Welche Rechte hat ein Autokäufer bei Täuschung und Betrug?
17.02.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice

Das Wichtigste in Kürze
1. Anfechtungsgrund: Falls der Verkäufer absichtlich falsche Angaben über das zu verkaufende Auto gemacht oder Mängel verschwiegen hat, kann der Käufer den Vertrag wegen arglister Täuschung anfechten.
2. Begriff arglistige Täuschung: Der Verkäufer täuscht den Autokäufer arglistig, wenn er vorsätzlich bei ihm einen Irrtum erzeugt (z.B. über die Unfallfreiheit) um ihn zu einem Vertragsabschluss zu bringen.
3. Rückabwicklung: Wurde der Kaufvertrag über ein Auto erfolgreich angefochten, muss der Käufer das Auto zurückgeben und erhält dafür den Kaufpreis zurückerstattet.
1. Anfechtungsgrund: Falls der Verkäufer absichtlich falsche Angaben über das zu verkaufende Auto gemacht oder Mängel verschwiegen hat, kann der Käufer den Vertrag wegen arglister Täuschung anfechten.
2. Begriff arglistige Täuschung: Der Verkäufer täuscht den Autokäufer arglistig, wenn er vorsätzlich bei ihm einen Irrtum erzeugt (z.B. über die Unfallfreiheit) um ihn zu einem Vertragsabschluss zu bringen.
3. Rückabwicklung: Wurde der Kaufvertrag über ein Auto erfolgreich angefochten, muss der Käufer das Auto zurückgeben und erhält dafür den Kaufpreis zurückerstattet.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wann kann man einen Kaufvertrag anfechten? Was ist eine arglistige Täuschung? Was ist die Rechtsfolge einer Anfechtung wegen argilistiger Täuschung? Wie lange kann der Vertrag wegen argilistiger Täuschung angefochten werden? Kann der Vertrag trotz Gewährleistungsausschlusses angefochten werden? Anfechtung des Kaufvertrags wegen gefälschtem Kilometerstand? Arglistige Täuschung wegen neu eingebautem Tacho mit geringerem Kilometerstand? Arglistige Täuschung bei Angaben über Unfallfreiheit ins Blaue hinein? Rücktritt vom Kaufvertrag wegen falsche Kilometerangabe in einer Online-Anzeige Anfechtung wegen fehlender Eigenschaft "scheckheftgepflegt"? Praxistipp zur arglistigen Täuschung beim Autokauf Wann kann man einen Kaufvertrag anfechten?
Auch aus einem abgeschlossenen Kaufvertrag kann man wieder herauskommen. Dies geht zum Beispiel, indem man ihn anfechtet. Dann wird der Vertrag als nicht geschlossen behandelt. Allerdings benötigt man für eine Anfechtung einen sogenannten Anfechtungsgrund. Dieser kann in einem Irrtum bestehen, aber auch in einer arglistigen Täuschung. Dies regelt § 123 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Eine Anfechtung muss man gegenüber seinem Vertragspartner erklären. Wurde ein Autokaufvertrag erfolgreich wegen einer arglistigen Täuschung angefochten, gilt der Vertrag nicht mehr. In diesem Fall sind die beiderseitigen Leistungen zurückzugeben.
Was ist eine arglistige Täuschung?
Um eine arglistige Täuschung handelt es sich, wenn eine Person vorsätzlich bei einer anderen einen Irrtum erzeugt, um diese zu einem Vertragsabschluss zu bringen. Dies kann zum Beispiel durch eine aktiv gegebene falsche Information passieren, aber auch durch das Verschweigen von Angaben, über die eine Aufklärungspflicht bestand.
Beispiele:
- Ein Gebrauchtwagenhändler erklärt, dass das Auto unfallfrei ist. Allerdings weiß er, dass es tatsächlich schon einen Unfall hatte.
