Wärmedämmung: Droht Enteignung durch EU-Zwangssanierung?
21.12.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Es kursieren viele Gerüchte über ein Maßnahmenpaket der EU mit Namen "Fit for 55". Dieses soll unter anderem einen Sanierungszwang mit harten Sanktionen vorschreiben: Demnach sollen Hauseigentümer ihre Wohnhäuser, die nicht nach neu festgelegten Standards der Energieeffizienz saniert und wärmegedämmt werden, ab 2030 nicht mehr nutzen dürfen. Dies wird dann als eine faktische Enteignung betrachtet. Stimmen diese Behauptungen? Womit müssen Eigenheimbesitzer (und auch Mieter) in Zukunft beim Thema Wärmedämmung rechnen?
Am 28. Juni 2021 hat der Europäische Rat ein Europäisches Klimagesetz verabschiedet. Dieses schreibt ein wichtiges Ziel fest: Bis 2050 soll die EU klimaneutral werden. Und zwar in allen Bereichen.
Klimaneutral heißt dabei: Es wird nicht mehr CO2 ausgestoßen, als auch wieder gebunden werden kann. Auch sollen bis 2030 die Netto-Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Jahr 1990 um mindestens 55 Prozent verringert werden.
Die EU-Kommission hat 2021 ein Paket von Vorschlägen verabschiedet, mit deren Hilfe diese Verringerung um 55 Prozent erreicht werden soll. Dieses Paket nennt sich "Fit for 55". Es enthält Vorschläge verschiedener Art. Ein wichtiger Teil betrifft den Ausbau des Emissionshandelssystems, aber auch eine Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien ist vorgesehen.
Als Teil dieses Pakets hat die EU-Kommission auch eine Änderung der EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden vorgeschlagen. Dies begründet sie damit, dass Gebäude für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs in der EU und für 36 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich seien. Deshalb sollten Hauseigentümer mittels einer EU-Richtlinie verpflichtet werden, ihre Häuser bis zu einem bestimmten, recht kurz angesetzten Zeitpunkt, energetisch zu sanieren. Verstöße gegen die Sanierungsplicht hätten hohe Bußgelder zur Folge gehabt. Viele Hauseigentümer, welche die nötigen finanziellen Mittel nicht aufbringen können, wären mit einem solchen Sanierungszwang überfordert gewesen. Dies hätte sie zum Verkauf ihrer Immobilie genötigt, was einer faktischen Enteignung gleichgekommen wäre.
Die öffentliche Reaktion auf diesen Entwurf der EU-Richtlinie war dementsprechend sehr kritisch. Vor diesem Hintergrund haben sich Unterhändler der einzelnen EU-Staaten, das EU-Parlament und die EU-Kommission am 7.12.2023 auf einen neuen Text für die EU-Gebäudeenergierichtlinie geeinigt, die Anfang April 2024 beschlossen wurde.
Konkret lautet das Ziel: Alle Gebäude sollen bis 2050 emissionsfrei sein. Daran hat sich auch durch den neuen Text vom 7.12.2023 nichts geändert.
Für Neubauten würde das bedeuten:
Vorgesehen ist, dass neue öffentliche Gebäude ab 2027 und private Neubauten ab 2030 als Nullemissionsgebäude errichtet werden müssen. Das heißt: Sie müssen ihre restliche benötigte Energie nur noch aus erneuerbaren Energiequellen oder Fernwärme- und Fernkältesystemen beziehen.
Für Bestandsgebäude würde das bedeuten:
Bisher sind die Modernisierungspflichten von Hauseigentümern in puncto Wärmedämmung sehr moderat. Allerdings führt dies auch dazu, dass sich im Gebäudebereich wenig ändert. Bisher hatte die EU-Kommission als Abhilfe einen Stufenplan vorgesehen, nach dem bestehende Gebäude bestimmte Standards innerhalb bestimmter Fristen erfüllen müssen.
