Schäden durch Streusalz: Muss die Gemeinde Schadensersatz zahlen?
17.12.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Kommt es zu Schäden durch Streusalz, liegt es für Anwohner nahe, die Gemeinde auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Rechtlich ist dies kein einfaches Unterfangen. Immerhin kommt die Gemeinde durch das Salzstreuen in erster Linie eigenen Pflichten gegenüber ihren Bürgern nach, sie wird also im Interesse der Allgemeinheit tätig. Am Salz zu sparen, ist damit oft keine geeignete Lösung.
Will man zugefrorene Straßen und Wege eisfrei und sicher passierbar machen, ist Streusalz die schnellste und effektivste Möglichkeit. Auf diese Weise werden in jedem Winter viele Unfälle mit Blech- und Personenschaden verhindert. Das Streusalz hat jedoch in anderen Bereichen äußerst negative Auswirkungen. Gelangen zu viele Natrium- und Chlorid-Ionen in den Boden, kommt es z.B. zu einer unerwünschten Bodenverdichtung.
Das Salz landet dann früher oder später in Gewässern und schädigt dort Pflanzen und Tiere. Es tut auch dem Grundwasser nicht gut. Zu viel Salzwasser schädigt Pflanzen, insbesondere Bäume und Sträucher an den Straßenrändern. Bei Haustieren verursacht das Streusalz Entzündungen an den Pfoten. Natürlich greift Streusalz auch Eisenbauteile aller Art an, von Brückenträgern bis hin zu Autos. Hier sorgt es für Korrosion. Aus diesen Gründen haben die meisten Gemeinden das winterliche Salzstreuen für Privathaushalte verboten. Sie selbst nutzen jedoch weiterhin Streusalz in großen Mengen für öffentliche Straßen und Wege.
Fazit: Streusalz ist beides – Fluch und Segen.
Für ihre öffentlichen Straßen und Plätze hat jede Gemeinde eine sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Das bedeutet: Wer eine mögliche Gefahrenquelle erschafft oder betreibt, muss dafür sorgen, dass anderen durch diese kein Schaden entsteht. Diese Pflicht gilt jedoch nicht unbegrenzt. So wird vom Verpflichteten nicht erwartet, dass er jeder nur denkbaren Gefahr vorbeugt, ohne Rücksicht auf Aufwand und Kosten. Beides muss für ihn zumutbar bleiben. Dies gilt auch beim Thema Streusalz.
Passanten müssen auch im Winter darauf achten, wo sie hinlaufen. Auch die Gerichte erwarten eine gewisse Grundvorsicht von ihnen. Gemeinden müssen nicht dafür sorgen, dass jede Straße auf ihrem Gebiet bis sieben Uhr morgens eisfrei ist. Dies wäre praktisch gar nicht durchführbar. Bei der Glättebeseitigung dürfen Prioritäten gesetzt werden, zum Beispiel auf besonders viel benutzte Straßen und Plätze. Um diese muss sich die Gemeinde zuerst kümmern. Der Einsatz von Streusalz ist bei Eisglätte eine von mehreren Möglichkeiten.
Zu einem Gerichtsverfahren kam es im Fall eines Hauseigentümers, dessen Haus durch Streusalz geschädigt worden war. Das Wohnhaus lag in einer Fußgängerzone. Dort streute die Gemeinde im Winter fleißig Salz, um ihrer Verkehrssicherungspflicht nachzukommen. Unter dem Haus stieg dadurch eine verdünnte Kochsalzlösung im Boden auf. Diese schädigte den Sandsteinsockel des Hauses. Der Hauseigentümer verlangte für die Schäden etwa 2.500 Euro Schadensersatz von der Stadt.
Im oben beschriebenen Fall des salzgeschädigten Hauses hat das Oberlandesgericht Jena entschieden, dass die Stadt durch das Salzstreuen ihre Pflichten nicht verletzt hat. Die Stadt musste daher keinen Schadensersatz zahlen. Das Gericht erläuterte: Der Ort liege im Thüringer Wald. Dort sei ein besonders intensiver Winterdienst nötig. Die Stadt dürfe grundsätzlich selbst entscheiden, ob sie Salz streue oder abstumpfende Mittel wie Granulat nutze. Im konkreten Fall sei der Einsatz des aggressiven Auftausalzes gerechtfertigt gewesen. Direkt vor dem Haus des Anwohners liege eine Bushaltestelle. Daher seien dort besonders viele Fußgänger unterwegs.
