Wildschaden / Wildunfall: Haftung und Beweislast bei Teilkasko und Vollkasko
18.11.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Im Jahr 2023 registrierten die deutschen Versicherungen 282.000 Wildunfälle. Die erstatteten Schäden lagen bei einer Milliarde Euro. Zu den meisten Wildunfällen kommt es zwischen April und Mai sowie zwischen Oktober und Dezember. Besonders hoch ist die Gefahr durch Wildschweine mit Frischlingen im Frühjahr. Im Herbst sorgen eher Hirsche in der Brunftzeit für Unfälle. Für Auto- und besonders auch für Motorradfahrer können solche Kollisionen lebensgefährlich sein. Allerdings machen sich die meisten Verkehrsteilnehmer wenig Gedanken darüber, was bei einem Wildunfall zu tun ist – bis es dann passiert. Hier haben wir einige Tipps zum richtigen Verhalten nach einem Wildunfall und zur Schadensabwicklung mit der Versicherung zusammengestellt.
Oft sind bekannte Wildwechsel ausgeschildert. Eine solche Beschilderung bedeutet meist, dass es an dieser Stelle bereits mehrfach zu Wildunfällen gekommen ist. Auch an nicht gekennzeichneten Stellen besteht jedoch immer die Gefahr, dass Wildtiere Straßen überqueren. Besonders gefährlich sind Straßen, die durch Wälder führen sowie Alleen durch Feld- und Wiesengebiete. Besonders bei schlechten Sichtverhältnissen sollte man dort auf eine angepasste Geschwindigkeit und eine vorausschauende Fahrweise achten.
Zunächst gilt nach einem Unfall mit einem Wildtier wie bei jedem anderen Unfall: Nicht einfach weiterfahren. Denn:
- Wird ein Wildunfall nicht vorschriftsmäßig aufgenommen, ist der Versicherungsschutz gefährdet. Versicherungen verlangen Belege für einen Wildunfall.
- Wer ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder ihm länger andauernde Schmerzen zufügt, macht sich strafbar nach § 17 Tierschutzgesetz. Eine solche Strafbarkeit ist möglich, wenn man zum Beispiel ein verletztes Tier nicht waidgerecht selbst tötet oder es einfach verletzt am Straßenrand zurücklässt.
- Ein totes Tier kann eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellen.
Das richtige Verhalten:
- Halten Sie an.
- Sichern Sie die Unfallstelle.
- Verständigen Sie die Polizei.
- Warten Sie am Unfallort.
Die Polizei nimmt den Wildunfall auf und benachrichtigt den zuständigen Jäger oder Jagdpächter. Dieser ist dann für das tote oder verletzte Tier verantwortlich.
Abzuraten ist vom eigenen Umgang mit verletzten Tieren. Diese können in Schmerz oder Panik ausschlagen oder beißen und Verletzungen verursachen.
Wenn ein Tier nach einem Unfall verletzt geflüchtet ist, sollte man den Vorfall ebenfalls melden. Dann kann es der zuständige Jäger suchen, feststellen, wie schwer es verletzt ist, und ihm, wenn nötig, den Gnadenschuss geben.
Es besteht in allen Bundesländern mit Ausnahme von Berlin, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen eine gesetzliche Meldepflicht für Wildunfälle. Diese ist in den Landesjagdgesetzen niedergelegt. In diesen Bundesländern ist es eine bußgeldpflichtige Ordnungswidrigkeit, einen Wildunfall nicht zu melden.
Bei Wildtieren denkt mancher eher an den Sonntagsbraten. Aber: Es ist weder erlaubt noch ratsam, ein verunfalltes Tier in den Kofferraum zu packen und zu Hause als Abendessen zu servieren. Einer der Gründe ist, dass Wildtiere auf den Menschen übertragbare Krankheiten haben können, zum Beispiel Tollwut, Hepatitis E, Brucellose, Tularämie.
Zusätzlich besteht die Gefahr, sich wegen Wilderei strafbar machen. Nach § 292 des Strafgesetzesbuches (StGB) handelt es sich um Jagdwilderei, wenn sich jemand eine Sache aneignet, die dem Jagdrecht unterliegt. Wenn man ein totes Tier einfach mit nach Hause nimmt, das zum Jagdwild gehört, ist dieser Tatbestand erfüllt. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Tier erschossen oder bei einem Unfall getötet wurde. Wilderei wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet. Hinzu kommt, dass in mehreren Bundesländern das Mitnehmen von verunfallten toten Wildtieren durch das jeweilige Landesjagdgesetz verboten ist.
