Wie werden Mieter vor Verdrängung aus Eigentumswohnungen geschützt?

10.05.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
Mietwohnung,Eigentumswohnung,Umwandlung,Kündigung Mietwohnung wird zu Wohneigentum: Ist der Rauswurf vorprogrammiert? © - freepik

Das geplante Baulandmobilisierungsgesetz sorgt immer wieder für Schlagzeilen. Was soll sich ändern und wie sind Mieter heute schon vor Verdrängung aus ihren Wohnungen geschützt?

Immer wieder ist zurzeit zu lesen, dass Vermieter in großer Zahl "ihre Mieter loswerden", um dann die Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln und einzeln gewinnbringend zu verkaufen. Das geplante Baulandmodernisierungsgesetz soll dies verhindern. Hier ein Blick auf die Rechtslage.

Was bedeutet "Umwandlung"?


Ein Mietshaus kann als Ganzes an einen neuen Eigentümer veräußert werden. Mehr Einnahmen verspricht der Verkauf der einzelnen Wohnungen. Dieser setzt jedoch eine Umwandlung in Eigentumswohnungen voraus. Jede Wohnung gilt dann als eigene Immobilie mit eigenem Grundbuchblatt und kann einzeln verkauft werden. Für Mieter bringt dies die Gefahr einer Eigenbedarfskündigung durch den neuen Eigentümer mit sich, der die Wohnung nun selbst beziehen will.

Kann ein Vermieter zügig die Mieter "loswerden", um zu verkaufen?


Dies funktioniert nur, wenn die Mieter die Rechtslage nicht kennen, sich nicht wehren und sich nicht beraten lassen.

Für die Kündigung eines Mietverhältnisses braucht der Vermieter einen gesetzlich zulässigen Grund. Ein geplanter Verkauf oder eine geplante Umwandlung sind keine zulässigen Gründe.

Eigenbedarf kann nur unter mehreren Voraussetzungen von einem Eigentümer geltend gemacht werden, der selbst dort einziehen will oder der die Wohnung für seine engeren Angehörigen benötigt. Also nicht zur Vorbereitung eines Verkaufs. Zwar gibt es einen Kündigungsgrund "Hinderung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung". Dies betrifft zum Beispiel den Fall, dass ein Gebäude grundsaniert oder abgerissen werden soll, weil es den heutigen Anforderungen nicht mehr entspricht. Aber: Eine Verwertungskündigung ist nach § 573 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in zwei Fällen gerade nicht zulässig:

- wenn der Vermieter von einem anderen Mieter eine höhere Miete verlangen will,
- wenn der Vermieter eine Umwandlung in eine Eigentumswohnung und einen anschließenden Verkauf plant.

Es bliebe noch die Möglichkeit, die Wohnung mit Mietern darin zu modernisieren, dann die Miete wegen der Modernisierung zu erhöhen und zu hoffen, dass die Mieter ausziehen, weil es ihnen zu teuer wird.
Aber: Die Mieterhöhung wegen Modernisierung ist in der Höhe gesetzlich begrenzt. Der Vermieter darf die Jahresmiete um höchstens 8 Prozent der aufgewendeten Modernisierungskosten erhöhen. Erhaltungsmaßnahmen zählen nicht dazu. Zusätzlich gibt es noch eine betragsmäßige Begrenzung: Die Miete darf wegen Modernisierungen innerhalb von sechs Jahren um höchsten 3 Euro / qm erhöht werden.
Ganz abgesehen davon, dass Modernisierungsmaßnahmen beim Mieter rechtzeitig angemeldet werden müssen, die Mieter nur bestimmte Modernisierungsmaßnahmen dulden müssen und sie sich in bestimmten Härtefällen auch dagegen wehren können (§ 555d BGB).

Welche Rechtsfolgen haben Umwandlung und Verkauf für die Mieter?


Die Umwandlung in eine Eigentumswohnung ändert zunächst einmal gar nichts am Mietverhältnis. Beim Verkauf gilt der Grundsatz "Kauf bricht nicht Miete": Der Mietvertrag bleibt unverändert bestehen und der neue Eigentümer tritt in den Vertrag als Vermieter ein (§ 566 BGB).

Mieter haben nach der Umwandlung ein gesetzliches Vorkaufsrecht an der Wohnung. Sie können warten, bis der Kaufvertrag mit einem fremden Käufer steht und dann die Wohnung selbst zu dem Preis erwerben, den der Vermieter mit diesem vereinbart hat. Der Vermieter ist zur Mitteilung über den Verkauf und über den Vertragsinhalt verpflichtet. Die Mieter haben eine Überlegungsfrist von zwei Monaten (§ 577, § 469 BGB).

Was gilt, wenn der Eigentümer seine wahren Absichten verschleiert?


Natürlich kann es sein, dass der bisherige Vermieter seine Mieter nicht über die geplante Umwandlung informiert und eine Kündigung wegen Hinderung an angemessener wirtschaftlicher Verwertung oder gar eine Eigenbedarfskündigung vorschiebt, um danach das freie Gebäude umzuwandeln und häppchenweise zu verkaufen. Der Mieter kann hier Schadensersatzansprüche haben - bei vorgetäuschtem Eigenbedarf zum Beispiel Umzugskosten, Anwaltskosten, Renovierungskosten, Mehrkosten der neuen Wohnung.

