Was macht ein Nachlasspfleger / Nachlassverwalter?
27.07.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Ma - Anwalt-Suchservice Die Gesamtheit der Vermögensgegenstände eines Verstorbenen nennt man auch den Nachlass. Zu diesem gehören allerdings ebenso die Schulden des Erblassers. Was mit dem Nachlass passiert - wer ihn erhält - hängt entweder von der gesetzlichen Erbfolge ab oder vom Inhalt einer letztwilligen Verfügung wie zum Beispiel einem Testament oder einem Erbvertrag.
Der Begriff "Pflegschaft" bedeutet, dass ein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, der sich um die Angelegenheiten einer Person kümmert, die dies selbst nicht kann. Es gibt mehrere Arten von Pflegschaften. Gemeinsam ist ihnen, dass der Pfleger die Interessen des Betroffenen wahrnehmen muss. Naturgemäß steht bei einer Nachlasspflegschaft die Sicherung des Nachlasses im Vordergrund. Angeordnet wird sie zum Beispiel, wenn die Erben die Erbschaft noch nicht angenommen haben oder man bisher nicht feststellen konnte, wer die Erben überhaupt sind.
Eine Variante der Nachlasspflegschaft ist die Nachlassverwaltung. Sie wird jedoch in anderen Fällen angewendet. Es kann vorkommen, dass Gläubiger Forderungen an den Nachlass haben. Eine Nachlassverwaltung wird angeordnet, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Befriedigung dieser Nachlassgläubiger aus dem Nachlass infolge von Verhalten oder Finanzlage der Erben gefährdet ist.
Dies kann für den oder die Erben durchaus von Vorteil sein: Seine Haftung für Nachlassverbindlichkeiten beschränkt sich in diesem Fall nämlich auf den eigentlichen Nachlass, also das Erbe. Sein sonstiges Vermögen bleibt außen vor und ist in Sicherheit.
Deshalb wird eine Nachlassverwaltung auch von Erben beantragt, wenn ihr eigenes Vermögen sich nicht eindeutig vom Vermögen des Erblassers trennen lässt und dieser Schulden hatte. Ein Antrag auf Nachlassverwaltung muss innerhalb von zwei Jahren nach Annahme der Erbschaft gestellt werden.
Das Nachlassgericht bestellt einen Nachlasspfleger, wenn dafür ein Bedürfnis besteht. Das Nachlassgericht ist eine Abteilung des örtlichen Amtsgerichts. Ein solches Bedürfnis liegt etwa vor, wenn
- die Erben noch nicht bekannt sind,
- Minderjährige geerbt haben,
- die Erben zerstritten sind und deshalb kein Erbschein ausgestellt werden kann oder
- wenn der Nachlass ohne zeitnahe Verwaltungsmaßnahmen in Gefahr wäre.
Auf Antrag kann das Gericht auch einen Nachlasspfleger bestellen, wenn der Antragsteller einen gegen den Nachlass gerichteten Anspruch gerichtlich geltend machen möchte. Oft werden Rechtsanwälte zu Nachlasspflegern bestellt.
Welche Aufgaben der Nachlasspfleger konkret hat, richtet sich nach den Besonderheiten des einzelnen Falles. Festgelegt werden sie im Rahmen seiner Bestellung. Eine seiner Pflichten kann es sein, Erben zu ermitteln, die unbekannt sind oder sich im Ausland aufhalten.
Der Nachlasspfleger hat generell dafür zu sorgen, dass der Nachlass keinen Schaden erleidet. Vorhandene Werte dürfen also nicht verloren gehen. Es kann auch dazugehören, laufende Zahlungen wie etwa Miete zu veranlassen oder unter Umständen auch die Bestattung des Verstorbenen zu organisieren. Teil der Aufgabe kann es sein, den Haushalt des Erblassers aufzulösen. Vielleicht muss auch eine Immobilie aus dem Nachlass verwaltet oder verwertet werden. Hier kann die Erledigung verschiedenster Angelegenheiten aus dem Bereich Hausverwaltung und Umgang mit Mietern dazugehören. Auch muss der Nachlasspfleger eine Erbschaftssteuererklärung erstellen und eine Aufstellung des Vermögens im Nachlass anfertigen.