Ein hartnäckiges Gerücht besagt, dass der zuständige Jagdpächter für einen Unfallschaden durch Wild aufkommen muss. Dies ist jedoch falsch. Es gibt aber eine Ausnahme: Der Jagdpächter muss für Schäden haften, die entstehen, weil er selbst eine Treibjagd quer über eine Bundesstraße veranstaltet hat, ohne die nötigen Sicherungsvorkehrungen zu treffen.
Umgekehrt kann ein Jagdpächter auch keinen Schadensersatz von einem Autofahrer verlangen, weil dieser ein Wildtier überfahren hat. Auch Gebühren für die Beseitigung des Tierkörpers darf er nicht fordern.
In drei Fällen hat das niedersächsische Oberverwaltungsgericht entschieden, dass Autofahrer nach einem Wildunfall nicht die Entsorgung des toten Tiers durch eine Fachfirma bezahlen müssen. Geklagt hatte eine Straßenverkehrsbehörde, die den Autofahrern je knapp 400 Euro berechnet hatte.
Dem Gericht zufolge handelt es sich bei einem toten Wildtier nicht um eine Verunreinigung der Straße im Sinne der Landesgesetze. Auch könne man von einer Person, die selbst nicht zur Reinigung von Straßen verpflichtet sei, auch keine Straßenreinigungskosten fordern (Urteile vom 20.11.2017, Az. 7 LC 34/17, 7 LC 35/17 und 7 LC 37/17).
Sofern keine anderen menschlichen Verkehrsteilnehmer Sach- oder Personenschäden erlitten haben, hat die Haftpflichtversicherung mit dem Vorfall nichts zu tun.
Die Kaskoversicherung – sofern vorhanden – trägt in der Regel Wildschäden am eigenen Auto. Als Wildunfälle gelten für die Versicherungen Kollisionen mit Haarwild, also mit Rehen, Hirschen, Wildschweinen, Hasen, Füchsen oder Gämsen. Meist sind Unfallschäden durch eine Kollision mit diesen Tieren durch die Teilkasko abgedeckt. Als zusätzliche Voraussetzung muss es sich jedoch nicht nur um Haarwild, sondern auch um Jagdwild handeln. Dies bestätigte auch das Landgericht Coburg: Demnach muss die Teilkaskoversicherung nicht für eine Kollision mit einem Eichhörnchen zahlen (Az. 23 O 256/09).
Eine Vollkaskoversicherung deckt Schäden durch weitere Tierarten ab. Einige Versicherungsgesellschaften haben ihren Versicherungsschutz auch in der Teilkaskoversicherung auf weitere Tiere ausgedehnt. Dann sind zum Beispiel auch Schäden durch bestimmte Nutztiere wie Rinder, Pferde und Ziegen abgedeckt. Näheres verrät Ihnen Ihre Versicherungspolice.
Übrigens zahlt eine Kaskoversicherung den Schaden nur, wenn das Auto beim Unfall in Bewegung war - also nicht, wenn es beim Parken von einem Elch attackiert wurde.
Bei der Teilkaskoversicherung muss der Versicherte beweisen, dass es sich um einen Wildunfall gehandelt hat. Es besteht also nur Versicherungsschutz, wenn man eine entsprechende Bestätigung der Polizei oder des Jagdpächters vorlegen kann. Auch empfehlen sich zusätzliche Beweise wie Fotos. Sachverständige können mit Hilfe von Haar- und Blutresten am Fahrzeug feststellen, um welche Tierart es sich gehandelt hat.
Bei einer Vollkaskoversicherung gilt: Wenn die Versicherung nicht an einen Wildschaden glaubt, weil zum Beispiel keine Blut- und Haarreste von Wild am Auto zu finden waren, muss sie nicht zahlen, wenn der Kunde eine "Aufklärungsobliegenheit" verletzt hat (indem er gelogen hat). Allerdings muss der Versicherer dazu eindeutig beweisen, dass es kein Wildunfall war. Kann er diesen Beweis nicht liefern, muss die Vollkaskoversicherung leisten (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 20.2.2008, Az. 20 U 134/07).
Tipp: Bei Wildunfällen ist für Verkehrsteilnehmer immer eine Beweissicherung zu empfehlen: Im Fall des OLG Hamm war der Schaden fünfstellig.
Ein weiterer Unterschied zwischen beiden Versicherungsarten ist: Bei einer Vollkasko verliert man bei der Schadensabwicklung seinen Schadenfreiheitsrabatt. Dies gilt in der Teilkaskoversicherung nicht, da es dort keinen gibt.