Der Bundesgerichtshof befasste sich mit einem Fall, in dem ein Eigentümer die Mieterin nicht über die geplante Umwandlung und den geplanten Verkauf informiert hatte. Er verkaufte die Wohnung zu einem eher günstigen Preis von 186.571 Euro. Der neue Eigentümer bot sie der Mieterin ein Jahr später für 266.250 Euro zum Kauf an. Der frühere Vermieter musste die Differenz aus diesen beiden Beträgen als Schadensersatz zahlen - nämlich den möglichen entgangenen Gewinn der Mieterin, falls sie selbst die Wohnung gekauft und dann verkauft hätte (21.1.2015, Az. VIII ZR 51/14).

Darf der neue Eigentümer einfach kündigen?


Theoretisch könnte der neue Eigentümer wegen Eigenbedarfs kündigen, um selbst einzuziehen. Praktisch ist dies aber nicht so einfach:

Nach einer Umwandlung in Wohnungseigentum gilt eine gesetzliche Kündigungssperre von drei Jahren. Diese gilt auch, wenn an eine Personengesellschaft (etwa: Gesellschaft bürgerlichen Rechts) oder an mehrere Erwerber verkauft wurde. Diese Frist kann von den Landesregierungen auf 10 Jahre angehoben werden, wenn in einem Gebiet Wohnungsmangel herrscht. Eine solche Verordnung ist dann für zehn Jahre gültig. Seit 1. Oktober 2013 gilt eine solche Regelung zum Beispiel in Berlin.

Die Kündigungssperre bezieht sich auf eine Kündigung wegen Eigenbedarf oder wegen "angemessener wirtschaftlicher Verwertung". Sie gilt nicht für Kündigungen wegen Pflichtverletzungen des Mieters oder Zahlungsrückständen.

Hebelt die Umwandlung den normalen Mieterschutz aus?


Nein. Es gelten immer noch die formalen Anforderungen an eine Kündigung und die Kündigungsfristen (welche sich für Vermieter abhängig von der Mietdauer auf bis zu 9 Monate verlängern, § 573c BGB). Auch ein Härtefall kann vom Mieter immer noch geltend gemacht werden, etwa aufgrund seines Gesundheitszustandes (§ 574 BGB).

Was soll sich durch das Baulandmobilisierungsgesetz ändern?


Dieses Gesetz soll die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen direkt einschränken, ohne Umwege über Kündigungssperren. Dem Baugesetzbuch soll dazu ein neuer § 250 hinzugefügt werden. Dieser soll den Landesregierungen das Recht geben, mit genauer Begründung Gebiete mit Wohnungsmangel auszuweisen, in denen Umwandlungen einer besonderen Genehmigung bedürfen. Dies wird dann die meisten Fälle von Umwandlungen betreffen.

Davon ausgenommen sind Häuser mit nicht mehr als fünf Wohnungen. Denn diese gehören meist privaten Eigentümern und nicht großen Wohnungsgesellschaften und dienen eher der Altersvorsorge. Die Länder dürfen dies jedoch abändern und eine Ausnahme für Häuser mit drei bis 15 Wohnungen vorsehen. Weitere Ausnahmen sollen gelten, wenn
- die Wohnungen eines Gebäudes zu mindestens zwei Dritteln an die Mieter veräußert werden,
- die Wohnungen von Angehörigen des bisherigen Eigentümers bewohnt werden sollen (Eigenbedarf),
- in einer besonderen wirtschaftlichen Notlage des Eigentümers.

Zunächst sollen diese Regeln bis zum 21.12.2025 gelten.

Wie soll das neue Gesetz mehr Wohnraum schaffen?


Geplant ist außerdem ein Vorkaufsrecht der Gemeinden an zum Verkauf stehenden Grundstücken oder Häusern zwecks Bau von bezahlbarem Wohnraum. Dabei sollen sich die Gemeinden beim Preis am Verkehrswert orientieren können; der Verkäufer kann also nicht selbst den Preis festlegen.

In einem neuen Bebauungsplan-Gebiet "Dörfliches Wohngebiet" soll ein stärkeres Miteinander von Wohnbebauung und gewerblicher (insbesondere landwirtschaftlicher) Nutzung zulässig sein. Dadurch sollen die Gemeinden leichter Bauland ausweisen können.

Obendrein sollen die Gemeinden gegenüber Grundstückseigentümern auch ein Baugebot aussprechen können. Sie sollen also in Gebieten mit Wohnungsmangel anordnen können, dass ein ungenutztes Grundstück fristgerecht mit Wohnungen bebaut wird. Ausnahme: Das Grundstück dient nachweislich der Altersvorsorge der Eigentümer.

Eine weitere Regelung im Baugesetzbuch soll es leichter machen, Baugebiete im Außenbereich von Gemeinden auszuweisen. Dabei geht es um bis zu 10.000 Quadratmeter große Flächen, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen.

Wie ist der Stand der Gesetzgebung?


Das Baulandmobilisierungsgesetz wurde am 7. Mai 2021 vom Bundestag beschlossen. Das weitere Gesetzgebungsverfahren steht noch aus. Widerstand im Bundesrat ist insbesondere aus Bayern zu erwarten.

Praxistipp


Mietern im Rahmen einer Umwandlung zu kündigen, ist nicht so einfach, wie es oft in der Presse dargestellt wird. Sind Sie als Mieter betroffen, haben Sie die Möglichkeit, sich zu wehren. Ein Fachanwalt für Mietrecht kann Ihren individuellen Fall prüfen und Ihnen zum sinnvollsten Vorgehen raten.

(Ma)


 Ulf Matzen
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