Es sollen neue und EU-einheitliche Energieeffizienzklassen für den Energieausweis eingeführt werden. Diese reichen von A bis G, wobei A Nullemissionsgebäude sind und G für die am schlechtesten gedämmten Gebäude steht. Nach Ansicht der Kommission sind dies immerhin 15 Prozent der Häuser in der EU.
Öffentliche Gebäude und Nichtwohngebäude der Klasse G sollten nach den bisherigen Vorschlägen bis 2027 mindestens Klasse F und bis 2030 mindestens Klasse E erreichen.
Wohnhäuser der Klasse G sollten bis 2030 der Klasse F und bis 2033 der Klasse E entsprechen. Für die Jahre bis 2050 sollten die Mitgliedsstaaten dann selbst weitere Schritte festlegen, um einen klimaneutralen Gebäudebestand mit Nullemission zu erreichen.
Damit hätten also die am schlechtesten gedämmten Wohngebäude saniert werden müssen - und zwar bis 2033 auf den Standard von Klasse E. Wobei die Klasseneinteilung nicht dem derzeitigen deutschen Energieausweis entspricht.
Der neue Entwurf vom 7.12.2023 sieht nun diesen Stufenplan nicht mehr vor. Geplant ist stattdessen, dass bei Wohngebäuden der Energieverbrauch im Schnitt bis zum Jahr 2030 um 16 Prozent und bis 2035 um 20 bis 22 Prozent sinken soll.
Bei den Nicht-Wohngebäuden sollen 16 Prozent der am wenigsten energieeffizienten Gebäude bis 2030 und 26 Prozent bis 2033 renoviert werden.
Die EU-Staaten sollen außerdem bis 2040 den Ausstieg aus dem fossilen Heizen vorbereiten. Solaranlagen auf Dächern von Neubauten sollen bis 2030 Pflicht werden, allerdings nur, solange diese im konkreten Fall technisch und wirtschaftlich sinnvoll sind. Wie all dies umgesetzt wird, wird weitgehend den Mitgliedsstaaten überlassen.
Nach dem Verständnis der Eigentümerverbände ist der bisher geplante Sanierungszwang für bestehende Wohnhäuser mit dem neuen Verordnungsentwurf entfallen. Private Hauseigentümer werden also nicht zu einer termingerechten Sanierung gezwungen.
Auch das Bundeswirtschaftsministerium und die Bauministerin haben sich nach Bekanntwerden der ursprünglichen Pläne der EU-Kommission gegen eine Zwangssanierung ausgesprochen.
Wohn- und Bauministerin Geywitz (SPD) äußerte sich bereits im März 2023 zum geplanten EU-Sanierungszwang. Laut Deutschlandfunk hielt sie diesen für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Ein solcher gesetzlicher Sanierungszwang sei ein absolut harter Eingriff in die Eigentumsrechte der Hausbesitzer und deshalb unverhältnismäßig. Die SPD-Politikerin sprach sich stattdessen für eine verstärkte Sanierung öffentlicher Gebäude aus. Auch schlug Frau Geywitz einen sogenannten Quartiersansatz vor. Dabei muss nicht jedes einzelne Gebäude seinen CO2-Ausstoß senken, sondern ein Quartier insgesamt, beispielsweise ein Stadtteil oder Dorf. Wenn es dort also genug gut gedämmte Neubauten gäbe, müssten die Altbauten nicht unbedingt saniert werden.
Fazit: Es wird also keine Enteignungen, Nutzungsverbote und auch keinen Sanierungszwang geben. Festzuhalten bleibt, dass sich am grundsätzlichen Ziel nichts geändert hat: Der Gebäudebestand der EU soll bis 2050 klimaneutral sein. Wie dies erreicht wird, liegt jetzt stärker in der Verantwortung der Einzelstaaten.
Der Interessenverband "Haus & Grund" verwies auf Kosten bis zu 100.000 Euro je Eigenheim. Die meisten Eigenheimbesitzer hätten aber ihr ganzes Vermögen in ihre Immobilie investiert, sodass keine Ersparnisse vorhanden seien, um einem derart teuren Sanierungszwang nachkommen zu können. Viele Menschen müssten deshalb im schlimmsten Fall ihr Haus verkaufen.
