Welche Rechte haben behinderte Mieter?
14.11.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Eine Behinderung kann jeden treffen – oft sind Krankheiten oder Unfälle die Ursachen. Mancher ist auch von Geburt an nicht in vollem Umfang beweglich. Und auch Senioren haben oft Bewegungseinschränkungen. Häufig hört man in diesem Zusammenhang das Schlagwort "barrierefreies Wohnen". In vielen Fällen ist dieses jedoch nur in der Theorie gewährleistet. Statistiken zufolge sind gerade einmal zwei Prozent der Wohnungen in Deutschland tatsächlich als barrierearm zu betrachten. Dafür sind zum Beispiel breite Durchgänge, fehlende Türschwellen und eine Dusche mit ebenerdigem Zugang nötig. Die Anforderungen an eine behindertengerechte Wohnung können noch sehr viel höher sein. Aber: Mieter mit Behinderungen haben besondere Rechte.
§ 554 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nennt die sogenannten privilegierten Bauvorhaben. Zu diesen gehören bauliche Veränderungen der Mietwohnung, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dienen. Behinderte Mieter haben gegen ihre Vermieter einen Rechtsanspruch auf Zustimmung zu solchen Umbauten. Denn: Normalerweise muss der Vermieter bauliche Veränderungen an seiner Immobilie nicht erlauben. Hier geht es dabei um Maßnahmen, die für eine behindertengerechte Nutzung oder einen ebensolchen Zugang zur Wohnung erforderlich sind. Beispiele sind die Entfernung von Türschwellen oder der Einbau eines behindertengerechten Bads. Die Voraussetzung für diesen Anspruch ist, dass der Mieter ein berechtigtes Interesse an dem Umbau nachweisen kann.
Ein behindertengerechter Umbau kann je nach Einzelfall ganz unterschiedliche Maßnahmen beinhalten. Dazu gehören Umbauten in der Wohnung (zum Beispiel Türverbreiterungen, Entfernung von Türschwellen, behindertengerechtes Badezimmer). Es kann jedoch je nach Fall auch die Zustimmung zu Umbauten außerhalb der Wohnung verlangt werden, etwa einem Treppenlift oder einem Treppengeländer. Manchmal geht es dabei auch um Einrichtungen, die gar keine großen Umbauten erfordern, wie Haltegriffe im Bad oder an Wänden.
Verweigern darf der Vermieter seine Zustimmung zu behindertengerechten Umbauten nur dann, wenn diese für ihn auch unter Berücksichtigung der Interessen des Mieters nicht mehr zumutbar sind. Wie so oft ist hier also eine Interessenabwägung im Spiel. Auf Seiten des Vermieters können zum Beispiel ins Gewicht fallen:
- Umfang und Dauer der notwendigen Baumaßnahmen,
- die Belästigung anderer Mieter durch Baulärm und Schmutz (und damit die Möglichkeit von Mietminderungen),
- die Genehmigungsfähigkeit baulicher Maßnahmen,
- Rückbaumöglichkeiten,
- Haftungsfragen.
Dass der Vermieter seine Erlaubnis für den behindertengerechten Umbau der Mietwohnung geben muss, heißt nicht, dass er auch die Handwerkerrechnung bezahlt. Zahlen muss der Mieter selbst, der ja von den Arbeiten profitiert. Immerhin gibt es Zuschüsse von anderen Stellen; etwa von der Pflegeversicherung. Bei der KfW-Förderbank gibt es außerdem ein Förderprogramm namens "Altersgerecht umbauen", das nicht zurückzahlbare Zuschüsse ermöglicht. Diese können auch Mieter beantragen. Der Antrag ist vor Beginn der Umbauarbeiten zu stellen.
Mieter müssen wissen, dass sie auf Wunsch des Vermieters bei ihrem, Auszug auch den Rückbau der behindertengerechten Umbauten bezahlen müssen. Dies wird jedoch gar nicht immer nötig sein, da sich eine barrierefreie Wohnung durchaus besser vermieten lässt und der Vermieter womöglich gar kein Interesse an einem Rückbau hat. Eine Möglichkeit besteht darin, mit dem Vermieter eine Vereinbarung über eine Kostenteilung zu treffen oder darüber, einen teuren Rückbau zu vermeiden. Dies ist dann jedoch eine Kulanz des Vermieters, auf die kein Anspruch besteht.
