Wenn es dem Richter reicht: Ordnungsgeld und Ordnungshaft
16.08.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Zweck der sogenannten Ordnungsmittel ist es, die Ordnung im Gerichtsverfahren und im Gerichtssaal aufrechtzuerhalten. In Gerichtsserien im Fernsehen mag zwar der Eindruck entstehen, dass herumschreiende Parteien und dazwischenredende Zuschauer im Gerichtssaal an der Tagesordnung sind. In der Realität ist jedoch keine sinnvolle Wahrheitsfindung mehr möglich, wenn Prozessbeteiligte und Publikum die Veranstaltung in ein Theaterstück nach eigener Regie verwandeln. Genau dies kann der Richter durch sogenannte Ordnungsmittel unterbinden. Zu diesen existieren Vorschriften im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Unter anderem gehören zu den Ordnungsmitteln das Entfernen von Personen aus dem Sitzungssaal, das Ordnungsgeld und die Ordnungshaft.
Nach § 177 und 178 GVG kann das Gericht Ordnungsmittel zunächst einmal gegen die Prozessbeteiligten verhängen: Also gegen die Parteien (Kläger und Beklagte), gegen Beschuldigte, Zeugen und Sachverständige.
Bei einer Gerichtsverhandlung können aber auch Ordnungsmittel gegen unbeteiligte Personen verhängt werden - also gegen die Zuschauer im Gerichtssaal. Dies passiert, wenn sie ein ungebührliches Verhalten an den Tag legen und die Verhandlung stören.
Gegen Rechtsanwälte werden in der Regel keine Ordnungsmittel verhängt. Betonung auf „in der Regel“. Manchmal kommt es trotzdem vor, dass ein Rechtsanwalt in einem extremen Fall aus der Verhandlung entfernt wird, weil er diese stört (vgl. Rechtsprechungsübersicht im Urteil des OLG Hamm, Az. 2 Ws 122/03, welches die Entfernung eines Anwalts aus der Hauptverhandlung und die Verhängung von Ordnungshaft im konkreten Fall als unzulässig betrachtete).
Keine Ordnungsmittel drohen Richtern, Schöffen, Beisitzern und Vertretern der Staatsanwaltschaft.
Muss der Richter zur Aufrechterhaltung der Ordnung Anordnungen treffen und stören bestimmte Personen dann immer noch die Verhandlung, kann er diese aus dem Sitzungssaal entfernen lassen. Beispielsweise kann dies der Fall sein, wenn jemand dauernd dazwischenredet, durch Zwischenrufe stört oder während der Verhandlung telefoniert. Der Richter wird in aller Regel keine Einmischungen des Publikums in die Verhandlung dulden. Ordnungsmittel können jedoch auch verhängt werden, wenn ein Prozessbeteiligter den anderen trotz Ermahnung nicht ausreden lässt. Das Entfernen von Personen aus dem Saal oder die Ordnungshaft werden durch einen Justizwachtmeister umgesetzt. Diese Beamten dürfen unmittelbaren Zwang ausüben. Sie dürfen also auch jemanden in eine Zelle im Gerichtsgebäude befördern.
Das Gericht kann gegen Prozessbeteiligte und Zuschauer ein Ordnungsgeld von bis zu 1.000 Euro festsetzen. Die Voraussetzung dafür ist, dass diese Personen sich in der Verhandlung einer "Ungebühr" schuldig machen. Darunter fallen etwa Beleidigungen gegenüber anderen Verfahrensbeteiligten, irgendwelche Aktionen unter Einfluss von Alkohol oder Zwischenrufe während der Verhandlung.
Wenn sie das Ordnungsgeld nicht zahlen können, müssen die Betreffenden stattdessen mit Ordnungshaft rechnen. Wenn die betreffende Person wegen der gleichen Handlung später auch noch nach dem Strafrecht verurteilt wird, ist eine Geldstrafe möglich. Das Ordnungsgeld wird dann jedoch auf diese angerechnet.
Ordnungshaft droht einerseits Personen, die ihr Ordnungsgeld nicht bezahlen wollen oder können. Die Ordnungsgeld-Anordnung enthält auch die Dauer der ersatzweisen Ordnungshaft. Die Maximaldauer beträgt eine Woche.
Andererseits hat der Richter durchaus auch die Möglichkeit, von Anfang an Ordnungshaft zu verhängen, wenn eine Person penetrant die Verhandlung stört (§ 177 GVG). Dann darf die Ordnungshaft höchstens 24 Stunden dauern.
