf bestimmte schwere Straftaten vorliegt, soll künftig auf Richterbeschluss hin eine Sicherung aktueller und künftiger Verkehrsdaten (IP-Adressen, Standorte, etc.) angeordnet werden können. Die erste Anordnung muss sich noch nicht auf eine bestimmte Person beziehen, sie kann zum Beispiel alle zur Tatzeit in Tatortnähe ins Netz eingeloggten Handys betreffen. Diese Daten werden dann für einen Monat "eingefroren", sodass die Strafverfolgungsbehörden weiter ermitteln können. Um auf die Daten wirklich zuzugreifen, brauchen die Behörden aber einen weiteren richterlichen Beschluss. Es besteht die Möglichkeit, die Monatsfrist noch zwei Mal für je einen weiteren Monat zu verlängern. Zu den schweren Straftaten im Sinne dieser Vorschrift zählen unter anderem Raub, Erpressung, Bandendiebstahl, bestimmte Formen der Geldwäsche, Mord und Totschlag sowie sexueller Kindesmissbrauch und die Verbreitung, der Erwerb und der Besitz von Kinderpornografie. Der Gesetzesentwurf wird nun zunächst an das Bundeskabinett weitergeleitet.
Die Vorratsdatenspeicherung ist zwar gesetzlich verankert, gilt jedoch als verfassungswidrig und wird nicht angewendet. Die weitere Entwicklung und neue Gesetzgebung bleiben abzuwarten. Bei Rechtsfragen zum Thema staatlicher Eingriffe in die Rechte des Bürgers ist ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht der richtige Ansprechpartner.
Das Wichtigste in Kürze
1. Begriff: Die allgemeine Vorratsdatenspeicherung meint die systematische, flächendeckende Sammlung und Speicherung von Telekommunikationsdaten aller Nutzer durch Diensteanbieter oder Regierungen - und zwar ohne konkreten Anlass.
2. Gespeicherte Daten: Es werden Meta-Daten wie Telefonnummern, IP-Adressen, Zeitpunkte und Dauer der Kommunikation gespeichert.
3. Zulässigkeit: Die allgemeine Vorratsdatenspeicherung wurde im Jahr 2020 vom Europäischen Gerichtshof als nicht konform mit dem EU-Recht erklärt. In bestimmten Fällen (Schwerkriminalität, nationale Sicherheit) soll die Speicherung auf Vorrat aber zulässig sein. Im September 2023 urteilt das Bundesverwaltungsgericht, dass die Vorratsdatenspeicherung verfassungswidrig ist.
3. Aktuelle Entwicklung: Im April 2024 hat der EuGH seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2020 geändert und entschieden, dass die anlasslose Vorratsdatenspeicherung nicht auf schwere Straftaten beschränkt, sondern auf Straftaten aller Art anwendbar sei.
1. Begriff: Die allgemeine Vorratsdatenspeicherung meint die systematische, flächendeckende Sammlung und Speicherung von Telekommunikationsdaten aller Nutzer durch Diensteanbieter oder Regierungen - und zwar ohne konkreten Anlass.
2. Gespeicherte Daten: Es werden Meta-Daten wie Telefonnummern, IP-Adressen, Zeitpunkte und Dauer der Kommunikation gespeichert.
3. Zulässigkeit: Die allgemeine Vorratsdatenspeicherung wurde im Jahr 2020 vom Europäischen Gerichtshof als nicht konform mit dem EU-Recht erklärt. In bestimmten Fällen (Schwerkriminalität, nationale Sicherheit) soll die Speicherung auf Vorrat aber zulässig sein. Im September 2023 urteilt das Bundesverwaltungsgericht, dass die Vorratsdatenspeicherung verfassungswidrig ist.