Ein weiteres Problem: Für viele Immobilieneigentümer ist es schwierig, Kredite in dieser Höhe aufzunehmen. Die Kreditvergabepraxis der Banken ist derzeit eher restriktiv. Aber selbst ein Verkauf kann zu gravierenden Einschnitten führen, da die Käufer die voraussichtlichen Sanierungskosten von bis zu 100.000 Euro beim Kaufpreis in Abzug bringen werden. Niedrigpreisige Häuser etwa in ländlichen Gebieten könnten dann fast wertlos werden. Daher sprach man in diesem Zusammenhang auch von einer faktischen Enteignung.
Der Eigentümerverband Haus und Grund äußerte auch Zweifel daran, dass sich die erforderlichen Umbaumaßnahmen in dem gegebenen Zeitraum überhaupt umsetzen lassen würden: Die vorhandenen Handwerkerkapazitäten würden dafür gar nicht ausreichen. Auch sei derzeit ein Mangel an Baumaterial zu beobachten.
Die Bundesarchitektenkammer BAK teilte die Sorge, dass die verlangten Standards oft nicht erreichbar seien. Eine Abrisswelle sei gerade für den Klima- und Ressourcenschutz "absolut kontraproduktiv". Allerdings hätten viele Architekten heute bereits gute Erfahrungen damit gemacht, individuelle und wirtschaftliche Lösungen auch für alte Häuser zu finden.
Das Europaparlament und der EU-Rat haben dem am 7.12.2023 ausgehandelten Kompromiss im April 2024 formal zugestimmt. Nun kann die neue Gebäuderichtlinie in Kraft treten und muss von den EU-Staaten in nationales Recht umgesetzt werden. Dies wird in Deutschland insbesondere durch Änderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) geschehen.
Die drohende Zwangssanierung von Wohnhäusern ist vom Tisch. Wie die Vorgaben der EU zur Wärmedämmung von Gebäuden in Deutschland umgesetzt werden, liegt bei der Bundesregierung. Auch diese plant keinen mit Sanktionen verbundenen Sanierungszwang. Hauseigentümer sollten aber nicht vergessen, dass es bereits verpflichtende Vorgaben gibt - etwa zum Austausch überalterter Heizkessel und zur Wärmedämmung oberster Geschossdecken - deren Missachtung mit hohen Bußgeldern geahndet werden kann. Übrigens sind auch neue Förderprogramme in Arbeit. Einzelmaßnahmen können über das BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) gefördert werden - hier findet anders als bei der KfW keine Kreditvergabe über die Hausbank mit Verlangen nach "banküblichen Sicherheiten" statt. Durch Zuschüsse gefördert werden auch Materialkosten bei Eigenleistungen. Bei Rechtsfragen zum Thema Bauen und Wärmedämmung berät Sie ein Fachanwalt für Baurecht.
Das Wichtigste in Kürze
1. Gebäudeenergieeffizienz: Energie im Gebäudebereich soll laut EU-Vorgaben effizienter genutzt werden. Dies bedeutet hohe Sanierungskosten für Hauseigentümer.
2. Gebäudesanierung: Das konkrete Ziel heißt, alle Gebäude bis zum Jahr 2050 emissionsfrei zu machen. Bei Wohngebäuden soll der Energieverbrauch im Schnitt bis zum Jahr 2030 um 16 Prozent und bis 2035 um 20 bis 22 Prozent sinken soll.
3. Drohende Einteignung: Ursprünglich sah der Entwurf der EU-Richtlinie einen Sanierungszwang mit Bußgeldandrohung vor, der bei vielen Hausbesitzern aufgrund der hohen Kosten zu einer Defacto-Enteignung geführt hätte. Nach dem Verständnis der Eigentümerverbände ist diese Zwangssanierung mit einem neuen Verordnungsentwurf vom 7.12.2023 entfallen.
1. Gebäudeenergieeffizienz: Energie im Gebäudebereich soll laut EU-Vorgaben effizienter genutzt werden. Dies bedeutet hohe Sanierungskosten für Hauseigentümer.
