Zwangsverwaltung einer Eigentumswohnung – was muss ich als Eigentümer wissen?

22.07.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
Zwangsverwalter,Eigentumswohnung,Schuldner,Gläubiger Zwangsverwaltung einer Eigentumswohnung: Was darf der Zwangsverwalter? © - freepik

Können Haus- und Wohnungseigentümer ihre Schuldenlast nicht mehr bewältigen, wird ihr Wohneigentum oft unter Zwangsverwaltung gestellt. Eigentümer wissen oft wenig über die Rechte und Aufgaben des Zwangsverwalters.

Eine Zwangsverwaltung ordnet ein Gericht auf Antrag eines Gläubigers an, wenn ein Schuldner seinen Zahlungspflichten nicht mehr nachkommen kann. Wenn eine Immobilie unter Zwangsverwaltung steht, kümmert sich der Zwangsverwalter um die gesamte wirtschaftliche Seite. Werden durch Vermietung Einnahmen erzielt, werden diese nach Abzug der Betriebskosten unter den Gläubigern verteilt. Sie dienen dazu, den Schuldenberg des Eigentümers abzutragen.

Was ist der Unterschied zwischen Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung?


Beides sind Maßnahmen der Zwangsvollstreckung. Bei einer Zwangsversteigerung wird die Immobilie zur Deckung der Schulden verkauft. Bei der Zwangsverwaltung bleibt sie im Eigentum des Schuldners und es wird versucht, die Gläubiger nach und nach durch die Vermietungseinkünfte zufriedenzustellen.

Auf welcher rechtlichen Grundlage arbeitet der Zwangsverwalter?


Das Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG) regelt die Tätigkeit des Zwangsverwalters. Dieser handelt also nicht in einem rechtsfreien Raum. Eigentümer sollten insbesondere die Vorschrift des § 152 ZVG kennen. Diese besagt, dass der Zwangsverwalter das Recht und die Pflicht hat, alle Handlungen vorzunehmen, die nötig sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und es ordnungsgemäß zu nutzen. Das heißt: Der Zwangsverwalter kann Ansprüche gerichtlich geltend machen, zum Beispiel Mietforderungen. Vorhandene Miet- und Pachtverträge sind dem Zwangsverwalter gegenüber wirksam.

In welchem Verhältnis stehen Zwangsverwalter und Wohnungseigentümer?


Steht eine Eigentumswohnung unter Zwangsverwaltung, wird es vom Zwangsverwalter verwaltet. Hier hat der Eigentümer nichts mehr zu sagen. Miete und Nebenkosten werden vom Zwangsverwalter eingezogen. Das "Hausgeld" oder "Wohngeld" wird vom Zwangsverwalter an die Hausverwaltung überwiesen. Dieser ist auch dafür verantwortlich, dass die Eigentumswohnung erhalten wird und sich in nutzungsbereitem Zustand befindet. Er muss sich also auch für erforderliche Reparaturen sorgen und Handwerker beauftragen. Wohnt der Eigentümer selbst in der Wohnung, muss dieser aus der unter Zwangsverwaltung stehenden Immobilie nicht ausziehen. Will der Eigentümer vermieten, kann er nicht mehr frei entscheiden, an wen er wann vermietet und welche Miete er verlangt – darüber befindet nun der Zwangsverwalter.

In welchem Verhältnis stehen Zwangsverwalter und Mieter?


Sobald die Eigentumswohnung unter Zwangsverwaltung steht, müssen sich die Mieter mit allen Anliegen an den Zwangsverwalter wenden. Sie müssen also die Miete an diesen zahlen und ihm Mängel der Mietwohnung melden. Wollen sie eine Mietminderung geltend machen, ist ebenfalls der Zwangsverwalter ihr Ansprechpartner. Dies gilt auch für die Kündigung des Mietvertrages und die Rückforderung der Mietkaution.
Zahlen die Mieter keine Miete oder werden sie sonst vertragsbrüchig, kann der Zwangsverwalter ihnen kündigen.
Der Zwangsverwalter ist nun für die gesamte Bewirtschaftung der Immobilie zuständig. Er muss den Mietern einmal jährlich die Betriebskostenabrechnung erteilen. Soll die Eigentumswohnung neu vermietet werden, muss er auch den Mietvertrag abschließen.

