Welche arbeitsrechtlichen Besonderheiten gelten in Kleinunternehmen?
27.11.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Ein hoher Anteil der Unternehmen in Deutschland sind Kleinbetriebe. So registrierte das Statistische Bundesamt 2022 rund 2,6 Millionen kleine und mittlere Unternehmen, abgekürzt KMU. Die meisten dieser Unternehmen waren Kleinstbetriebe mit nur wenigen Mitarbeitern. Für diese Unternehmen gelten arbeitsrechtliche Besonderheiten. So ist der Kündigungsschutz gegenüber großen Unternehmen eingeschränkt, aber nicht aufgehoben.
Als Kleinbetrieb gilt laut § 23 Kündigungsschutzgesetz ein Betrieb, in dem regelmäßig bis zu zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind.
Aber: Vor dem 1.1.2004 lag dieser Grenzwert bei bis zu fünf Arbeitnehmern. Daher gilt für sogenannte "Alt-Arbeitnehmer", die vor diesem Stichtag eingestellt wurden, immer noch dieser Wert.
Schwieriger wird es, bei einer Belegschaft, die sich aus "alten" und "neuen" Mitarbeitern zusammensetzt. Gibt es insgesamt (unabhängig davon, ob vor oder nach 2004 eingestellt) mehr als zehn Beschäftigte, handelt es sich nicht mehr um einen Kleinbetrieb. Für ab 2004 eingestellte Arbeitnehmer gilt immer die Zehn-Personen-Grenze.
Übrigens: Trifft zum Beispiel in einer Supermarktfiliale der Filialleiter eigenständige Personalentscheidungen, kann diese als eigenständiger Kleinbetrieb gelten.
Azubis werden bei der Berechnung der Mitarbeiterzahl nicht mitgezählt. Laut § 23 KSchG werden Teilzeitbeschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 eingerechnet. Leiharbeitnehmer werden mitgezählt, wenn deren Einsatz auf einem "in der Regel" bestehenden Personalbedarf beruht. Ein gekündigter Arbeitnehmer ist auch dann mitzuzählen, wenn seine Stelle aufgrund unternehmerischer Entscheidungen nicht neu besetzt wird.
Das Kündigungsschutzgesetz erklärt ordentliche Kündigungen für unwirksam, wenn diese sozial ungerechtfertigt sind. Die Kündigung muss daher durch betriebsbedingte Gründe oder das Verhalten des Arbeitnehmers gerechtfertigt sein. Bei einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber innerhalb einer Gruppe von vergleichbaren Arbeitnehmern auswählen, für wen die Kündigung am wenigsten harte Folgen hätte. Diese Regelungen gelten bei Kleinbetrieben nicht. Ebenso gelten die Regelungen über Abfindungen bei betriebsbedingten Kündigungen nicht. Auch die Einschränkungen für eine Änderungskündigung kommen nicht zur Anwendung, sowie die Vorschrift über den Kündigungseinspruch beim Betriebsrat.
Im Einzelnen handelt es sich um die Paragrafen 1 bis 3, 8 bis 12, 13 Abs. 3 und 14 des Kündigungsschutzgesetzes.
Auch in einem Kleinunternehmen muss die Kündigung schriftlich erfolgen. Sie darf nicht an Bedingungen geknüpft sein. Die unterzeichnende Person muss auch dazu berechtigt sein, überhaupt eine Kündigung auszusprechen. Darüber hinaus muss die Kündigung dem Arbeitnehmer ordnungsgemäß zugehen.
Der Arbeitgeber muss grundsätzlich die gesetzlich vorgeschriebenen Kündigungsfristen aus § 622 BGB einhalten. In Grenzen kann davon per Tarifvertrag abgewichen werden. Auch der Arbeitsvertrag kann eine kürzere Kündigungsfrist vorsehen. Diese darf jedoch nicht unter vier Wochen liegen.
Da das Kündigungsschutzgesetz hier nicht gilt, ist eine ordentliche Kündigung mit Kündigungsfrist ohne Angabe von Gründen grundsätzlich zulässig. Allerdings darf sie trotzdem nicht willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen heraus erfolgen (Näheres siehe unten). Bei einer verhaltensbedingten Kündigung muss zuvor keine Abmahnung stattfinden.
Unzulässig ist jedoch eine fristlose Kündigung ohne Begründung. Hier ist immer ein wichtiger Grund erforderlich, den der Arbeitgeber dem Mitarbeiter auf Nachfrage auch schriftlich mitzuteilen hat. Eine fristlose Kündigung kommt im Kleinbetrieb nur im Ausnahmefall in Betracht, etwa bei Diebstahl von Betriebseigentum oder Arbeitsverweigerung. Sie muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der sie begründenden Tatsachen ausgesprochen werden (§ 626 BGB).