Laut OLG Jena können sie dies nicht. Die Gemeinde sei nicht dafür verantwortlich, dass das Grundstück des Anwohners so tief liege, dass sich dort das Auftauwasser sammle. Daher hätte die Gemeinde hier nicht für eine besondere Ableitung des Salzwassers sorgen müssen. Sie habe keine Amtspflichtverletzung begangen.
Dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zufolge können jedoch in bestimmten Fällen Entschädigungsansprüche gegen jemanden geltend gemacht werden, der zwar rechtlich nichts falsch gemacht, trotzdem aber einen Schaden verursacht hat. Beispielsweise kann dies der Fall sein, wenn flüssige oder gasförmige Stoffe auf ein fremdes Grundstück gelangen, und dessen Eigentümer dies aus Gründen der Ortsüblichkeit zu dulden hat.
Diese Situation regelt das Gesetz in § 906 Abs. 2 BGB. Das Gericht in Jena lehnte jedoch auch diesen Anspruch auf Schadensersatz ab. Denn: Dafür müsse die Beeinträchtigung des fremden Grundstücks das zumutbare Maß überschreiten. Hier sei die Beeinträchtigung jedoch noch zumutbar gewesen. Der Anwohner müsse Maßnahmen hinnehmen, die der Sicherheit der Fußgänger an einer Bushaltestelle dienten (Urteil vom 31.5.2006, Az. 4 U 218/05).
In einem anderen Fall ging es um die Stadt Oberharz. Diese hatte eine Anliegerstraße mit Salz abgestreut, obwohl sie diese eigentlich gar nicht hätte streuen müssen. Ein Anwohner verlangte Schadensersatz, weil das Streusalz seinen Zaun beschädigt habe. Er forderte eine Entschädigung von 2.000 Euro. Allerdings kam er damit nicht durch. Das Gericht entschied, dass die Auswahl der zu streuenden Straßen durch die Gemeinde nicht pflichtwidrig gewesen sei. Der Anwohner könne nicht darauf vertrauen, dass die Gemeinde im Winter kein Salz streue. Obendrein hätte er durch das Streuen viele Vorteile: Sein Grundstück sei auch bei Winterwetter erreichbar und die Straße sei durch Rettungsdienste befahrbar. Hier seien Allgemeinwohlinteressen wichtiger als ein Gartenzaun (Landgericht Magdeburg, Urteil vom 9.11.2010, Az. 10 O 1151/10).
Ob Anwohner bei Schäden durch Streusalz Schadensersatz bekommen können, hängt sehr vom Einzelfall ab. Hier empfiehlt es sich, Ihren Schadensfall durch einen Rechtsanwalt für Zivilrecht prüfen zu lassen. Dieser kann feststellen, ob ein Anspruch auf Entschädigung besteht.
Das Wichtigste in Kürze
1. Verkehrssicherungspflicht: Städte und Gemeinden müssen dafür sorgen, dass Straßen und Wege auch bei Glätte gefahrlos zu benutzen sind. Im Zuge des von ihnen organisierten Winterdienstes setzen sie häufig Streusalz ein.
2. Nachteile von Streusalz: Der Einsatz von Streusalz hat zahlreiche negative Nebenwirkungen auf die Umwelt, Bauwerke und Kraftfahrzeuge, wie bspw. Korrosion.
3. Ersatz von Schäden: Die Gerichte prüfen bei Schadensersatzklagen wegen Streusalzeinsatzes, ob der Schutz der Verkehrssicherheit oder der Schutz vor möglichen Schäden überwiegt. Die Sicherheit der Bürger hat aus ihrer Sicht zumeist Vorrang.
1. Verkehrssicherungspflicht: Städte und Gemeinden müssen dafür sorgen, dass Straßen und Wege auch bei Glätte gefahrlos zu benutzen sind. Im Zuge des von ihnen organisierten Winterdienstes setzen sie häufig Streusalz ein.
