Was macht ein Nachlasspfleger / Nachlassverwalter?

17.01.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Nachlasspflegschaft,Nachlassverwaltung,Erbe,Testament Eine Nachlasspflegschaft hilft, den Nachlass zu sichern. © Ma - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

Sicherung und Verwaltung des Nachlasses: Ein Nachlasspfleger kümmert sich um die Sicherung der Vermögenswerte, regelt laufende Zahlungen, und schützt den Nachlass vor Verlust oder Schaden.

Ermittlung der Erben: Wenn die Erben unbekannt sind, recherchiert der Nachlasspfleger, wer erbberechtigt ist, und sorgt dafür, dass diese informiert werden.

Abwicklung von Verbindlichkeiten: Der Nachlassverwalter begleicht offene Schulden und Forderungen von Gläubigern aus dem Nachlass und klärt rechtliche Angelegenheiten.
Als Nachlass bezeichnet man die Gesamtheit der Vermögensgegenstände eines Verstorbenen. Dazu gehören auch die Schulden des Erblassers. Was mit dem Nachlass passiert – wer ihn bekommt – hängt entweder von der gesetzlichen Erbfolge ab oder vom Inhalt einer letztwilligen Verfügung wie zum Beispiel einem Testament oder einem Erbvertrag.

Was ist eine Nachlasspflegschaft?


"Pflegschaft" bedeutet, dass ein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, der sich um die Angelegenheiten einer Person kümmert, die dies selbst nicht kann. Es gibt mehrere Arten von Pflegschaften. Sie haben gemeinsam, dass der Pfleger die Interessen des Betroffenen wahrzunehmen hat. Bei einer Nachlasspflegschaft steht die Sicherung des Nachlasses im Vordergrund. Sie wird zum Beispiel angeordnet, wenn die Erben die Erbschaft noch nicht angenommen haben oder man bisher nicht feststellen konnte, wer die Erben überhaupt sind.

Was ist der Unterschied zwischen Nachlasspflegschaft und Nachlassverwaltung?


Die Nachlassverwaltung ist eine Variante der Nachlasspflegschaft. Sie wird jedoch in anderen Fällen angewendet. Häufig haben Gläubiger finanzielle Forderungen an den Nachlass. Man spricht dann von Nachlassgläubigern. Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Bezahlung dieser Forderungen aus dem Nachlass gefährdet ist, weil der Erbe nicht mit Geld umgehen kann oder selbst verschuldet ist, ordnet das Nachlassgericht eine Nachlassverwaltung an.

Dies kann für den oder die Erben durchaus von Vorteil sein: Ihre Haftung für Nachlassverbindlichkeiten beschränkt sich in diesem Fall nämlich auf den eigentlichen Nachlass, also das Erbe. Das eigene Vermögen der Erben bleibt außen vor und ist in Sicherheit. Das ist sonst nicht der Fall.

Daher wird eine Nachlassverwaltung oft von Erben beantragt, wenn ihr eigenes Vermögen sich nicht eindeutig vom Vermögen des Erblassers trennen lässt und dieser Schulden hatte. Wichtig: Der Antrag auf Nachlassverwaltung muss innerhalb von zwei Jahren nach Annahme der Erbschaft beim Nachlassgericht gestellt werden. Das Nachlassgericht ist eine Abteilung des örtlichen Amtsgerichts.

Wann und von wem wird ein Nachlasspfleger bestellt?


Einen Nachlasspfleger bestellt das Nachlassgericht, wenn dafür ein Bedürfnis besteht. Von einem solchen Bedürfnis geht man aus, wenn

- die Erben noch nicht bekannt sind,
- Minderjährige geerbt haben,
- die Erben zerstritten sind und deshalb kein Erbschein ausgestellt werden kann oder
- der Nachlass ohne zeitnahe Verwaltungsmaßnahmen in Gefahr wäre.

Das Gericht kann auf Antrag auch einen Nachlasspfleger bestellen, wenn der Antragsteller einen gegen den Nachlass gerichteten Anspruch vor Gericht einklagen möchte. Häufig werden Rechtsanwälte zu Nachlasspflegern bestellt.

Was ist die Aufgabe eines Nachlasspflegers?


Welche Aufgaben der Nachlasspfleger konkret hat, hängt von den Besonderheiten des einzelnen Falles ab. Die Aufgaben werden vom Gericht bei seiner oder ihrer Bestellung festgelegt. Zu den Pflichten des Nachlasspflegers kann es gehören, Erben zu ermitteln, die unbekannt sind oder sich im Ausland aufhalten.

Generell muss der Nachlasspfleger dafür sorgen, dass der Nachlass keinen Schaden erleidet. Es dürfen also keine vorhandenen Werte verloren gehen. Dazu kann es gehören, laufende Zahlungen wie etwa Miete zu veranlassen oder unter Umständen die Bestattung des Verstorbenen zu organisieren. Es kann auch Teil der Aufgabe sein, den Haushalt des Erblassers aufzulösen. Vielleicht muss auch eine Immobilie aus dem Nachlass verwaltet oder verwertet werden. In diesem Fall kann die Erledigung verschiedenster Angelegenheiten aus dem Bereich Hausverwaltung und Umgang mit Mietern dazugehören.