Das Bundesverfassungsgericht hat vor Jahren entschieden, dass Kleinunternehmer im Rahmen ihrer Berufsfreiheit aus Art. 12 Grundgesetz besonderen Schutz genießen. In Betrieben mit nur wenigen Arbeitskräften komme es stärker auf den Einzelnen und dessen Leistungsfähigkeit an. Auch seien Kleinunternehmer häufig nicht finanzstark und könnten Schwierigkeiten haben, hohe Abfindungen zu bezahlen. Ihre Betriebe würden durch den Verwaltungsaufwand von Kündigungsschutzprozessen stärker belastet. Aus allen diesen Gründen könne man den Arbeitnehmern in Kleinbetrieben ein größeres Kündigungsrisiko zumuten.
Trotzdem sind Arbeitnehmer in einem Kleinunternehmen nicht schutzlos. Die allgemeinen Vorschriften des Zivilrechts schützen Vertragspartner aller Verträge und damit auch Arbeitnehmer. Kündigungen sind auch im Kleinbetrieb unwirksam, wenn sie
- sittenwidrig sind, also etwa aus Rachsucht oder unter Ausnutzung einer Zwangslage erfolgen (§ 138 BGB),
- gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen (§ 242 BGB).
Der Chef darf also nicht völlig willkürlich oder aus sachfremden Gründen jemandem kündigen. Er darf nicht kündigen, weil er gerade einen Wutanfall hat und auch nicht, weil sich der Mitarbeiter geweigert hat, nach Feierabend das Auto des Chefs zu waschen oder dessen Rasen zu mähen.
Stehen mehrere Arbeitnehmer zur Auswahl, muss der Arbeitgeber auch im Kleinbetrieb eine gewisse soziale Rücksichtnahme zeigen (und nicht demjenigen kündigen, der vier Kinder hat). Auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter und Unterhaltspflichten können zu berücksichtigen sein. Obwohl also die Grundsätze der Sozialauswahl für größere Betriebe hier nicht anwendbar sind, kann eine Kündigung unwirksam sein, wenn direkt ins Auge springt, dass der betreffende Arbeitnehmer sozial schutzbedürftiger ist als Kollegen mit vergleichbarer Tätigkeit (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 6.2.2003, Az. 2 AZR 672/01).
Auch im Kleinbetrieb gilt das Maßregelverbot des § 612a BGB. Das bedeutet: Der Chef darf einem Arbeitnehmer nicht kündigen, weil dieser berechtigte Ansprüche geltend macht (z. B. Urlaub).
Ebenso gilt auch hier das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Die Kündigung darf also nicht diskriminierend sein und aus Gründen wie Herkunft, Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, Religion etc. erfolgen.
Der Sonderkündigungsschutz für Schwangere und junge Mütter nach dem Mutterschutzgesetz gilt auch im Kleinbetrieb. Ebenso gilt der Kündigungsschutz für Arbeitnehmer in Eltern- oder Pflegezeit. Für eine Kündigung von Schwerbehinderten benötigt der Arbeitgeber die Zustimmung des Integrationsamtes. Auszubildenden nach der Probezeit gewährt § 22 Abs. 2 Berufsbildungsgesetz einen besonderen Kündigungsschutz.
Auch in einem Kleinbetrieb kann es einen Betriebsrat geben. Wenn im Unternehmen mindestens fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sind, von denen drei wählbar sind, kann ein einköpfiger Betriebsrat gewählt werden. Für Betriebe mit fünf bis 100 Arbeitnehmern gilt ein vereinfachtes Wahlverfahren (§§ 1 Abs. 1, 14a BetrVG).
Die Möglichkeiten des Betriebsrates sind etwas eingeschränkt, weil Teile des Kündigungsschutzgesetzes nicht gelten. Es bestehen aber grundlegende Mitbestimmungsrechte.
Auch im Kleinbetrieb kann der Betriebsrat einer Kündigung widersprechen, wenn er sie für nicht sozial gerechtfertigt hält, weil zum Beispiel ganz offensichtlich soziale Auswahlkriterien missachtet wurden. Hat der Betriebsrat der Kündigung widersprochen und der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage eingelegt, ist der Arbeitnehmer bis zum Prozessausgang weiterzubeschäftigen (§ 102 BetrVG). Die Regelung über die Kündigungsschutzklage in § 4 Kündigungsschutzgesetz gilt auch im Kleinbetrieb. Die Klagefrist beträgt drei Wochen ab Zugang der Kündigung.