Der Vermieter kann seine Zustimmung zu behindertengerechten Umbauten davon abhängig machen, dass ihm der Mieter oder die Mieterin eine zusätzliche angemessene Sicherheit, also eine Kaution, stellt. Diese soll den Rückbau der Umbauten ermöglichen, wenn der betreffende Mieter einmal auszieht. Diese zusätzliche Kaution unterliegt den gleichen Regeln wie eine normale Mietkaution. Der Vermieter muss sie also insolvenzsicher getrennt von seinem übrigen Vermögen anlegen. Die Höhe der zusätzlichen Kaution hängt von den zu erwartenden Kosten für den Rückbau ab. Zu bezahlen ist sie vor Beginn der Umbauten.
Mieter und Vermieter müssen miteinander vereinbaren, wie genau die zusätzliche Mietsicherheit für den Rückbau zu leisten ist. In Betracht kommen Bargeld, eine Bürgschaft von Privatleuten oder einer Bank, ein verpfändetes Sparbuch oder auch eine Verpflichtungserklärung des Sozialamtes.
Der Rückbau von Treppenliften ist meist besonders teuer. Daher bieten einige Treppenlift-Hersteller an, den überwiegenden Teil der Rückbaukosten zu übernehmen. Dann müssen die betroffenen Mieter nur noch einen kleinen Anteil von mehreren hundert Euro selbst bezahlen. Vermieter sind allerdings nicht dazu verpflichtet, sich auf eine solche Konstruktion einzulassen. Denn: Geht das Unternehmen nach dem Umbau in die Insolvenz, bleibt der Vermieter auf den Rückbaukosten sitzen. Daher hat z. B. das Amtsgericht Pankow entschieden, dass ein Vermieter sich auf eine solche Vereinbarung nicht einlassen muss (Urteil vom 11.10.2012, Az. 3 C 181/12).
Nein. Gemäß § 554 Abs. 2 BGB sind mietvertragliche Vereinbarungen schlicht unwirksam, mit denen die oben beschriebene Regelung zum Nachteil des Mieters abgeändert wird.
Liegt bei Mieterin oder Mieter eine anerkannte Schwerbehinderung vor, ist der Fall klar: Ein berechtigtes Interesse an behindertengerechten Umbaumaßnahmen der Wohnung besteht. Aber: Das Recht auf Zustimmung des Vermieters aus § 554 BGB beschränkt sich nicht allein auf Schwerbehinderte im engeren Sinne des Sozialrechts. Die Vorschrift gilt für alle Mieter, deren Bewegungsfähigkeit infolge einer Behinderung auf Dauer erheblich eingeschränkt ist. Dies schließt die typischen altersbedingten Einschränkungen von Senioren ein. Dabei ist völlig belanglos, wann die Behinderung zum ersten Mal aufgetreten ist oder wer sie verschuldet hat.
Das Amtsgericht München befasste sich mit dem Fall einer Mieterin, die mit ihrem behinderten Sohn zusammen wohnte. Dieser saß im Rollstuhl, war körperlich sehr geschwächt und tagsüber allein in der Wohnung. Er hatte bisher die Rollläden der Wohnung mit dem herkömmlichen Gurtsystem selbst bedienen können. Nun baute die Vermieterin bei einer Instandhaltungsmaßnahme jedoch neue Rollläden ein – mit Kurbel. Dafür reichte seine Kraft nicht aus. Seine Mutter verlangte von der Vermieterin den Einbau behindertengerechter Rollläden auf Vermieter-Kosten.
Das Gericht wies ihre Klage ab. Im Mietvertrag existiere keine Regelung, die einen solchen Anspruch begründen würde. Es liege kein Mangel der Mietwohnung vor, da die Rollläden mit Kurbel einwandfrei funktionieren würden. Erforderliche Instandhaltungsmaßnahmen hätten Mieter zu dulden.
