Zeugenfragebogen und Anhörungsbogen – was muss man wissen?

30.01.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Zeugenfragebogen,Anhörungsbogen,Bußgeld,Führerschein Nach einem Verkehrsdelikt flattern oft behördliche Formulare in den Briefkasten. © Rh - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Zeugenfragebogen Mit ihm soll der tatsächliche Fahrer zum Zeitpunkt des Verkehrsverstoßes ermittelt werden, wenn der Fahrzeughalter nicht eindeutig als Fahrer identifiziert wurde. Zeugen sind nicht verpflichtet, gegenüber der Polizei auszusagen.

2. Anhörungsbogen Er geht an den mutmaßlichen Fahrer, um ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme bei einem Verkehrsverstoß zu geben. Die Beantwortung ist freiwillig, da sich ein Beschuldigter nicht selbst belasten muss.

3. Wichtige Unterschiede Der Zeugenfragebogen richtet sich an den Halter des Kfz oder mögliche Zeugen, um den tatsächlichen Fahrzeugführer zu ermitteln. Der Anhörungsbogen geht an den beschuldigten Fahrzeugführer selbst.
Jeder, der schon einmal "geblitzt" wurde, kennt die Fragebögen, welche die Bußgeldstelle vor Einleitung eines Bußgeldverfahrens verschickt. Da werden einerseits Fragen zur eigenen Person gestellt, andererseits aber auch zum Hergang der Ordnungswidrigkeit. Natürlich wird auch gefragt, wer gefahren ist. Die Behörde weist auf eine Pflicht zum Antworten hin. Für die Rücksendung des ausgefüllten Formulars setzt sie eine kurze Frist. Da stellt sich schnell die Frage: Muss man denn wirklich alle Fragen beantworten? Welche Folgen hat es, wenn man gar nicht antwortet? Oder, wenn man jemanden als Fahrer nennt, der gar nicht gefahren ist?

Was ist ein Zeugenfragebogen?


Mit Hilfe des Kennzeichens kann die Polizei leicht feststellen, wer der Halter eines Fahrzeugs ist. Bei Halte- und Parkverstößen haftet in Deutschland grundsätzlich der Fahrzeughalter. Bei anderen Verstößen jedoch – zum Beispiel bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung oder einer roten Ampel – ist allein der Fahrer verantwortlich. Ist dann unklar, wer gefahren ist, wird die Bußgeldbehörde zuerst versuchen, dies über einen Zeugenfragebogen herauszufinden. Diesen schickt sie an den Fahrzeughalter.

Beispiel: Bei einer Geschwindigkeitsübertretung wird ein Auto "geblitzt", das auf einen Mann angemeldet ist. Auf dem Blitzerfoto sieht man jedoch eine Frau hinter dem Lenkrad sitzen. Offensichtlich ist hier nicht der Fahrzeughalter selbst gefahren. In diesem Fall wird ein Zeugenfragebogen an den Halter geschickt.

Was ist ein Anhörungsbogen?


Einen Anhörungsbogen verschickt die Bußgeldstelle, wenn sie der Ansicht ist, den Fahrer schon identifiziert zu haben. In diesem Fall wird also dem Empfänger bereits eine Ordnungswidrigkeit vorgeworfen. Er gilt als sogenannter "Betroffener". Die Behörde gibt ihm mit dem Anhörungsbogen die Möglichkeit, sich zu dem Vorwurf zu äußern. Das muss sie auch, denn laut Verfassung hat er ein Recht auf "rechtliches Gehör".

Beispiel: Ein "geblitztes" Auto ist auf einen Mann Ende 50 zugelassen. Auf dem Blitzerfoto erkennt man einen Mann hinter dem Lenkrad, der in diesem Alter sein könnte. Daher kommt hier der Anhörungsbogen zum Einsatz.

Was sind meine Rechte und Pflichten beim Zeugenfragebogen?


Niemand ist gesetzlich dazu verpflichtet, gegenüber der Polizei als Zeuge Aussagen zu machen. Nur gegenüber der Staatsanwaltschaft oder einem Gericht besteht eine solche Pflicht.

Aber: Machen Sie als Zeuge gegenüber der Polizei oder der Bußgeldstelle Angaben, müssen diese auch der Wahrheit entsprechen. Erklären Sie beispielsweise, dass jemand gefahren ist, der in Wirklichkeit nicht der Fahrer war, machen Sie sich strafbar. Dies ist keine Bagatelle.

Übrigens muss niemand sich selbst oder seine Angehörigen (z. B. Ehepartner, Kinder, aber auch Verlobte) belasten. Wenn zum Beispiel Sie selbst, Ihre Frau oder eines Ihrer Kinder gefahren sind, können Sie von Ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen. Dieses Recht haben Sie nicht, wenn zum Beispiel ein Arbeitskollege gefahren ist.

Reagieren Sie auf den Zeugenfragebogen überhaupt nicht, finden sehr wahrscheinlich weitere Ermittlungen statt, etwa durch die Polizei. Zusätzlich kann es passieren, dass der Halter des Fahrzeugs die Auflage bekommt, ab sofort ein Fahrtenbuch zu führen. Aus diesem muss hervorgehen, wer wann das Auto fährt.