Eine Ladung zu einer Gerichtsverhandlung ist keine unverbindliche Einladung, der man nachkommen kann oder auch nicht. Wird jemand als Zeuge in einem Strafverfahren ordnungsgemäß geladen und erscheint dann ohne ausreichende Entschuldigung nicht zur Verhandlung, kann das Gericht ein Ordnungsgeld oder ersatzweise Ordnungshaft verhängen. Für letztere wird auch der Begriff "Beugehaft" verwendet.
Zu einer solchen Haftanordnung kann es auch kommen, wenn ein Zeuge sich weigert, auszusagen, obwohl er dazu nicht berechtigt ist. Ihm können dann auch Verfahrenskosten auferlegt werden, die zum Beispiel anfallen, weil das Gericht wegen seines Verhaltens eine neue Verhandlung ansetzen muss. Verweigert ein Zeuge standhaft eine Aussage, ohne dazu berechtigt zu sein, kann gegen ihn nach § 70 der Strafprozessordnung (StPO) eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten verhängt werden mit dem Ziel, ihn zur Aussage zu bewegen. Wird zwischenzeitlich das Verfahren in dieser Instanz beendet, ist der Betreffende allerdings freizulassen.
Auch im Zivilrecht gibt es die Ordnungshaft. Bleibt ein Zeuge unentschuldigt der Verhandlung fern, kann das Gericht gegen ihn Ordnungsgeld oder, wenn dieses nicht eintreibbar ist, Ordnungshaft anordnen (§ 380 Zivilprozessordnung). Dies ist auch mehrmals möglich. Zur Verhandlung kann ein Zeuge auch zwangsweise vorgeführt werden.
Wenn ein Zeuge im Zivilverfahren ohne Grund die Aussage oder die Leistung eines Eides verweigert, wird das Gericht ihm die durch seine Weigerung verursachten Verfahrenskosten auferlegen. Auch kann es ein Ordnungsgeld verhängen, dass sich, wenn es nicht eingetrieben werden kann, in eine Ordnungshaft verwandelt.
Bei wiederholter Weigerung ist die Verhängung einer Beugehaft zur Erzwingung der Aussage möglich. Diese Haft darf jedoch nicht über die Dauer des Prozesses in dieser Instanz hinaus andauern (§ 390 Zivilprozessordnung). Gegen solche Beschlüsse des Gerichts steht Betroffenen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde offen.
Es reicht nicht aus, dem Gericht eine Nachricht zu schicken, dass man verhindert ist. Zeugen haben ihre Verhinderungsgründe nachzuweisen und Erkrankungen müssen von einem Arzt attestiert werden. Wer als Zeuge geladen ist, sollte daher einer Verhandlung keinesfalls fernbleiben, ohne in irgendeiner Form eine Rückmeldung vom Gericht zu haben, dass seine Entschuldigung angekommen ist und akzeptiert wurde.
Das Gericht ist verpflichtet, den Betroffenen anzuhören, bevor es Ordnungsmittel wegen ungebührlichen Verhaltens in der Verhandlung anordnet. Der oder die Betreffende hat dabei Gelegenheit, sein Verhalten zu begründen und sich zu entschuldigen. Die Anhörung ist nur verzichtbar, wenn der Betreffende sie verweigert oder es um ein so krasses Fehlverhalten geht, dass weitere Diskussionen dem Gericht nicht zuzumuten sind. Beispiel: Zeigt ein Ehemann seiner Ehefrau im Scheidungsprozess den "Stinkefinger", reicht dies nicht aus, um ohne Anhörung ein Ordnungsmittel zu verhängen. So hat zumindest das Oberlandesgericht Koblenz entschieden (Az. 4 W 365/07).
Vor Gericht ist ein angemessenes Verhalten unbedingt anzuraten. Dazwischenrufen und Herumpöbeln können sehr schnell teure Folgen haben. Auch die Ladung zu einem Gerichtstermin muss man ernst nehmen. Betroffene können jedoch gegen Ordnungsmittel Rechtsmittel einlegen. Dabei hilft ihnen je nach Verfahrensart und Rechtsgebiet beispielsweise ein im Zivilrecht oder im Strafrecht versierter Rechtsanwalt.