3. Aktuelle Entwicklung: Im April 2024 hat der EuGH seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2020 geändert und entschieden, dass die anlasslose Vorratsdatenspeicherung nicht auf schwere Straftaten beschränkt, sondern auf Straftaten aller Art anwendbar sei.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Vorratsdatenspeicherung: Wie fing alles an? Das erste Gesetz Wie entschieden die Gerichte? Was ergab sich auf Ebene der EU zur Vorratsdatenspeicherung? Der Neuentwurf zur Vorratsdatenspeicherung von 2015 Was besagt das Gesetz von 2015? Welche Kritik gab es an diesem Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung? Warum wurde das neue Gesetz bisher nicht angewendet? Was entschied das Verwaltungsgericht Köln im April 2018? Welche Entscheidung fällte der EuGH im Oktober 2020? 2022: Vorratsdatenspeicherung nach EuGH unzulässig - oder nicht? August 2023: BVerwG kippt Vorratsdatenspeicherung Mai 2024: EuGH erlaubt Vorratsdatenspeicherung zur Bekämpfung aller Straftaten Update vom 18.10.2024: Neuer Gesetzesentwurf favorisiert "Quick-Freeze-Verfahren" Praxistipp zur Vorratsdatenspeicherung Vorratsdatenspeicherung: Wie fing alles an? Das erste Gesetz
Die Vorratsdatenspeicherung hat bereits einen langen Weg hinter sich. Er begann 2006 mit einer EU-Richtlinie, die alle Mitgliedsstaaten dazu verpflichtete, sie einzuführen. In Deutschland trat das erste Gesetz zur Einführung einer Vorratsdatenspeicherung Ende Dezember 2007 in Kraft. Dagegen wurden viele Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht eingereicht - insgesamt reichten 34.939 Personen über einen Rechtsanwalt Verfassungsbeschwerde ein. Allein die Erfassung der entsprechenden Vollmachten dauerte drei Monate. Zusätzlich gab es auch noch Verfassungsbeschwerden durch einige Politiker der FDP, des Bündnis 90/Die Grünen und durch die Gewerkschaft verdi.
Wie entschieden die Gerichte?
Am 11. März 2008 hat das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung durch eine einstweilige Anordnung sehr stark eingeschränkt (Az. 1 BvR 256/08). Am 2. März 2010 folgte eine Entscheidung, in der das Gericht das Gesetz für verfassungswidrig erklärte. Denn: Darin fehlten konkrete Maßnahmen zur Gewährleistung der Datensicherheit. Auch seien die Hürden für einen staatlichen Zugriff auf die Daten deutlich zu niedrig.
2014 erging ein Urteil des Bundesgerichtshofes, nach dem ein Telekommunikationsanbieter die IP-Adressen seiner Kunden sieben Tage lang speichern darf (Urteil vom 3. Juli 2014, Az. III ZR 391/13).
Was ergab sich auf Ebene der EU zur Vorratsdatenspeicherung?
Am 8. April 2014 wurde die EU-Richtlinie von 2006 vom Europäischen Gerichtshof gekippt, da diese gegen die Grundrechtscharta der EU verstoße.
Der Neuentwurf zur Vorratsdatenspeicherung von 2015
Nach Ansicht der Bundesregierung konnte eine Vorratsdatenspeicherung jedoch der Aufklärung schwerster Verbrechen dienen - beispielsweise Bildung terroristischer Vereinigungen, Mord oder sexueller Missbrauch. Zum Katalog der dabei genannten Straftaten gehörten auch Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und bandenmäßiger Diebstahl. Daher wurde ein geänderter Gesetzentwurf verabschiedet, der am 18.12.2015 in Kraft trat. Die neuen Speicherpflichten sollten ab 1. Juli 2017 gelten.
Was besagt das Gesetz von 2015?
Das Gesetz schreibt eine Speicherung der IP-Adressen von Internetnutzern für zehn Wochen vor. Dies betrifft auch Verbindungsdaten von Telefongesprächen und SMS – gespeichert werden also die Telefonnummern von beiden Beteiligten mit Datum und Uhrzeit. Das Gesetz sieht ferner die vierwöchige Speicherung von Handystandorten vor, also vom Standort des Nutzers während eines Gesprächs. Nicht gespeichert werden jedoch die Inhalte von E-Mails oder anderer Kommunikation oder Daten über aufgerufene Internetseiten.
Dem Gesetz zufolge sind die Telefonanbieter verpflichtet, diese Daten an die Strafverfolgungs- oder Gefahrenabwehrbehörden weiterzugeben, wenn sich die Behörden auf Gesetze berufen, die ihnen eine Datenerhebung zur Verfolgung besonders schwerer Straftaten oder zur Abwehr konkreter Gefahren erlauben. Allerdings sollen die Daten nur mit Zustimmung eines Richters abgerufen werden können.
Zusätzliche Maßnahmen sollen die Sicherheit der gespeicherten Daten gewährleisten. Dies sind zum Beispiel neue Verschlüsselungsverfahren, die Speicherung auf vom Internet entkoppelten Rechnern und die notwendige Beteiligung von mindestens zwei berechtigten Personen beim Zugriff auf die Daten.
