Wenn es dem Richter reicht: Ordnungsgeld und Ordnungshaft
06.02.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice

Das Wichtigste in Kürze
1. Ordnungsgeld: Ein Gericht kann gegen Prozessbeteiligte, also Parteien und Zeugen, sowie gegen Zuschauer ein Ordnungsgeld von bis zu 1.000 Euro festsetzen, wenn sie sich in der Verhandlung einer "Ungebühr" schuldig machen, z.B. Beleidigungen oder die Verhandlung stören.
2. Ordnungshaft: Gegen Personen, die ihr Ordnungsgeld nicht bezahlen wollen bzw. können, oder die penetrant die Verhandlung stören, kann eine Ordnungshaft von höchstens 24 Stunden Dauer angeordnet werden.
3. Anhörung / Einspruch: Bevor das Gericht ein Ordnungsmittel wegen ungebührlichen Verhaltens in der Verhandlung anordnet, muss es den Betreffenden anhören. Gegen die Ordnungsmaßnahme ist ein Einspruch möglich.
1. Ordnungsgeld: Ein Gericht kann gegen Prozessbeteiligte, also Parteien und Zeugen, sowie gegen Zuschauer ein Ordnungsgeld von bis zu 1.000 Euro festsetzen, wenn sie sich in der Verhandlung einer "Ungebühr" schuldig machen, z.B. Beleidigungen oder die Verhandlung stören.
2. Ordnungshaft: Gegen Personen, die ihr Ordnungsgeld nicht bezahlen wollen bzw. können, oder die penetrant die Verhandlung stören, kann eine Ordnungshaft von höchstens 24 Stunden Dauer angeordnet werden.
3. Anhörung / Einspruch: Bevor das Gericht ein Ordnungsmittel wegen ungebührlichen Verhaltens in der Verhandlung anordnet, muss es den Betreffenden anhören. Gegen die Ordnungsmaßnahme ist ein Einspruch möglich.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Gegen wen können Ordnungsmittel verhängt werden? Wer wird aus dem Saal entfernt? Wann verhängt das Gericht ein Ordnungsgeld? Wann verhängt das Gericht eine Ordnungshaft? Was ist unter Beugehaft zu verstehen? Wann wird von einem Zivilgericht Ordnungshaft verhängt? Wann ist man vor Gericht entschuldigt? Was kommt vor den Ordnungsmitteln? Wie verhalte ich mich richtig vor Gericht? Praxistipp zu Ordnungsgeld und Ordnungshaft Gegen wen können Ordnungsmittel verhängt werden?
Das Gericht kann nach § 177 und 178 GVG Ordnungsmittel zunächst einmal gegen die Prozessbeteiligten verhängen: also gegen die Parteien (Kläger und Beklagte), gegen Beschuldigte, Zeugen und Sachverständige.
Ebenso können aber bei einer Gerichtsverhandlung auch Ordnungsmittel gegen unbeteiligte Personen verhängt werden. Dies sind in erster Linie die Zuschauer im Gerichtssaal. So etwas passiert, wenn sie ein ungebührliches Verhalten an den Tag legen und damit die Gerichtsverhandlung stören.
Gegen Rechtsanwälte verhängen die Gerichte in der Regel keine Ordnungsmittel. Die Betonung liegt hier auf "in der Regel". Es kommt trotzdem gelegentlich vor, dass ein Rechtsanwalt in einem extremen Fall aus der Verhandlung entfernt wird, weil er diese stört (vgl. Rechtsprechungsübersicht im Urteil des OLG Hamm, Az. 2 Ws 122/03, welches die Entfernung eines Anwalts aus der Hauptverhandlung und die Verhängung von Ordnungshaft im konkreten Fall als unzulässig ansah).
Gegen Richter, Schöffen, Beisitzer und Vertreter der Staatsanwaltschaft werden keine Ordnungsmittel angewendet.
Wer wird aus dem Saal entfernt?
Wenn ein Richter zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Gerichtssaal Anordnungen treffen muss und dann trotzdem noch bestimmte Personen die Verhandlung stören, kann er diese aus dem Sitzungssaal entfernen lassen. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn jemand dauernd dazwischenredet, durch Zwischenrufe stört oder während der Verhandlung telefoniert. Richter dulden in aller Regel keine Einmischungen des Publikums in die Verhandlung. Ordnungsmittel können auch verhängt werden, wenn ein Prozessbeteiligter den anderen trotz Ermahnung nicht ausreden lässt. Das Entfernen von Personen aus dem Saal oder die Ordnungshaft werden durch Justizwachtmeister umgesetzt. Diese Beamten dürfen wie die Polizei unmittelbaren Zwang ausüben. Sie dürfen also auch jemanden abführen und in eine Zelle im Gerichtsgebäude einsperren.
