Nachträgliche Erhöhung des Flugpreises bei Nichtnutzung von Teilstrecken zulässig?
26.09.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Bei einigen Fluggesellschaften wie etwa der Lufthansa kommt es vor, dass die Buchung von Hin- und Rückflug oder Fernflug mit Zubringerflug preisgünstiger ist, als
eine der Teilstrecken für sich genommen. Immer wieder kommt es vor, dass Fluggäste dies ausnutzen und ein solches Gesamtpaket buchen, obwohl sie nur eine Teilstrecke brauchen. Dann lassen sie die übrigen Teilstrecken verfallen. Für die Fluggesellschaften ist dies ein Ärgernis, da sie Kapazitäten einplanen müssen, die dann gar nicht genutzt werden. Daher versuchen sie, solche Buchungen per AGB zu unterbinden. Ein Weg ist, von den Fluggästen für die nicht genutzten Teilstrecken eine Nachzahlung zu verlangen. Aber: Ist dies rechtlich zulässig?
Ein Grund dafür kann sein, dass die Buchung eines Streckenpakets oder die Buchung von Hin- und Rückflug preisgünstiger ist, als die benötigte Einzelstrecke.
Allerdings sind auch andere Gründe denkbar, aus denen Fluggäste ihre Flüge verfallen lassen. So kann zum Beispiel ein Fluggast krank werden, ein beruflicher Termin kann sich kurzfristig verschieben oder ein familiärer Notfall kommt dazwischen. Oder es gibt einen Sturm und die Straße zum Flughafen ist überschwemmt. Natürlich kann die Fluggesellschaft nicht wissen, aus welchem Grund ein Fluggast im Einzelfall seinen Flug nicht antritt.
Grundsätzlich spricht gesetzlich nichts dagegen, dass Kunden nur einen Teil der gebuchten Leistung tatsächlich nutzen und den Rest verfallen lassen. Allerdings kann ein Rechtsanspruch auf eine Teilleistung unter bestimmten Umständen ausgeschlossen sein - insbesondere, wenn das Gesamtpaket schon mit der Absicht gebucht wurde, es nur teilweise zu nutzen. Dies ist jedoch in der Praxis schwer nachzuweisen.
Einige Fluggesellschaften legen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) fest, dass ihre Fluggäste bei Nichtnutzung einer gebuchten Teilstrecke eine Nachzahlung auf den Ticketpreis leisten müssen. Dadurch erhöht sich der Flugpreis nachträglich.
Die Möglichkeit einer nachträglichen Preiserhöhung muss in jedem Fall vertraglich vereinbart sein. Dies passiert meist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Allgemeine Geschäftsbedingungen werden von der Fluggesellschaft einseitig vorgegeben. Daher müssen sich Unternehmen dabei an einheitliche Regeln halten, die das Bürgerliche Gesetzbuch vorgibt. Zum Beispiel dürfen AGB-Klauseln Kunden nicht unangemessen benachteiligen.
Es gibt eine Vielzahl von Gerichtsurteilen, die AGB-Klauseln wegen einer solchen Benachteiligung der Verbraucher für unwirksam erklären. Die Gerichte berücksichtigen dabei besonders, wie sehr die Klausel von der gesetzlichen Vorschrift abweicht und ob sie wesentliche Rechte der Kunden aus dem Vertrag einschränkt. Auch überraschende Klauseln sind nicht erlaubt. Das Oberlandesgericht Köln hat am 7.6.2024 entschieden, dass die entsprechende Preiserhöhungsklausel der Lufthansa eine solche Benachteiligung des Kunden darstellt und nicht rechtswirksam ist.
Dabei kommt es auf die Formulierung der jeweiligen AGB-Klausel an. Die Lufthansa etwa hatte eine Klausel benutzt, nach der bei einer Nichtnutzung von Teilstrecken oder einer veränderten Reihenfolge der gebuchten Teilstrecken in jedem Fall eine Neukalkulation des Flugpreises stattfinde. Dann musste der Fluggast den Preis für die tatsächlich genutzte Einzelstrecke zahlen. Es lief also auf eine Nachzahlung hinaus. Ein Verbraucherschutzverband klagte gegen diese Regelung.
Das OLG Köln entschied, dass hier eine unangemessene Benachteiligung der Flugpassagiere vorliege. Denn: Die Vertragsklausel unterscheide nicht zwischen den Kunden, welche die Tarifstruktur der Fluggesellschaft bewusst ausnutzten, um sich finanzielle Vorteile zu verschaffen, und solchen, die unfreiwillig und unverschuldet einen Flug auf einer Teilstrecke nicht antreten könnten, etwa wegen einer Erkrankung oder höherer Gewalt. Bei der zweiten Kundengruppe habe die Fluggesellschaft kein berechtigtes Interesse an einer nachträglichen Preiserhöhung.
