Anfechtung eines Sozialplans wegen wirtschaftlicher Unvertretbarkeit
Autor: RA FAArbR Werner M. Mues, CBH – Cornelius Bartenbach Haesemann & Partner, Köln
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 06/2013
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 06/2013
Ficht der Arbeitgeber einen Sozialplan wegen wirtschaftlicher Unvertretbarkeit an, so muss er entweder darlegen, dass die Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit für das Unternehmen überschritten wird oder dass der Sozialplan zu einer Überkompensation der eingetretenen Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer führt. Die Überschreitung der Ermessensgrenzen muss sich aus der durch den Spruch der Einigungsstelle getroffenen Regelung als solche ergeben. Auf die von der Einigungsstelle angestellten Erwägungen kommt es nicht an.
BAG, Beschl. v. 22.1.2013 - 1 ABR 85/11
Vorinstanz: LAG Niedersachsen - 11 TaBV 88/10
BetrVG § 112 Abs. 5
Die Arbeitgeberin begründet die Anfechtung des Sozialplans damit, dass sie den Betrag des Sozialplanvolumens nicht aufbringen könne, da ihr Eigenkapital nur rund 51.000 € betrage und sie durch die Veräußerung des Anlagevermögens einen Erlös von lediglich 400.000 € erzielt habe.
Die Einigungsstelle hat nach § 112 Abs. 5 Satz 1 BetrVG bei ihrer Entscheidung über einen Sozialplan sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer als auch die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu berücksichtigen. Die wirtschaftliche Vertretbarkeit stellt damit eine Grenze der Ermessensausübung dar. Diese richtet sich grds. auch dann nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des sozialplanpflichtigen Arbeitgebers, wenn das Unternehmen einem Konzern angehört. Es kommt darauf an, ob und welche Einsparungen für das Unternehmen mit der Betriebsänderung verbunden sind. Die Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit ist regelmäßig überschritten, wenn die Erfüllung der Sozialplanverbindlichkeiten
Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Illiquidität, bilanziellen Überschuldung oder unvertretbaren Schmälerung des Eigenkapitals muss der Arbeitgeber konkret anhand seiner Gewinn- und Verlustrechnung unter Berücksichtigung einer Verwertung seines Anlage- und Umlaufvermögens darlegen. Dies ist der Arbeitgeberin im vorliegenden Fall nicht gelungen.
BAG, Beschl. v. 22.1.2013 - 1 ABR 85/11
Vorinstanz: LAG Niedersachsen - 11 TaBV 88/10
BetrVG § 112 Abs. 5
Das Problem:
Der Arbeitgeber begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit des Spruchs einer Einigungsstelle. Diese hatte einen Sozialplan aus Anlass der Stilllegung des einzigen Betriebs des Arbeitgebers aufgestellt. In diesem Sozialplan sind für 76 Arbeitnehmer Leistungen mit einem finanziellen Volumen von 1,046 Mio. € vorgesehen. In den letzten 18 Monaten vor der Entscheidung über die Stilllegung des Betriebs erwirtschaftete die Arbeitgeberin einen Jahresfehlbetrag von rund 658.000 €, der auf der Grundlage eines Vertrags über Gewinnabführung und Verlustübernahme durch die Muttergesellschaft ausgeglichen wurde.Die Arbeitgeberin begründet die Anfechtung des Sozialplans damit, dass sie den Betrag des Sozialplanvolumens nicht aufbringen könne, da ihr Eigenkapital nur rund 51.000 € betrage und sie durch die Veräußerung des Anlagevermögens einen Erlös von lediglich 400.000 € erzielt habe.
Die Entscheidung des Gerichts:
Die Anfechtung hatte wie schon in den beiden Vorinstanzen keinen Erfolg.Die Einigungsstelle hat nach § 112 Abs. 5 Satz 1 BetrVG bei ihrer Entscheidung über einen Sozialplan sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer als auch die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu berücksichtigen. Die wirtschaftliche Vertretbarkeit stellt damit eine Grenze der Ermessensausübung dar. Diese richtet sich grds. auch dann nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des sozialplanpflichtigen Arbeitgebers, wenn das Unternehmen einem Konzern angehört. Es kommt darauf an, ob und welche Einsparungen für das Unternehmen mit der Betriebsänderung verbunden sind. Die Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit ist regelmäßig überschritten, wenn die Erfüllung der Sozialplanverbindlichkeiten
- zu einer Illiquidität,
- zur bilanziellen Überschuldung oder
- zu einer nicht mehr vertretbaren Schmälerung des Eigenkapitals
Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Illiquidität, bilanziellen Überschuldung oder unvertretbaren Schmälerung des Eigenkapitals muss der Arbeitgeber konkret anhand seiner Gewinn- und Verlustrechnung unter Berücksichtigung einer Verwertung seines Anlage- und Umlaufvermögens darlegen. Dies ist der Arbeitgeberin im vorliegenden Fall nicht gelungen.