Was dürfen Vermieter Mietinteressenten fragen?

16.06.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Vermieter möchten vor Abschluss des Mietvertrages gerne möglichst viel über den neuen Mieter erfahren. Ihrer Neugier sind jedoch auch Grenzen gesetzt, denn sie dürfen nicht alles fragen.

Dass Vermieter vor Vertragsabschluss gerne wissen möchten, mit wem sie es zu tun bekommen, ist verständlich. Immerhin möchte niemand seine Wohnung an einen Mietnomaden, Messie oder notorischen Nörgler vermieten, der das Mietverhältnis zu einer Tortur macht. Eher gefragt sind ruhige, zahlungskräftige und seriöse Mieter. Daher legt mancher Vermieter seinen Mietinteressenten erst einmal einen umfangreichen Fragenkatalog vor. Nur: Es sind nicht alle Fragen erlaubt. Wie sollte man sich als Mieter bei unzulässigen Fragen verhalten?

Was ist eine Mieterselbstauskunft?


Um einen anderen Menschen kennenzulernen, ist ein persönliches Gespräch immer hilfreich. Nur: Stellt sich eine Vielzahl von Interessenten vor, kann man sich den Inhalt schwer merken. Viele Vermieter nutzen daher die Mieter-Selbstauskunft. Dabei handelt es sich um ein Formular, auf dem Mietinteressenten bei der Besichtigung der Wohnung verschiedene Daten eintragen und Fragen beantworten müssen. Dabei geht es zum Beispiel um ihre Finanzlage. Viele Vermieter fragen aber auch nach ganz anderen Sachen. Etwa: Plant das junge Paar, ein Kind zu bekommen – steht also nächtliches Kindergeschrei ins Haus? Hat der neue Mieter Vorstrafen – und klaut womöglich den Nachbarn die Autoradios? Ist er Mitglied einer politischen Partei, die der Vermieter nicht mag – oder gehört er womöglich der "falschen" Religion an? Oder – nicht auszudenken – ist er gar Mitglied im Mieterverein?

Was gilt für persönliche Fragen?


Persönliche Fragen, die der Vermieter berechtigtermaßen stellen darf, sind die nach dem vollen Namen des Interessenten und seiner bisherigen Adresse. Fragen darf er auch nach seinem Geburtsdatum und Geburtsort, der Anzahl der zum Haushalt gehörenden Personen einschließlich Kinder und auch nach möglichen Haustieren. Allerdings wird hier die Frage nach Kleintieren wie Hamster, Meerschweinchen, Wellensittich oder Fischen mittlerweile als unzulässig angesehen - denn Kleintiere darf der Mieter ohne Zustimmung des Vermieters immer halten. Dies kann auch nicht per Mietvertrag untersagt werden. Nicht als relevant für das Mietverhältnis gilt inzwischen auch der Familienstand des Mieters.

Welche finanziellen Fragen darf der Vermieter stellen?


Erlaubt ist die Frage nach dem Beruf des Mietinteressenten. Ebenso darf in der Mieter-Selbstauskunft gefragt werden, wer der Arbeitgeber des Mieters ist. Der Vermieter darf außerdem fragen, ob der Mieter schon einmal eine eidesstattliche Versicherung über seine finanzielle Lage abgegeben hat und ob eine Lohnpfändung oder ein Gerichtsverfahren wegen ausstehender Miete gegen ihn laufen.
Berechtigt ist auch die Frage nach dem Netto-Monatseinkommen. In diesem Sinne hat zum Beispiel das Landgericht München entschieden (Urteil vom 25.3.2009, Az. 14 S 18532/08). Nicht mehr als zulässig gilt die Frage nach der bisherigen Dauer des Arbeitsverhältnisses.

Welche Auskünfte muss der Mieter von sich aus geben?


Viele Mieter wissen nicht, dass sie ihren Vermieter über bestimmte Punkte auch ungefragt aufklären müssen. Hat etwa ein Mieter eine eidesstattliche Versicherung abgelegt oder kann er seine Mietzahlungen nur mit staatlicher Unterstützung leisten, muss er den Vermieter darauf hinweisen. Einer älteren Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt a. M. zufolge gilt dies auch dann, wenn die Miete über 75 Prozent seines Nettoeinkommens ausmacht (Urteil vom 27.8.1987, Az. 33 C 627/87-29). Verschweigt der Mieter solche Umstände, ist der Vermieter später zur Kündigung des Mietvertrages berechtigt. Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sich der verschwiegene Punkt tatsächlich auf das Mietverhältnis ausgewirkt hat.

Was sind die Folgen einer Lüge in der Mieterselbstauskunft?


Lügt ein Mietinteressent bei Fragen, die der Vermieter stellen darf, droht ihm im Fall der späteren Aufdeckung der Lüge die fristlose Kündigung seines Mietvertrages. Dies hat zum Beispiel das Amtsgericht München entschieden (30.6.2015, Az. 411 C 26176/14).