§ 15 Kündigungsschutzgesetz schützt Betriebsratsmitglieder vor ordentlichen Kündigungen. Diese Vorschrift gilt auch im Kleinbetrieb.
In einem Kleinunternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern gelten einige Einschränkungen beim Kündigungsschutz. Arbeitnehmer sind jedoch nicht rechtlos. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann Ihren Fall individuell prüfen und feststellen, ob womöglich eine nicht gerechtfertigte Kündigung vorliegt.
Das Wichtigste in Kürze
1. Definition Kleinbetrieb: Ein Kleinbetrieb ist ein Unternehmen, welches regelmäßig bis zu zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Arbeitnehmer, die vor dem 1. Januar 2004 eingestellt wurden, zählen mit einem Grenzwert von fünf.
2. Berechnung der Mitarbeiterzahl: Nicht berücksichtigt werden Azubis. Teilzeitkräfte zählen anteilig (0,5 bei 20 Stunden, 0,75 bei 30 Stunden).
3. Kündigungsschutz: Das Kündigungsschutzgesetz gilt nicht, d.h. eine ordentliche Kündigung ohne Angabe von Gründen ist möglich, sie darf jedoch nicht willkürlich sein. Sozialauswahl ist nicht vorgeschrieben, sollte aber berücksichtigt werden. Ein besonderer Kündigungsschutz gilt auch im Kleinbetrieb für Schwangere, MitarbeiterInnen im Mutterschutz, in Elternzeit oder Pflegezeit, sowie für Schwerbehinderte.
4. Fazit: Auch in Kleinbetrieben gibt es grundlegende arbeitsrechtliche Schutzmechanismen. Bei Unsicherheiten sollte ein Fachanwalt für Arbeitsrecht konsultiert werden.
1. Definition Kleinbetrieb: Ein Kleinbetrieb ist ein Unternehmen, welches regelmäßig bis zu zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Arbeitnehmer, die vor dem 1. Januar 2004 eingestellt wurden, zählen mit einem Grenzwert von fünf.
2. Berechnung der Mitarbeiterzahl: Nicht berücksichtigt werden Azubis. Teilzeitkräfte zählen anteilig (0,5 bei 20 Stunden, 0,75 bei 30 Stunden).
3. Kündigungsschutz: Das Kündigungsschutzgesetz gilt nicht, d.h. eine ordentliche Kündigung ohne Angabe von Gründen ist möglich, sie darf jedoch nicht willkürlich sein. Sozialauswahl ist nicht vorgeschrieben, sollte aber berücksichtigt werden. Ein besonderer Kündigungsschutz gilt auch im Kleinbetrieb für Schwangere, MitarbeiterInnen im Mutterschutz, in Elternzeit oder Pflegezeit, sowie für Schwerbehinderte.
4. Fazit: Auch in Kleinbetrieben gibt es grundlegende arbeitsrechtliche Schutzmechanismen. Bei Unsicherheiten sollte ein Fachanwalt für Arbeitsrecht konsultiert werden.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Welche Betriebe gelten arbeitsrechtlich als Kleinbetriebe? Wie wird die Mitarbeiterzahl beim Kleinbetrieb berechnet? Welche Regelungen des Kündigungsschutzes gelten in Kleinbetrieben nicht? Welche Formalien müssen bei der Kündigung im Kleinbetrieb eingehalten werden? Welche Kündigungsfrist gilt im Kleinbetrieb? Darf man im Kleinbetrieb ohne Grund gekündigt werden? Warum erleichtert das Gesetz Kündigungen bei Kleinbetrieben? Welchen Kündigungsschutz gibt es im Kleinbetrieb? Was gilt im Kleinbetrieb für die Kündigung von Müttern, Schwerbehinderten, Auszubildenden? Welche Rolle spielt der Betriebsrat im Kleinbetrieb? Praxistipp zum Kleinbetrieb Welche Betriebe gelten arbeitsrechtlich als Kleinbetriebe?
Als Kleinbetrieb gilt laut § 23 Kündigungsschutzgesetz ein Betrieb, in dem regelmäßig bis zu zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind.
Aber: Vor dem 1.1.2004 lag dieser Grenzwert bei bis zu fünf Arbeitnehmern. Daher gilt für sogenannte "Alt-Arbeitnehmer", die vor diesem Stichtag eingestellt wurden, immer noch dieser Wert.
Schwieriger wird es, bei einer Belegschaft, die sich aus "alten" und "neuen" Mitarbeitern zusammensetzt. Gibt es insgesamt (unabhängig davon, ob vor oder nach 2004 eingestellt) mehr als zehn Beschäftigte, handelt es sich nicht mehr um einen Kleinbetrieb. Für ab 2004 eingestellte Arbeitnehmer gilt immer die Zehn-Personen-Grenze.
