Gutscheine: Einlösung, Gültigkeit, Recht auf Auszahlung

11.11.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Gutschein,Kugelschreiber Gutscheine: Was dürfen Händler festlegen? © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Mindestgültigkeitsdauer: Grundsätzlich beträgt die Gültigkeitsdauer für Gutscheine drei Jahre ab dem Ende des Ausstellungsjahres. Bei gekauften Gutscheinen darf der Händler diese Frist verkürzen, wenn ein besonderer Grund vorliegt. Verschenkt ein Händler dagegen Gutscheine, darf er die Gültigkeitsdauer selbst bestimmen.

2. Kaufpreiserstattung: Ist das Ablaufdatum des Gutscheins überschritten, aber noch keine Verjährung eingetreten, kann der Kunde den gezahlten Kaufpreis zurückverlangen.

3. Geld statt Ware?: Ein Gutschein gilt nur für die Ware, für die er ausgestellt wurde. Eine Ausnahme besteht jedoch, wenn die betreffende Leistung nicht mehr verfügbar ist.
Bei Gutscheinen wirft nicht nur die Gültigkeitsdauer Fragen auf. So möchten viele Verbraucher ihre Gutscheine gar nicht einlösen, sondern wollen sie lieber in Bargeld umtauschen. Oder sie nur teilweise nutzen und sich den Rest auszahlen lassen. Unsicherheit gibt es auch bei der Frage, wer einen Gutschein einlösen darf.

Wer kann einen Gutschein einlösen?


Einen Gutschein kann jeder einlösen, der ihn besitzt. Rechtlich gelten Gutscheine als "kleines Inhaberpapier". Daher kann sie jeder einlösen, der sie in der Hand hat. Dies gilt sogar dann, wenn auf dem Gutschein der Name einer anderen Person steht. Die Rechtsgrundlage dafür ist § 807 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Gekaufter oder geschenkter Gutschein?


Es gibt zwei Arten von Gutscheinen: Gekaufte (also bezahlte) Gutscheine und solche, die die jeweiligen Aussteller oder Händler verschenken. Diese Unterscheidung ist für die Gültigkeitsdauer entscheidend.

Wie lange sind Gutscheine gültig?


In der Regel beträgt die Gültigkeitsdauer für Gutscheine drei Jahre. So lange dauert nämlich die allgemeine Verjährungsfrist aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Diese Verjährungsfrist gilt für die Ansprüche aus einem Kaufvertrag oder Dienstvertrag, um die es bei einem Gutschein im Normalfall ja geht.

Zu laufen beginnt die Verjährungsfrist mit dem Ende des Jahres, in dem der Gutschein ausgestellt wurde. Aber: Einige Aussteller von Gutscheinen schränken deren Gültigkeitsdauer ein. Dies ist durchaus erlaubt, sowohl bei gekauften, als auch bei verschenkten Gutscheinen. Allerdings gilt dies nur in gewissen Grenzen.

Bei gekauften Gutscheinen gilt: Händler können die Gültigkeitsdauer wirksam einschränken, wenn es dafür einen besonderen Grund gibt. Dieser kann beispielsweise darin bestehen, dass die Lohnkosten für eine Dienstleistung innerhalb von zwei oder drei Jahren gestiegen sind. Einschränkungen der Gültigkeitsdauer gibt es auch bei Gutscheinen für Eintrittskarten zu Veranstaltungen, die an einen bestimmten Termin gebunden sind.

Liegt kein solcher spezieller Grund vor, sind von Händlern vorgenommene Einschränkungen rechtlich unwirksam. Dies gilt speziell, wenn sie in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt sind. Händler und Kunde dürfen jedoch immer auch individuell eine Einschränkung der Gültigkeit aushandeln – diese ist dann wirksam. Allerdings wird eine solche individuelle Absprache - bei der der Kunde ein echtes Mitspracherecht haben muss - eher die Ausnahme sein.

Anders sieht es bei vom Händler verschenkten Gutscheinen aus. Gibt ein Händler einen Gutschein ohne Bezahlung ab, darf er auch ohne Weiteres dessen Gültigkeit nach eigenen Ermessen einschränken.

Urteil: Gültigkeit von Buchgutscheinen


Das Oberlandesgericht München hat sich vor einigen Jahren mit Gutscheinen einer bekannten Online-Handelsplattform befasst. Deren Kunden konnten Geschenkgutscheine kaufen, die sie anschließend mit Hilfe eines Gutscheincodes auf dieser Plattform gegen Waren einlösen konnten. Die Gültigkeitsdauer der Gutscheine war auf ein Jahr festgelegt. Das Gericht fand allerdings keinen objektiven Grund dafür, die Gültigkeitsdauer im Vergleich zur gesetzlichen Verjährungsfrist so stark zu verkürzen. Daher verbot es dem Unternehmen gemäß dem Wettbewerbsrecht, die betreffende Klausel in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen weiterhin zu benutzen (OLG München, Urteil vom 17.1.2008, Az. 29 U 3193/07).

Verfällt ein abgelaufener Gutschein einfach?


Ein Gutschein verfällt, wenn auf ihm kein Ablaufdatum steht und er schlicht entsprechend den gesetzlichen Verjährungsregeln nicht mehr einlösbar ist. Ist darauf jedoch ein Ablaufdatum vermerkt, welches unter der gesetzlichen Verjährungsfrist von drei Jahren liegt, ist die Rechtslage anders: Ist das Ablaufdatum des Gutscheins überschritten, die Verjährung aber noch nicht eingetreten, kann der Kunde den gezahlten Kaufpreis zurückverlangen. Dies beruht auf § 812 BGB (ungerechtfertigte Bereicherung). Der Händler darf jedoch von der Rückzahlung an den Kunden seinen durch die Nichteinlösung des Gutscheins entgangenen Gewinn abziehen.