Der Nachlasspfleger muss außerdem eine Aufstellung des Vermögens im Nachlass anfertigen und eine Erbschaftssteuererklärung ausfüllen.

Wem ist der Nachlasspfleger Rechenschaft schuldig?


Der Nachlasspfleger ist der gesetzliche Vertreter der Erben. Daher können die Erben von ihm Auskunft über den Nachlass verlangen. Auf Wunsch muss der Nachlasspfleger ihnen auch Dokumente übergeben, die zum Nachlass gehören. Andererseits darf er natürlich nicht einzelnen Erben Nachlassgegenstände wie etwa Schmuck aushändigen.

Wenn das Nachlassgericht die Nachlasspflegschaft durch Beschluss aufhebt – zum Beispiel, weil die Erben inzwischen ermittelt worden sind und die Erbschaft angenommen haben – muss der Nachlasspfleger den Erben den Nachlass übergeben. Danach fertigt er über seine Tätigkeit einen Rechenschaftsbericht an und muss die Erben um seine "Entlastung" bitten, also um die Bestätigung, dass alles korrekt abgelaufen ist.

Wer bezahlt den Nachlasspfleger?


Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder kann der Nachlasspfleger mit den Erben eine Vergütung für seine Tätigkeit aushandeln. Oder er kann beim Nachlassgericht eine Vergütung beantragen. Diese müssen dann die Erben bezahlen. Wenn sie nicht zahlen, kann der Nachlasspfleger ein Zurückbehaltungsrecht am Nachlass geltend machen – allerdings nur in Höhe seiner Vergütung und nur so lange, bis er bezahlt worden ist.

Was kostet ein Nachlasspfleger?


Die Höhe der Vergütung richtet sich nach dem Schwierigkeitsgrad und Umfang des jeweiligen Falles und auch nach der Qualifikation des Nachlasspflegers.

Als Richtwert für die Vergütung von Nachlasspflegern werden oft die Vergütungssätze für Berufsvormünder herangezogen. Diese liegen zwischen 19,50 und 33,50 Euro pro Stunde. Aber: Meist ist die Vergütung eines Nachlasspflegers höher, da Fälle, in denen man einen solchen braucht, schnell kompliziert werden können.

2016 hatte das OLG Celle entschieden, dass bei einer einfachen Nachlasspflegschaft 75 Euro pro Stunde zu viel seien (Beschluss vom 8.2.2018, Az. 6 W 19/18). Das Oberlandesgericht Bamberg sah 2023 eine Vergütung von 110 Euro pro Stunde plus 19 Prozent Mehrwertsteuer bei einem komplizierteren Fall als angemessen an (Beschluss vom 9.8.2023, Az. 7 W 26/23). 100 bis 110 Euro werden heute meist als normal angesehen. Anwaltliche Berufsnachlasspfleger verlangen meist 110 Euro. Das OLG Celle verlangte 2016 eine minutengenaue Abrechnung der Tätigkeit (Beschluss vom 24.3.2016, Az. 6 W 14/16).

Urteil: Erbenermittlung


Nach einem Urteil des Landgerichts Berlin muss ein Nachlasspfleger, dem auch die "Ermittlung der Erben" übertragen worden ist, sämtliche erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zu diesem Zweck durchführen. Dies muss er in erster Linie selbst tun. Seine Aufgabe ist es also auch, bei den Standesämtern Auskünfte hinsichtlich Ehen und Nachkommen des Erblassers einzuholen. Beauftragt er von vornherein mit diesen Tätigkeiten einen gegen Provision arbeitenden gewerblichen Erbenermittler, haftet er den Erben auf Schadensersatz wegen Verletzung seiner Pflichten (Urteil vom 23.10.2011, Az. 23 O 613/10).

Urteil: Auskunftsanspruch gegen Lebensversicherung


Ein Nachlasspfleger hat gegenüber der Lebensversicherung des Verstorbenen einen Anspruch auf Auskunft darüber, wer bezugsberechtigt für die Auszahlung der Lebensversicherung ist. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden. Es ging um einen Fall, in dem ein Wohnhaus explodiert war. Alle Unterlagen waren vernichtet worden. Der Nachlasspfleger sollte das Erbe sichern und die Erben ermitteln. Die Versicherungsgesellschaft hatte jedoch die Auskunft darüber verweigert, an wen die Lebensversicherung ausgezahlt werden sollte. Das Gericht entschied, dass diese Auskunft nur dann verweigert werden darf, wenn der Nachlass überschuldet ist (Urteil vom 23.11.2018, Az. I-20 U 72/18).

Praxistipp zur Nachlasspflegschaft


In vielen Fällen kann nur durch eine Nachlasspflegschaft oder Nachlassverwaltung sichergestellt werden, dass die Erben eines Verstorbenen den Nachlass auch tatsächlich bekommen. Allerdings kann die Tätigkeit dieser Personen auch zu Streit führen. Bei Auseinandersetzungen über Nachlassverwaltung oder -pflegschaft ist eine Beratung durch einen Fachanwalt für Erbrecht zu empfehlen.

(Ma)


 Ulf Matzen
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