Das Gericht entschied, dass die betreffende Klausel nicht mehr verwendet werden darf (Urteil vom 7.6.2024, Az. 6 U 139/23).
Das oben erwähnte Urteil des OLG Köln erklärt auch eine Regelung für unzulässig, nach der bei einer Nutzung von Teilstrecken in der falschen Reihenfolge eine Neukalkulation des Flugpreises stattfinden sollte.
Darum ging es bereits 2008 in einem Prozess vor dem OLG Frankfurt/M. In diesem Fall ging es um eine Klausel, nach der gleich das Flugticket ungültig werden sollte, wenn man die Flugcoupons für die einzelnen gebuchten Teilstrecken nicht in der ursprünglich gebuchten Reihenfolge einlöste.
Auch hier kritisierte das Gericht, dass die Klausel nicht zwischen Fluggästen unterscheide, die nur das Ticketsystem nutzen wollten, um preisgünstiger zu fliegen und solchen, die wegen einer Änderung irgendwelcher Umstände ihre Reise schon am Abflughafen für den Fernflug antreten würden oder schlicht den Zubringerflug verpasst hätten und dann per Bahn noch den Fernflug erreichten.
Dementsprechend sah das Frankfurter Gericht die damalige Klausel als unwirksam an (Urteil vom 18.12.2008, Az. 16 U 76/08).
Auch bei Pauschalreisen setzt eine nachträgliche Preiserhöhung eine entsprechende vertragliche Regelung im Reisevertrag voraus. Will der Reiseveranstalter eine Nachzahlung fordern, muss er jedoch zusätzlich einige gesetzliche Einschränkungen beachten. Nach § 651f BGB ist eine einseitige Preiserhöhung nach der Buchung nur möglich wegen einer nach Vertragsabschluss erfolgten
- Erhöhung von Kosten für die Beförderung der Passagiere (Treibstoffkosten),
- Erhöhung von Steuern oder anderen Abgaben, etwa Touristenabgaben, Hafen- und Flughafengebühren,
- Änderung von Wechselkursen.
Eine entsprechende Vertragsklausel muss vorsehen, dass bei Senkung der entsprechenden Kosten auch der Ticketpreis nachträglich sinkt. Dies muss dem Reisenden auch mitgeteilt werden, damit eine Erhöhung erfolgen darf.
Sind die Voraussetzungen erfüllt, können Reiseveranstalter ihre Preise auch nach der Buchung um bis zu acht Prozent innerhalb von 20 Tagen vor dem Abreisedatum erhöhen. Dies müssen Reisende dann hinnehmen. Sind es mehr als acht Prozent, kann der Veranstalter dem Pauschalreisenden eine Frist setzen, innerhalb welcher er entweder den neuen erhöhten Preis annimmt oder vom Reisevertrag zurücktritt. Läuft die Frist ohne Rückmeldung ab, gilt der neue Preis als akzeptiert. Wer dann noch aussteigen will, muss die Reisebuchung regulär stornieren, was jedoch oft mit einer Teilzahlung des Reisepreises verbunden ist.
Wenn die Mehrkosten zur Zeit der Buchung vorhersehbar waren, können Reisende die Nachzahlung verweigern. Dies dürfte jedoch oft schwer nachzuweisen sein.
Oft hilft ein genauerer Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, um zu klären, ob eine nachträgliche Preiserhöhung möglich ist. Allerdings haben die Gerichte auch schon einige entsprechende Klauseln für unwirksam erklärt. Ein Rechtsanwalt für Zivilrecht kann Ihren Fall prüfen und beurteilen, inwieweit die Fluggesellschaft eine Nachzahlung fordern darf.
Einige Fluggesellschaften behalten sich nachträgliche Preiserhöhungen vor, wenn Fluggäste gebuchte Teilstrecken nicht oder in anderer Reihenfolge nutzen. Ist dies rechtens?