Wann verhängt das Gericht ein Ordnungsgeld?
Gegen Prozessbeteiligte und Zuschauer kann das Gericht ein Ordnungsgeld von bis zu 1.000 Euro festsetzen. Die Voraussetzung dafür ist, dass diese Personen sich in der Verhandlung einer "Ungebühr" schuldig machen. Darunter versteht man etwa Beleidigungen gegenüber anderen Verfahrensbeteiligten, irgendwelche Aktionen unter Einfluss von Alkohol oder Zwischenrufe während der Verhandlung.
Können die Störenfriede das Ordnungsgeld nicht zahlen, müssen sie stattdessen mit Ordnungshaft rechnen. Wird die betreffende Person wegen der gleichen Handlung später auch noch nach dem Strafrecht verurteilt, ist zusätzlich eine Geldstrafe möglich. Allerdings wird dann das Ordnungsgeld auf die Geldstrafe angerechnet.
Wann verhängt das Gericht eine Ordnungshaft?
Ordnungshaft droht in zwei Fällen:
- Bei Personen, die ihr Ordnungsgeld nicht bezahlen wollen oder können. Die Ordnungsgeld-Anordnung enthält auch die Dauer einer ersatzweisen Ordnungshaft. Deren maximale Dauer beträgt eine Woche.
- Der Richter kann auch von Anfang an Ordnungshaft verhängen, wenn eine Person penetrant die Verhandlung stört (§ 177 GVG). In diesem Fall darf die Ordnungshaft höchstens 24 Stunden dauern.
Was ist unter Beugehaft zu verstehen?
Eine Ladung zu einer Gerichtsverhandlung ist keine unverbindliche Einladung, der man nachkommen kann oder auch nicht. Wer als Zeuge in einem Strafverfahren ordnungsgemäß geladen wird und dann ohne ausreichende Entschuldigung nicht zur Verhandlung erscheint, muss mit einem Ordnungsgeld oder ersatzweise mit einer Ordnungshaft rechnen. Für letztere wird auch der Begriff "Beugehaft" verwendet.
Zur Anordnung einer Beugehaft kann es auch kommen, wenn ein Zeuge sich weigert, auszusagen, obwohl er dazu nicht berechtigt ist. Dann können ihm auch Verfahrenskosten auferlegt werden, die zum Beispiel anfallen, weil das Gericht wegen seines Verhaltens eine neue Verhandlung ansetzen muss. Wenn ein Zeuge standhaft eine Aussage verweigert, ohne dazu berechtigt zu sein, kann gegen ihn nach § 70 der Strafprozessordnung (StPO) eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten verhängt werden, um ihn zur Aussage zu bewegen. Wird inzwischen das Verfahren in dieser Instanz beendet, ist der Betreffende jedoch freizulassen.
Wann wird von einem Zivilgericht Ordnungshaft verhängt?
Die Ordnungshaft gibt es auch im Zivilrecht. Wenn ein Zeuge unentschuldigt der Verhandlung fernbleibt, kann das Gericht gegen ihn Ordnungsgeld oder, wenn dieses nicht eintreibbar ist, Ordnungshaft anordnen (§ 380 Zivilprozessordnung). Dies kann es auch mehrmals tun. Bei wiederholtem Fernbleiben können Zeugen auch zwangsweise mit Hilfe der Polizei zur Verhandlung vorgeführt werden.
Verweigert ein Zeuge im Zivilverfahren ohne Grund die Aussage oder die Leistung eines Eides, wird ihm das Gericht die durch seine Weigerung verursachten Verfahrenskosten auferlegen. Zusätzlich kann es ein Ordnungsgeld verhängen. Dieses verwandelt sich, wenn es nicht eingetrieben werden kann, in eine Ordnungshaft.
Auch im Zivilrecht ist bei wiederholter Weigerung die Verhängung einer Beugehaft zur Erzwingung einer Aussage möglich. Die Haft darf nicht über die Dauer des Prozesses in dieser Instanz hinaus andauern (§ 390 Zivilprozessordnung). Betroffenen steht gegen solche Beschlüsse des Gerichts das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde offen.
Wann ist man vor Gericht entschuldigt?
