Schäden durch Streusalz: Muss die Gemeinde Schadensersatz zahlen?
09.03.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Bei Schäden durch Streusalz liegt für Anwohner der Gedanke nahe, die Gemeinde auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Dies ist rechtlich kein einfaches Unterfangen, denn die Gemeinde kommt durch das Salzstreuen in erster Linie eigenen Pflichten gegenüber ihren Bürgern nach, tut dies also im Allgemeininteresse. Am Salz zu sparen, ist damit oft keine geeignete Lösung.
Streusalz ist die schnellste und effektivste Möglichkeit, um zugefrorene Straßen und Wege eisfrei und damit wieder sicher passierbar zu machen. So werden jeden Winter viele Unfälle mit Blech- und Personenschaden verhindert. Allerdings hat Streusalz in anderen Bereichen äußerst negative Auswirkungen. Wenn zu viele Natrium- und Chlorid-Ionen in den Boden gelangen, kommt es z.B. zu einer unerwünschten Bodenverdichtung.
Früher oder später landet das Salz dann in Gewässern und schädigt dort Pflanzen und Tiere. Auch dem Grundwasser tut es nicht gut. Pflanzen, speziell Bäume an Straßenrändern, werden durch zu viel Salzwasser geschädigt. Bei Haustieren löst das Streusalz Entzündungen an den Pfoten aus. Natürlich greift Streusalz auch Eisenbauteile aller Art an, von Brückenträgern bis hin zu Autos. Die meisten Gemeinden haben daher das winterliche Salzstreuen für Privathaushalte verboten. Sie selbst nutzen jedoch weiterhin Streusalz für öffentliche Straßen und Wege.
Fazit: Streusalz ist beides - Fluch und Segen.
Zu einem Gerichtsverfahren führte ein Fall, in dem das Haus eines Anwohners durch Streusalz geschädigt worden war. Das Wohnhaus befand sich in einer Fußgängerzone, in der die Gemeinde im Winter fleißig Salz streute, um ihrer Verkehrssicherungspflicht nachzukommen. Dadurch stieg unter dem Haus eine verdünnte Kochsalzlösung im Boden auf. Diese schädigte den Sandsteinsockel des Hauses. Der Hauseigentümer forderte für die Schäden rund 2.500 Euro Schadensersatz von der Stadt.
Jede Gemeinde hat für ihre öffentlichen Straßen und Plätze die sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Das heißt: Wer eine mögliche Gefahrenquelle erschafft oder betreibt, muss dafür sorgen, dass anderen durch diese kein Schaden entsteht. Allerdings gilt diese Pflicht nicht unbegrenzt. So kann vom Verpflichteten nicht erwartet werden, dass er jeder nur denkbaren Gefahr vorbeugt, ohne Rücksicht auf die Kosten. Der Aufwand muss für ihn zumutbar bleiben. Dies gilt auch beim Thema Streusalz.
Auch im Winter müssen Passanten darauf achten, wo sie hinlaufen – denn auch die Gerichte erwarten eine gewisse Grundvorsicht von ihnen. Hinzu kommt: Gemeinden müssen nicht jede Straße auf ihrem Gebiet bis sieben Uhr morgens eisfrei haben. Dies wäre praktisch gar nicht durchführbar. Priorität bei der Glättebeseitigung haben besonders viel benutzte Straßen und Plätze. Um diese muss sich die Gemeinde zuerst kümmern. Der Einsatz von Streusalz ist bei Eisglätte eine von mehreren Möglichkeiten.
Das Oberlandesgericht Jena hat entschieden, dass die Stadt durch das Salzstreuen ihre Pflichten nicht verletzt hat und damit nicht zum Schadensersatz verpflichtet ist. Der Ort liege im Thüringer Wald und dort sei ein besonders intensiver Winterdienst erforderlich. Grundsätzlich könne die Stadt selbst entscheiden, ob sie Salz streue oder abstumpfende Mittel wie Granulat. Im konkreten Fall sei jedoch der Einsatz des aggressiven Auftausalzes gerechtfertigt gewesen. Direkt vor dem Haus des Anwohners befinde sich eine Bushaltestelle und dort seien besonders viele Fußgänger unterwegs.
Das OLG Jena hat dies verneint. Die Gemeinde sei nicht dafür verantwortlich, dass das Grundstück des Anwohners so tief liege, dass sich das Auftauwasser dort sammle. Die Gemeinde hätte hier nicht für eine besondere Ableitung des Salzwassers sorgen müssen. Sie habe deshalb keine Amtspflichtverletzung begangen.
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) können jedoch in bestimmten Fällen auch Entschädigungsansprüche gegen jemanden geltend gemacht werden, der rechtlich nichts falsch gemacht, trotzdem aber einen Schaden verursacht hat. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn flüssige oder gasförmige Stoffe auf ein fremdes Grundstück gelangen, und dessen Eigentümer dies aus Gründen der Ortsüblichkeit dulden muss.
