Angemessenheit einer Ausbildungsvergütung
Autor: RAin FAinArbR Dr. Christina Suberg,Suberg Kanzlei für Arbeitsrecht, München
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 11/2015
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 11/2015
Eine Ausbildungsvergütung ist in der Regel nicht angemessen i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG, wenn sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag enthaltenen Vergütungen um mehr als 20 % unterschreitet. Das gilt auch bei einem relativ hohen tariflichen Vergütungsniveau. Die Unangemessenheit der Ausbildungsvergütung setzt nicht voraus, dass die Grenze der Sittenwidrigkeit überschritten wird. § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG und § 138 BGB verfolgen insoweit unterschiedliche Regelungszwecke.
BAG, Urt. v. 29.4.2015 - 9 AZR 108/14
Vorinstanz: LAG Nürnberg - 7 Sa 374/13
BBiG § 17 Abs. 1 Satz 1
BAG, Urt. v. 29.4.2015 - 9 AZR 108/14
Vorinstanz: LAG Nürnberg - 7 Sa 374/13
BBiG § 17 Abs. 1 Satz 1
Das Problem
Zwischen den Parteien bestand ein Ausbildungsvertrag. Der Kläger absolvierte danach eine Ausbildung zum Maschinen- und Anlagenführer in einem Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie. Die Beklagte ist ein nicht tarifgebundener gemeinnütziger Verein. Der Kläger erhielt eine Ausbildungsvergütung i.H.v. insgesamt 23.222 € brutto. Wäre der Kläger nach den Tarifverträgen für die bayerische Metall- und Elektroindustrie vergütet worden, hätte er eine Ausbildungsvergütung i.H.v. insgesamt 44.480,02 € brutto erhalten. Der Kläger war der Ansicht, die ihm gewährte Ausbildungsvergütung sei nicht angemessen i.S.v. § 17 Abs. 1 BBiG, und forderte Zahlung der Differenz zur tariflichen Vergütung.Die Entscheidung des Gerichts
Das BAG stellte – ebenso wie die Vorinstanzen – fest, dass die dem Kläger gewährte Ausbildungsvergütung nicht angemessen gewesen sei, und gab der Zahlungsklage statt. Die in § 17 BBiG geregelte Ausbildungsvergütung habe regelmäßig drei Funktionen:- Sie solle den Auszubildenden (bzw. seine Eltern) bei der Lebenshaltung finanziell unterstützen,
- die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Fachkräften gewährleisten und
- die Leistungen des Auszubildenden in gewissem Umfang „entlohnen”.