AG Nördlingen, Urt. 27.1.2017 - 2 C 799/14

Mieterhöhung bei nicht vollständig abgeschlossener Modernisierungsmaßnahme

Autor: RAin Simone Engel, bethge | immobilienanwälte.steuerberater.notar., Hannover
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 04/2017
Ein Mieterhöhungsverlangen gem. §§ 559 Abs. 1, 559b Abs. 1 BGB ist unwirksam, wenn die zugrunde liegende einheitliche Modernisierungsmaßnahme nicht komplett abgeschlossen ist.

AG Nördlingen, Urt. v. 27.1.2017 - 2 C 799/14

BGB §§ 559 Abs. 1, 559b Abs. 1; EGBGB Art. 229 § 29 Abs. 1

Das Problem

Der Beklagte mietete eine Wohnung von der Rechtsvorgängerin der Klägerin. Diese kündigte dem Beklagten Anfang des Jahres 2012 eine Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahme am Gesamtanwesen an. Es folgten umfangreiche Baumaßnahmen. 2013 erlosch die Firma der Rechtsvorgängerin. Die Klägerin, die deren Vermögen aufgrund einer Vereinbarung übernahm, teilte dem Beklagten im Februar 2013 mit, dass die Modernisierungsmaßnahme abgeschlossen ist und erhöhte die Miete auf Grund der Modernisierung. Der Beklagte zahlte dennoch weiterhin die vereinbarte Gesamtmiete. Er meint, dass die Modernisierungsmaßnahme noch nicht abgeschlossen und das verfrühte Mieterhöhungsverlangen somit unwirksam sei.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Gericht gab dem Beklagten Recht und wies die Klage auf Zahlung der begehrten Mieterhöhungsbeträge als unbegründet zurück. Da die Modernisierungsmaßnahme noch nicht komplett abgeschlossen war, ist das darauf begründete Mieterhöhungsverlangen unwirksam. Nach den Feststellungen des Gerichts handelt es sich um eine einheitliche Modernisierungsmaßnahme. Eine solche erfolgt nach Art, Umfang und Willen des Vermieters in einem einheitlich-abgrenzbaren und ggf. zeitlichen Zusammenhang. Davon zu unterscheiden sind in Teilabschnitte aufgegliederte – thematisch abgrenzbare und/oder zeitlich divergierende – Modernisierungsmaßnahmen, wie z.B. die Installation einer Heizungsanlage im Herbst und eine angekündigte spätere energetische Modernisierung der Wohnungsaußenfernster im Frühjahr. Abschnittsweise Modernisierungen müssen sich aus der Modernisierungsankündigung ergeben. Unter Beachtung dieser Grundsätze nahm das Gericht hier eine Gesamtmodernisierungsmaßnahme an, insbesondere weil der Vermieter in sämtlichen Bereichen der Immobilie parallel Modernisierungen in Auftrag gab (Heizung/Fenster/Dach) ohne diese thematisch zu trennen. Auch wurde im Ankündigungsschreiben eine Gesamtdauer für alle vorzunehmenden Bauarbeiten angegeben und terminologisch stets von einer Maßnahme gesprochen mit dem vorrangigen Ziel einer „deutliche[n] Ersparnis von Heizenergie”. Hieraus ist zu erkennen, dass die Modernisierung als Gesamtkonzept verfolgt wird, ohne dass thematisch-abgrenzbare Bereiche einer Modernisierung unterliegen sollen. Letztendlich sind in der Ankündigung die angestrebten Einzelmaßnahmen aufgeführt, ohne dass zeitlich oder thematisch darauf hingewiesen wird, dass abschnittsweise bestimmte (zusammenhängende) Arbeiten begonnen oder abgeschlossen werden.

Die Arbeiten waren – wenn auch nur in einem geringen Umfang von 5–8 % – auch noch nicht komplett abgeschlossen. Dagegen stehen etwaige Rest- oder Mängelbeseitigungsarbeiten von parallel am Objekt durchgeführten Instandsetzungsmaßnahmen einem Abschluss der Modernisierungsarbeiten nicht entgegen.


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