Ein Autofahrer verlangte die Erstattung seines Unfallschadens von seiner Teilkasko. Ihm war nach seinen Angaben auf einer Landstraße ein Reh auf die Motorhaube gesprungen, so dass er nichts mehr sehen konnte, die Gewalt über sein Auto verlor und mehrfach mit der Leitplanke kollidierte. Als Beweis führte er den Polizeibericht an, der ein totes Reh auf der Straße bestätigte. Die Versicherung zahlte jedoch nicht, und das Amtsgericht München gab ihr Recht. Es sei nicht zweifelsfrei feststellbar, dass das Reh den Unfall verursacht habe. Niemand habe Fotos vom Unfallort gemacht. Das Unfallauto war längst verschrottet. Damit konnte der Mann aus Sicht des Gerichts seiner Beweispflicht nicht nachkommen – und blieb auf dem Schaden sitzen (Urteil vom 22.8.2024, Az. 123 C 13553/23).
Manchmal landet ein Auto im Straßengraben, obwohl es gar keinen direkten Kontakt zwischen Auto und Wildtier gab. Dies kommt speziell dann vor, wenn der Fahrer – vielleicht ganz instinktiv – versucht hat, auszuweichen. In diesem Fall ist ein Wildunfall schwer nachzuweisen. Die Teilkasko zahlt dann oft nicht.
Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat jedoch entschieden, dass die Teilkasko grundsätzlich auch bei einem Ausweichunfall zahlen muss. Voraussetzung ist, dass die Ausweich-Reaktion des Fahrers nicht reflexartig erfolgt ist und der Größe des Tieres angemessen war. Denn: Je größer das Tier ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für erhebliche Verletzungen der Fahrzeuginsassen. Desto eher ist also Ausweichen angesagt, selbst wenn das Auto dadurch im Graben landet. Wenn die Größe des Tieres nicht mehr feststellbar ist, reduziert sich die Kostentragung des Versicherers nach dem Urteil auf 50 Prozent (Urteil vom 26.1.2011, Az. 5 U 356/10). Allerdings sollte man beim Ausweichen keine Bäume rammen – dabei ist die Wahrscheinlichkeit für schwere Verletzungen noch größer, und manches lässt sich durch Geld nicht mehr reparieren.
Bei Ausweichunfällen mit Kleintieren verweigern viele Versicherer die Zahlung, weil hier das Schadensrisiko beim Überfahren geringer ist als beim Ausweichen. Die Unternehmen berufen sich dann auf grobe Fahrlässigkeit. Wichtig: Dies gilt nur außerhalb geschlossener Ortschaften. Auch gibt es durchaus Gerichtsurteile, die zum Beispiel das Ausweichen vor einem Fuchs nicht als grob fahrlässig ansehen, sodass die Versicherung zahlen muss (Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.7.2007, Az. XII ZR 197/05). In diesem Fall sah das höchste deutsche Zivilgericht das Ausweichen als ganz natürliche Reaktion des Autofahrers an.
Gerade in der dunklen Jahreszeit sollte man besonders auf Wildtiere achten. Insbesondere in ländlichen Gegenden empfiehlt es sich dann, vorsichtig zu fahren. Kommt es dann doch zu einem Wildunfall und die Kaskoversicherung will nicht zahlen, empfiehlt sich eine Beratung durch einen Fachanwalt für Verkehrsrecht.
Das Wichtigste in Kürze
1. Verhalten nach Wildunfall: Anhalten, die Unfallstelle sichern, die Polizei sowie den Jagdpächter verständigen und am Unfallort warten. Außer in Berlin, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, sind Wildunfälle in allen Bundesländern meldepflichtig.
2. Beweissicherung: Kfz-Besitzer, die Opfer eines Wildunfalls wurden, sollten immer eine Beweissicherung mittels eigener Fotos vom Unfallort durchführen.
3. Versicherung: Bei der Teilkaskoversicherung muss der Versicherte beweisen, dass es sich um einen Wildunfall gehandelt hat. Bei der Vollkaskoversicherung muss der Versicherer dagegen eindeutig beweisen, dass es kein Wildunfall war, wenn er nicht zahlen will.
1. Verhalten nach Wildunfall: Anhalten, die Unfallstelle sichern, die Polizei sowie den Jagdpächter verständigen und am Unfallort warten. Außer in Berlin, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, sind Wildunfälle in allen Bundesländern meldepflichtig.