Das Gericht wies jedoch die Mieterin ausdrücklich darauf hin, dass sie von der Vermieterin nach § 554 BGB die Zustimmung zum Einbau behindertengerechter Rollläden verlangen könne – allerdings dann auf eigene Kosten (Urteil vom 16.4.2013, Az. 433 C 2726/13).
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), auch Antidiskriminierungsgesetz genannt, untersagt die Ungleichbehandlung unter anderem auch wegen einer Behinderung in verschiedenen Vertragsverhältnissen. Dies gilt auch für Mietverträge. Das Landgericht Berlin II verhandelte den Fall eines Mieters, der auf einen Rollstuhl angewiesen war. Der Mann konnte seine Wohnung nicht ohne fremde Hilfe betreten oder verlassen. Um dem abzuhelfen, bat er die Vermieterin, eine Wohnungsbaugesellschaft, um Zustimmung zum Einbau einer Rollstuhlrampe. Diese weigerte sich. Erst auf seine Klage hin wurde die Wohnungsbaugesellschaft nach § 554 BGB dazu verurteilt, ihre Zustimmung zu erteilen.
Anschließend verklagte der Mieter jedoch die Vermieterin in einem zweiten Verfahren auf Schadensersatz nach dem AGG, da sie ihm zwei Jahre lang unzulässigerweise die Zustimmung verweigert habe.
Das Berliner Landgericht gab seiner Klage statt. Der Mietvertrag mit einer Wohnungsgesellschaft, die über 50 Wohnungen verwalte, sei ein sogenanntes Massengeschäft. Dabei dürfe nach § 19 AGG keine Ungleichbehandlung wegen einer Behinderung stattfinden. Überzeugende Gründe gegen den Bau der Rampe seien nicht ersichtlich. Die Wohnungsgesellschaft musste dem Mieter 11.000 Euro Schadensersatz leisten (Urteil vom 30.9.2024, Az. 66 S 24/24).
Auch im Verhältnis zwischen Wohnungseigentümern und ihrer Eigentümergemeinschaft besteht ein Rechtsanspruch auf Zustimmung zu den privilegierten Baumaßnahmen einschließlich der behindertengerechten Umbauten. Die Rechtsgrundlage dafür ist § 20 Abs. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG).
Die Eigentümerversammlung kann die Zustimmung also nicht mehr verweigern. Sie kann nur noch über die Durchführung, also das "wie", entscheiden, aber nicht mehr über das "ob". Die Kosten für den Umbau trägt auch hier der einzelne Wohnungseigentümer.
Es gibt jedoch eine Einschränkung: Bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unverhältnismäßig benachteiligen, dürfen weder beschlossen noch gestattet werden. Sie können auch nicht verlangt werden.
Auch gegen die Stadt oder Gemeinde können behinderte Mieter Ansprüche haben. Dies geht aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen hervor. In diesem Fall ging es um einen 77-jährigen Schwerbehinderten mit außergewöhnlicher Gehbehinderung. Der Mann hatte keine Möglichkeit, sein Auto in der Nähe seiner Wohnung zu parken. Er beantragte bei der Stadt, ihm einen für ihn persönlich reservierten Behindertenparkplatz vor dem Haus einzurichten. Diese lehnte ab und verwies ihn darauf, trotz Parkverbot vor der Einfahrt seines Mehrfamilienhauses zu parken. Der Verstoß werde dann nicht verfolgt.
Das Verwaltungsgericht sah dies nicht als ausreichend an. Das laut StVO vor Einfahrten geltende Parkverbot gelte auch für den Kläger. Der Gehweg sei dort abgesenkt. Dies diene auch dazu, gehbehinderten Personen das Überqueren der Straße zu ermöglichen. Der Kläger müsse sich nicht darauf verweisen lassen, dass die Stadt die von ihm begangene Ordnungswidrigkeit nicht verfolgen werde - er habe Anspruch auf einen rechtssicheren Behindertenparkplatz.
Die Rechtsgrundlage für einen solchen Anspruch ist § 45 Abs. 1 b) Nr. 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO). Demnach kann einem Anwohner in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung ein personenbezogener Behindertenparkplatz mit Ausschilderung seiner Behinderten-Ausweisnummer zugewiesen werden. Voraussetzung dafür ist, dass in dem Bereich nicht ausreichend freie Parkplätze auf der öffentlichen Straße vorhanden sind und dass der Betroffene keine andere Möglichkeit zum Abstellen des Autos auf seinem Wohngrundstück hat (Urteil vom 5.11.2024, Az. 14 K 1401/24).
