Zensus 2022: Muss ich antworten oder kann ich verweigern?

19.05.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Der Zensus 2022 läuft - eine neue Volkszählung. Welche Pflichten haben Befragte, darf man die Auskunft verweigern und wann droht ein Bußgeld?

Seit 15. Mai 2022 laufen die Befragungen für den Zensus 2022. Zwölf Wochen lang werden Bürger über ihre persönlichen Verhältnisse und ihr Wohnumfeld befragt. So sollen verlässliche Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszahlen sowie demografische Informationen zu Menschen, Haushalten und Familien gewonnen werden. Die Ergebnisse der Befragungen sollen im November 2023 vorliegen. Viele angeschriebene Bürger fragen sich nun, ob sie zum Antworten verpflichtet sind, ob Sie die Auskunft verweigern dürfen und in welchen Fällen ihnen ein Bußgeld droht.

Wie läuft der Zensus 2022 ab?


Der Zensus besteht aus zwei Teilbereichen. Er teilt sich auf in die Bevölkerungszählung und die Gebäude- und Wohnungszählung. Für die Bevölkerungszählung werden viele Daten aus den amtlichen Melderegistern entnommen. Es muss daher nur ein Teil der Bevölkerung tatsächlich befragt werden - etwa 10,2 Millionen Menschen, zusätzlich alle, die in Gemeinschaftseinrichtungen und Wohnheimen wohnen. Für die Befragung werden zufällig Adressen aus den Melderegistern ausgewählt. Dann muss jeder, der dort wohnt, Auskunft geben.
Von der Gebäude- und Wohnungszählung sind hingegen alle 23 Millionen Gebäude- oder Wohnungseigentümer betroffen. Wer also Eigentümer einer Immobilie ist, wird Fragen beantworten müssen.

Wer ist zur Auskunft verpflichtet?


Jeder, der an einer ausgewählten Adresse wohnt, ist verpflichtet, wahrheitsgemäß Auskunft zu geben. Dies gilt unabhängig von der Staatsbürgerschaft. Minderjährige müssen nur dann Auskunft geben, wenn sie einen eigenen Haushalt führen. Ein Haushaltsmitglied kann bei der persönlichen Befragung stellvertretend für die anderen antworten. Sind Mitglieder des Haushalts krank oder zu jung, hat ein anderes, volljähriges Haushaltsmitglied die Pflicht, stellvertretend für sie Rede und Antwort stehen.

Was passiert, wenn ich falsche Angaben mache, also lüge?


Die im Rahmen der Befragung gestellten Fragen sind den Tatsachen entsprechend zu beantworten. § 23 Absatz 1 des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz - BStatG) regelt insoweit: "Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 15 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 und 5 Satz 1 eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt."
Gemäß § 23 Absatz 3 BStatG können falsche Angaben mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 5.000 Euro bestraft werden. Tatsächlich dürfte es für die auswertenden Behörden allerdings schwierig sein, falsche Angaben aufzudecken, da ein Datenabgleich mit anderen Behörden nicht zulässig ist, also nicht stattfindet.

Bin ich verpflichtet, am Zensus 2022 teilzunehmen?


Wer für die Befragung ausgewählt wurde, ist gesetzlich zur Teilnahme verpflichtet. Die Rechtsgrundlage hierfür findet sich im Zensusgesetz. Wer Befragungstermine verpasst, erhält eine freundliche Erinnerung.

Droht mir bei Verweigerung ein Zwangsgeld / Bußgeld?


Wer sich der Beantwortung der Fragen verweigert, wird gemahnt und muss auch mit einem Zwangsgeld oder Bußgeld rechnen. Rechtsgrundlage ist § 23 Absatz 3 des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz - BStatG), in dem geregelt ist: "Soweit gesetzlich nicht anders bestimmt, kann die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro geahndet werden." Die Bundesländer regeln in ihren Gesetzen zur Ausführung des Zensusgesetzes 2022 das Bußgeld allerdings oftmals selbst. Demnach soll es etwa 300 Euro betragen. Das Land Berlin z.B. hat aber in seinem Zensusausführungsgesetz kein eigenständiges Bußgeld geregelt.

Ist Widerspruch gegen ein Zwangsgeld / Bußgeld möglich?


Das Zwangsgeld ist eine Maßnahme zur Erzwingung der abzufragenden Auskünfte, also zur Mitwirkung des Befragten. Das Bundesland Berlin z.B. hat in § 6 seines Zensusausführungsgesetzes das verwaltungsrechtliche Vorverfahren ausgeschlossen - Widerspruch gegen ein verhängtes Zwangsgeld ist also nicht möglich. Der Betroffene muss direkt vor dem Verwaltungsgericht dagegen klagen. Ob also Widerspruch gegen ein wegen verweigerter Auskünfte verhängtes Zwangsgeld möglich ist, ist anhand des Zensusausführungsgesetzes des jeweiligen Bundeslandes zu prüfen.
Gegen einen Bescheid, der ein Bußgeld anordnet, das anders als das Zwangsgeld keine Erzwingungsmaßnahme, sondern eine Bestrafung für mangelnde Mitwirkung ist, ist dagegen der Widerspruch zulässig.