2. Beweissicherung: Kfz-Besitzer, die Opfer eines Wildunfalls wurden, sollten immer eine Beweissicherung mittels eigener Fotos vom Unfallort durchführen.
3. Versicherung: Bei der Teilkaskoversicherung muss der Versicherte beweisen, dass es sich um einen Wildunfall gehandelt hat. Bei der Vollkaskoversicherung muss der Versicherer dagegen eindeutig beweisen, dass es kein Wildunfall war, wenn er nicht zahlen will.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wo droht Gefahr durch Wild? Wie verhält man sich nach einem Wildunfall? Ist man verpflichtet, einen Wildunfall zu melden? Wildgulasch a la rue - Achtung: strafbare Wilderei Muss der Jagdpächter nach einem Wildunfall Schadensersatz leisten? Müssen Autofahrer nach einem Wildunfall die Straßenreinigung zahlen? Welche Versicherung zahlt den entstandenen Schaden? Unterschiede zwischen Teilkasko und Vollkasko Urteil: Totes Reh allein ist noch kein Beweis Zahlt die Versicherung nach einem Ausweichunfall? Was gilt beim Ausweichen wegen Kleintieren? Praxistipp zu Wildunfällen Wo droht Gefahr durch Wild?
Oft sind bekannte Wildwechsel ausgeschildert. Eine solche Beschilderung bedeutet meist, dass es an dieser Stelle bereits mehrfach zu Wildunfällen gekommen ist. Auch an nicht gekennzeichneten Stellen besteht jedoch immer die Gefahr, dass Wildtiere Straßen überqueren. Besonders gefährlich sind Straßen, die durch Wälder führen sowie Alleen durch Feld- und Wiesengebiete. Besonders bei schlechten Sichtverhältnissen sollte man dort auf eine angepasste Geschwindigkeit und eine vorausschauende Fahrweise achten.
Wie verhält man sich nach einem Wildunfall?
Zunächst gilt nach einem Unfall mit einem Wildtier wie bei jedem anderen Unfall: Nicht einfach weiterfahren. Denn:
- Wird ein Wildunfall nicht vorschriftsmäßig aufgenommen, ist der Versicherungsschutz gefährdet. Versicherungen verlangen Belege für einen Wildunfall.
- Wer ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder ihm länger andauernde Schmerzen zufügt, macht sich strafbar nach § 17 Tierschutzgesetz. Eine solche Strafbarkeit ist möglich, wenn man zum Beispiel ein verletztes Tier nicht waidgerecht selbst tötet oder es einfach verletzt am Straßenrand zurücklässt.
- Ein totes Tier kann eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellen.
Das richtige Verhalten:
- Halten Sie an.
- Sichern Sie die Unfallstelle.
- Verständigen Sie die Polizei.
- Warten Sie am Unfallort.
Die Polizei nimmt den Wildunfall auf und benachrichtigt den zuständigen Jäger oder Jagdpächter. Dieser ist dann für das tote oder verletzte Tier verantwortlich.
Abzuraten ist vom eigenen Umgang mit verletzten Tieren. Diese können in Schmerz oder Panik ausschlagen oder beißen und Verletzungen verursachen.
Wenn ein Tier nach einem Unfall verletzt geflüchtet ist, sollte man den Vorfall ebenfalls melden. Dann kann es der zuständige Jäger suchen, feststellen, wie schwer es verletzt ist, und ihm, wenn nötig, den Gnadenschuss geben.
Ist man verpflichtet, einen Wildunfall zu melden?
Es besteht in allen Bundesländern mit Ausnahme von Berlin, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen eine gesetzliche Meldepflicht für Wildunfälle. Diese ist in den Landesjagdgesetzen niedergelegt. In diesen Bundesländern ist es eine bußgeldpflichtige Ordnungswidrigkeit, einen Wildunfall nicht zu melden.
Wildgulasch a la rue - Achtung: strafbare Wilderei
Bei Wildtieren denkt mancher eher an den Sonntagsbraten. Aber: Es ist weder erlaubt noch ratsam, ein verunfalltes Tier in den Kofferraum zu packen und zu Hause als Abendessen zu servieren. Einer der Gründe ist, dass Wildtiere auf den Menschen übertragbare Krankheiten haben können, zum Beispiel Tollwut, Hepatitis E, Brucellose, Tularämie.