Mieter mit einer Behinderung können von ihrem Vermieter die Zustimmung zu behindertengerechten Umbauten der Wohnung verlangen. Allerdings müssen sie die Arbeiten selbst bezahlen. Wenn der Vermieter seine Zustimmung verweigert, kann ein Fachanwalt für Mietrecht prüfen, ob dies zu Recht geschieht. Unter Umständen besteht bei längerer Weigerung sogar ein Schadensersatzanspruch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz.
Das Wichtigste in Kürze
1. privilegierte Bauvorhaben: Mieter, die in ihrer Bewegungsfähigkeit infolge einer Behinderung auf Dauer erheblich eingeschränkt sind, haben einen Anspruch auf Umbauten, die für eine behindertengerechte Nutzung und Zugang zur Wohnung erforderlich sind.
2. Verweigerung: Der Vermieter kann seine Zustimmung zu behindertengerechten Umbauten verweigern, wenn diese für ihn auch unter Berücksichtigung der Interessen des Mieters nicht zumutbar sind, z.B. wegen der Dauer der Umbauarbeiten, oder der dadurch entstehenden Belästigung der übrigen Mieter.
3. Kosten für Um- und Rückbau: Die Kosten für den behindertengerechten Umbau und bei Auszug ggf. auch für den Rückbau, muss der Mieter tragen. Es besteht aber die Möglichkeit, staatliche Zuschüsse zu beantragen.
1. privilegierte Bauvorhaben: Mieter, die in ihrer Bewegungsfähigkeit infolge einer Behinderung auf Dauer erheblich eingeschränkt sind, haben einen Anspruch auf Umbauten, die für eine behindertengerechte Nutzung und Zugang zur Wohnung erforderlich sind.
2. Verweigerung: Der Vermieter kann seine Zustimmung zu behindertengerechten Umbauten verweigern, wenn diese für ihn auch unter Berücksichtigung der Interessen des Mieters nicht zumutbar sind, z.B. wegen der Dauer der Umbauarbeiten, oder der dadurch entstehenden Belästigung der übrigen Mieter.
3. Kosten für Um- und Rückbau: Die Kosten für den behindertengerechten Umbau und bei Auszug ggf. auch für den Rückbau, muss der Mieter tragen. Es besteht aber die Möglichkeit, staatliche Zuschüsse zu beantragen.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Welche Sonderrechte haben behinderte Mieter? Welche behindertengerechten Umbauten können Mieter verlangen? Wann darf der Vermieter behindertengerechte Umbauten verweigern? Wer bezahlt den behindertengerechten Umbau einer Mietwohnung? Kann der Vermieter eine zusätzliche Kaution für den Rückbau verlangen? Kann das Recht des Mieters auf behindertengerechte Umbauten im Mietvertrag ausgeschlossen werden? Welche Mieter können die Zustimmung zu behindertengerechten Umbauten verlangen? Urteil: Kein Anspruch auf behindertengerechte Rollläden? Keine Rollstuhlrampe: Schadensersatz nach Antidiskriminierungsgesetz? Haben auch Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Zustimmung zu behindertengerechten Umbauten? Urteil: Stadt muss behindertem Anwohner Behindertenparkplatz einrichten Praxistipp zu den Rechten behinderter Mieter Welche Sonderrechte haben behinderte Mieter?
§ 554 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nennt die sogenannten privilegierten Bauvorhaben. Zu diesen gehören bauliche Veränderungen der Mietwohnung, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dienen. Behinderte Mieter haben gegen ihre Vermieter einen Rechtsanspruch auf Zustimmung zu solchen Umbauten. Denn: Normalerweise muss der Vermieter bauliche Veränderungen an seiner Immobilie nicht erlauben. Hier geht es dabei um Maßnahmen, die für eine behindertengerechte Nutzung oder einen ebensolchen Zugang zur Wohnung erforderlich sind. Beispiele sind die Entfernung von Türschwellen oder der Einbau eines behindertengerechten Bads. Die Voraussetzung für diesen Anspruch ist, dass der Mieter ein berechtigtes Interesse an dem Umbau nachweisen kann.
