Wann muss ich Winterreifen an meinem Auto montieren?

22.01.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Auto,Schnee,Winterreifen Schlechte Witterung: Sind Winterreifen Pflicht? © Rh - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Winterreifenpflicht: Bei winterlichen Straßenverhältnissen, wie Schnee, Matsch oder Glätte, müssen Kraftfahrzeuge mit Winterreifen ausgestattet sein.

2. Anforderungen an Winterreifen: Seit dem 1. Januar 2018 müssen neu hergestellte Winterreifen die Kennzeichnung mit dem Alpine-Symbol haben. Winterreifen, die bis zum 31.12.2017 lediglich mit dem M+S-Symbol hergestellt wurden, dürfen noch bis zum 30.9.2024 benutzt werden.

3. Bußgeld: Ein Verstoß gegen die Winterreifenpflicht kann ein Bußgeld in Höhe von 60 Euro und einen Punkt in Flensburg zur Folge haben. Bei Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer steigt das Bußgeld auf 80 Euro, bei Gefährdung anderer auf 100 Euro, bei einem Unfall auf 120 Euro.

4. Haftung: Kommt es auf winterlichen Straßen zu einem Verkehrsunfall, bei dem keine Winterreifen montiert sind, kann dies auch bei einem fremdverschuldeten Unfall zu einer Mithaftung führen.
Die deutsche Winterreifenpflicht schreibt keine festen Termine für den Reifenwechsel vor. Stattdessen ist sie von der Wetterlage abhängig. Schließlich hält sich auch der Winter nicht an feste Termine. Auch fällt das Winterwetter in den verschiedenen Gebieten Deutschlands sehr unterschiedlich aus. Während Bayern womöglich über längere Zeit im Schnee versinkt, müssen die Hamburger unter Umständen nur an fünf Tagen im Jahr etwas leichten Schneematsch erdulden. Dies kann sich natürlich auch von Jahr zu Jahr unterscheiden. Autofahrer müssen daher aufgrund der Erfahrungen mit dem Wetter in ihrer Region rechtzeitig Vorsorge treffen und Winterreifen aufziehen. Rechtlich wird dies eine "situative", also situationsgebundene Winterreifenpflicht genannt. Im europäischen Ausland gibt es abweichende Regeln zum Thema Winterreifen.

Wie und wo ist die Winterreifenpflicht geregelt?


§ 2 Absatz 3a der Straßenverkehrsordnung (StVO) schreibt vor, dass Kraftfahrzeuge "bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte" nur unterwegs sein dürfen, wenn ihre Reifen auf allen Rädern den Anforderungen von § 36 Abs. 4 der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung (StVZO) entsprechen. Dort wiederum sind die Anforderungen an Winterreifen festgelegt. Die StVO nimmt mehrere besondere Fahrzeugklassen von der Winterreifenpflicht aus – darunter auch solche, für die es keine Winterreifen zu kaufen gibt. Das Ergebnis: Für private Autos gilt bei Winterwetter Winterreifenpflicht – unabhängig vom Datum auf dem Kalender.

Was hat sich 2017 bei Winterreifen geändert?


Die Vorschrift zu den Winterreifen wurde zum 1.6.2017 geändert. Damals wurden unter anderem Änderungen in der StVO, der StVZO und in der Bußgeldkatalog-Verordnung vorgenommen. Die bis dahin übliche Bezeichnung "M+S" für Winterreifen wurde abgeschafft. Seitdem ist anerkanntes Symbol und Gütesiegel für Winterreifen das "Alpine-Symbol", also der stilisierte Berg mit der Schneeflocke darin. Die Änderung wurde durchgeführt, weil "M+S" nur eine unverbindliche Angabe der Hersteller war. Das "Alpine-Symbol" darf im Gegensatz dazu nur auf Reifen angebracht werden, die nachprüfbar einige Kriterien für die Wintertauglichkeit erfüllen.

Wer als Autofahrer zur Zeit dieser Reform gerade neue Winterreifen gekauft hat, profitierte von einer Übergangsregelung: Bis 30.9.2024 durfte man Winterreifen mit dem M+S-Symbol aufbrauchen, die bis zum 31.12.2017 hergestellt waren. Das Herstellungsdatum kann man an der auf dem Reifen eingeprägten DOT-Nummer ablesen, die mit vier Ziffern endet. Die ersten beiden Zahlen bezeichnen die Kalenderwoche, die letzten das Jahr der Herstellung. Beispiel: 1217 = 12. Kalenderwoche, also März 2017.

Sind statt Winterreifen auch Allwetterreifen erlaubt?


Zulässige und für winterliches Wetter geeignete Winterreifen sind heute durch ein Symbol einer Schneeflocke in einem stilisierten dreispitzigen Berg gekennzeichnet. Diese Reifen erfüllen die gesetzlichen Mindestanforderungen. Wenn Ganzjahres- oder Allwetterreifen dieses Symbol tragen, gelten auch sie rechtlich als Winterreifen. Dann darf man sie bei winterlichen Straßenverhältnissen nutzen. Auf diese Art können Autofahrer sich den jährlichen Reifenwechsel, die Einlagerung eines Reifensatzes und die Kosten für einen zweiten Satz Reifen sparen. Dies ist besonders in Gebieten praktisch, in denen wenig Schnee fällt. In Gegenden mit hohem Schneeaufkommen sind eher reine Winterreifen zu empfehlen.