Welche Kritik gab es an diesem Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung?
Die frühere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger soll zum neuen Gesetz kommentiert haben: “Aus Raider wird jetzt Twix.”
Tatsächlich konnten viele Kritiker in der neuen Regelung keine sehr großen Unterschiede zum verfassungswidrigen Vorgängermodell erkennen. Technisch gesehen stellte sich auch die Frage, wie man ohne Internetverbindung der Datenspeicher eine unverzügliche Weitergabe der Daten an die Ermittlungsbehörden durchführen wollte – und wer kontrollieren sollte, ob die Anforderungen an den Datenschutz gewahrt wurden und ob die Behörden die Daten wirklich nur zur Verfolgung schwerer Straftaten nutzten.
Kritik gab es auch, weil die Speicherfristen zwar kürzer sind als in der früheren Variante, aber nun zusätzlich auch Standortdaten gesammelt werden sollten - also nicht nur die Verbindungsdaten sowie Ort und Zeit des Anrufs, sondern auch der Standort des Telefonierenden.
Auch wenn nicht vorgesehen ist, Bewegungsprofile oder Profile über persönliche Beziehungen von Personen zu erstellen, stellt eine solche Datensammlung dafür doch die Möglichkeiten zur Verfügung. Unter Umständen ist es dann nur eine Frage der Zeit und der politischen Stimmung, bis diese dann auch genutzt werden.
Einerseits kritisieren Polizeikreise die Datensammlungen und ihre Zugriffsmöglichkeiten darauf als noch nicht weitgehend genug. Berufsgeheimnisträger wie Reporter und Rechtsanwälte befürchten dagegen trotz geplanter Schutzmaßnahmen Gefahren für ihre Arbeit. Immerhin sollen auch der Anruf eines Straftäters bei seinem Rechtsanwalt oder eines Informanten bei einer Redaktion registriert werden. Und auch wenn diese Daten eigentlich nicht verwendet werden dürfen – gespeichert werden sie trotzdem. 2015 wurde zudem ein neuer Straftatbestand der “Datenhehlerei” eingeführt - dies könnte auch sogenannte Whistleblower treffen.
Warum wurde das neue Gesetz bisher nicht angewendet?
Zwar sollte die deutsche Neuregelung ab 1. Juli 2017 angewendet werden. Allerdings hat der Europäische Gerichtshof am 21. Dezember 2016 entschieden, dass anlasslose Vorratsdatenspeicherung illegal ist. Bisher war man in Deutschland der Meinung gewesen, dass das Gesetz trotzdem allen EU- und Grundgesetz-Vorgaben genüge. Allerdings sah das Oberverwaltungsgericht von Nordrhein-Westfalen dies in einer Entscheidung vom 22. Juni 2017 ganz anders und entschied, dass die Vorschriften nicht mit dem EU-Recht im Einklang seien. Zwar dürften Telekommunikationsunternehmen nun Daten speichern, sie könnten aber dazu nicht nach dem Gesetz von 2015 verpflichtet werden (Az. 13 B 238/17).
Daraufhin erklärte die Bundesnetzagentur, die Vorratsdatenspeicherung vorläufig nicht durchzusetzen.
Was entschied das Verwaltungsgericht Köln im April 2018?
Am 20.4.2018 entschied auch das VG Köln, dass die deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung, speziell die §§ 113a und b Telekommunikationsgesetz (TKG), gegen das europäische Recht verstoßen. Dabei argumentierte das Gericht ähnlich wie das OVG Nordrhein-Westfalen: § 113a Absatz 1 in Verbindung mit § 113b TKG ordneten eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsdatenspeicherung an und seien daher europarechtlich nicht zulässig. Der Europäische Gerichtshof habe dies schon hinsichtlich der schwedischen und der britischen Gesetze entschieden. Das klagende Telekommunikationsunternehmen (hier: die Telekom) sei daher nicht zur Speicherung der Telekommunikationsverbindungsdaten seiner Kunden verpflichtet. Das EU-Recht habe Vorrang vor dem deutschen Recht (Az. 9 K 7417/17).
Der Fall ging dann durch die Instanzen bis zum Bundesverwaltungsgericht, welches entschied, ihn dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen (Beschluss vom 25.9.2019, Az. 6 C 12.18). Dort ist noch keine Entscheidung gefallen.
Welche Entscheidung fällte der EuGH im Oktober 2020?