Welche behindertengerechten Umbauten können Mieter verlangen?
Ein behindertengerechter Umbau kann je nach Einzelfall ganz unterschiedliche Maßnahmen beinhalten. Dazu gehören Umbauten in der Wohnung (zum Beispiel Türverbreiterungen, Entfernung von Türschwellen, behindertengerechtes Badezimmer). Es kann jedoch je nach Fall auch die Zustimmung zu Umbauten außerhalb der Wohnung verlangt werden, etwa einem Treppenlift oder einem Treppengeländer. Manchmal geht es dabei auch um Einrichtungen, die gar keine großen Umbauten erfordern, wie Haltegriffe im Bad oder an Wänden.
Wann darf der Vermieter behindertengerechte Umbauten verweigern?
Verweigern darf der Vermieter seine Zustimmung zu behindertengerechten Umbauten nur dann, wenn diese für ihn auch unter Berücksichtigung der Interessen des Mieters nicht mehr zumutbar sind. Wie so oft ist hier also eine Interessenabwägung im Spiel. Auf Seiten des Vermieters können zum Beispiel ins Gewicht fallen:
- Umfang und Dauer der notwendigen Baumaßnahmen,
- die Belästigung anderer Mieter durch Baulärm und Schmutz (und damit die Möglichkeit von Mietminderungen),
- die Genehmigungsfähigkeit baulicher Maßnahmen,
- Rückbaumöglichkeiten,
- Haftungsfragen.
Wer bezahlt den behindertengerechten Umbau einer Mietwohnung?
Dass der Vermieter seine Erlaubnis für den behindertengerechten Umbau der Mietwohnung geben muss, heißt nicht, dass er auch die Handwerkerrechnung bezahlt. Zahlen muss der Mieter selbst, der ja von den Arbeiten profitiert. Immerhin gibt es Zuschüsse von anderen Stellen; etwa von der Pflegeversicherung. Bei der KfW-Förderbank gibt es außerdem ein Förderprogramm namens "Altersgerecht umbauen", das nicht zurückzahlbare Zuschüsse ermöglicht. Diese können auch Mieter beantragen. Der Antrag ist vor Beginn der Umbauarbeiten zu stellen.
Mieter müssen wissen, dass sie auf Wunsch des Vermieters bei ihrem, Auszug auch den Rückbau der behindertengerechten Umbauten bezahlen müssen. Dies wird jedoch gar nicht immer nötig sein, da sich eine barrierefreie Wohnung durchaus besser vermieten lässt und der Vermieter womöglich gar kein Interesse an einem Rückbau hat. Eine Möglichkeit besteht darin, mit dem Vermieter eine Vereinbarung über eine Kostenteilung zu treffen oder darüber, einen teuren Rückbau zu vermeiden. Dies ist dann jedoch eine Kulanz des Vermieters, auf die kein Anspruch besteht.
Kann der Vermieter eine zusätzliche Kaution für den Rückbau verlangen?
Der Vermieter kann seine Zustimmung zu behindertengerechten Umbauten davon abhängig machen, dass ihm der Mieter oder die Mieterin eine zusätzliche angemessene Sicherheit, also eine Kaution, stellt. Diese soll den Rückbau der Umbauten ermöglichen, wenn der betreffende Mieter einmal auszieht. Diese zusätzliche Kaution unterliegt den gleichen Regeln wie eine normale Mietkaution. Der Vermieter muss sie also insolvenzsicher getrennt von seinem übrigen Vermögen anlegen. Die Höhe der zusätzlichen Kaution hängt von den zu erwartenden Kosten für den Rückbau ab. Zu bezahlen ist sie vor Beginn der Umbauten.
Mieter und Vermieter müssen miteinander vereinbaren, wie genau die zusätzliche Mietsicherheit für den Rückbau zu leisten ist. In Betracht kommen Bargeld, eine Bürgschaft von Privatleuten oder einer Bank, ein verpfändetes Sparbuch oder auch eine Verpflichtungserklärung des Sozialamtes.