Übrigens: Trifft zum Beispiel in einer Supermarktfiliale der Filialleiter eigenständige Personalentscheidungen, kann diese als eigenständiger Kleinbetrieb gelten.
Wie wird die Mitarbeiterzahl beim Kleinbetrieb berechnet?
Azubis werden bei der Berechnung der Mitarbeiterzahl nicht mitgezählt. Laut § 23 KSchG werden Teilzeitbeschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 eingerechnet. Leiharbeitnehmer werden mitgezählt, wenn deren Einsatz auf einem "in der Regel" bestehenden Personalbedarf beruht. Ein gekündigter Arbeitnehmer ist auch dann mitzuzählen, wenn seine Stelle aufgrund unternehmerischer Entscheidungen nicht neu besetzt wird.
Welche Regelungen des Kündigungsschutzes gelten in Kleinbetrieben nicht?
Das Kündigungsschutzgesetz erklärt ordentliche Kündigungen für unwirksam, wenn diese sozial ungerechtfertigt sind. Die Kündigung muss daher durch betriebsbedingte Gründe oder das Verhalten des Arbeitnehmers gerechtfertigt sein. Bei einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber innerhalb einer Gruppe von vergleichbaren Arbeitnehmern auswählen, für wen die Kündigung am wenigsten harte Folgen hätte. Diese Regelungen gelten bei Kleinbetrieben nicht. Ebenso gelten die Regelungen über Abfindungen bei betriebsbedingten Kündigungen nicht. Auch die Einschränkungen für eine Änderungskündigung kommen nicht zur Anwendung, sowie die Vorschrift über den Kündigungseinspruch beim Betriebsrat.
Im Einzelnen handelt es sich um die Paragrafen 1 bis 3, 8 bis 12, 13 Abs. 3 und 14 des Kündigungsschutzgesetzes.
Welche Formalien müssen bei der Kündigung im Kleinbetrieb eingehalten werden?
Auch in einem Kleinunternehmen muss die Kündigung schriftlich erfolgen. Sie darf nicht an Bedingungen geknüpft sein. Die unterzeichnende Person muss auch dazu berechtigt sein, überhaupt eine Kündigung auszusprechen. Darüber hinaus muss die Kündigung dem Arbeitnehmer ordnungsgemäß zugehen.
Welche Kündigungsfrist gilt im Kleinbetrieb?
Der Arbeitgeber muss grundsätzlich die gesetzlich vorgeschriebenen Kündigungsfristen aus § 622 BGB einhalten. In Grenzen kann davon per Tarifvertrag abgewichen werden. Auch der Arbeitsvertrag kann eine kürzere Kündigungsfrist vorsehen. Diese darf jedoch nicht unter vier Wochen liegen.
Darf man im Kleinbetrieb ohne Grund gekündigt werden?
Da das Kündigungsschutzgesetz hier nicht gilt, ist eine ordentliche Kündigung mit Kündigungsfrist ohne Angabe von Gründen grundsätzlich zulässig. Allerdings darf sie trotzdem nicht willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen heraus erfolgen (Näheres siehe unten). Bei einer verhaltensbedingten Kündigung muss zuvor keine Abmahnung stattfinden.
Unzulässig ist jedoch eine fristlose Kündigung ohne Begründung. Hier ist immer ein wichtiger Grund erforderlich, den der Arbeitgeber dem Mitarbeiter auf Nachfrage auch schriftlich mitzuteilen hat. Eine fristlose Kündigung kommt im Kleinbetrieb nur im Ausnahmefall in Betracht, etwa bei Diebstahl von Betriebseigentum oder Arbeitsverweigerung. Sie muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der sie begründenden Tatsachen ausgesprochen werden (§ 626 BGB).
Warum erleichtert das Gesetz Kündigungen bei Kleinbetrieben?
Das Bundesverfassungsgericht hat vor Jahren entschieden, dass Kleinunternehmer im Rahmen ihrer Berufsfreiheit aus Art. 12 Grundgesetz besonderen Schutz genießen. In Betrieben mit nur wenigen Arbeitskräften komme es stärker auf den Einzelnen und dessen Leistungsfähigkeit an. Auch seien Kleinunternehmer häufig nicht finanzstark und könnten Schwierigkeiten haben, hohe Abfindungen zu bezahlen. Ihre Betriebe würden durch den Verwaltungsaufwand von Kündigungsschutzprozessen stärker belastet. Aus allen diesen Gründen könne man den Arbeitnehmern in Kleinbetrieben ein größeres Kündigungsrisiko zumuten.