Der Europäische Gerichtshof befasste sich mit drei Fällen aus Großbritannien, Frankreich und Belgien. In allen Fällen gingen die Kläger gegen nationale Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung vor.
Der EuGH hat erneut betont, dass eine anlasslose, flächendeckende und pauschale Speicherung von Internet- und Telefon-Verbindungsdaten europarechtlich nicht zulässig ist. Allerdings lässt er Ausnahmen zu, sofern es um die Bekämpfung schwerer Kriminalität oder den konkreten Fall einer Bedrohung der nationalen Sicherheit geht.
Das Urteil erlaubt den Mitgliedsstaaten unter strengen Voraussetzen also letztendlich doch die Einführung einer Vorratsdatenspeicherung. Erlaubt sein soll dies insbesondere im Fall einer gegenwärtigen oder bevorstehenden Bedrohung der nationalen Sicherheit. Auch für schwere Straftaten etwa im Bereich Kinderpornografie will der EuGH die Speicherung zulassen. Es gibt jedoch einen Haken:
Die Sammlung und Übermittlung von Daten privater Internetanbieter an Ermittlungsbehörden darf nur für einen begrenzten Zeitraum vorgesehen werden. Auch unterliegt sie engen Verhältnismäßigkeitsgrenzen. Der Eingriff in die Grundrechte des Bürgers muss zusätzlich einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen (EuGH, 6.10.2020, Az. C-511/18, C-512/18, C-520/18).
2022: Vorratsdatenspeicherung nach EuGH unzulässig - oder nicht?
Am 20.9.2022 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung im Telekommunikationsgesetz gegen das EU-Recht verstößt. Das Unionsrecht untersage eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten, außer in einem Fall: Bei einer ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit. Geklagt hatten in dem Verfahren die Mobilfunkprovider Spacenet und Telekom Deutschland. Für besondere Kritik sorgte beim EuGH die Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten für zehn bzw. vier Wochen. Dadurch seien Erkenntnisse über das Privatleben möglich - zum Beispiel über persönliche Gewohnheiten, häufige Aufenthaltsorte, ausgeübte Tätigkeiten, soziale Beziehungen - eben alles, was jeden von uns im privaten Bereich betrifft. Dadurch könnten umfangreiche Profile von Personen erstellt werden.
Das Urteil wurde von deutschen Politikern unterschiedlich aufgenommen. Während Justizminister Buschmann erfreut ankündigte, die Vorratsdatenspeicherung umgehend aus dem Gesetz zu streichen, will Innenministerin Faeser die verbleibenden Möglichkeiten nutzen, um dann doch Daten auf Vorrat zu speichern.
Tatsächlich lässt die EuGH-Rechtsprechung offenbar einigen Spielraum. Zwar ist danach keine anlasslose Speicherung aller Nutzerdaten möglich - aber sehr wohl eine Speicherung von IP-Adressen. Auch dürfen Verkehrs- und Standortdaten an bestimmten Orten wie etwa Verkehrsknotenpunkten gespeichert werden. Diese Daten lassen sich natürlich mit anderen zusammenführen. Es ist also nach wie vor nicht unmöglich, dass in Deutschland eine Vorratsdatenspeicherung eingeführt wird - nur mit deutlich geänderter Rechtsgrundlage.
August 2023: BVerwG kippt Vorratsdatenspeicherung
Das Bundesverwaltungsgericht hat in zwei Urteilen vom 14.8.2023 entschieden, dass die bisherige deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung vollständig verfassungswidrig ist. Die Regelung darf daher nicht angewendet werden.
Das Gericht folgte dem EuGH und betonte, dass eine gezielte und zeitlich begrenzte Speicherung der Daten zwar bei einer ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit möglich sei. Zur Bekämpfung schwerer Kriminalität könne laut EuGH auch eine Vorratsspeicherung der IP-Adressen zulässig sein.
Aber: Die Regelung im Telekommunikationsgesetz schreibe eine anlasslose, flächendeckende und personell, zeitlich und geografisch undifferenzierte Vorratsspeicherung eines Großteils der Verkehrs- und Standortdaten vor. Diese Maßgabe genüge schon deshalb nicht den europarechtlichen Anforderungen, weil keine objektiven Kriterien bestimmt würden, die einen Zusammenhang zwischen den zu speichernden Daten und dem verfolgten Ziel herstellten. Die Begrenzung der Verwendungszwecke in § 177 Abs. 1 TKG reiche von vornherein nicht aus, da die Vorratsspeicherung der genannten Daten und der Zugang zu ihnen unterschiedliche Eingriffe in die betroffenen Grundrechte darstellten, die jeweils eine gesonderte Rechtfertigung erforderten (BVerwG, Urteile vom 14.8.2023, Az. 6 C 6.22 und 6 C 7.22).