Der Rückbau von Treppenliften ist meist besonders teuer. Daher bieten einige Treppenlift-Hersteller an, den überwiegenden Teil der Rückbaukosten zu übernehmen. Dann müssen die betroffenen Mieter nur noch einen kleinen Anteil von mehreren hundert Euro selbst bezahlen. Vermieter sind allerdings nicht dazu verpflichtet, sich auf eine solche Konstruktion einzulassen. Denn: Geht das Unternehmen nach dem Umbau in die Insolvenz, bleibt der Vermieter auf den Rückbaukosten sitzen. Daher hat z. B. das Amtsgericht Pankow entschieden, dass ein Vermieter sich auf eine solche Vereinbarung nicht einlassen muss (Urteil vom 11.10.2012, Az. 3 C 181/12).
Kann das Recht des Mieters auf behindertengerechte Umbauten im Mietvertrag ausgeschlossen werden?
Nein. Gemäß § 554 Abs. 2 BGB sind mietvertragliche Vereinbarungen schlicht unwirksam, mit denen die oben beschriebene Regelung zum Nachteil des Mieters abgeändert wird.
Welche Mieter können die Zustimmung zu behindertengerechten Umbauten verlangen?
Liegt bei Mieterin oder Mieter eine anerkannte Schwerbehinderung vor, ist der Fall klar: Ein berechtigtes Interesse an behindertengerechten Umbaumaßnahmen der Wohnung besteht. Aber: Das Recht auf Zustimmung des Vermieters aus § 554 BGB beschränkt sich nicht allein auf Schwerbehinderte im engeren Sinne des Sozialrechts. Die Vorschrift gilt für alle Mieter, deren Bewegungsfähigkeit infolge einer Behinderung auf Dauer erheblich eingeschränkt ist. Dies schließt die typischen altersbedingten Einschränkungen von Senioren ein. Dabei ist völlig belanglos, wann die Behinderung zum ersten Mal aufgetreten ist oder wer sie verschuldet hat.
Urteil: Kein Anspruch auf behindertengerechte Rollläden?
Das Amtsgericht München befasste sich mit dem Fall einer Mieterin, die mit ihrem behinderten Sohn zusammen wohnte. Dieser saß im Rollstuhl, war körperlich sehr geschwächt und tagsüber allein in der Wohnung. Er hatte bisher die Rollläden der Wohnung mit dem herkömmlichen Gurtsystem selbst bedienen können. Nun baute die Vermieterin bei einer Instandhaltungsmaßnahme jedoch neue Rollläden ein – mit Kurbel. Dafür reichte seine Kraft nicht aus. Seine Mutter verlangte von der Vermieterin den Einbau behindertengerechter Rollläden auf Vermieter-Kosten.
Das Gericht wies ihre Klage ab. Im Mietvertrag existiere keine Regelung, die einen solchen Anspruch begründen würde. Es liege kein Mangel der Mietwohnung vor, da die Rollläden mit Kurbel einwandfrei funktionieren würden. Erforderliche Instandhaltungsmaßnahmen hätten Mieter zu dulden.
Das Gericht wies jedoch die Mieterin ausdrücklich darauf hin, dass sie von der Vermieterin nach § 554 BGB die Zustimmung zum Einbau behindertengerechter Rollläden verlangen könne – allerdings dann auf eigene Kosten (Urteil vom 16.4.2013, Az. 433 C 2726/13).
Keine Rollstuhlrampe: Schadensersatz nach Antidiskriminierungsgesetz?
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), auch Antidiskriminierungsgesetz genannt, untersagt die Ungleichbehandlung unter anderem auch wegen einer Behinderung in verschiedenen Vertragsverhältnissen. Dies gilt auch für Mietverträge. Das Landgericht Berlin II verhandelte den Fall eines Mieters, der auf einen Rollstuhl angewiesen war. Der Mann konnte seine Wohnung nicht ohne fremde Hilfe betreten oder verlassen. Um dem abzuhelfen, bat er die Vermieterin, eine Wohnungsbaugesellschaft, um Zustimmung zum Einbau einer Rollstuhlrampe. Diese weigerte sich. Erst auf seine Klage hin wurde die Wohnungsbaugesellschaft nach § 554 BGB dazu verurteilt, ihre Zustimmung zu erteilen.
