Wie kann man der elektronischen Patientenakte (ePA) widersprechen?

16.08.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
elektronischen Patientenakte (ePA),Widerspruch Wer die elektronischen Patientenakte (ePA) nicht will, muss widersprechen. © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

Funktion Die elektronische Patientenakte (ePA) ist eine zentral gespeichert digitale Akte, die alle Patientendaten dauerhaft speichert und für berechtigte Gesundheitsdienstleister, sowie zu Forschungszwecken zugänglich macht.

Automatische Einrichtung Ab dem 15. Januar 2025 richten die gesetzlichen Krankenkassen für jeden gesetzlich und freiwillig gesetzlich Versicherten automatisch eine ePA ein, sofern diese nicht rechtzeitig widersprochen haben (Opt-Out-Verfahren).

Widerspruch Gesetzlich Versicherte können der Einrichtung der ePA widersprechen. Der Widerspruch kann innerhalb sechs Wochen nach Information durch die Krankenkassen erfolgen. Auch nach der automatischen Einrichtung können Versicherte der ePA jederzeit widersprechen.
Die gesetzlichen Krankenkassen werden in den nächsten Wochen und Monaten ihre gesetzlichen und freiwilligen Mitglieder über die elektronische Patientenakte (ePA) informieren. Ab dem 15. Januar 2025 richten die Krankenkassen ihren Versicherten dann automatisch eine ePA ein, wenn sie nicht zuvor rechtzeitig widersprochen haben. Stand Oktober 2024 machen die rund 75 Millionen gesetzlich Krankenversicherten von ihrem Widerspruchsrecht nahezu keinen Gebrauch.

Was ist die elektronischen Patientenakte (ePA)?


Die elektronische Patientenakte (ePA) ist ein digitales System, das die zentrale Speicherung und den Austausch von Patientendaten der Versicherten ermöglicht. Ärzte, Krankenhäuser und andere Dienstleister aus dem Gesundheitswesen sollen damit schneller und einfacher Zugriff auf wichtige Daten eines Versicherten erhalten, was eine bessere und gezieltere Behandlung ermöglichen soll.

Wie ist das Verfahren zur Einrichtung der elektronischen Patientenakte (ePA)?


Bisher sind die Krankenversicherungen gemäß § 342 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) verpflichtet, jedem Versicherten auf dessen Antrag hin und mit seiner Einwilligung eine nach § 325 Absatz 1 SGB V geregelte elektronische Patientenakte zur Verfügung zu stellen. Nur: Das dürfte so gut wie kein Krankenversicherter gemacht haben.

Mit Blick auf die geringe freiwillige Nutzung hat der Gesetzgeber deshalb im Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz) bestimmt, dass dieses Antrags- und Einwilligungsverfahren ab dem 15. Januar 2025 auf ein sogenanntes Opt-Out-Verfahren umgestellt wird. Das meint, dass die gesetzlichen Krankenkassen für jeden gesetzlich Versicherten automatisch eine ePA einrichten, sofern diese dem nicht rechtzeitig widersprochen haben. Man könnte die Änderung auf das Opt-Out-Verfahren auch als Wechsel von der Zustimmungs- auf die Widerspruchslösung bezeichnen.

Muss mich meine Krankenkasse über die Einrichtung der ePA informieren?


Ja. Die Krankenkassen sind gesetzlich verpflichtet, ihren Versicherten, bevor sie ihnen eine elektronische Patientenakte anbieten, umfassendes, geeignetes Informationsmaterial in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache und barrierefrei zur Verfügung zu stellen. Die konkreten Einzelheiten über Art und Umfang sind in § 343 SGB V geregelt.

Was sagt die Bundesdatenschutzbeauftragte zum Widerspruchsverfahren?


So klar, wie im vorherigen Absatz beschrieben, scheinen die Informationspflichten zum Widerspruch gegen die ePA doch nicht geregelt zu sein. Die Bundesdatenschutzbeauftragte kritisierte jedenfalls im Oktober 2024, dass im Gesetzgebungsverfahren nicht bedacht worden sei, wie die Versicherten über die Widerspruchsmöglichkeit informiert werden müssen, zu welchem Zeitpunkt und durch wen. Vor dem Hintergrund der von der Politik gewählten Opt-Out-Lösung (= entweder Widerspruch oder automatische Einrichtung der ePA) müsse es "selbstverständlich sein, dass die Patienten bestmöglich informiert werden, wie sie widersprechen können, um sich eine freie Meinung zu bilden.“

Ist die Einrichtung der elektronischen Patientenakte (ePA) freiwillig?