Wie ist das Verhältnis zwischen Zwangsverwalter und Hausverwalter?


Der Hausverwalter hat zu akzeptieren, dass der Zwangsverwalter nun die Rechte und Pflichten des Vermieters/Eigentümers innehat. Zwar hat der Zwangsverwalter keinen Vertrag mit der Hausverwaltung. Trotzdem gilt nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes: Der Zwangsverwalter muss die Hausgelder, also die vom Eigentümer zu zahlenden Nebenkostenanteile, an den Hausverwalter bezahlen (Beschluss vom 15.10.2009, Az. V ZB 43/09).

Ein häufiges Problem: Wer zahlt die Mietkaution zurück?


Oft gibt es Streit um die Mietkaution. Der Zwangsverwalter ist verpflichtet, diese an die Mieter nach deren Auszug auszuzahlen, ggf. nach Abzug ausstehender Forderungen aus dem Mietverhältnis. Tatsächlich muss er die Kaution sogar dann auszahlen, wenn er den Betrag gar nicht vom Vermieter erhalten hat. Dies kommt gar nicht so selten vor, denn hier geht es ja um Vermieter in schwierigen finanziellen Verhältnissen. Oft sind diese nicht zur Zusammenarbeit mit dem Zwangsverwalter bereit. Manchmal wurde die Kaution auch nicht vorschriftsmäßig insolvenzsicher verwahrt, sodass andere Gläubiger das Geld pfänden konnten. Oder der Vermieter hat damit schlicht eigene Rechnungen bezahlt und das Geld ist weg.

Falls das Geld noch vorhanden ist, darf der Zwangsverwalter vom Vermieter / Eigentümer die Herausgabe der Mietkaution fordern. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes darf er auch vom Hausverwalter die Herausgabe einer Kaution verlangen, wenn diese dort hinterlegt wurde. Der Hausverwalter kann sich nicht darauf berufen, dass er in keinem Vertragsverhältnis zum Zwangsverwalter steht (Urteil vom 23.9.2015, Az. VIII ZR 300/14).

Darf der Zwangsverwalter den Eigentümer hinauswerfen?


Unter Umständen darf der Zwangsverwalter vom Eigentümer die Räumung und Herausgabe der selbst bewohnten Eigentumswohnung verlangen und diese auch gerichtlich durchsetzen. Dies ist der Fall, wenn der Schuldner das Grundstück oder die Zwangsverwaltung durch sein Verhalten gefährdet. So eine Gefährdung liegt zum Beispiel vor, wenn der Eigentümer weiterhin versucht, am Zwangsverwalter vorbei Miete von seinen Mietern zu kassieren (bei einem Haus mit mehreren Wohnungen, das insgesamt unter Zwangsverwaltung steht und in dem er selbst wohnt).

In einem vom Landgericht Limburg entschiedenen Fall kam erschwerend hinzu, dass der Eigentümer wiederholt gegenüber dem Zwangsverwalter falsche Angaben zu den Mietern machte, keine oder fingierte Mietverträge vorlegte, die Identität von Mietern verschleierte, neuen Mietern die Zwangsverwaltung verschwieg, eine in der Teilungserklärung als Gewerbeeinheit gekennzeichnete ehemalige Arztpraxis als Wohnung nutzte und den Stromliefervertrag immer wieder auf die Namen anderer Verwandter ummeldete. In diesem Fall ordnete das Gericht die Räumung der vom Eigentümer genutzten Räumlichkeiten an (Beschluss vom 12.4.2018, Az. 7 T 226/16).

Praxistipp


Im Rahmen einer Zwangsverwaltung können viele rechtliche Probleme auftreten. Benötigen Sie rechtliche Beratung im Zusammenhang mit der Zwangsverwaltung Ihrer Eigentumswohnung? Dann empfiehlt es sich, einen Rechtsanwalt zu konsultieren, der sich mit dem Zivilrecht beschäftigt.

(Ma)


 Ulf Matzen
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