Anschließend verklagte der Mieter jedoch die Vermieterin in einem zweiten Verfahren auf Schadensersatz nach dem AGG, da sie ihm zwei Jahre lang unzulässigerweise die Zustimmung verweigert habe.
Das Berliner Landgericht gab seiner Klage statt. Der Mietvertrag mit einer Wohnungsgesellschaft, die über 50 Wohnungen verwalte, sei ein sogenanntes Massengeschäft. Dabei dürfe nach § 19 AGG keine Ungleichbehandlung wegen einer Behinderung stattfinden. Überzeugende Gründe gegen den Bau der Rampe seien nicht ersichtlich. Die Wohnungsgesellschaft musste dem Mieter 11.000 Euro Schadensersatz leisten (Urteil vom 30.9.2024, Az. 66 S 24/24).
Haben auch Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Zustimmung zu behindertengerechten Umbauten?
Auch im Verhältnis zwischen Wohnungseigentümern und ihrer Eigentümergemeinschaft besteht ein Rechtsanspruch auf Zustimmung zu den privilegierten Baumaßnahmen einschließlich der behindertengerechten Umbauten. Die Rechtsgrundlage dafür ist § 20 Abs. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG).
Die Eigentümerversammlung kann die Zustimmung also nicht mehr verweigern. Sie kann nur noch über die Durchführung, also das "wie", entscheiden, aber nicht mehr über das "ob". Die Kosten für den Umbau trägt auch hier der einzelne Wohnungseigentümer.
Es gibt jedoch eine Einschränkung: Bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unverhältnismäßig benachteiligen, dürfen weder beschlossen noch gestattet werden. Sie können auch nicht verlangt werden.
Urteil: Stadt muss behindertem Anwohner Behindertenparkplatz einrichten
Auch gegen die Stadt oder Gemeinde können behinderte Mieter Ansprüche haben. Dies geht aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen hervor. In diesem Fall ging es um einen 77-jährigen Schwerbehinderten mit außergewöhnlicher Gehbehinderung. Der Mann hatte keine Möglichkeit, sein Auto in der Nähe seiner Wohnung zu parken. Er beantragte bei der Stadt, ihm einen für ihn persönlich reservierten Behindertenparkplatz vor dem Haus einzurichten. Diese lehnte ab und verwies ihn darauf, trotz Parkverbot vor der Einfahrt seines Mehrfamilienhauses zu parken. Der Verstoß werde dann nicht verfolgt.
Das Verwaltungsgericht sah dies nicht als ausreichend an. Das laut StVO vor Einfahrten geltende Parkverbot gelte auch für den Kläger. Der Gehweg sei dort abgesenkt. Dies diene auch dazu, gehbehinderten Personen das Überqueren der Straße zu ermöglichen. Der Kläger müsse sich nicht darauf verweisen lassen, dass die Stadt die von ihm begangene Ordnungswidrigkeit nicht verfolgen werde - er habe Anspruch auf einen rechtssicheren Behindertenparkplatz.
Die Rechtsgrundlage für einen solchen Anspruch ist § 45 Abs. 1 b) Nr. 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO). Demnach kann einem Anwohner in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung ein personenbezogener Behindertenparkplatz mit Ausschilderung seiner Behinderten-Ausweisnummer zugewiesen werden. Voraussetzung dafür ist, dass in dem Bereich nicht ausreichend freie Parkplätze auf der öffentlichen Straße vorhanden sind und dass der Betroffene keine andere Möglichkeit zum Abstellen des Autos auf seinem Wohngrundstück hat (Urteil vom 5.11.2024, Az. 14 K 1401/24).
Praxistipp zu den Rechten behinderter Mieter
Mieter mit einer Behinderung können von ihrem Vermieter die Zustimmung zu behindertengerechten Umbauten der Wohnung verlangen. Allerdings müssen sie die Arbeiten selbst bezahlen. Wenn der Vermieter seine Zustimmung verweigert, kann ein Fachanwalt für Mietrecht prüfen, ob dies zu Recht geschieht. Unter Umständen besteht bei längerer Weigerung sogar ein Schadensersatzanspruch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz.
(Ma)