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Warum lassen Fluggäste Teilstrecken ihrer Flüge verfallen? Dürfen Fluggäste nur eine Teilstrecke der gebuchten Flüge nutzen? Wie versuchen Fluggesellschaften zu verhindern, dass Kunden mehr Teilstrecken buchen, als sie brauchen? Dürfen Preise für ein schon gekauftes Flugticket nachträglich erhöht werden? Wann sind AGB-Regelungen zur nachträglichen Preiserhöhung unzulässig? Verfällt mein Flugticket, wenn ich Teilstrecken nicht in der vorgegebenen Reihenfolge nutze? Darf bei Pauschalreisen einfach nachträglich der Reisepreis erhöht werden? Praxistipp zur nachträglichen Preiserhöhung bei Flugreisen eine der Teilstrecken für sich genommen. Immer wieder kommt es vor, dass Fluggäste dies ausnutzen und ein solches Gesamtpaket buchen, obwohl sie nur eine Teilstrecke brauchen. Dann lassen sie die übrigen Teilstrecken verfallen. Für die Fluggesellschaften ist dies ein Ärgernis, da sie Kapazitäten einplanen müssen, die dann gar nicht genutzt werden. Daher versuchen sie, solche Buchungen per AGB zu unterbinden. Ein Weg ist, von den Fluggästen für die nicht genutzten Teilstrecken eine Nachzahlung zu verlangen. Aber: Ist dies rechtlich zulässig?
Warum lassen Fluggäste Teilstrecken ihrer Flüge verfallen?
Ein Grund dafür kann sein, dass die Buchung eines Streckenpakets oder die Buchung von Hin- und Rückflug preisgünstiger ist, als die benötigte Einzelstrecke.
Allerdings sind auch andere Gründe denkbar, aus denen Fluggäste ihre Flüge verfallen lassen. So kann zum Beispiel ein Fluggast krank werden, ein beruflicher Termin kann sich kurzfristig verschieben oder ein familiärer Notfall kommt dazwischen. Oder es gibt einen Sturm und die Straße zum Flughafen ist überschwemmt. Natürlich kann die Fluggesellschaft nicht wissen, aus welchem Grund ein Fluggast im Einzelfall seinen Flug nicht antritt.
Dürfen Fluggäste nur eine Teilstrecke der gebuchten Flüge nutzen?
Grundsätzlich spricht gesetzlich nichts dagegen, dass Kunden nur einen Teil der gebuchten Leistung tatsächlich nutzen und den Rest verfallen lassen. Allerdings kann ein Rechtsanspruch auf eine Teilleistung unter bestimmten Umständen ausgeschlossen sein - insbesondere, wenn das Gesamtpaket schon mit der Absicht gebucht wurde, es nur teilweise zu nutzen. Dies ist jedoch in der Praxis schwer nachzuweisen.
Wie versuchen Fluggesellschaften zu verhindern, dass Kunden mehr Teilstrecken buchen, als sie brauchen?
Einige Fluggesellschaften legen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) fest, dass ihre Fluggäste bei Nichtnutzung einer gebuchten Teilstrecke eine Nachzahlung auf den Ticketpreis leisten müssen. Dadurch erhöht sich der Flugpreis nachträglich.
Dürfen Preise für ein schon gekauftes Flugticket nachträglich erhöht werden?
Die Möglichkeit einer nachträglichen Preiserhöhung muss in jedem Fall vertraglich vereinbart sein. Dies passiert meist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Allgemeine Geschäftsbedingungen werden von der Fluggesellschaft einseitig vorgegeben. Daher müssen sich Unternehmen dabei an einheitliche Regeln halten, die das Bürgerliche Gesetzbuch vorgibt. Zum Beispiel dürfen AGB-Klauseln Kunden nicht unangemessen benachteiligen.
Es gibt eine Vielzahl von Gerichtsurteilen, die AGB-Klauseln wegen einer solchen Benachteiligung der Verbraucher für unwirksam erklären. Die Gerichte berücksichtigen dabei besonders, wie sehr die Klausel von der gesetzlichen Vorschrift abweicht und ob sie wesentliche Rechte der Kunden aus dem Vertrag einschränkt. Auch überraschende Klauseln sind nicht erlaubt. Das Oberlandesgericht Köln hat am 7.6.2024 entschieden, dass die entsprechende Preiserhöhungsklausel der Lufthansa eine solche Benachteiligung des Kunden darstellt und nicht rechtswirksam ist.
Wann sind AGB-Regelungen zur nachträglichen Preiserhöhung unzulässig?
Dabei kommt es auf die Formulierung der jeweiligen AGB-Klausel an. Die Lufthansa etwa hatte eine Klausel benutzt, nach der bei einer Nichtnutzung von Teilstrecken oder einer veränderten Reihenfolge der gebuchten Teilstrecken in jedem Fall eine Neukalkulation des Flugpreises stattfinde. Dann musste der Fluggast den Preis für die tatsächlich genutzte Einzelstrecke zahlen. Es lief also auf eine Nachzahlung hinaus. Ein Verbraucherschutzverband klagte gegen diese Regelung.