Ist man verhindert und kann nicht zu einer Gerichtsverhandlung erscheinen, reicht es nicht aus, dem Gericht eine Nachricht zu schicken. Zeugen müssen ihre Verhinderungsgründe nachweisen und Erkrankungen müssen von einem Arzt attestiert werden. Wer als Zeuge geladen ist, sollte einer Verhandlung keinesfalls fernbleiben, ohne in irgendeiner Form eine Rückmeldung vom Gericht zu haben, dass seine Entschuldigung wirklich angekommen ist und akzeptiert wurde.
Was kommt vor den Ordnungsmitteln?
Das Gericht muss den Betroffenen anhören, bevor es Ordnungsmittel wegen ungebührlichen Verhaltens in der Verhandlung anordnet. Bei dieser Gelegenheit kann der oder die Betreffende sein Verhalten begründen und sich entschuldigen. Die Anhörung ist nur verzichtbar, wenn der Betreffende sie verweigert oder es um ein so krasses Fehlverhalten geht, dass weitere Diskussionen dem Gericht nicht zuzumuten sind. Beispiel: Wenn ein Ehemann seiner Ehefrau im Scheidungsprozess den "Stinkefinger" zeigt, reicht dies nicht aus, um ohne Anhörung ein Ordnungsmittel zu verhängen. Dies hat zumindest das Oberlandesgericht Koblenz entschieden (Az. 4 W 365/07).
Wie verhalte ich mich richtig vor Gericht?
Dies hängt davon ab, ob Sie als Kläger oder Beklagter im Zivilverfahren, als Angeklagter im Strafverfahren oder als Zeuge oder Sachverständiger an einem Gerichtsverfahren teilnehmen oder nur Zuschauer sind. Verfahrensbeteiligte sollten sich dazu unbedingt mit ihrem Anwalt absprechen. Einige allgemeine Tipps sind:
- Pünktlich kommen. Gerade Verfahrensbeteiligte sollten rechtzeitig mit etwas Zeitvorlauf im Gerichtsgebäude erscheinen, um in Ruhe den Gerichtssaal zu finden.
- Den Gerichtssaal nicht während der laufenden Verhandlung verlassen oder betreten, auch nicht als Zuschauer.
- Zeugen werden gesondert in den Gerichtssaal gerufen und dürfen vorher nicht zuhören.
- Verfahrensbeteiligte sollten auf eine gepflegte Erscheinung und angemessene konservative Kleidung achten. Vermeiden Sie grelle Farben, allzu lässige Freizeitoutfits oder politische Aussagen über die Kleidung. Mützen und Kappen abnehmen. Dies gilt auch für Zuschauer.
- Nötige Unterlagen ggf. geordnet in einer Mappe bereithalten.
- Zeigen Sie respektvolles Verhalten gegenüber dem Gericht.
- Eine übliche Anrede für Richter bzw. Richterinnen ist: "Frau Richterin", "Herr Richter", oder "Frau Vorsitzende" oder "Herr Vorsitzender".
- Während der Richter oder die Richterin den Gerichtssaal betritt oder verlässt, müssen alle Anwesenden aufstehen. Dies gilt auch während einer Urteilsverkündung.
- Als Verfahrensbeteiligter Richtern, Staatsanwälten oder Rechtsanwälten nicht ins Wort fallen. Nicht unaufgefordert dazwischenreden. Auch in angespannten Situationen Ruhe bewahren, sich nicht provozieren lassen und sachlich bleiben.
- Zuschauer müssen sich leise verhalten. Essen und Trinken sind zu unterlassen, Kaugummi kauen gilt als extrem unhöflich. Dies gilt auch für Schulklassen.
- Dass Handys ausgeschaltet sein müssen, versteht sich eigentlich von selbst. Auch Fotografieren und Filmen ist im Gerichtssaal nicht erlaubt.
Alles weitere sollten Verfahrensbeteiligte mit ihrem Rechtsanwalt vor der Verhandlung besprechen.
Praxistipp zu Ordnungsgeld und Ordnungshaft
Ein angemessenes Verhalten ist vor Gericht unbedingt anzuraten. Dazwischenrufen und Herumpöbeln können schnell teuer werden. Auch die Ladung zu einem Gerichtstermin muss man ernst nehmen. Betroffene können gegen Ordnungsmittel Rechtsmittel einlegen. Helfen kann Ihnen dabei je nach Verfahrensart und Rechtsgebiet ein im Zivilrecht oder im Strafrecht versierter Rechtsanwalt.
(Bu)