Zusätzlich besteht die Gefahr, sich wegen Wilderei strafbar machen. Nach § 292 des Strafgesetzesbuches (StGB) handelt es sich um Jagdwilderei, wenn sich jemand eine Sache aneignet, die dem Jagdrecht unterliegt. Wenn man ein totes Tier einfach mit nach Hause nimmt, das zum Jagdwild gehört, ist dieser Tatbestand erfüllt. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Tier erschossen oder bei einem Unfall getötet wurde. Wilderei wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet. Hinzu kommt, dass in mehreren Bundesländern das Mitnehmen von verunfallten toten Wildtieren durch das jeweilige Landesjagdgesetz verboten ist.
Muss der Jagdpächter nach einem Wildunfall Schadensersatz leisten?
Ein hartnäckiges Gerücht besagt, dass der zuständige Jagdpächter für einen Unfallschaden durch Wild aufkommen muss. Dies ist jedoch falsch. Es gibt aber eine Ausnahme: Der Jagdpächter muss für Schäden haften, die entstehen, weil er selbst eine Treibjagd quer über eine Bundesstraße veranstaltet hat, ohne die nötigen Sicherungsvorkehrungen zu treffen.
Umgekehrt kann ein Jagdpächter auch keinen Schadensersatz von einem Autofahrer verlangen, weil dieser ein Wildtier überfahren hat. Auch Gebühren für die Beseitigung des Tierkörpers darf er nicht fordern.
Müssen Autofahrer nach einem Wildunfall die Straßenreinigung zahlen?
In drei Fällen hat das niedersächsische Oberverwaltungsgericht entschieden, dass Autofahrer nach einem Wildunfall nicht die Entsorgung des toten Tiers durch eine Fachfirma bezahlen müssen. Geklagt hatte eine Straßenverkehrsbehörde, die den Autofahrern je knapp 400 Euro berechnet hatte.
Dem Gericht zufolge handelt es sich bei einem toten Wildtier nicht um eine Verunreinigung der Straße im Sinne der Landesgesetze. Auch könne man von einer Person, die selbst nicht zur Reinigung von Straßen verpflichtet sei, auch keine Straßenreinigungskosten fordern (Urteile vom 20.11.2017, Az. 7 LC 34/17, 7 LC 35/17 und 7 LC 37/17).
Welche Versicherung zahlt den entstandenen Schaden?
Sofern keine anderen menschlichen Verkehrsteilnehmer Sach- oder Personenschäden erlitten haben, hat die Haftpflichtversicherung mit dem Vorfall nichts zu tun.
Die Kaskoversicherung – sofern vorhanden – trägt in der Regel Wildschäden am eigenen Auto. Als Wildunfälle gelten für die Versicherungen Kollisionen mit Haarwild, also mit Rehen, Hirschen, Wildschweinen, Hasen, Füchsen oder Gämsen. Meist sind Unfallschäden durch eine Kollision mit diesen Tieren durch die Teilkasko abgedeckt. Als zusätzliche Voraussetzung muss es sich jedoch nicht nur um Haarwild, sondern auch um Jagdwild handeln. Dies bestätigte auch das Landgericht Coburg: Demnach muss die Teilkaskoversicherung nicht für eine Kollision mit einem Eichhörnchen zahlen (Az. 23 O 256/09).
Eine Vollkaskoversicherung deckt Schäden durch weitere Tierarten ab. Einige Versicherungsgesellschaften haben ihren Versicherungsschutz auch in der Teilkaskoversicherung auf weitere Tiere ausgedehnt. Dann sind zum Beispiel auch Schäden durch bestimmte Nutztiere wie Rinder, Pferde und Ziegen abgedeckt. Näheres verrät Ihnen Ihre Versicherungspolice.
Übrigens zahlt eine Kaskoversicherung den Schaden nur, wenn das Auto beim Unfall in Bewegung war - also nicht, wenn es beim Parken von einem Elch attackiert wurde.
Unterschiede zwischen Teilkasko und Vollkasko
Bei der Teilkaskoversicherung muss der Versicherte beweisen, dass es sich um einen Wildunfall gehandelt hat. Es besteht also nur Versicherungsschutz, wenn man eine entsprechende Bestätigung der Polizei oder des Jagdpächters vorlegen kann. Auch empfehlen sich zusätzliche Beweise wie Fotos. Sachverständige können mit Hilfe von Haar- und Blutresten am Fahrzeug feststellen, um welche Tierart es sich gehandelt hat.