2. Nachteile von Streusalz: Der Einsatz von Streusalz hat zahlreiche negative Nebenwirkungen auf die Umwelt, Bauwerke und Kraftfahrzeuge, wie bspw. Korrosion.
3. Ersatz von Schäden: Die Gerichte prüfen bei Schadensersatzklagen wegen Streusalzeinsatzes, ob der Schutz der Verkehrssicherheit oder der Schutz vor möglichen Schäden überwiegt. Die Sicherheit der Bürger hat aus ihrer Sicht zumeist Vorrang.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Streusalz im Winter – Fluch oder Segen? Muss die Gemeinde unbedingt Salz streuen? Fall: Schadensersatz für durch Streusalz geschädigtes Haus? Ist Salzstreuen eine Pflichtverletzung der Stadt? Können die Anwohner eine Ableitung des Salzwassers fordern? Muss die Gemeine Anwohner für den rechtmäßigen Einsatz von Streusalz entschädigen? Streusalz in Anliegerstraße: Haftet die Gemeinde für Schäden? Praxistipp zu Schäden durch Streusalz Streusalz im Winter – Fluch oder Segen?
Will man zugefrorene Straßen und Wege eisfrei und sicher passierbar machen, ist Streusalz die schnellste und effektivste Möglichkeit. Auf diese Weise werden in jedem Winter viele Unfälle mit Blech- und Personenschaden verhindert. Das Streusalz hat jedoch in anderen Bereichen äußerst negative Auswirkungen. Gelangen zu viele Natrium- und Chlorid-Ionen in den Boden, kommt es z.B. zu einer unerwünschten Bodenverdichtung.
Das Salz landet dann früher oder später in Gewässern und schädigt dort Pflanzen und Tiere. Es tut auch dem Grundwasser nicht gut. Zu viel Salzwasser schädigt Pflanzen, insbesondere Bäume und Sträucher an den Straßenrändern. Bei Haustieren verursacht das Streusalz Entzündungen an den Pfoten. Natürlich greift Streusalz auch Eisenbauteile aller Art an, von Brückenträgern bis hin zu Autos. Hier sorgt es für Korrosion. Aus diesen Gründen haben die meisten Gemeinden das winterliche Salzstreuen für Privathaushalte verboten. Sie selbst nutzen jedoch weiterhin Streusalz in großen Mengen für öffentliche Straßen und Wege.
Fazit: Streusalz ist beides – Fluch und Segen.
Muss die Gemeinde unbedingt Salz streuen?
Für ihre öffentlichen Straßen und Plätze hat jede Gemeinde eine sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Das bedeutet: Wer eine mögliche Gefahrenquelle erschafft oder betreibt, muss dafür sorgen, dass anderen durch diese kein Schaden entsteht. Diese Pflicht gilt jedoch nicht unbegrenzt. So wird vom Verpflichteten nicht erwartet, dass er jeder nur denkbaren Gefahr vorbeugt, ohne Rücksicht auf Aufwand und Kosten. Beides muss für ihn zumutbar bleiben. Dies gilt auch beim Thema Streusalz.
Passanten müssen auch im Winter darauf achten, wo sie hinlaufen. Auch die Gerichte erwarten eine gewisse Grundvorsicht von ihnen. Gemeinden müssen nicht dafür sorgen, dass jede Straße auf ihrem Gebiet bis sieben Uhr morgens eisfrei ist. Dies wäre praktisch gar nicht durchführbar. Bei der Glättebeseitigung dürfen Prioritäten gesetzt werden, zum Beispiel auf besonders viel benutzte Straßen und Plätze. Um diese muss sich die Gemeinde zuerst kümmern. Der Einsatz von Streusalz ist bei Eisglätte eine von mehreren Möglichkeiten.
Fall: Schadensersatz für durch Streusalz geschädigtes Haus?
Zu einem Gerichtsverfahren kam es im Fall eines Hauseigentümers, dessen Haus durch Streusalz geschädigt worden war. Das Wohnhaus lag in einer Fußgängerzone. Dort streute die Gemeinde im Winter fleißig Salz, um ihrer Verkehrssicherungspflicht nachzukommen. Unter dem Haus stieg dadurch eine verdünnte Kochsalzlösung im Boden auf. Diese schädigte den Sandsteinsockel des Hauses. Der Hauseigentümer verlangte für die Schäden etwa 2.500 Euro Schadensersatz von der Stadt.