Was sind meine Rechte und Pflichten beim Anhörungsbogen?


Wenn Sie einen Anhörungsbogen erhalten, hat Sie die Behörde schon als Täter auf dem "Radar". Dann gibt es für Sie im Grunde drei Möglichkeiten:

1. Sie akzeptieren den Vorwurf, bezahlen das Verwarnungs- oder Bußgeld und finden sich damit ab, Punkte in Flensburg zu bekommen.

2. Sie machen Angaben zur Sache, um sich zu entlasten. Dies empfiehlt sich, wenn Sie zum Beispiel Ihr Auto verliehen hatten oder es Ihnen gestohlen worden war und jemand anderer den Verkehrsverstoß begangen hat. Die Behörde muss dann entscheiden, ob sie Ihnen glaubt.

3. Sie machen überhaupt keine Angaben zum Verkehrsverstoß. Niemand muss sich selbst belasten. Dies gilt besonders dann, wenn das Risiko eines Entzuges der Fahrerlaubnis besteht. In diesem Fall ist jedoch eine Beratung durch einen Fachanwalt für Verkehrsrecht zu empfehlen. Der Grund: Nur ein Anwalt kann Akteneinsicht nehmen, um festzustellen, was Ihnen im Einzelnen vorgeworfen wird. Erst mit diesem Wissen kann man sachgerecht reagieren.

Das bedeutet: Sie müssen den Anhörungsbogen nicht zurückschicken. Angaben machen müssen Sie nur in einem einzigen Punkt: bei den Angaben zur Person. Dazu gehören beispielsweise Ihre Anschrift, Geburtsdatum, Geburtsort usw. Wenn es hier Lücken oder Fehler auf dem Anhörungsbogen gibt, sollten Sie diese Stellen der Wahrheit entsprechend ausfüllen und den Bogen zurücksenden. Der Rest kann offen bleiben.

Woher weiß die Bußgeldbehörde, wer gefahren ist?


Die Bußgeldstelle kann ein gutes "Blitzerfoto" mit den beim Einwohnermeldeamt hinterlegten Passfotos vergleichen. Dies ist auch erlaubt. Immer öfter werden für den Abgleich von Fotos auch soziale Medien genutzt. Schließlich stellen viele Menschen dort Fotos von sich online. Ist das Blitzerfoto unscharf oder ist darauf offensichtlich eine andere Person als der Halter zu sehen (anderes Geschlecht, anderes Alter, andere Hautfarbe), muss die Behörde zuerst nähere Erkundigungen einholen.

Was passiert, wenn ich nicht antworte?


Schweigt der Adressat eines Zeugenfragebogens einfach und meldet sich nicht, zieht die Bußgeldstelle in der Regel die Polizei hinzu und bittet diese um weitere Ermittlungen. Möglicherweise folgen dann Hausbesuche der Polizei oder Nachfragen anhand des Fotos bei Nachbarn und Kollegen.

Bei einem Anhörungsbogen hängt das weitere Vorgehen der Behörde von der Qualität des Fotos ab. Bei guter Qualität wird gleich ein Bußgeldbescheid erfolgen. Unter Umständen werden aber auch hier weitere Ermittlungen angestellt.

Kann nach einem Verstoß gegen Verkehrsregeln der Fahrer nicht ermittelt werden, wird dem Halter oft die Auflage erteilt, ein Fahrtenbuch zu führen. Wichtig: Fahrtenbücher auf Anordnung der Bußgeldbehörde müssen anders geführt werden als solche für das Finanzamt.

Wann verjähren Verkehrsverstöße?


Bei Verkehrsordnungswidrigkeiten gilt eine sogenannte Verfolgungsverjährung von drei Monaten (§ 26 Abs. 3 Straßenverkehrsgesetz). Wartet also die Behörde mehr als drei Monate, bevor sie ein Bußgeldverfahren einleitet, ist der Vorwurf verjährt.
Hier besteht ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen Zeugenfragebogen und Anhörungsbogen: Der Versand des Anhörungsbogens unterbricht die Verjährung und startet den Lauf der Frist neu. Der Zeugenfragebogen hingegen beeinflusst die Verjährungsfrist nicht. Die Unterbrechung der Verjährung gilt immer nur für die Person, die im Anhörungsbogen namentlich aufgeführt ist.

Praxistipp zu Zeugenfragebogen und Anhörungsbogen


Falls Sie rechtsschutzversichert sind, können Sie die Verteidigung gegenüber den im Anhörungsbogen angesprochenen Vorwürfen einem Fachanwalt für Verkehrsrecht überlassen. Die Versicherung bezahlt dann die Gebühren des Anwalts. Vorsicht: Das Bußgeld bezahlt sie nicht! Bitte bedenken Sie jedoch: Für eine Rechtsschutzversicherung ist nur dann der Versicherungsfall eingetreten, wenn sich das Bußgeldverfahren wirklich gegen ihren Versicherungsnehmer richtet. Ist der Anhörungsbogen an jemand anderen adressiert, erfolgt keine Zahlung.

(Bu)


 Stephan Buch
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