Geregelt ist diese Situation in § 906 Abs. 2 BGB. Auch diesen Anspruch auf Schadensersatz lehnte das Gericht in Jena jedoch ab. Denn: Dafür müsse die Beeinträchtigung des fremden Grundstücks das zumutbare Maß überschreiten. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Maßnahmen, die der Sicherheit der Fußgänger an einer Bushaltestelle dienten, müsse der Hauseigentümer hinnehmen (Urteil vom 31.5.2006, Az. 4 U 218/05).
In einem anderen Fall hatte die Stadt Oberharz eine Anliegerstraße mit Salz abgestreut, obwohl sie diese eigentlich nicht hätte streuen müssen. Ein Anwohner machte durch Streusalz verursachte Schäden an seinem Zaun geltend und forderte 2.000 Euro Schadensersatz. Damit kam er jedoch nicht durch. Das Gericht entschied: Die Auswahl der zu streuenden Straßen durch die Gemeinde sei nicht pflichtwidrig gewesen. Der Anwohner könne nicht darauf vertrauen, dass die Gemeinde im Winter kein Salz streue. Obendrein käme er durch das Streuen in den Genuss vieler Vorteile: etwa der Zugänglichkeit seines Grundstücks bei Winterwetter und der Befahrbarkeit der Straße durch Rettungsdienste. In diesem Fall seien Allgemeinwohlinteressen wichtiger als ein Gartenzaun (Landgericht Magdeburg, Urteil vom 9.11.2010, Az. 10 O 1151/10).
Bei der Frage nach Schadensersatz für Schäden durch Streusalz kommt es sehr auf den Einzelfall an. Es empfiehlt sich daher, einen eingetretenen Schaden von einem Rechtsanwalt für Zivilrecht dahingehend prüfen zu lassen, ob ein Anspruch auf Entschädigung besteht.
Im Winter streuen viele Gemeinden fleißig mit Salz. Streusalz kann jedoch erhebliche Schäden an der Bausubstanz von Gebäuden anrichten. Haftet in einem solchen Fall die Gemeinde?
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Streusalz im Winter – Fluch oder Segen? Fall: Schadensersatz für durch Streusalz geschädigtes Haus? Muss die Gemeinde unbedingt Salz streuen? OLG Jena: Salzstreuen ist keine Pflichtverletzung der Stadt Können die Anwohner eine Ableitung des Salzwassers fordern? Entschädigung für rechtmäßigen Einsatz von Streusalz? Streusalz in Anliegerstraße: Haftung für Schäden? Praxistipp zu Schäden durch Streusalz Streusalz im Winter – Fluch oder Segen?
Streusalz ist die schnellste und effektivste Möglichkeit, um zugefrorene Straßen und Wege eisfrei und damit wieder sicher passierbar zu machen. So werden jeden Winter viele Unfälle mit Blech- und Personenschaden verhindert. Allerdings hat Streusalz in anderen Bereichen äußerst negative Auswirkungen. Wenn zu viele Natrium- und Chlorid-Ionen in den Boden gelangen, kommt es z.B. zu einer unerwünschten Bodenverdichtung.
Früher oder später landet das Salz dann in Gewässern und schädigt dort Pflanzen und Tiere. Auch dem Grundwasser tut es nicht gut. Pflanzen, speziell Bäume an Straßenrändern, werden durch zu viel Salzwasser geschädigt. Bei Haustieren löst das Streusalz Entzündungen an den Pfoten aus. Natürlich greift Streusalz auch Eisenbauteile aller Art an, von Brückenträgern bis hin zu Autos. Die meisten Gemeinden haben daher das winterliche Salzstreuen für Privathaushalte verboten. Sie selbst nutzen jedoch weiterhin Streusalz für öffentliche Straßen und Wege.
Fazit: Streusalz ist beides - Fluch und Segen.
Fall: Schadensersatz für durch Streusalz geschädigtes Haus?
Zu einem Gerichtsverfahren führte ein Fall, in dem das Haus eines Anwohners durch Streusalz geschädigt worden war. Das Wohnhaus befand sich in einer Fußgängerzone, in der die Gemeinde im Winter fleißig Salz streute, um ihrer Verkehrssicherungspflicht nachzukommen. Dadurch stieg unter dem Haus eine verdünnte Kochsalzlösung im Boden auf. Diese schädigte den Sandsteinsockel des Hauses. Der Hauseigentümer forderte für die Schäden rund 2.500 Euro Schadensersatz von der Stadt.
Muss die Gemeinde unbedingt Salz streuen?