Bei einer Vollkaskoversicherung gilt: Wenn die Versicherung nicht an einen Wildschaden glaubt, weil zum Beispiel keine Blut- und Haarreste von Wild am Auto zu finden waren, muss sie nicht zahlen, wenn der Kunde eine "Aufklärungsobliegenheit" verletzt hat (indem er gelogen hat). Allerdings muss der Versicherer dazu eindeutig beweisen, dass es kein Wildunfall war. Kann er diesen Beweis nicht liefern, muss die Vollkaskoversicherung leisten (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 20.2.2008, Az. 20 U 134/07).
Tipp: Bei Wildunfällen ist für Verkehrsteilnehmer immer eine Beweissicherung zu empfehlen: Im Fall des OLG Hamm war der Schaden fünfstellig.
Ein weiterer Unterschied zwischen beiden Versicherungsarten ist: Bei einer Vollkasko verliert man bei der Schadensabwicklung seinen Schadenfreiheitsrabatt. Dies gilt in der Teilkaskoversicherung nicht, da es dort keinen gibt.
Urteil: Totes Reh allein ist noch kein Beweis
Ein Autofahrer verlangte die Erstattung seines Unfallschadens von seiner Teilkasko. Ihm war nach seinen Angaben auf einer Landstraße ein Reh auf die Motorhaube gesprungen, so dass er nichts mehr sehen konnte, die Gewalt über sein Auto verlor und mehrfach mit der Leitplanke kollidierte. Als Beweis führte er den Polizeibericht an, der ein totes Reh auf der Straße bestätigte. Die Versicherung zahlte jedoch nicht, und das Amtsgericht München gab ihr Recht. Es sei nicht zweifelsfrei feststellbar, dass das Reh den Unfall verursacht habe. Niemand habe Fotos vom Unfallort gemacht. Das Unfallauto war längst verschrottet. Damit konnte der Mann aus Sicht des Gerichts seiner Beweispflicht nicht nachkommen – und blieb auf dem Schaden sitzen (Urteil vom 22.8.2024, Az. 123 C 13553/23).
Zahlt die Versicherung nach einem Ausweichunfall?
Manchmal landet ein Auto im Straßengraben, obwohl es gar keinen direkten Kontakt zwischen Auto und Wildtier gab. Dies kommt speziell dann vor, wenn der Fahrer – vielleicht ganz instinktiv – versucht hat, auszuweichen. In diesem Fall ist ein Wildunfall schwer nachzuweisen. Die Teilkasko zahlt dann oft nicht.
Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat jedoch entschieden, dass die Teilkasko grundsätzlich auch bei einem Ausweichunfall zahlen muss. Voraussetzung ist, dass die Ausweich-Reaktion des Fahrers nicht reflexartig erfolgt ist und der Größe des Tieres angemessen war. Denn: Je größer das Tier ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für erhebliche Verletzungen der Fahrzeuginsassen. Desto eher ist also Ausweichen angesagt, selbst wenn das Auto dadurch im Graben landet. Wenn die Größe des Tieres nicht mehr feststellbar ist, reduziert sich die Kostentragung des Versicherers nach dem Urteil auf 50 Prozent (Urteil vom 26.1.2011, Az. 5 U 356/10). Allerdings sollte man beim Ausweichen keine Bäume rammen – dabei ist die Wahrscheinlichkeit für schwere Verletzungen noch größer, und manches lässt sich durch Geld nicht mehr reparieren.
Was gilt beim Ausweichen wegen Kleintieren?
Bei Ausweichunfällen mit Kleintieren verweigern viele Versicherer die Zahlung, weil hier das Schadensrisiko beim Überfahren geringer ist als beim Ausweichen. Die Unternehmen berufen sich dann auf grobe Fahrlässigkeit. Wichtig: Dies gilt nur außerhalb geschlossener Ortschaften. Auch gibt es durchaus Gerichtsurteile, die zum Beispiel das Ausweichen vor einem Fuchs nicht als grob fahrlässig ansehen, sodass die Versicherung zahlen muss (Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.7.2007, Az. XII ZR 197/05). In diesem Fall sah das höchste deutsche Zivilgericht das Ausweichen als ganz natürliche Reaktion des Autofahrers an.
Praxistipp zu Wildunfällen
Gerade in der dunklen Jahreszeit sollte man besonders auf Wildtiere achten. Insbesondere in ländlichen Gegenden empfiehlt es sich dann, vorsichtig zu fahren. Kommt es dann doch zu einem Wildunfall und die Kaskoversicherung will nicht zahlen, empfiehlt sich eine Beratung durch einen Fachanwalt für Verkehrsrecht.
(Bu)