Die Antwort kann hier nur lauten: nicht wirklich. Oder: unter Vorbehalt. Mit der Umstellung auf das Opt-Out-Verfahren, muss ein Versicherter nunmehr aktiv werden und ausdrücklich widersprechen. Andernfalls wird die ePA für ihn ab dem 15. Januar 2025 ohne seine Einwilligung automatisch von seiner Krankenkasse eingerichtet. Der Sachverhalt ist vergleichbar mit der immer wieder in Sachen Organspende diskutierten Widerspruchslösung. Wenn einem Hirntoten, der von sich aus keine Zustimmung dazu erteilt und der nicht ausdrücklich widersprochen hat, Organe entnommen werden dürfen, kann man dies schlecht als freiwillig bezeichnen.

Wo kann ich der Einrichtung der ePA widersprechen?


Krankenversicherte haben das Recht, der Einrichtung der ePA zu widersprechen. Das Widerspruchsrecht der Versicherten gegen die Einrichtung einer elektronischen Patientenakte (ePA) ist in § 341 ff SGB V geregelt.
Den Widerspruch kann man bei den extra dafür eingerichteten bzw. noch einzurichtenden Ombudsstellen der Krankenkassen einlegen. Viele Krankenkassen bieten auch die Möglichkeit zum Widerspruch im Kundenaccount Ihrer Website an, für den man sich aber zuvor registriert haben muss.

Wie lange kann ich der Einrichtung der ePA widersprechen?


Laut Website der Kassenärztlicher Bundesvereinigung ist der Widerspruch gegen die ePA innerhalb sechs Wochen, nachdem die Krankenkasse die Versicherten über die Einrichtung informiert hat, möglich.

Ist auch nach Einrichtung der ePA noch ein Widerspruch möglich?


Ja. Versicherte, die die Frist zum Widerspruch versäumt haben oder die ePA nicht mehr haben wollen, können diese jederzeit gegenüber der Ombudsstelle Ihrer Krankenkasse oder in Ihrem Internet-Kundenaccount Ihrer Krankenkasse widersprechen. Die Krankenkasse muss dann die bereits eingerichtete ePA mit allen Daten löschen.

Was spricht für einen Widerspruch gegen die Einrichtung der ePA


Anzuführen ist hier zunächst das zentrale Problem des Datenschutzes. Die hochsensiblen Patientendaten werden digital und zentral gespeichert und über verschiedene Systeme hinweg an verschiedene Berechtigte ausgetauscht. Es besteht die Gefahr von Datenmissbrauch oder -verlust, sei es durch Hackerangriffe oder Sicherheitslücken.
Eine zentrale Speicherung aller Patientendaten ist zur angestrebten Zweckerreichung, nämlich der Verbesserung der medizinischen Behandlung des Versicherten, nicht erforderlich. Die dezentrale Speicherung der patienteneigenen Daten in einer App auf dem Smartphone der Versicherten wäre dazu völlig ausreichend.

Ein weiteres Risiko besteht darin, dass die Daten in der ePA möglicherweise unvollständig oder fehlerhaft sind. Dies kann zu Fehlentscheidungen bei der Behandlung führen.

Relevant ist auch die Frage, welche Einrichtungen und Unternehmen Zugriff auf die Patientendaten erhalten, die nicht zum Gesundheitswesen im engeren Sinne gehören. Siehe dazu unten.

Wer hat Zugriff auf meine Patientendaten, die in der ePA gespeichert sind?


Wenn Sie der Einrichtung der ePA nicht widersprechen, haben alle behandelnden Ärzte, Krankenhäuser und weitere medizinischen Einrichtungen Zugriff auf die von Ihnen gespeicherte Daten. Die Leistungserbringer dürfen aber nur bestimmte für sie relevante Patientendaten in Ihrer ePA einsehen.

Können meine Patientendaten zu Forschungszwecken weitergegeben werden?


Ab dem 15. Juli 2025 können die Patientendaten aus der ePA für sogenannte gemeinwohlorientierte Forschungszwecke genutzt werden. Dieser Datentransfer nennt sich "freiwillige Datenspende zu gemeinwohlorientierten Zwecken". Was gemeinwohlorientierte Zwecke sind und wer solche Daten nutzen darf, soll noch gesetzlich festgelegt und kontrolliert werden. Versicherte, die eine ePA haben und die das nicht wollen, müssen der Datenweitergabe zu diesem Zweck ausdrücklich widersprechen.

Praxistipp zum Widerspruch gegen die ePA


Krankenversicherte, die aus Gründen der Datensicherheit, des Datenschutzes und der Datenverwendung keine ePA wollen, müssen bei ihrer Krankenkasse Widerspruch gegen deren Einrichtung einlegen. Für gesetzlich Versicherte, die nicht rechtzeitig widersprechen, wird ab dem 15. Januar 2025 automatisch eine elektronische Patientenakte eingerichtet und mit ihren Patientendaten befüllt. Einer eingerichtete ePA kann jederzeit widersprochen werden. Die Krankenkasse muss sie dann vollständig löschen.

(Bu)


 Stephan Buch
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