Für welche Fahrzeuge braucht man Winterreifen?


Grundsätzlich müssen alle motorisierten Fahrzeuge wie etwa PKW mit Winterreifen ausgestattet werden. Ausnahmen gibt es für Anhänger, Fahrräder oder Wohnwagen. Müssen Anhänger oder Wohnwagen aus irgendwelchen Gründen auch im Winter unbedingt bewegt werden, sind auch für diese Fahrzeuge Winterreifen zu empfehlen. LKW und Busse (Klassen M2, M3, N2, N3) müssen nur auf den Antriebsachsen und den vorderen Lenkachsen mit Winterreifen ausgestattet werden.

Welche Ausnahmen von der Winterreifenpflicht gibt es?


Ausnahmen von der Winterreifenpflicht gibt es für Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft, einspurige Kraftfahrzeuge, Stapler, motorisierte Krankenfahrstühle und Einsatzfahrzeuge von Polizei, Zoll, Feuerwehr, Katastrophenschutz und Bundeswehr, sofern es für sie bauartbedingt keine Winterreifen zu kaufen gibt. Nicht als Winterreifen anerkannt werden grobstollige Geländereifen für Geländewagen.

Müssen auch Motorräder Winterreifen haben?


Nein. Die frühere Winterreifenpflicht für Motorräder wurde durch die Gesetzesänderung von 2017 abgeschafft.

Gelten ohne Winterreifen besondere Sorgfaltspflichten?


Fahrer der von der Winterreifenpflicht ausgenommenen Fahrzeuge müssen bei winterlichem Wetter eine besondere Sorgfaltspflicht beachten. So müssen sie etwa vor jeder einzelnen Fahrt prüfen, ob diese tatsächlich nötig ist – oder ob zum Beispiel das Ziel auch mit anderen Verkehrsmitteln erreicht werden kann.

Auch müssen die Fahrer dieser Fahrzeuge während der Fahrt darauf achten,
- zum vorderen Fahrzeug einen tempoabhängigen Mindestabstand "halber Tacho in Metern" einzuhalten,
- eine Geschwindigkeit von maximal 50 km/h nicht zu überschreiten, wenn nicht sogar eine geringere Geschwindigkeit geboten ist.

Fahrer von Gefahrguttransportern müssen bei unter 50 m Sicht, bei Schneeglätte oder Glatteis, jede Gefährdung für andere ausschließen. Im Zweifelsfall müssen sie den nächsten Parkplatz ansteuern.

Müssen auch Mietwagen und Firmenwagen Winterreifen haben?


Autovermieter sind dazu verpflichtet, ihren Kunden verkehrssichere Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen. Bei winterlichen Straßenverhältnissen sind Autos mit Sommerreifen nicht verkehrssicher. Trotzdem bieten viele Autovermieter an ihren Mietwagen Winterreifen nur gegen Aufpreis an. Inzwischen besagt die Straßenverkehrsordnung, dass nicht nur der Fahrer ein Bußgeld zahlen muss, wenn die Bereifung nicht den Witterungsverhältnissen entspricht, sondern auch die Autovermietung.

Diese Regelung gilt nicht nur für Mietwagenunternehmen bei Verstößen gegen die Winterreifenpflicht, sondern auch für Unternehmen als Halter von Firmenwagen.

Auch Privatpersonen müssen ein Bußgeld zahlen, wenn sie ihr Fahrzeug mit Sommerreifen privat an einen Dritten ausleihen.

Zahlt die Kaskoversicherung bei einem Unfall ohne Winterreifen?


Wenn bei winterlichen Straßenverhältnissen keine Winterreifen montiert sind und es dann zu einem Unfall kommt, kann sich die Kaskoversicherung auf § 81 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) berufen ("Herbeiführung des Versicherungsfalles"). Dann kann sie ihre Leistungen wegen grober Fahrlässigkeit in einem der Schwere des Verschuldens des Kunden entsprechenden Verhältnis kürzen. Allerdings wird heute bei vielen Versicherungsverträgen der "Einwand der groben Fahrlässigkeit" ausdrücklich ausgeschlossen. Bei Vertragsabschluss sollte man darauf achten.

Wenn man einen Unfall verursacht, bezahlt die eigene Kfz-Haftpflichtversicherung den Schaden des Unfallgegners. Dies tut sie auch dann, wenn man keine Winterreifen aufgezogen hatte. Ist ein PKW jedoch längere Zeit bei winterlichem Wetter mit Sommerreifen unterwegs, liegt aus Sicht der Versicherung eine Gefahrerhöhung vor. Darüber muss die Versicherung informiert werden. Ist dies unterblieben, kann die Haftpflichtversicherung ihren Versicherungsnehmer nach einem Unfall gemäß § 5 Abs. 3 der KfZ-Pflichtversicherungsverordnung mit bis zu 5.000 Euro in Regress nehmen.

