Wie beantragt man einen Erbschein?

23.10.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Erbschein,Antrag,Nachlass,Erben Ob man einen Erbschein beantragt, sollte gut überlegt sein. © Rh - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Nachweis der Erbenstellung: Der Erbschein dient als amtlicher Nachweis, wer rechtlich als Erbe gilt und über den Nachlass verfügen darf.

2. Beantragung: Er wird beim Nachlassgericht beantragt, meist durch Vorlage des Testaments oder anderer Erbnachweise sowie einer eidesstattlichen Versicherung.

3. Wirkung: Der Erbschein legitimiert gegenüber Banken, Behörden und Dritten, kann aber angefochten oder eingezogen werden, wenn sich später eine andere Erbfolge ergibt.
Für Erben ist ein Erbschein ein wichtiges Dokument. Aus ihm ergibt sich, dass man Erbe eines Verstorbenen geworden ist. Sind mehrere Erben vorhanden, kann man zusätzlich seinen Erbanteil aus dem Erbschein ersehen. Andererseits verursacht ein Erbschein aber auch Kosten. Gerichtsurteile besagen, dass man ihn heute nicht mehr in allen Fällen zwingend benötigt. So müssen zum Beispiel Banken auch andere Nachweise akzeptieren, wie ein nachweislich vom Nachlassgericht eröffnetes Testament. Nach wie vor fordert allerdings das Grundbuchamt regelmäßig die Vorlage eines Erbscheins, um den Erben als neuen Eigentümer einer geerbten Immobilie im Grundbuch einzutragen.

Wie beantragt man einen Erbschein?


Um einen Erbschein zu beantragen, muss man Erbe sein. Wer testamentarisch enterbt wurde, ist nicht antragsberechtigt. Einen Erbschein beantragt man beim Nachlassgericht. Dies ist eine Abteilung des örtlichen Amtsgerichts. Zuständig ist das Gericht am letzten Wohnort des Verstorbenen. Man kann den Antrag mündlich oder schriftlich stellen. Mündliche Anträge nimmt die Geschäftsstelle des Gerichts zu Protokoll. Erben können sich auch an einen Notar wenden, der den ganzen Vorgang für sie erledigt.

Wer beantragt den Erbschein in einer Erbengemeinschaft?


Gibt es mehrere Erben, entsteht eine Erbengemeinschaft. In diesem Fall gibt es drei Möglichkeiten:

1. Jeder einzelne Erbe kann für sich einen Teilerbschein über seinen Erbteil beantragen.
2. Alle Erben gemeinsam können einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragen.
3. Ein einzelner Erbe kann nach § 352a FamFG einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragen.

Welche Unterlagen brauche ich für den Antrag?


Der Erbschein nennt nicht nur den Antragsteller. Er zählt auch die anderen Erben auf und nennt deren Erbanteile. Daher muss das Gericht aus dem Erbscheinantrag ersehen können,

- welche Personen Erben geworden sind und
- in welchem Verhältnis diese zueinander stehen.
- Der Antragsteller muss seinen Personalausweis vorlegen und
- mit der Sterbeurkunde den Erbfall nachweisen.

Beim Antrag auf Erteilung eines Erbscheins muss der oder die Betreffende auch das Testament oder den Erbvertrag im Original oder als beglaubigte Abschrift vorlegen.

Aufwändiger ist die Beantragung eines Erbscheins für gesetzliche Erben ohne Testament. So müssen zum Beispiel Kinder des Verstorbenen eine Geburtsurkunde vorlegen, um das Verwandtschaftsverhältnis zu beweisen. Ist der Antragsteller ein Ehegatte, wird die Heiratsurkunde verlangt. Wenn Enkelkinder, deren Eltern bereits verstorben sind, ihre Großeltern beerben, müssen sie die Geburts- und Sterbeurkunden der Eltern (also der Kinder des Erblassers) vorlegen.

Auch die Anschriften der anderen Erben sollte der Antragsteller bereithalten.

Was kostet die Beantragung eines Erbscheins?


Dies ist im Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) geregelt. Für die Erstellung des Erbscheins fällt eine Einzelgebühr an. Deren Höhe hängt vom Nachlasswert ab.

Bei der Ermittlung der Erbscheingebühr helfen die Tabellen im Anhang des Gesetzes (Tabelle B, Anlage 2).

Beispiele:
Nachlasswert 50.000 Euro: Einzelgebühr 165 Euro
Nachlasswert 200.000 Euro: Einzelgebühr 435 Euro
Nachlasswert 500.000 Euro: Einzelgebühr: 935 Euro

In Wirklichkeit verdoppelt sich dieser Betrag jedoch. Denn: Antragsteller müssen in der Regel mit einer eidesstattlichen Versicherung bestätigen, dass ihre Angaben stimmen und dass sie nichts von irgendwelchen Umständen wissen, die Einfluss auf das Erbe haben könnten. Für die eidesstattliche Erklärung wird eine weitere Einzelgebühr erhoben.