Wie beim Verschweigen wichtiger Tatsachen gestehen die Gerichte dem Vermieter ein Kündigungsrecht jedoch nur zu, wenn sich der jeweilige Punkt tatsächlich auf das Mietverhältnis ausgewirkt hat. Beispiel: Der Mieter hat in der Mieterselbstauskunft ein zu hohes Einkommen angegeben und kann dann tatsächlich die Miete nicht zahlen (Landgericht Wiesbaden, Az. 2 S 112/03).
Allerdings darf der Vermieter dem Mieter nicht mehr wegen Lügen über sein Einkommen kündigen, wenn dieser gar nicht mit der Miete in Verzug ist und über einen längeren Zeitraum pünktlich die Miete gezahlt hat (zum Beispiel: zwei Jahre lang, Landgericht Wiesbaden, Az. 2 S 112/03).

Welche Fragen in der Mieterselbstauskunft sind unzulässig?


Viele Fragen darf der Vermieter nicht stellen. Das Problem: Lässt der Mieter diese Punkte im Auskunftsformular offen, wird er die Wohnung nicht bekommen. Daher darf er in diesen Punkten lügen, ohne dass der Vermieter ihm deswegen später kündigen darf.

Grundsätzlich sind alle Fragen unzulässig, die nichts mit dem Mietverhältnis zu tun haben. Beispiele:

- Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe,
- Behinderungen oder gesundheitliche Probleme des Mieters,
- Schwangerschaft oder Kinderwunsch,
- Religionszugehörigkeit,
- Bestehen einer Rechtsschutzversicherung,
- Vorstrafen,
- sexuelle Neigungen,
- Raucher oder Nichtraucher,
- ob ein Musikinstrument gespielt wird,
- welchem Fußballverein der Mieter anhängt,
- politische Ansichten oder Parteizugehörigkeit,
- Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft,
- Mitgliedschaft im Mieterverein.

Was gilt für die Schufa-Selbstauskunft?


Viele Vermieter verlangen von Mietinteressenten, vor Vertragsabschluss eine Selbstauskunft bei der Schufa über ihre Finanzlage bzw. bestehende Schulden einzuholen und diese an den Vermieter weiterzugeben. Dies ist zulässig. Der Vermieter ist üblicherweise kein Mitglied bei der Schufa und kann diese Auskunft nicht selbst beantragen. Der Mieter selbst kann jedoch jederzeit dort eine kostenlose Kopie seiner eigenen Daten anfordern. Mieter sollten jedoch wissen, dass diese Auskunft sehr umfassend ist und viele Punkte enthält, die den Vermieter nichts angehen, wie etwa laufende Finanzierungen oder Handyverträge. Die Schufa hat zur Vorlage beim Vermieter eine eigene Bonitätsauskunft entwickelt, die nur die notwendigsten Daten über die Vertragstreue des Mieters enthält. Diese kostet 29,95 Euro und ist hier eher zu empfehlen.

Was muss man zur Mietschuldenfreiheitsbescheinigung wissen?


Diese Bescheinigung erteilt der bisherige Vermieter. Soweit nicht vertraglich vereinbart, ist dieser jedoch nicht dazu verpflichtet, eine solche Bescheinigung auszustellen. Eine Variante davon ist die Vorvermieterbescheinigung. Bei dieser geht es auch um das Verhalten des Mieters (Probleme im Mietverhältnis, Beschwerden vom Mieter oder gegen den Mieter, pünktliche Mietzahlung). Vom Mieter gefälschte Bescheinigungen dieser Art stellen einen Grund für eine fristlose Kündigung dar.

Was hat sich durch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) geändert?


Kurz gesagt: Nichts. Vermieter dürfen nach Art. 6 Buchstaben b und f DSGVO persönliche Daten verarbeiten, wenn

- diese Daten für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich sind, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen;
- die Verarbeitung zur Wahrung ihrer berechtigten Interessen erforderlich ist.

Beides trifft auf die Antworten auf zulässige Fragen in der Mieterselbstauskunft zu.

Wie lange darf der Vermieter die Daten speichern?


Personenbezogene Daten darf der Vermieter nur so lange speichern, bis er sie für den Zweck, für den er sie erhoben hat, nicht mehr benötigt.
Die Daten abgelehnter Mietinteressenten muss der Vermieter in der Regel löschen, sobald er einen Mietvertrag mit einem anderen Wohnungsbewerber geschlossen hat.
Eine Ausnahme kann bestehen, wenn es Grund zu der Annahme gibt, dass einer der abgelehnten Bewerber den Vermieter verklagen wird (zum Beispiel wegen Verstoßes gegen das Antidiskriminierungsgesetz). In diesem Fall darf der Vermieter die Daten so lange speichern, wie noch mit einem Rechtsstreit gerechnet werden muss.

Praxistipp zur Mieterselbstauskunft


Wurde Ihr Mietvertrag gekündigt, weil Sie die Fragen in der Mieterselbstauskunft nicht wahrheitsgemäß beantwortet haben? Dann ist eine Beratung durch einen Fachanwalt für Mietrecht zu empfehlen. Dieser kann prüfen, ob Ihr Vermieter zu einem solchen Schritt wirklich berechtigt war.

(Ma)


 Ulf Matzen
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