Jede Gemeinde hat für ihre öffentlichen Straßen und Plätze die sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Das heißt: Wer eine mögliche Gefahrenquelle erschafft oder betreibt, muss dafür sorgen, dass anderen durch diese kein Schaden entsteht. Allerdings gilt diese Pflicht nicht unbegrenzt. So kann vom Verpflichteten nicht erwartet werden, dass er jeder nur denkbaren Gefahr vorbeugt, ohne Rücksicht auf die Kosten. Der Aufwand muss für ihn zumutbar bleiben. Dies gilt auch beim Thema Streusalz.
Auch im Winter müssen Passanten darauf achten, wo sie hinlaufen – denn auch die Gerichte erwarten eine gewisse Grundvorsicht von ihnen. Hinzu kommt: Gemeinden müssen nicht jede Straße auf ihrem Gebiet bis sieben Uhr morgens eisfrei haben. Dies wäre praktisch gar nicht durchführbar. Priorität bei der Glättebeseitigung haben besonders viel benutzte Straßen und Plätze. Um diese muss sich die Gemeinde zuerst kümmern. Der Einsatz von Streusalz ist bei Eisglätte eine von mehreren Möglichkeiten.
OLG Jena: Salzstreuen ist keine Pflichtverletzung der Stadt
Das Oberlandesgericht Jena hat entschieden, dass die Stadt durch das Salzstreuen ihre Pflichten nicht verletzt hat und damit nicht zum Schadensersatz verpflichtet ist. Der Ort liege im Thüringer Wald und dort sei ein besonders intensiver Winterdienst erforderlich. Grundsätzlich könne die Stadt selbst entscheiden, ob sie Salz streue oder abstumpfende Mittel wie Granulat. Im konkreten Fall sei jedoch der Einsatz des aggressiven Auftausalzes gerechtfertigt gewesen. Direkt vor dem Haus des Anwohners befinde sich eine Bushaltestelle und dort seien besonders viele Fußgänger unterwegs.
Können die Anwohner eine Ableitung des Salzwassers fordern?
Das OLG Jena hat dies verneint. Die Gemeinde sei nicht dafür verantwortlich, dass das Grundstück des Anwohners so tief liege, dass sich das Auftauwasser dort sammle. Die Gemeinde hätte hier nicht für eine besondere Ableitung des Salzwassers sorgen müssen. Sie habe deshalb keine Amtspflichtverletzung begangen.
Entschädigung für rechtmäßigen Einsatz von Streusalz?
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) können jedoch in bestimmten Fällen auch Entschädigungsansprüche gegen jemanden geltend gemacht werden, der rechtlich nichts falsch gemacht, trotzdem aber einen Schaden verursacht hat. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn flüssige oder gasförmige Stoffe auf ein fremdes Grundstück gelangen, und dessen Eigentümer dies aus Gründen der Ortsüblichkeit dulden muss.
Geregelt ist diese Situation in § 906 Abs. 2 BGB. Auch diesen Anspruch auf Schadensersatz lehnte das Gericht in Jena jedoch ab. Denn: Dafür müsse die Beeinträchtigung des fremden Grundstücks das zumutbare Maß überschreiten. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Maßnahmen, die der Sicherheit der Fußgänger an einer Bushaltestelle dienten, müsse der Hauseigentümer hinnehmen (Urteil vom 31.5.2006, Az. 4 U 218/05).
Streusalz in Anliegerstraße: Haftung für Schäden?
In einem anderen Fall hatte die Stadt Oberharz eine Anliegerstraße mit Salz abgestreut, obwohl sie diese eigentlich nicht hätte streuen müssen. Ein Anwohner machte durch Streusalz verursachte Schäden an seinem Zaun geltend und forderte 2.000 Euro Schadensersatz. Damit kam er jedoch nicht durch. Das Gericht entschied: Die Auswahl der zu streuenden Straßen durch die Gemeinde sei nicht pflichtwidrig gewesen. Der Anwohner könne nicht darauf vertrauen, dass die Gemeinde im Winter kein Salz streue. Obendrein käme er durch das Streuen in den Genuss vieler Vorteile: etwa der Zugänglichkeit seines Grundstücks bei Winterwetter und der Befahrbarkeit der Straße durch Rettungsdienste. In diesem Fall seien Allgemeinwohlinteressen wichtiger als ein Gartenzaun (Landgericht Magdeburg, Urteil vom 9.11.2010, Az. 10 O 1151/10).
Praxistipp zu Schäden durch Streusalz
Bei der Frage nach Schadensersatz für Schäden durch Streusalz kommt es sehr auf den Einzelfall an. Es empfiehlt sich daher, einen eingetretenen Schaden von einem Rechtsanwalt für Zivilrecht dahingehend prüfen zu lassen, ob ein Anspruch auf Entschädigung besteht.
(Bu)