AG Hanau, Urt. 22.2.2019 - 32 C 167/18 (12)

Mieterhöhung: Zurückweisung wegen fehlender Originalvollmacht

Autor: RiAG Prof. Dr. Ulf P. Börstinghaus, Gelsenkirchen
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 04/2019
Der Mieter kann gem. § 174 BGB das Zustimmungsverlangen des Vertreters des Vermieters unverzüglich zurückweisen, wenn dem Verlangen keine Originalvollmacht beigefügt ist.

AG Hanau, Urt. v. 22.2.2019 - 32 C 167/18 (12)

BGB § 174, § 558a

Das Problem

Zulässig ist auch im Mieterhöhungsverfahren eine offene Stellvertretung. Aus der Erklärung des Vertreters muss sich zumindest aus den Umständen ergeben, in wessen Namen sie abgegeben wurde, § 164 BGB. Nach Ansicht des BGH (BGH v. 2.4.2014 – VIII ZR 231/13, MDR 2014, 644 = MietRB 2014, 161) muss der konkrete Vermieter nicht explizit bekannt gegeben werden. Es genügt, wenn sich z.B. aus der gleichzeitig übersandten Betriebskostenabrechnung ergibt, wer Vermieter ist und in wessen Namen die Erklärung abgegeben wurde. Die Vertretungsmacht kann sich aus einer Innen- oder aus einer Außenvollmacht ergeben. Die Außenvollmacht kann bereits formularmäßig im Mietvertrag erfolgen. Zumindest muss der Mieter vom Vermieter irgendwie darüber informiert worden sein, dass der Bevollmächtigte zur Abgabe von Erhöhungserklärungen bevollmächtigt ist. Das Gesetz verlangt nicht, dass eine Originalvollmacht zu irgendeinem Zeitpunkt vorgelegt wird. Vielmehr genügt das Inkenntnissetzen über eine Bevollmächtigung (AG Tempelhof-Kreuzberg GE 2018, 938). Anders ist es aber für einseitigen Rechtsgeschäfte bei der Innenvollmacht. Hier besteht für den Erklärungsempfänger grundsätzlich die Möglichkeit, diese Erklärung unverzüglich zurückzuweisen, § 174 BGB. Diskutiert wird schon seit Jahrzehnten, ob § 174 BGB auch auf das Mieterhöhungsverlangen anzuwenden ist. Das AG Hanau hatte über die diese Frage in einem Verfahren zu entscheiden, in dem der Mieter durch seinen Anwalt ein Zustimmungsverlangen einer Hausverwaltung des Vermieters wegen fehlender Vollmacht zurückgewiesen hatte.

Die Entscheidung des Gerichts

Das AG hat die Zustimmungsklage abgewiesen. Es hat sich ausführlich mit allen in den letzten Jahrzehnten vertretenen Auffassungen zu dieser Rechtsfrage beschäftigt. Seiner Meinung ist die Norm auf Zustimmungsverlangen gem. § 558a BGB direkt anwendbar.

Die Regelung des § 174 BGB finde nach dem Wortlaut der Norm auf einseitige Rechtsgeschäfte Anwendung. Hierbei handele es sich um solche rechtsfolgenbewirkende Handlungen, an denen der Erklärungsgegner selbst nicht beteiligt ist und auf deren Wirksamkeit er somit keinen Einfluss hat. Zum Teil wird § 174 BGB auf das Mieterhöhungsbegehren direkt angewendet, zum Teil wird die direkte Anwendung des § 174 BGB abgelehnt, weil es sich um kein einseitiges Rechtsgeschäft, sondern nur ein Vertragsangebot handele. In diesem Fall wird die Norm zumindest analog angewandt. Der BGH scheine sich gegen eine unmittelbare Anwendung des § 174 BGB entschieden zu haben (BGH v. 18.12.2002 – VIII ZR 72/02, MDR 2003, 451).

Das AG schließt sich der Auffassung an, die eine direkte Anwendung des § 174 BGB auf das Mieterhöhungsverlangen nach § 558a BGB befürwortet. Allein die Tatsache, dass es sich dabei um ein Vertragsangebot i.S.d. § 145 BGB handele stehe der gleichzeitigen Bewertung als einseitiges (empfangsbedürftiges) Rechtsgeschäft nicht entgegen. Denn der Zugang des Erhöhungsverlangens setze zugleich die Rechtsfolgen des § 558b BGB in Gang. Diese Folgen treten unabhängig von der Wertung des Schreibens als auch Vertragsangebot „automatisch” ein. Hinzu kommt, dass das Verlangen das außerordentliche Kündigungsrecht des § 561 BGB auslöse. Allein dies bedinge zwingend die Anwendung des § 174 BGB. Aber auch die Rechtsfolgen des § 558b Abs. 2 BGB, also der Beginn der Zustimmungsfrist und insbesondere die an deren Ablauf anknüpfende Klagemöglichkeit, führen dazu, das Erhöhungsverlangen nach § 558a BGB als einseitiges Rechtsgeschäft einzustufen.


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