Das OLG Köln entschied, dass hier eine unangemessene Benachteiligung der Flugpassagiere vorliege. Denn: Die Vertragsklausel unterscheide nicht zwischen den Kunden, welche die Tarifstruktur der Fluggesellschaft bewusst ausnutzten, um sich finanzielle Vorteile zu verschaffen, und solchen, die unfreiwillig und unverschuldet einen Flug auf einer Teilstrecke nicht antreten könnten, etwa wegen einer Erkrankung oder höherer Gewalt. Bei der zweiten Kundengruppe habe die Fluggesellschaft kein berechtigtes Interesse an einer nachträglichen Preiserhöhung.
Das Gericht entschied, dass die betreffende Klausel nicht mehr verwendet werden darf (Urteil vom 7.6.2024, Az. 6 U 139/23).
Verfällt mein Flugticket, wenn ich Teilstrecken nicht in der vorgegebenen Reihenfolge nutze?
Das oben erwähnte Urteil des OLG Köln erklärt auch eine Regelung für unzulässig, nach der bei einer Nutzung von Teilstrecken in der falschen Reihenfolge eine Neukalkulation des Flugpreises stattfinden sollte.
Darum ging es bereits 2008 in einem Prozess vor dem OLG Frankfurt/M. In diesem Fall ging es um eine Klausel, nach der gleich das Flugticket ungültig werden sollte, wenn man die Flugcoupons für die einzelnen gebuchten Teilstrecken nicht in der ursprünglich gebuchten Reihenfolge einlöste.
Auch hier kritisierte das Gericht, dass die Klausel nicht zwischen Fluggästen unterscheide, die nur das Ticketsystem nutzen wollten, um preisgünstiger zu fliegen und solchen, die wegen einer Änderung irgendwelcher Umstände ihre Reise schon am Abflughafen für den Fernflug antreten würden oder schlicht den Zubringerflug verpasst hätten und dann per Bahn noch den Fernflug erreichten.
Dementsprechend sah das Frankfurter Gericht die damalige Klausel als unwirksam an (Urteil vom 18.12.2008, Az. 16 U 76/08).
Darf bei Pauschalreisen einfach nachträglich der Reisepreis erhöht werden?
Auch bei Pauschalreisen setzt eine nachträgliche Preiserhöhung eine entsprechende vertragliche Regelung im Reisevertrag voraus. Will der Reiseveranstalter eine Nachzahlung fordern, muss er jedoch zusätzlich einige gesetzliche Einschränkungen beachten. Nach § 651f BGB ist eine einseitige Preiserhöhung nach der Buchung nur möglich wegen einer nach Vertragsabschluss erfolgten
- Erhöhung von Kosten für die Beförderung der Passagiere (Treibstoffkosten),
- Erhöhung von Steuern oder anderen Abgaben, etwa Touristenabgaben, Hafen- und Flughafengebühren,
- Änderung von Wechselkursen.
Eine entsprechende Vertragsklausel muss vorsehen, dass bei Senkung der entsprechenden Kosten auch der Ticketpreis nachträglich sinkt. Dies muss dem Reisenden auch mitgeteilt werden, damit eine Erhöhung erfolgen darf.
Sind die Voraussetzungen erfüllt, können Reiseveranstalter ihre Preise auch nach der Buchung um bis zu acht Prozent innerhalb von 20 Tagen vor dem Abreisedatum erhöhen. Dies müssen Reisende dann hinnehmen. Sind es mehr als acht Prozent, kann der Veranstalter dem Pauschalreisenden eine Frist setzen, innerhalb welcher er entweder den neuen erhöhten Preis annimmt oder vom Reisevertrag zurücktritt. Läuft die Frist ohne Rückmeldung ab, gilt der neue Preis als akzeptiert. Wer dann noch aussteigen will, muss die Reisebuchung regulär stornieren, was jedoch oft mit einer Teilzahlung des Reisepreises verbunden ist.
Wenn die Mehrkosten zur Zeit der Buchung vorhersehbar waren, können Reisende die Nachzahlung verweigern. Dies dürfte jedoch oft schwer nachzuweisen sein.
Praxistipp zur nachträglichen Preiserhöhung bei Flugreisen
Oft hilft ein genauerer Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, um zu klären, ob eine nachträgliche Preiserhöhung möglich ist. Allerdings haben die Gerichte auch schon einige entsprechende Klauseln für unwirksam erklärt. Ein Rechtsanwalt für Zivilrecht kann Ihren Fall prüfen und beurteilen, inwieweit die Fluggesellschaft eine Nachzahlung fordern darf.
(Bu)