Der Nachlasspfleger ist der gesetzliche Vertreter der Erben. Daher haben die Erben ihm gegenüber ein Recht auf Auskunft. Der Nachlasspfleger muss ihnen also auf Wunsch zum Beispiel Dokumente übergeben, die zum Nachlass gehören.
Hebt das Nachlassgericht die Nachlasspflegschaft durch Beschluss auf – beispielsweise, weil die Erben mittlerweile ermittelt worden sind und die Erbschaft angenommen haben – muss der Nachlasspfleger den Erben den Nachlass übergeben. Anschließend hat er über seine Tätigkeit einen Rechenschaftsbericht anzufertigen und muss die Erben um seine „Entlastung“ bitten.
Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Der Nachlasspfleger kann mit den Erben eine Vergütung für seine Tätigkeit aushandeln. Oder er kann beim Nachlassgericht einen Antrag auf eine Vergütung stellen. Diese muss dann von den Erben bezahlt werden. Zahlen sie nicht, kann der Pfleger ein Zurückbehaltungsrecht am Nachlass geltend machen - in Höhe seiner Vergütung und so lange, bis er bezahlt worden ist.
Das Oberlandesgericht Celle hat in den letzten Jahren mehrere Urteile zur Vergütung berufsmäßiger Nachlasspfleger gefällt. So hat es entschieden, dass das Nachlassgericht die Vergütungsvorstellungen des Nachlasspflegers nicht einfach ungeprüft übernehmen darf. Die Höhe eines Stundensatzes muss sich am Schwierigkeitsgrad des konkreten Auftrags ausrichten. Bei einer einfachen Nachlasspflegschaft seien 75 Euro pro Stunde zu viel (Beschluss vom 8.2.2018, Az. 6 W 19/18). In einem anderen Fall verlangte das OLG Celle eine minutengenaue Abrechnung der Tätigkeit (Beschluss vom 24.3.2016, Az. 6 W 14/16).
Das Landgericht Berlin hat entschieden, dass ein Nachlasspfleger, dem auch die "Ermittlung der Erben" übertragen worden ist, sämtliche erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zu diesem Zweck durchführen muss. Dies muss er in erster Linie selbst tun. Es gehört also auch zu seinen Aufgaben, bei den Standesämtern Auskünfte hinsichtlich Ehen und Nachkommen des Erblassers einzuholen. Wenn er von vornherein mit diesen Tätigkeiten einen gegen Provision arbeitenden gewerblichen Erbenermittler beauftragt, statt selbst aktiv zu werden, haftet er dem Erben auf Schadensersatz wegen Verletzung seiner Pflichten (Urteil vom 23.10.2011, Az. 23 O 613/10).
Gegenüber der Lebensversicherung des Verstorbenen hat der Nachlasspfleger einen Anspruch auf Auskunft darüber, wer für die Auszahlung der Lebensversicherung bezugsberechtigt ist. So hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden. Dabei ging es um einen Fall, in dem ein Wohnhaus explodiert war. Dabei waren alle Unterlagen vernichtet worden. Der Nachlasspfleger sollte dann das Erbe sichern und die Erben ermitteln. Allerdings hatte die Versicherungsgesellschaft die Auskunft darüber verweigert, an wen die Lebensversicherung ausgezahlt werden sollte.
Dem Gericht zufolge darf diese Auskunft nur dann verweigert werden, wenn der Nachlass überschuldet ist (Urteil vom 23.11.2018, Az. I-20 U 72/18).
Häufig kann nur durch eine Nachlasspflegschaft oder Nachlassverwaltung sichergestellt werden, dass die Erben eines Verstorbenen den Nachlass auch wirklich bekommen. Die Tätigkeit dieser Personen kann aber auch zu Streit führen. Kommt es zu Auseinandersetzungen über Nachlassverwaltung oder -Pflegschaft, ist eine Beratung durch einen Fachanwalt für Erbrecht zu empfehlen.
