Architektenrecht: § 6 Abs. 2 HOAI (2009) ist unwirksam!

06.01.2015, Autor: Frau Melanie Bentz / Lesedauer ca. 2 Min. (803 mal gelesen)
Unwirksamkeit des § 6 Abs. 2 HOAI (2009) .

Mit der Novellierung der Honorarordnung der Architekten- und Ingenieure (HOAI) im Jahre 2009 fand nicht nur eine Erhöhung der jeweiligen Gebührentabellen statt, sondern es wurden auch inhaltliche und strukturelle Änderungen der Honorarbemessung eingeführt. So wurde u.a. in § 6 Abs. 2 HOAI das sog. „Baukostenvereinbarungsmodell“ vorgesehen, das es den Vertragsparteien ermöglichen sollte, die voraussichtlichen Baukosten einvernehmlich festzulegen, sofern zum Zeitpunkt der Beauftragung des Architekten/Ingenieurs noch keine Planungen als Voraussetzungen für eine Kostenschätzung oder Kostenberechnung vorliegen.

Mit Urteil vom 24.04.2014 (Az.: VII ZR 164/13) hat der Bundesgerichtshof entscheiden, dass das Baukostenvereinbarungsmodell des § 6 Abs. 2 HOAI (2009) von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt und damit unwirksam ist.

Die Ermächtigungsgrundlage der HOAI enthält die Vorgabe, Mindest- und Höchstsätze für Architekten- und Ingenieurleistungen in der Honorarordnung verbindlich festzulegen. Insbesondere die Mindestsätze sollen den Architekten/Ingenieuren ein auskömmliches Honorar sichern, ruinösen Preiswettbewerb unterbinden und einen Qualitätswettbewerb fördern.

Diese Ermächtigung lässt keine Regelung innerhalb der HOAI zu, nach der das Honorar frei unterhalb der Mindestsätze vereinbart werden kann, ohne dass ein besonderer Ausnahmefall vorliegt. Denn damit würde das gesetzgeberische Ziel verfehlt, einen ruinösen Preiswettbewerb zu verhindern, der sich negativ auf die Qualität der Architekten-/Ingenieurleistungen auswirkt.

Die Regelung des § 6 Abs. 2 HOAI (2009) mit der einvernehmlichen Festlegung von Baukosten durch die Vertragsparteien kann dazu führen, dass die Auftraggeber auf die Architekten/Inge-nieure einen unangemessenen Wettbewerbsdruck ausüben, indem eine auftraggeberseitige Vorstellung der Baukosten benannt und gleichzeitig mitgeteilt wird, dass der Auftraggeber sich einen anderen Vertragspartner suchen wird, sofern diese Baukosten nicht akzeptiert werden.

§ 6 Abs. 2 HOAI (2009) soll der Kostensicherheit des Auftraggebers dienen, die jedoch nicht schutzwürdig ist, wenn die Mindestsätze ohne Vorliegen eines Ausnahmefalls unterschritten werden. Dies ist von der Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt, so dass die Norm unwirksam ist.

Die Unwirksamkeit der Norm hat nicht zur Folge, dass eine Honorarvereinbarung, die sich im Rahmen der Mindest- und Höchstsätze bewegt, unwirksam wäre. Eine solche, mit der die anrechenbaren Kosten oder die diesen zugrunde liegenden Faktoren vertraglich vereinbart werden, ist nach wie vor zulässig.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs erteilt einer Lockerung der Honorarvorgaben der HOAI eine Absage. Auch Baukostenvereinbarungen sind nur innerhalb der Mindest- und Höchstsätze wirksam. Gleichzeitig ist die Entscheidung auch auf die aktuelle Rechtslage übertragbar, da § 6 Abs. 3 HOAI (2013) mit § 6 Abs. 2 HOAI (2009) inhaltsgleich ist und beide Normen auf der unveränderten Ermächtigungsgrundlage beruhen.

Den Parteien von Architekten- und Ingenieurverträgen ist anzuraten, generell auf das Baukostenvereinbarungsmodell zu verzichten, da eine wirksame Baukostenvereinbarung nach der vorliegenden Entscheidung kaum noch zu treffen sein wird.



Melanie Bentz, Rechtsanwältin
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht

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