Wenn eine Immobilie oder ein Grundstück zum Nachlass gehört, wird es schnell richtig teuer. Dann fallen entsprechend hohe Gebühren für den Erbschein an. Als Nachlasswert verwendet man bei der Gebührenberechnung den Verkehrswert des Grundstücks, also den Marktwert.

Ein Notar muss, anders als das Nachlassgericht, auf seine Gebühr zusätzlich die Mehrwertsteuer aufschlagen.

Zwar erscheinen die genannten Gebühren im Verhältnis zur Erbschaft gering. Man muss sich jedoch klar machen, dass viele Erben im Moment der Erbschaft kein gut gefülltes Bankkonto haben. Gerade eine geerbte Immobilie, oft im Rahmen einer Erbengemeinschaft, verwandelt sich auch nicht sofort in Bargeld, sondern verursacht womöglich erst einmal Kosten.

Wer trägt die Kosten für den Erbschein?


Die Gebühren für den Erbschein trägt jeweils der Antragsteller. Wenn alle Mitglieder einer Erbengemeinschaft zusammen einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragen, müssen sich auch alle an den Kosten beteiligen.

Wie lange dauert es, bis man den Erbschein bekommt?


Dies hängt von der Arbeitsbelastung des Gerichts ab. Bis zur Erteilung des Erbscheins kann es einige Tage bis mehrere Monate dauern.

Was muss man zum gemeinschaftlichen Erbschein wissen?


Ein gemeinschaftlicher Erbschein kann von allen gemeinsam oder von einem Erben für alle beantragt werden.

Aus dem gemeinschaftlichen Erbschein ergibt sich, was der Antragsteller selbst und die anderen geerbt haben und mit welchen Erbquoten. Auf eine Angabe der Quoten bzw. Erbteile kann verzichtet werden. Dem müssen jedoch alle Antragsteller im Antrag zustimmen.

Wenn ein einzelner Erbe einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragen will, benötigt er dazu nicht die Erlaubnis der anderen Erben. Wichtig: Stellen nicht alle Erben den Antrag gemeinsam, muss der Erbschein die Angabe enthalten, dass die übrigen Erben die Erbschaft angenommen haben.

Grundsätzlich nimmt ein Erbe mit der Beantragung eines Erbscheins das Erbe an. Da in diesem Fall jedoch einer für die anderen handelt, verlangt der Gesetzgeber klare Verhältnisse hinsichtlich der Annahme der Erbschaft.

Eine eidesstattliche Versicherung zur Richtigkeit der Angaben müssen alle abgeben, nicht nur der eigentliche Antragsteller – außer, das Nachlassgericht hält dies für überflüssig.

Internationales Erben: Was ist das Europäische Nachlasszeugnis?


Für Erbfälle mit Auslandsbezug wurde 2015 das Europäische Nachlasszeugnis eingeführt. Es hat eine ähnliche Funktion wie ein Erbschein. Im Gegensatz zu diesem wird es aber in allen EU-Staaten anerkannt.

Die Regeln für das Nachlasszeugnis unterscheiden sich von denen für den Erbschein. Beantragen kann man es wahlweise bei dem Gericht

- in dessen Zuständigkeitsbereich der Erblasser zur Zeit seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte oder
- bei einem Gericht des Staates, dessen Recht laut Testament auf den Nachlass angewendet werden soll.

Ein europäisches Nachlasszeugnis kann auch bei einem Notar beantragt werden.

Wichtig: Wer Vermögen in mehreren EU-Staaten hat, kann in seinem Testament selbst bestimmen, ob sein Nachlass zum Beispiel nach deutschem oder spanischem Recht abgewickelt wird. Trifft man als Erblasser keine solche Regelung, wird einfach das Recht des Landes angewendet, in dem sich die jeweiligen Nachlassgegenstände befinden. Dann müssen sich die Erben plötzlich mit dem spanischen oder italienischen Erbrecht befassen, das sich in vielen, auch entscheidenden Punkten vom deutschen unterscheidet. Vielleicht sind dann manche Regelungen des deutschen Testaments gar nicht wirksam, sodass die ausländische gesetzliche Erbfolge zur Anwendung kommt. Und schon geht die Ferienwohnung an jemand anderen als beabsichtigt. Es empfiehlt sich daher unbedingt, in das Testament hineinzuschreiben, dass auch der ausländische Teil des Nachlasses nach deutschem Recht abgewickelt werden soll.

Praxistipp zum Erbscheinantrag


Durch die Beantragung eines Erbscheins nehmen Sie das Erbe an. Dann ist eine Erbausschlagung wegen Schulden des Erblassers nicht mehr möglich. Informieren Sie sich daher unbedingt vor dem Antrag darüber, was zum Nachlass gehört und ob der Erblasser vielleicht Verbindlichkeiten hatte. Bedenken Sie: Als Erbe erben Sie alles – auch die Schulden. Rat und Hilfe zum Thema Erbschein finden Sie bei einem Fachanwalt für Erbrecht.

(Bu)


 Stephan Buch
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