2. Gebäudesanierung: Das konkrete Ziel heißt, alle Gebäude bis zum Jahr 2050 emissionsfrei zu machen. Bei Wohngebäuden soll der Energieverbrauch im Schnitt bis zum Jahr 2030 um 16 Prozent und bis 2035 um 20 bis 22 Prozent sinken soll.
3. Drohende Einteignung: Ursprünglich sah der Entwurf der EU-Richtlinie einen Sanierungszwang mit Bußgeldandrohung vor, der bei vielen Hausbesitzern aufgrund der hohen Kosten zu einer Defacto-Enteignung geführt hätte. Nach dem Verständnis der Eigentümerverbände ist diese Zwangssanierung mit einem neuen Verordnungsentwurf vom 7.12.2023 entfallen.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was bedeutet "Fit for 55" für die Wärmedämmung? Was soll künftig für die Wärmedämmung von Gebäuden gelten? Was besagt der geänderte Entwurf der EU-Richtlinie vom 7.12.2023? Drohen Enteignung und Nutzungsverbot für schlecht gedämmte Häuser? Was wurde an dem Sanierungszwang konkret kritisiert? Wie geht es nun weiter mit der Wärmedämmung von Wohnhäusern? Praxistipp zur Modernisierungspflicht für Wohngebäude Was bedeutet "Fit for 55" für die Wärmedämmung?
Am 28. Juni 2021 hat der Europäische Rat ein Europäisches Klimagesetz verabschiedet. Dieses schreibt ein wichtiges Ziel fest: Bis 2050 soll die EU klimaneutral werden. Und zwar in allen Bereichen.
Klimaneutral heißt dabei: Es wird nicht mehr CO2 ausgestoßen, als auch wieder gebunden werden kann. Auch sollen bis 2030 die Netto-Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Jahr 1990 um mindestens 55 Prozent verringert werden.
Die EU-Kommission hat 2021 ein Paket von Vorschlägen verabschiedet, mit deren Hilfe diese Verringerung um 55 Prozent erreicht werden soll. Dieses Paket nennt sich "Fit for 55". Es enthält Vorschläge verschiedener Art. Ein wichtiger Teil betrifft den Ausbau des Emissionshandelssystems, aber auch eine Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien ist vorgesehen.
Als Teil dieses Pakets hat die EU-Kommission auch eine Änderung der EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden vorgeschlagen. Dies begründet sie damit, dass Gebäude für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs in der EU und für 36 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich seien. Deshalb sollten Hauseigentümer mittels einer EU-Richtlinie verpflichtet werden, ihre Häuser bis zu einem bestimmten, recht kurz angesetzten Zeitpunkt, energetisch zu sanieren. Verstöße gegen die Sanierungsplicht hätten hohe Bußgelder zur Folge gehabt. Viele Hauseigentümer, welche die nötigen finanziellen Mittel nicht aufbringen können, wären mit einem solchen Sanierungszwang überfordert gewesen. Dies hätte sie zum Verkauf ihrer Immobilie genötigt, was einer faktischen Enteignung gleichgekommen wäre.
Die öffentliche Reaktion auf diesen Entwurf der EU-Richtlinie war dementsprechend sehr kritisch. Vor diesem Hintergrund haben sich Unterhändler der einzelnen EU-Staaten, das EU-Parlament und die EU-Kommission am 7.12.2023 auf einen neuen Text für die EU-Gebäudeenergierichtlinie geeinigt, die Anfang April 2024 beschlossen wurde.
Was soll künftig für die Wärmedämmung von Gebäuden gelten?
Konkret lautet das Ziel: Alle Gebäude sollen bis 2050 emissionsfrei sein. Daran hat sich auch durch den neuen Text vom 7.12.2023 nichts geändert.
Für Neubauten würde das bedeuten:
Vorgesehen ist, dass neue öffentliche Gebäude ab 2027 und private Neubauten ab 2030 als Nullemissionsgebäude errichtet werden müssen. Das heißt: Sie müssen ihre restliche benötigte Energie nur noch aus erneuerbaren Energiequellen oder Fernwärme- und Fernkältesystemen beziehen.