Mai 2024: EuGH erlaubt Vorratsdatenspeicherung zur Bekämpfung aller Straftaten
Der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 30.4.2024, Az. C-470/21) ist von seinen bisher strengen Ansichten zur Vorratsdatenspeicherung abgewichen. In einem neuen Urteil entschied der EuGH, dass eine Beschränkung der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung auf die Bekämpfung schwerer Straftaten nicht gerechtfertigt sei. Stattdessen könne die Speicherung von IP-Adressen zur Bekämpfung jeglicher Straftaten eingesetzt werden. Da IP-Adressen allein noch nicht die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen ermöglichten, sei ihre Speicherung kein schwerer Eingriff in Persönlichkeitsrechte.
Anlass war das Vorgehen der französischen Behörde "Hadopi", die gespeicherte IP-Adressen nutzt, um Personen zu identifizieren, die illegales Filesharing von Musik- und Filmdateien betrieben haben. Gegen diese wird nach zwei Verwarnungen ein Strafverfahren eingeleitet. Der EuGH forderte, dass die Zwangsspeicherung von IP-Adressen durch Internetdiensteanbieter zeitlich beschränkt sein müsse. Einen Zeitrahmen nannte das Gericht nicht.
In Deutschland hat sich die Ampel-Koalition im April 2024 auf das sogenannte "Quick-Freeze-Verfahren" geeinigt. Dabei können anlassbezogen bei einem Verdacht auf schwere Straftaten Telekommunikationsdaten gespeichert werden. Dies darf nur auf richterlichen Beschluss hin erfolgen. Innerhalb eines Monats kann ein weiterer Gerichtsbeschluss erwirkt werden, die "eingefrorenen" Daten tatsächlich zu benutzen. Bundesinneninisterin Faeser ist - ebenso wie die CDU - eine starke Befürworterin der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung. Allerdings bleibt diese Art der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland so lange unzulässig, bis sie ggf. durch ein neues, verfassungskonformes Gesetz erlaubt wird.
Update vom 18.10.2024: Neuer Gesetzesentwurf favorisiert "Quick-Freeze-Verfahren"
Mitte Oktober hat der Bundesjustizministerium einen neuen Gesetzesentwurf vorgelegt. Eine Abstimmung der zuständigen Minister hat bereits stattgefunden. Der Entwurf gibt dem "Quick-Freeze-Verfahren" Vorzug vor einer Vorratsdatenspeicherung. Konkret ist eine Änderung des § 100g der Strafprozessordnung (StPO) geplant. Wenn ein Verdacht auf bestimmte schwere Straftaten vorliegt, soll künftig auf Richterbeschluss hin eine Sicherung aktueller und künftiger Verkehrsdaten (IP-Adressen, Standorte, etc.) angeordnet werden können. Die erste Anordnung muss sich noch nicht auf eine bestimmte Person beziehen, sie kann zum Beispiel alle zur Tatzeit in Tatortnähe ins Netz eingeloggten Handys betreffen. Diese Daten werden dann für einen Monat "eingefroren", sodass die Strafverfolgungsbehörden weiter ermitteln können. Um auf die Daten wirklich zuzugreifen, brauchen die Behörden aber einen weiteren richterlichen Beschluss. Es besteht die Möglichkeit, die Monatsfrist noch zwei Mal für je einen weiteren Monat zu verlängern. Zu den schweren Straftaten im Sinne dieser Vorschrift zählen unter anderem Raub, Erpressung, Bandendiebstahl, bestimmte Formen der Geldwäsche, Mord und Totschlag sowie sexueller Kindesmissbrauch und die Verbreitung, der Erwerb und der Besitz von Kinderpornografie. Der Gesetzesentwurf wird nun zunächst an das Bundeskabinett weitergeleitet.
Praxistipp zur Vorratsdatenspeicherung
Die Vorratsdatenspeicherung ist zwar gesetzlich verankert, gilt jedoch als verfassungswidrig und wird nicht angewendet. Die weitere Entwicklung und neue Gesetzgebung bleiben abzuwarten. Bei Rechtsfragen zum Thema staatlicher Eingriffe in die Rechte des Bürgers ist ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht der richtige Ansprechpartner.
(Wk)