Wie findet die Befragung konkret statt?


Bei der Bevölkerungszählung kommt ein Interviewer zu einem angekündigten Termin an die Tür. Die Befragung dauert fünf bis zehn Minuten und kann an der Haustür bzw. Wohnungstür stattfinden. Die Interviewer betreten nur auf ausdrücklichen Wunsch des Befragten die Wohnung. Hat man an dem Termin keine Zeit, kann man ihn auch verlegen. Die Kontaktdaten dafür stehen auf der Terminankündigung. Zusätzlich zur persönlichen Befragung gibt es einen Online-Fragebogen in 14 Sprachen. Die Zugangsdaten stehen auf der Terminankündigung.

Immobilieneigentümer sind verpflichtet, die Fragen der Gebäude- und Wohnungszählung des Zensus 2022 mit Hilfe eines Online-Fragebogens zu beantworten. Die Zugangsdaten kommen per Post. Wer die Fragen nicht online beantwortet, bekommt mit dem Erinnerungsschreiben auch einen Fragebogen in Papierform zugeschickt.

Zensus 2022 - was wird gefragt?


Bei der Bevölkerungszählung geht es zum Beispiel um Geburtsdatum, Geschlecht, Familienstand oder Staatsangehörigkeit. Weitere Fragen können Ausbildung, Erwerbstätigkeit und Beruf betreffen.
Bei der Wohnungs- und Gebäudezählung werden zum Beispiel Fragen zur Art des Gebäudes gestellt, zu seiner Größe, seinem Baujahr und der Nettokaltmiete.

Wie wird der Datenschutz gewährleistet?


Sämtliche Mitarbeiter des Zensus 2022 unterliegen einer gesetzlichen Schweigepflicht. Erhobene Daten werden nicht an Dritte außerhalb des Statistik-Bereiches weitergegeben. Es werden also auch keine Daten an andere Behörden wie etwa Polizei oder Finanzamt weitergegeben. Die Online-Datenübertragung wird verschlüsselt. Persönliche Daten werden so früh wie möglich gelöscht. Auch sollen die erhobenen Daten durch bauliche, technische und organisatorische Zugangsbeschränkungen entsprechend den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gesichert werden.

Wie kann ich mich vor Betrügern schützen?


Beim letzten Zensus im Jahr 2011 haben sich Betrüger als offizielle Interviewer oder "Erhebungsbeauftragte" ausgegeben. Die Polizei rechnet auch diesmal damit, dass so etwas passiert. Die Absicht der Kriminellen kann es sein, sensible Daten zu bekommen oder sich einfach Zutritt zur Wohnung der Befragten zu verschaffen, um dort Bargeld, Schmuck oder Wertsachen zu stehlen oder die Wohnung auszuspähen, um später einzubrechen.

Der Zensus 2022 betrifft nur Fragen zur Person, zur Ausbildung, Arbeit und Wohnsituation.

Keine Fragen werden gestellt nach

- dem Einkommen,
- der E-Mail-Adresse,
- persönlichen Passwörtern,
- Bankkonten, Kreditkarten,
- der Religionszugehörigkeit,
- dem Impfstatus,
- einem geplanten Urlaub (Einbruchsgefahr!),
- dem Personalausweis oder Reisepass.

Es wird auch keine Unterschrift verlangt!

Solche Fragen deuten darauf hin, dass der Interviewer nicht echt ist. Im Zweifel kann es angeraten sein, die Polizei zu informieren.

Interviewer kommen ausschließlich nach vorheriger schriftlicher Ankündigung zu einem festen Termin. Sie können sich mit einem besonderen Ausweis als amtliche Interviewer ("Erhebungsbeauftragte") ausweisen. Auf Aufforderung des Befragten müssen sie diesen Ausweis und ihren Personalausweis zeigen. Die Daten sollte man auch abgleichen, um sicherzustellen, dass beide Ausweise die gleiche Person betreffen.

Praxistipp zum Zensus 2022


Fragen zur Rechtmäßigkeit des Handelns von Behörden im Rahmen des Zensus 2022, etwa der Anordnung eines Zwangsgeldes wegen Nichtteilnahme oder Verweigerung der Auskünfte, kann ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht am besten beantworten. Gegen behördliche Entscheidungen - etwa einen Bußgeldbescheid wegen mangelnder Mitwirkung - ist ein Widerspruch möglich.

(Ma)


 Ulf Matzen
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