Für Bestandsgebäude würde das bedeuten:
Bisher sind die Modernisierungspflichten von Hauseigentümern in puncto Wärmedämmung sehr moderat. Allerdings führt dies auch dazu, dass sich im Gebäudebereich wenig ändert. Bisher hatte die EU-Kommission als Abhilfe einen Stufenplan vorgesehen, nach dem bestehende Gebäude bestimmte Standards innerhalb bestimmter Fristen erfüllen müssen.
Es sollen neue und EU-einheitliche Energieeffizienzklassen für den Energieausweis eingeführt werden. Diese reichen von A bis G, wobei A Nullemissionsgebäude sind und G für die am schlechtesten gedämmten Gebäude steht. Nach Ansicht der Kommission sind dies immerhin 15 Prozent der Häuser in der EU.
Öffentliche Gebäude und Nichtwohngebäude der Klasse G sollten nach den bisherigen Vorschlägen bis 2027 mindestens Klasse F und bis 2030 mindestens Klasse E erreichen.
Wohnhäuser der Klasse G sollten bis 2030 der Klasse F und bis 2033 der Klasse E entsprechen. Für die Jahre bis 2050 sollten die Mitgliedsstaaten dann selbst weitere Schritte festlegen, um einen klimaneutralen Gebäudebestand mit Nullemission zu erreichen.
Damit hätten also die am schlechtesten gedämmten Wohngebäude saniert werden müssen - und zwar bis 2033 auf den Standard von Klasse E. Wobei die Klasseneinteilung nicht dem derzeitigen deutschen Energieausweis entspricht.
Was besagt der geänderte Entwurf der EU-Richtlinie vom 7.12.2023?
Der neue Entwurf vom 7.12.2023 sieht nun diesen Stufenplan nicht mehr vor. Geplant ist stattdessen, dass bei Wohngebäuden der Energieverbrauch im Schnitt bis zum Jahr 2030 um 16 Prozent und bis 2035 um 20 bis 22 Prozent sinken soll.
Bei den Nicht-Wohngebäuden sollen 16 Prozent der am wenigsten energieeffizienten Gebäude bis 2030 und 26 Prozent bis 2033 renoviert werden.
Die EU-Staaten sollen außerdem bis 2040 den Ausstieg aus dem fossilen Heizen vorbereiten. Solaranlagen auf Dächern von Neubauten sollen bis 2030 Pflicht werden, allerdings nur, solange diese im konkreten Fall technisch und wirtschaftlich sinnvoll sind. Wie all dies umgesetzt wird, wird weitgehend den Mitgliedsstaaten überlassen.
Drohen Enteignung und Nutzungsverbot für schlecht gedämmte Häuser?
Nach dem Verständnis der Eigentümerverbände ist der bisher geplante Sanierungszwang für bestehende Wohnhäuser mit dem neuen Verordnungsentwurf entfallen. Private Hauseigentümer werden also nicht zu einer termingerechten Sanierung gezwungen.
Auch das Bundeswirtschaftsministerium und die Bauministerin haben sich nach Bekanntwerden der ursprünglichen Pläne der EU-Kommission gegen eine Zwangssanierung ausgesprochen.
Wohn- und Bauministerin Geywitz (SPD) äußerte sich bereits im März 2023 zum geplanten EU-Sanierungszwang. Laut Deutschlandfunk hielt sie diesen für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Ein solcher gesetzlicher Sanierungszwang sei ein absolut harter Eingriff in die Eigentumsrechte der Hausbesitzer und deshalb unverhältnismäßig. Die SPD-Politikerin sprach sich stattdessen für eine verstärkte Sanierung öffentlicher Gebäude aus. Auch schlug Frau Geywitz einen sogenannten Quartiersansatz vor. Dabei muss nicht jedes einzelne Gebäude seinen CO2-Ausstoß senken, sondern ein Quartier insgesamt, beispielsweise ein Stadtteil oder Dorf. Wenn es dort also genug gut gedämmte Neubauten gäbe, müssten die Altbauten nicht unbedingt saniert werden.