Update vom 11.11.2024: Was passiert, wenn ein Erlebnisgutschein nicht mehr einlösbar ist?


Gerade bei den sogenannten Erlebnisgutscheinen kommt es vor, dass der Gutschein zwar noch gültig ist, der Vertragspartner des Gutscheinanbieters aber das jeweilige Erlebnis nicht mehr anbietet. Um einen solchen Fall ging es vor dem Amtsgericht München. Eine Frau hatte bei einem bekannten Erlebnis-Portal einen Erlebnisgutschein für eine Stunde Fahren mit einem Schützenpanzer erworben, durchzuführen bei einem lokalen Anbieter. Der erste vereinbarte Termin wurde von beiden Seiten einvernehmlich verschoben. Auch der zweite Termin fiel aus. Dann stellte der lokale Veranstalter die Panzerfahrten ein. Der Gutschein war zwar noch gültig, konnte aber nicht mehr eingelöst werden. Die Kundin verklagte das vermittelnde Onlineportal auf Rückzahlung des Gutscheinpreises. Dieses stellte sich auf den Standpunkt, dass die Kundin den zweiten Termin habe platzen lassen. Laut AGB sei man deshalb berechtigt gewesen, den erhaltenen Kaufpreis an den lokalen Vertragspartner auszuzahlen.

Das Amtsgericht München verurteilte das Portal zur Rückzahlung des Kaufpreises für den Gutschein. Der Anbieter habe das Argument der Kundin, dass beide Termine einverständlich aufgehoben worden seien, nicht widerlegen können. Auch seien die fraglichen AGB gar nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Da die Leistung nicht erbracht werden könne, müsse der gezahlte Betrag zurückerstattet werden (Urteil vom 23.5.2024, Az. 191 C 23654/23).

Welche Angaben müssen auf einem Gutschein stehen?


Auf einem Gutschein sollte vermerkt sein, wer ihn ausgestellt hat. Auch im Interesse des Ausstellers ist dabei auch auf die Fälschungssicherheit zu achten. Natürlich sollte auf dem Gutschein erwähnt werden, wofür dieser eigentlich ist: Also für eine möglichst konkret beschriebene Ware oder Dienstleistung oder für Waren im Wert eines bestimmten Euro-Betrages. Wichtig ist natürlich das Ausstellungsdatum, denn nur mit seiner Hilfe kann man die Gültigkeitsdauer feststellen. Gutscheine müssen in Schriftform ausgestellt werden.

Ist ein Gutschein gegen Geld eintauschbar?


Dies ist grundsätzlich nicht der Fall. Ein Gutschein gilt nur für das, wofür er ausgestellt wurde. Dies können zum Beispiel Bücher in einem bestimmten Warenwert sein, Konzertkarten oder ein Wellness-Wochenende. Eine Ausnahme besteht jedoch, wenn die betreffende Leistung nicht mehr verfügbar ist. Dies kann etwa der Fall sein, wenn das jeweilige Event abgesagt wurde. Gerade bei Erlebnisgutscheinen kommt es vor, dass der eigentliche Veranstalter einer Raftingtour oder von einem Kurs im Bogenschießen oder Messerschmieden diese Erlebnisse ein Jahr später gar nicht mehr anbietet. Dieser Veranstalter muss nicht mit dem Verkäufer des Gutscheins identisch sein, bei dem es sich auch um ein Event-Portal handeln kann. In einem solchen Fall ist der ursprüngliche Vertrag nicht mehr erfüllbar. Die Folge ist, dass der Aussteller des Gutscheins den bezahlten Betrag wieder zurückzuzahlen hat.

Übrigens: Wenn auf einem Gutschein ein Restbetrag verbleibt, muss dieser nicht in bar ausgezahlt werden. Oft gibt es dafür einen neuen Gutschein. Dies darf der Händler auch so handhaben.

Wann gilt ein Geschenkgutschein steuerlich als Sachbezug?


Arbeitgeber dürfen ihren Beschäftigten monatlich Gutscheine im Wert von maximal 50 Euro zukommen lassen, ohne dass für den Gutscheinwert Lohnsteuer oder Sozialversicherungsbeiträge anfallen. Diese neue Freigrenze gilt seit 1. Januar 2022. Es gibt dabei jedoch rechtlich einiges zu beachten: Falls die Sachbezugs-Freigrenze auch nur um einen Euro überschritten wird, ist der ganze Betrag steuerpflichtig.

Grundsätzlich gelten zweckgebundene Gutscheine, wie Gutscheinkarten, digitale Gutscheine, Gutscheincodes oder Gutscheinapplikationen sowie entsprechende Geldkarten als Sachbezüge. Sie fallen nur unter die Sachbezugsfreigrenze, wenn sie zusätzlich zum Arbeitslohn gewährt werden. Auch dürfen sie den Arbeitnehmer nur zum Bezug von Waren und Dienstleistungen beim Arbeitgeber oder einem Dritten berechtigen. Es darf nicht möglich sein, sich den Gutschein in Geld auszahlen zu lassen.

Praxistipp zu Gutscheinen


Immer wieder sorgen Gutscheine für Streit zwischen Verbrauchern und Händlern. Wenn es zu einem Rechtsstreit kommt oder rechtlicher Beratungsbedarf zum Thema Gutscheine besteht, ist ein Rechtsanwalt für Zivilrecht der beste Ansprechpartner.

(Ma)


 Ulf Matzen
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