Mit harten Konsequenzen muss rechnen, wer sich vor Gericht nicht benehmen kann oder auf eine Ladung hin einfach nicht zur Verhandlung erscheint. Denn: Richter können sogenannte Ordnungsmittel verhängen.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Gegen wen können Ordnungsmittel verhängt werden? Wer wird aus dem Saal entfernt? Wann verhängt das Gericht Ordnungsgeld? Wann verhängt das Gericht Ordnungshaft? Was ist unter Beugehaft zu verstehen? Wann wird von einem Zivilgericht Ordnungshaft verhängt? Wann ist man entschuldigt? Was kommt vor den Ordnungsmitteln? Praxistipp Gegen wen können Ordnungsmittel verhängt werden?
Nach § 177 und 178 GVG kann das Gericht Ordnungsmittel zunächst einmal gegen die Prozessbeteiligten verhängen: Also gegen die Parteien (Kläger und Beklagte), gegen Beschuldigte, Zeugen und Sachverständige.
Bei einer Gerichtsverhandlung können aber auch Ordnungsmittel gegen unbeteiligte Personen verhängt werden - also gegen die Zuschauer im Gerichtssaal. Dies passiert, wenn sie ein ungebührliches Verhalten an den Tag legen und die Verhandlung stören.
Gegen Rechtsanwälte werden in der Regel keine Ordnungsmittel verhängt. Betonung auf „in der Regel“. Manchmal kommt es trotzdem vor, dass ein Rechtsanwalt in einem extremen Fall aus der Verhandlung entfernt wird, weil er diese stört (vgl. Rechtsprechungsübersicht im Urteil des OLG Hamm, Az. 2 Ws 122/03, welches die Entfernung eines Anwalts aus der Hauptverhandlung und die Verhängung von Ordnungshaft im konkreten Fall als unzulässig betrachtete).
Keine Ordnungsmittel drohen Richtern, Schöffen, Beisitzern und Vertretern der Staatsanwaltschaft.
Wer wird aus dem Saal entfernt?
Muss der Richter zur Aufrechterhaltung der Ordnung Anordnungen treffen und stören bestimmte Personen dann immer noch die Verhandlung, kann er diese aus dem Sitzungssaal entfernen lassen. Beispielsweise kann dies der Fall sein, wenn jemand dauernd dazwischenredet, durch Zwischenrufe stört oder während der Verhandlung telefoniert. Der Richter wird in aller Regel keine Einmischungen des Publikums in die Verhandlung dulden. Ordnungsmittel können jedoch auch verhängt werden, wenn ein Prozessbeteiligter den anderen trotz Ermahnung nicht ausreden lässt. Das Entfernen von Personen aus dem Saal oder die Ordnungshaft werden durch einen Justizwachtmeister umgesetzt. Diese Beamten dürfen unmittelbaren Zwang ausüben. Sie dürfen also auch jemanden in eine Zelle im Gerichtsgebäude befördern.
Wann verhängt das Gericht Ordnungsgeld?
Das Gericht kann gegen Prozessbeteiligte und Zuschauer ein Ordnungsgeld von bis zu 1.000 Euro festsetzen. Die Voraussetzung dafür ist, dass diese Personen sich in der Verhandlung einer "Ungebühr" schuldig machen. Darunter fallen etwa Beleidigungen gegenüber anderen Verfahrensbeteiligten, irgendwelche Aktionen unter Einfluss von Alkohol oder Zwischenrufe während der Verhandlung.
Wenn sie das Ordnungsgeld nicht zahlen können, müssen die Betreffenden stattdessen mit Ordnungshaft rechnen. Wenn die betreffende Person wegen der gleichen Handlung später auch noch nach dem Strafrecht verurteilt wird, ist eine Geldstrafe möglich. Das Ordnungsgeld wird dann jedoch auf diese angerechnet.
Wann verhängt das Gericht Ordnungshaft?
Ordnungshaft droht einerseits Personen, die ihr Ordnungsgeld nicht bezahlen wollen oder können. Die Ordnungsgeld-Anordnung enthält auch die Dauer der ersatzweisen Ordnungshaft. Die Maximaldauer beträgt eine Woche.
Andererseits hat der Richter durchaus auch die Möglichkeit, von Anfang an Ordnungshaft zu verhängen, wenn eine Person penetrant die Verhandlung stört (§ 177 GVG). Dann darf die Ordnungshaft höchstens 24 Stunden dauern.
Was ist unter Beugehaft zu verstehen?