Fazit: Es wird also keine Enteignungen, Nutzungsverbote und auch keinen Sanierungszwang geben. Festzuhalten bleibt, dass sich am grundsätzlichen Ziel nichts geändert hat: Der Gebäudebestand der EU soll bis 2050 klimaneutral sein. Wie dies erreicht wird, liegt jetzt stärker in der Verantwortung der Einzelstaaten.
Was wurde an dem Sanierungszwang konkret kritisiert?
Der Interessenverband "Haus & Grund" verwies auf Kosten bis zu 100.000 Euro je Eigenheim. Die meisten Eigenheimbesitzer hätten aber ihr ganzes Vermögen in ihre Immobilie investiert, sodass keine Ersparnisse vorhanden seien, um einem derart teuren Sanierungszwang nachkommen zu können. Viele Menschen müssten deshalb im schlimmsten Fall ihr Haus verkaufen.
Ein weiteres Problem: Für viele Immobilieneigentümer ist es schwierig, Kredite in dieser Höhe aufzunehmen. Die Kreditvergabepraxis der Banken ist derzeit eher restriktiv. Aber selbst ein Verkauf kann zu gravierenden Einschnitten führen, da die Käufer die voraussichtlichen Sanierungskosten von bis zu 100.000 Euro beim Kaufpreis in Abzug bringen werden. Niedrigpreisige Häuser etwa in ländlichen Gebieten könnten dann fast wertlos werden. Daher sprach man in diesem Zusammenhang auch von einer faktischen Enteignung.
Der Eigentümerverband Haus und Grund äußerte auch Zweifel daran, dass sich die erforderlichen Umbaumaßnahmen in dem gegebenen Zeitraum überhaupt umsetzen lassen würden: Die vorhandenen Handwerkerkapazitäten würden dafür gar nicht ausreichen. Auch sei derzeit ein Mangel an Baumaterial zu beobachten.
Die Bundesarchitektenkammer BAK teilte die Sorge, dass die verlangten Standards oft nicht erreichbar seien. Eine Abrisswelle sei gerade für den Klima- und Ressourcenschutz "absolut kontraproduktiv". Allerdings hätten viele Architekten heute bereits gute Erfahrungen damit gemacht, individuelle und wirtschaftliche Lösungen auch für alte Häuser zu finden.
Wie geht es nun weiter mit der Wärmedämmung von Wohnhäusern?
Das Europaparlament und der EU-Rat haben dem am 7.12.2023 ausgehandelten Kompromiss im April 2024 formal zugestimmt. Nun kann die neue Gebäuderichtlinie in Kraft treten und muss von den EU-Staaten in nationales Recht umgesetzt werden. Dies wird in Deutschland insbesondere durch Änderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) geschehen.
Praxistipp zur Modernisierungspflicht für Wohngebäude
Die drohende Zwangssanierung von Wohnhäusern ist vom Tisch. Wie die Vorgaben der EU zur Wärmedämmung von Gebäuden in Deutschland umgesetzt werden, liegt bei der Bundesregierung. Auch diese plant keinen mit Sanktionen verbundenen Sanierungszwang. Hauseigentümer sollten aber nicht vergessen, dass es bereits verpflichtende Vorgaben gibt - etwa zum Austausch überalterter Heizkessel und zur Wärmedämmung oberster Geschossdecken - deren Missachtung mit hohen Bußgeldern geahndet werden kann. Übrigens sind auch neue Förderprogramme in Arbeit. Einzelmaßnahmen können über das BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) gefördert werden - hier findet anders als bei der KfW keine Kreditvergabe über die Hausbank mit Verlangen nach "banküblichen Sicherheiten" statt. Durch Zuschüsse gefördert werden auch Materialkosten bei Eigenleistungen. Bei Rechtsfragen zum Thema Bauen und Wärmedämmung berät Sie ein Fachanwalt für Baurecht.
(Ma)