Anrechnungszeitpunkt von Minderjährigeneinkünften

Autor: RiOLG Dr. Dagny Liceni-Kierstein, Brandenburg/Havel
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 08/2013
Eine nach Beginn der Berufsausbildung erstmalig gezahlte Ausbildungsvergütung ist im Monat der tatsächlichen Auszahlung bedarfsdeckend anzurechnen, und zwar für den gesamten Monat. Auf den Zeitpunkt des Ausbildungsbeginns kommt es nicht an.

OLG Hamm, Beschl. v. 8.1.2013 - 3 UF 245/12

Vorinstanz: AG Ahaus, Beschl. v. 16.10.2012 - 11 F 102/12

BGB §§ 1602 Abs. 1, 1612

Das Problem:

Der Antragsteller (Ast.) hat im Jahr 2007 eine vollstreckbare Urkunde über Kindesunterhalt errichtet, aus der seine noch minderjährige Tochter, die Antragsgegnerin (Ag.), die Zwangsvollstreckung betreibt. Die Ag. hatte zwischenzeitlich eine Berufsausbildung begonnen, für die sie eine Ausbildungsvergütung in bedarfsdeckender Höhe erhält. Im Rahmen eines Vollstreckungsabwehrantrags des Vaters (des Ast.) war von den Gerichten die Frage zu beantworten, ab welchem Zeitpunkt der Kindesunterhaltsanspruch entfällt, wenn die erste, auf den geschuldeten Unterhalt bedarfsdeckend anzurechnende Zahlung der monatlichen Ausbildungsvergütung nicht bereits im Monat des Ausbildungsbeginns, sondern nachträglich im Folgemonat einsetzt. Das AG hat auf den Monat des Ausbildungsantritts abgestellt. Die dagegen gerichtete, vom AG zugelassene (§ 61 Abs. 2 und 3 FamFG) Beschwerde des Ast. führte in der Sache zum Erfolg.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das OLG vertritt die Auffassung, bei einer nachschüssigen Zahlungsweise der Vergütung entfalle der Unterhaltsanspruch ab Beginn des Monats, in dessen Verlauf die erste Ausbildungsvergütung zur Auszahlung an das Kind gelangt. Das folge aus den im Zusammenhang stehenden Vorschriften der §§ 1602 Abs. 1, 1612 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB. Der Ausbildungsantritt sei ebenso wenig maßgebend wie der Abschluss des Ausbildungsvertrags. Es gelte das „In-Prinzip”, so dass eigenes Einkommen des Kindes bei der (üblichen) nachschüssigen Zahlungsweise erst im Monat der tatsächlichen Auszahlung auf seinen Unterhaltsbedarf angerechnet werden könne. Der Unterhaltsanspruch entfalle dann allerdings für den gesamten Monat, also auch rückbezogen ab dem Monatsersten. Zwar werde der Unterhalt von dem Verpflichteten als Geldrente monatlich im Voraus geschuldet. Ein im Verlauf des Monats eintretendes Ereignis – hier die Vergütungszahlung – wirke beim Minderjährigenunterhalt jedoch nicht taggenau, sondern auf den Monatsbeginn zurück und lasse damit die Bedürftigkeit des Kindes für den gesamten Monat entfallen.


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