Eine Ladung zu einer Gerichtsverhandlung ist keine unverbindliche Einladung, der man nachkommen kann oder auch nicht. Wird jemand als Zeuge in einem Strafverfahren ordnungsgemäß geladen und erscheint dann ohne ausreichende Entschuldigung nicht zur Verhandlung, kann das Gericht ein Ordnungsgeld oder ersatzweise Ordnungshaft verhängen. Für letztere wird auch der Begriff "Beugehaft" verwendet.
Zu einer solchen Haftanordnung kann es auch kommen, wenn ein Zeuge sich weigert, auszusagen, obwohl er dazu nicht berechtigt ist. Ihm können dann auch Verfahrenskosten auferlegt werden, die zum Beispiel anfallen, weil das Gericht wegen seines Verhaltens eine neue Verhandlung ansetzen muss. Verweigert ein Zeuge standhaft eine Aussage, ohne dazu berechtigt zu sein, kann gegen ihn nach § 70 der Strafprozessordnung (StPO) eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten verhängt werden mit dem Ziel, ihn zur Aussage zu bewegen. Wird zwischenzeitlich das Verfahren in dieser Instanz beendet, ist der Betreffende allerdings freizulassen.
Wann wird von einem Zivilgericht Ordnungshaft verhängt?
Auch im Zivilrecht gibt es die Ordnungshaft. Bleibt ein Zeuge unentschuldigt der Verhandlung fern, kann das Gericht gegen ihn Ordnungsgeld oder, wenn dieses nicht eintreibbar ist, Ordnungshaft anordnen (§ 380 Zivilprozessordnung). Dies ist auch mehrmals möglich. Zur Verhandlung kann ein Zeuge auch zwangsweise vorgeführt werden.
Wenn ein Zeuge im Zivilverfahren ohne Grund die Aussage oder die Leistung eines Eides verweigert, wird das Gericht ihm die durch seine Weigerung verursachten Verfahrenskosten auferlegen. Auch kann es ein Ordnungsgeld verhängen, dass sich, wenn es nicht eingetrieben werden kann, in eine Ordnungshaft verwandelt.
Bei wiederholter Weigerung ist die Verhängung einer Beugehaft zur Erzwingung der Aussage möglich. Diese Haft darf jedoch nicht über die Dauer des Prozesses in dieser Instanz hinaus andauern (§ 390 Zivilprozessordnung). Gegen solche Beschlüsse des Gerichts steht Betroffenen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde offen.
Wann ist man entschuldigt?
Es reicht nicht aus, dem Gericht eine Nachricht zu schicken, dass man verhindert ist. Zeugen haben ihre Verhinderungsgründe nachzuweisen und Erkrankungen müssen von einem Arzt attestiert werden. Wer als Zeuge geladen ist, sollte daher einer Verhandlung keinesfalls fernbleiben, ohne in irgendeiner Form eine Rückmeldung vom Gericht zu haben, dass seine Entschuldigung angekommen ist und akzeptiert wurde.
Was kommt vor den Ordnungsmitteln?
Das Gericht ist verpflichtet, den Betroffenen anzuhören, bevor es Ordnungsmittel wegen ungebührlichen Verhaltens in der Verhandlung anordnet. Der oder die Betreffende hat dabei Gelegenheit, sein Verhalten zu begründen und sich zu entschuldigen. Die Anhörung ist nur verzichtbar, wenn der Betreffende sie verweigert oder es um ein so krasses Fehlverhalten geht, dass weitere Diskussionen dem Gericht nicht zuzumuten sind. Beispiel: Zeigt ein Ehemann seiner Ehefrau im Scheidungsprozess den "Stinkefinger", reicht dies nicht aus, um ohne Anhörung ein Ordnungsmittel zu verhängen. So hat zumindest das Oberlandesgericht Koblenz entschieden (Az. 4 W 365/07).
Praxistipp
Vor Gericht ist ein angemessenes Verhalten unbedingt anzuraten. Dazwischenrufen und Herumpöbeln können sehr schnell teure Folgen haben. Auch die Ladung zu einem Gerichtstermin muss man ernst nehmen. Betroffene können jedoch gegen Ordnungsmittel Rechtsmittel einlegen. Dabei hilft ihnen je nach Verfahrensart und Rechtsgebiet beispielsweise ein im Zivilrecht oder im Strafrecht versierter Rechtsanwalt.
(Bu)