Ist Salzstreuen eine Pflichtverletzung der Stadt?
Im oben beschriebenen Fall des salzgeschädigten Hauses hat das Oberlandesgericht Jena entschieden, dass die Stadt durch das Salzstreuen ihre Pflichten nicht verletzt hat. Die Stadt musste daher keinen Schadensersatz zahlen. Das Gericht erläuterte: Der Ort liege im Thüringer Wald. Dort sei ein besonders intensiver Winterdienst nötig. Die Stadt dürfe grundsätzlich selbst entscheiden, ob sie Salz streue oder abstumpfende Mittel wie Granulat nutze. Im konkreten Fall sei der Einsatz des aggressiven Auftausalzes gerechtfertigt gewesen. Direkt vor dem Haus des Anwohners liege eine Bushaltestelle. Daher seien dort besonders viele Fußgänger unterwegs.
Können die Anwohner eine Ableitung des Salzwassers fordern?
Laut OLG Jena können sie dies nicht. Die Gemeinde sei nicht dafür verantwortlich, dass das Grundstück des Anwohners so tief liege, dass sich dort das Auftauwasser sammle. Daher hätte die Gemeinde hier nicht für eine besondere Ableitung des Salzwassers sorgen müssen. Sie habe keine Amtspflichtverletzung begangen.
Muss die Gemeine Anwohner für den rechtmäßigen Einsatz von Streusalz entschädigen?
Dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zufolge können jedoch in bestimmten Fällen Entschädigungsansprüche gegen jemanden geltend gemacht werden, der zwar rechtlich nichts falsch gemacht, trotzdem aber einen Schaden verursacht hat. Beispielsweise kann dies der Fall sein, wenn flüssige oder gasförmige Stoffe auf ein fremdes Grundstück gelangen, und dessen Eigentümer dies aus Gründen der Ortsüblichkeit zu dulden hat.
Diese Situation regelt das Gesetz in § 906 Abs. 2 BGB. Das Gericht in Jena lehnte jedoch auch diesen Anspruch auf Schadensersatz ab. Denn: Dafür müsse die Beeinträchtigung des fremden Grundstücks das zumutbare Maß überschreiten. Hier sei die Beeinträchtigung jedoch noch zumutbar gewesen. Der Anwohner müsse Maßnahmen hinnehmen, die der Sicherheit der Fußgänger an einer Bushaltestelle dienten (Urteil vom 31.5.2006, Az. 4 U 218/05).
Streusalz in Anliegerstraße: Haftet die Gemeinde für Schäden?
In einem anderen Fall ging es um die Stadt Oberharz. Diese hatte eine Anliegerstraße mit Salz abgestreut, obwohl sie diese eigentlich gar nicht hätte streuen müssen. Ein Anwohner verlangte Schadensersatz, weil das Streusalz seinen Zaun beschädigt habe. Er forderte eine Entschädigung von 2.000 Euro. Allerdings kam er damit nicht durch. Das Gericht entschied, dass die Auswahl der zu streuenden Straßen durch die Gemeinde nicht pflichtwidrig gewesen sei. Der Anwohner könne nicht darauf vertrauen, dass die Gemeinde im Winter kein Salz streue. Obendrein hätte er durch das Streuen viele Vorteile: Sein Grundstück sei auch bei Winterwetter erreichbar und die Straße sei durch Rettungsdienste befahrbar. Hier seien Allgemeinwohlinteressen wichtiger als ein Gartenzaun (Landgericht Magdeburg, Urteil vom 9.11.2010, Az. 10 O 1151/10).
Praxistipp zu Schäden durch Streusalz
Ob Anwohner bei Schäden durch Streusalz Schadensersatz bekommen können, hängt sehr vom Einzelfall ab. Hier empfiehlt es sich, Ihren Schadensfall durch einen Rechtsanwalt für Zivilrecht prüfen zu lassen. Dieser kann feststellen, ob ein Anspruch auf Entschädigung besteht.
(Bu)