Welchen Kündigungsschutz gibt es im Kleinbetrieb?
Trotzdem sind Arbeitnehmer in einem Kleinunternehmen nicht schutzlos. Die allgemeinen Vorschriften des Zivilrechts schützen Vertragspartner aller Verträge und damit auch Arbeitnehmer. Kündigungen sind auch im Kleinbetrieb unwirksam, wenn sie
- sittenwidrig sind, also etwa aus Rachsucht oder unter Ausnutzung einer Zwangslage erfolgen (§ 138 BGB),
- gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen (§ 242 BGB).
Der Chef darf also nicht völlig willkürlich oder aus sachfremden Gründen jemandem kündigen. Er darf nicht kündigen, weil er gerade einen Wutanfall hat und auch nicht, weil sich der Mitarbeiter geweigert hat, nach Feierabend das Auto des Chefs zu waschen oder dessen Rasen zu mähen.
Stehen mehrere Arbeitnehmer zur Auswahl, muss der Arbeitgeber auch im Kleinbetrieb eine gewisse soziale Rücksichtnahme zeigen (und nicht demjenigen kündigen, der vier Kinder hat). Auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter und Unterhaltspflichten können zu berücksichtigen sein. Obwohl also die Grundsätze der Sozialauswahl für größere Betriebe hier nicht anwendbar sind, kann eine Kündigung unwirksam sein, wenn direkt ins Auge springt, dass der betreffende Arbeitnehmer sozial schutzbedürftiger ist als Kollegen mit vergleichbarer Tätigkeit (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 6.2.2003, Az. 2 AZR 672/01).
Auch im Kleinbetrieb gilt das Maßregelverbot des § 612a BGB. Das bedeutet: Der Chef darf einem Arbeitnehmer nicht kündigen, weil dieser berechtigte Ansprüche geltend macht (z. B. Urlaub).
Ebenso gilt auch hier das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Die Kündigung darf also nicht diskriminierend sein und aus Gründen wie Herkunft, Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, Religion etc. erfolgen.
Was gilt im Kleinbetrieb für die Kündigung von Müttern, Schwerbehinderten, Auszubildenden?
Der Sonderkündigungsschutz für Schwangere und junge Mütter nach dem Mutterschutzgesetz gilt auch im Kleinbetrieb. Ebenso gilt der Kündigungsschutz für Arbeitnehmer in Eltern- oder Pflegezeit. Für eine Kündigung von Schwerbehinderten benötigt der Arbeitgeber die Zustimmung des Integrationsamtes. Auszubildenden nach der Probezeit gewährt § 22 Abs. 2 Berufsbildungsgesetz einen besonderen Kündigungsschutz.
Welche Rolle spielt der Betriebsrat im Kleinbetrieb?
Auch in einem Kleinbetrieb kann es einen Betriebsrat geben. Wenn im Unternehmen mindestens fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sind, von denen drei wählbar sind, kann ein einköpfiger Betriebsrat gewählt werden. Für Betriebe mit fünf bis 100 Arbeitnehmern gilt ein vereinfachtes Wahlverfahren (§§ 1 Abs. 1, 14a BetrVG).
Die Möglichkeiten des Betriebsrates sind etwas eingeschränkt, weil Teile des Kündigungsschutzgesetzes nicht gelten. Es bestehen aber grundlegende Mitbestimmungsrechte.
Auch im Kleinbetrieb kann der Betriebsrat einer Kündigung widersprechen, wenn er sie für nicht sozial gerechtfertigt hält, weil zum Beispiel ganz offensichtlich soziale Auswahlkriterien missachtet wurden. Hat der Betriebsrat der Kündigung widersprochen und der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage eingelegt, ist der Arbeitnehmer bis zum Prozessausgang weiterzubeschäftigen (§ 102 BetrVG). Die Regelung über die Kündigungsschutzklage in § 4 Kündigungsschutzgesetz gilt auch im Kleinbetrieb. Die Klagefrist beträgt drei Wochen ab Zugang der Kündigung.
§ 15 Kündigungsschutzgesetz schützt Betriebsratsmitglieder vor ordentlichen Kündigungen. Diese Vorschrift gilt auch im Kleinbetrieb.
Praxistipp zum Kleinbetrieb
In einem Kleinunternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern gelten einige Einschränkungen beim Kündigungsschutz. Arbeitnehmer sind jedoch nicht rechtlos. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann Ihren Fall individuell prüfen und feststellen, ob womöglich eine nicht gerechtfertigte Kündigung vorliegt.
(Ma)