Im Rahmen einer Nachlasspflegschaft oder Nachlassverwaltung wird der Nachlass nicht von den Erben verwaltet, sondern durch einen Dritten. Für die Erben kann eine solche Konstruktion verschiedene Vorteile haben.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was ist eine Nachlasspflegschaft? Was ist der Unterschied zu einer Nachlassverwaltung Wann und von wem wird ein Nachlasspfleger bestellt? Was ist die Aufgabe eines Nachlasspflegers? Wem ist der Nachlasspfleger Rechenschaft schuldig? Wer bezahlt den Nachlasspfleger? Urteil: Erbenermittlung Urteil: Auskunftsanspruch gegen Lebensversicherung Praxistipp Was ist eine Nachlasspflegschaft?
Der Begriff "Pflegschaft" bedeutet, dass ein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, der sich um die Angelegenheiten einer Person kümmert, die dies selbst nicht kann. Es gibt mehrere Arten von Pflegschaften. Gemeinsam ist ihnen, dass der Pfleger die Interessen des Betroffenen wahrnehmen muss. Naturgemäß steht bei einer Nachlasspflegschaft die Sicherung des Nachlasses im Vordergrund. Angeordnet wird sie zum Beispiel, wenn die Erben die Erbschaft noch nicht angenommen haben oder man bisher nicht feststellen konnte, wer die Erben überhaupt sind.
Was ist der Unterschied zu einer Nachlassverwaltung
Eine Variante der Nachlasspflegschaft ist die Nachlassverwaltung. Sie wird jedoch in anderen Fällen angewendet. Es kann vorkommen, dass Gläubiger Forderungen an den Nachlass haben. Eine Nachlassverwaltung wird angeordnet, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Befriedigung dieser Nachlassgläubiger aus dem Nachlass infolge von Verhalten oder Finanzlage der Erben gefährdet ist.
Dies kann für den oder die Erben durchaus von Vorteil sein: Seine Haftung für Nachlassverbindlichkeiten beschränkt sich in diesem Fall nämlich auf den eigentlichen Nachlass, also das Erbe. Sein sonstiges Vermögen bleibt außen vor und ist in Sicherheit.
Deshalb wird eine Nachlassverwaltung auch von Erben beantragt, wenn ihr eigenes Vermögen sich nicht eindeutig vom Vermögen des Erblassers trennen lässt und dieser Schulden hatte. Ein Antrag auf Nachlassverwaltung muss innerhalb von zwei Jahren nach Annahme der Erbschaft gestellt werden.
Wann und von wem wird ein Nachlasspfleger bestellt?
Das Nachlassgericht bestellt einen Nachlasspfleger, wenn dafür ein Bedürfnis besteht. Das Nachlassgericht ist eine Abteilung des örtlichen Amtsgerichts. Ein solches Bedürfnis liegt etwa vor, wenn
- die Erben noch nicht bekannt sind,
- Minderjährige geerbt haben,
- die Erben zerstritten sind und deshalb kein Erbschein ausgestellt werden kann oder
- wenn der Nachlass ohne zeitnahe Verwaltungsmaßnahmen in Gefahr wäre.
Auf Antrag kann das Gericht auch einen Nachlasspfleger bestellen, wenn der Antragsteller einen gegen den Nachlass gerichteten Anspruch gerichtlich geltend machen möchte. Oft werden Rechtsanwälte zu Nachlasspflegern bestellt.
Was ist die Aufgabe eines Nachlasspflegers?
Welche Aufgaben der Nachlasspfleger konkret hat, richtet sich nach den Besonderheiten des einzelnen Falles. Festgelegt werden sie im Rahmen seiner Bestellung. Eine seiner Pflichten kann es sein, Erben zu ermitteln, die unbekannt sind oder sich im Ausland aufhalten.
Der Nachlasspfleger hat generell dafür zu sorgen, dass der Nachlass keinen Schaden erleidet. Vorhandene Werte dürfen also nicht verloren gehen. Es kann auch dazugehören, laufende Zahlungen wie etwa Miete zu veranlassen oder unter Umständen auch die Bestattung des Verstorbenen zu organisieren. Teil der Aufgabe kann es sein, den Haushalt des Erblassers aufzulösen. Vielleicht muss auch eine Immobilie aus dem Nachlass verwaltet oder verwertet werden. Hier kann die Erledigung verschiedenster Angelegenheiten aus dem Bereich Hausverwaltung und Umgang mit Mietern dazugehören. Auch muss der Nachlasspfleger eine Erbschaftssteuererklärung erstellen und eine Aufstellung des Vermögens im Nachlass anfertigen.