Hafte ich bei einem fremdverschuldeten Unfall mit, weil ich keine Winterreifen hatte?


Wenn ein Autofahrer bei einem fremdverschuldeten Unfall auf winterlichen Straßen einen Schaden erleidet, während er mit Sommerreifen unterwegs ist, wird ein eigenes Verschulden vermutet. Der Fahrer hat jedoch die Möglichkeit, sich zu entlasten. Hier kommt es darauf an, ob die Gefahrensituation für einen "normalen" Fahrer erkennbar gewesen wäre. Wenn dies nicht der Fall war oder die Sommerreifen eindeutig als Unfallursache ausscheiden, gibt es keine Mithaftung.

Wie hoch ist das Bußgeld, wenn man ohne Winterreifen fährt?


Ist man als Autofahrer bei winterlichen Straßenverhältnissen mit ungeeigneter Bereifung unterwegs, handelt es sich um eine bußgeldpflichtige Ordnungswidrigkeit. Dafür sind 60 Euro Bußgeld zu zahlen, hinzu kommt ein Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg. Wenn ein Winterreifen-Verweigerer andere Verkehrsteilnehmer blockiert, indem er etwa mit seinem Fahrzeug eine Steigung oder Kreuzung versperrt, steigt das Bußgeld auf 80 Euro. Bei Gefährdung anderer sind es 100 Euro, bei einem Unfall 120 Euro, jeweils verbunden mit einem Punkt in Flensburg (Bußgeldkatalog vom 22.8.2024).

Gibt es auch im Ausland eine Winterreifenpflicht?


In Österreich gilt zwischen dem 1. November und dem 15. April eine Winterreifenpflicht für PKW und Lkw mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht bis zu 3,5 t. Diese Pflicht besteht nur bei winterlichen Wetterverhältnissen. In Österreich müssen Winterreifen ein Profil von mindestens fünf mm bei Diagonalbauart oder vier mm bei Radialbauart haben. Winterreifen nur mit dem Schneeflockensymbol sind in Österreich bisher nicht zugelassen. Hier ist weiter der Aufdruck "M+S" entscheidend. Das Bußgeld kann bei bis zu 5.000 Euro liegen.

In Italien können die einzelnen Provinzen ihre eigenen Regeln erlassen. Was jeweils gilt, wird häufig ausgeschildert. Achtung: Italien verhängt im Sommer drastische Bußgelder für das Fahren mit Winterreifen; abhängig ist dies vom Geschwindigkeitsindex.

In Frankreich schreiben Verkehrsschilder auf einigen Gebirgsstraßen eine Winterreifen- oder Schneekettenpflicht vor.

Tschechien schreibt für Winterreifen eine Profiltiefe von mindestens vier mm vor. Die Winterreifenpflicht besteht von 1.11. bis 31.3. des Folgejahres.

In Dänemark, Norwegen, Großbritannien, Polen, Belgien und den Niederlanden besteht keine generelle Winterreifenpflicht.

Winterräder rollen gegen Garagentor: Wer haftet?


Das Oberlandesgericht Oldenburg befasste sich mit einem skurrilen Unfall. Ein Reifenhändler hatte nach dem Reifenwechsel den zweiten Rädersatz eines Kunden in dessen Kofferraum gepackt. Die Winterräder standen darin aufrecht nebeneinander. Der Kunde öffnete zu Hause auf seiner abschüssigen Garagenzufahrt den Kofferraum – und sofort kam ihm eine Räderlawine entgegen. Diese schlug mit Wucht in sein Garagentor ein. Den Schaden von 6.000 Euro wollte er vom Reifenhändler ersetzt bekommen.

Das Gericht wies jedoch die Klage ab: Der Autofahrer hätte sich nur einmal auf dem Fahrersitz umdrehen müssen, um zu sehen, dass seine Rückbank nicht – wie auf der Hinfahrt – heruntergeklappt war, sondern sich in Normalstellung befand. Deswegen hätte ihm klar sein müssen, dass die Winterräder nur aufrecht im Kofferraum stehen konnten. Daher hätte er die Heckklappe vorsichtiger öffnen müssen. Das Gericht sprach ihm eine überwiegende Mitschuld zu. Diese lag bei 100 % (Urteil vom 31.5.2017, Az. 9 U 21/17).

Praxistipp zur Winterreifenpflicht


Ist man im Winter ständig auf sein Auto angewiesen, sollte man zwischen Oktober und Ostern Winterreifen aufziehen. Sonst ist das Risiko zu groß, nach einem Unfall auf Schnee, Eis oder Schneematsch auf dem eigenen Schaden sitzen zu bleiben. Auch drohen zusätzlich zum Schaden ein Bußgeld und Punkte in Flensburg. Nach einem Unfall kann Ihnen ein auf das Verkehrsrecht spezialisierter Rechtsanwalt zu Ihrem Recht verhelfen.

(Ma)


 Ulf Matzen
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