Wem ist der Nachlasspfleger Rechenschaft schuldig?
Der Nachlasspfleger ist der gesetzliche Vertreter der Erben. Daher haben die Erben ihm gegenüber ein Recht auf Auskunft. Der Nachlasspfleger muss ihnen also auf Wunsch zum Beispiel Dokumente übergeben, die zum Nachlass gehören.
Hebt das Nachlassgericht die Nachlasspflegschaft durch Beschluss auf – beispielsweise, weil die Erben mittlerweile ermittelt worden sind und die Erbschaft angenommen haben – muss der Nachlasspfleger den Erben den Nachlass übergeben. Anschließend hat er über seine Tätigkeit einen Rechenschaftsbericht anzufertigen und muss die Erben um seine „Entlastung“ bitten.
Wer bezahlt den Nachlasspfleger?
Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Der Nachlasspfleger kann mit den Erben eine Vergütung für seine Tätigkeit aushandeln. Oder er kann beim Nachlassgericht einen Antrag auf eine Vergütung stellen. Diese muss dann von den Erben bezahlt werden. Zahlen sie nicht, kann der Pfleger ein Zurückbehaltungsrecht am Nachlass geltend machen - in Höhe seiner Vergütung und so lange, bis er bezahlt worden ist.
Das Oberlandesgericht Celle hat in den letzten Jahren mehrere Urteile zur Vergütung berufsmäßiger Nachlasspfleger gefällt. So hat es entschieden, dass das Nachlassgericht die Vergütungsvorstellungen des Nachlasspflegers nicht einfach ungeprüft übernehmen darf. Die Höhe eines Stundensatzes muss sich am Schwierigkeitsgrad des konkreten Auftrags ausrichten. Bei einer einfachen Nachlasspflegschaft seien 75 Euro pro Stunde zu viel (Beschluss vom 8.2.2018, Az. 6 W 19/18). In einem anderen Fall verlangte das OLG Celle eine minutengenaue Abrechnung der Tätigkeit (Beschluss vom 24.3.2016, Az. 6 W 14/16).
Urteil: Erbenermittlung
Das Landgericht Berlin hat entschieden, dass ein Nachlasspfleger, dem auch die "Ermittlung der Erben" übertragen worden ist, sämtliche erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zu diesem Zweck durchführen muss. Dies muss er in erster Linie selbst tun. Es gehört also auch zu seinen Aufgaben, bei den Standesämtern Auskünfte hinsichtlich Ehen und Nachkommen des Erblassers einzuholen. Wenn er von vornherein mit diesen Tätigkeiten einen gegen Provision arbeitenden gewerblichen Erbenermittler beauftragt, statt selbst aktiv zu werden, haftet er dem Erben auf Schadensersatz wegen Verletzung seiner Pflichten (Urteil vom 23.10.2011, Az. 23 O 613/10).
Urteil: Auskunftsanspruch gegen Lebensversicherung
Gegenüber der Lebensversicherung des Verstorbenen hat der Nachlasspfleger einen Anspruch auf Auskunft darüber, wer für die Auszahlung der Lebensversicherung bezugsberechtigt ist. So hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden. Dabei ging es um einen Fall, in dem ein Wohnhaus explodiert war. Dabei waren alle Unterlagen vernichtet worden. Der Nachlasspfleger sollte dann das Erbe sichern und die Erben ermitteln. Allerdings hatte die Versicherungsgesellschaft die Auskunft darüber verweigert, an wen die Lebensversicherung ausgezahlt werden sollte.
Dem Gericht zufolge darf diese Auskunft nur dann verweigert werden, wenn der Nachlass überschuldet ist (Urteil vom 23.11.2018, Az. I-20 U 72/18).
Praxistipp
Häufig kann nur durch eine Nachlasspflegschaft oder Nachlassverwaltung sichergestellt werden, dass die Erben eines Verstorbenen den Nachlass auch wirklich bekommen. Die Tätigkeit dieser Personen kann aber auch zu Streit führen. Kommt es zu Auseinandersetzungen über Nachlassverwaltung oder -Pflegschaft, ist eine Beratung durch einen Fachanwalt für Erbrecht zu empfehlen.
(Ma)