- Ein privater Gebrauchtwagenverkäufer versichert, dass das Auto einen neuen Austauschmotor bekommen hat. Tatsächlich hat sein Kumpel einen alten Motor mit unbekannter Laufleistung vom Schrott eingebaut.
Was ist die Rechtsfolge einer Anfechtung wegen argilistiger Täuschung?
Hat der Autokäufer den Kaufvertrag erfolgreich angefochten, muss er das Auto an den Verkäufer zurückgeben und erhält dafür den Kaufpreis zurückerstattet.
Wie lange kann der Vertrag wegen argilistiger Täuschung angefochten werden?
Die Anfechtung muss innerhalb eines Jahres erfolgen, nachdem der Käufer Kenntnis von der arglistigen Täuschung hat. Erfährt ein Autokäufer z.B. ein halbes Jahr nach dem Autokauf, dass das Auto nicht unfallfrei ist, läuft ab diesem Zeitpunkt die Anfechtungsfrist.
Kann der Vertrag trotz Gewährleistungsausschlusses angefochten werden?
Wird ein Autokäufer arglistig über einen für den Vertragsabschluss wesentlichen Punkt getäuscht, gilt der vertragliche Gewährleistungsausschluss nicht. Dies besagt § 444 BGB. Wenn der Verkäufer, egal ob er Händler oder Privatperson ist, also den Käufer arglistig über einen Mangel des Fahrzeugs getäuscht hat, hat dieser immer die üblichen Gewährleistungsrechte wie zum Beispiel das Recht auf eine Nachbesserung, eine Minderung des Kaufpreises, auf einen Rücktritt vom Kaufvertrag oder auf Schadensersatz.
Ein Gewährleistungsausschluss greift auch in einem anderen Fall nicht: Wenn der Verkäufer dem Käufer ausdrücklich eine Garantie für eine bestimmte Eigenschaft des Autos gegeben hat ("mit Spurhalteassistent", "mit ESP", "Schadstoffklasse Euro 5", "unfallfrei"). Eine solche Garantie sollte schon aus Beweisgründen am besten im Kaufvertrag stehen.
Weitere Infos zum Gewährleistungsausschluss finden Sie hier:
Gebrauchtwagenkauf: Können Händler die Gewährleistung ausschließen?
Anfechtung des Kaufvertrags wegen gefälschtem Kilometerstand?
Das Oberlandesgericht Hamm beschäftigte sich vor einiger Zeit mit einem Gewährleistungsausschluss. In diesem Fall war der Kilometerstand des verkauften Autos das Problem: Der Tacho und der Kaufvertrag wiesen 196.000 km Laufleistung aus. Nach dem Kauf erfuhr der Käufer jedoch, dass das Fahrzeug ein Jahr vor dem Verkauf bereits 305.225 km auf dem Tacho gehabt hatte.
In diesem Fall lehnte das Gericht einen Rücktritt vom Kaufvertrag nach dem Gewährleistungsrecht ab. Schließlich habe der Kaufvertrag bei der Kilometerangabe die Einschränkung "soweit dem Verkäufer bekannt" mit dem handschriftlichen Zusatz "Gesamtlaufleistung nicht bekannt" aufgewiesen. Das Gericht lehnte auch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ab. Der Kläger habe dem Verkäufer nicht beweisen können, dass dieser ihn über den Kilometerstand tatsächlich täuschen wollte. Eine Arglist erfordert aber Vorsatz. Stattdessen ging das Gericht davon aus, dass der Verkäufer selbst durch den Vorbesitzer über den Kilometerstand getäuscht worden war. Dieser trat vor Gericht als Zeuge auf und gab unglaubhafte Geschichten zum Besten, warum er den Tacho ausgetauscht habe (Urteil vom 11.12.2012, Az. 28 U 80/12).
Arglistige Täuschung wegen neu eingebautem Tacho mit geringerem Kilometerstand?
Das Oberlandesgericht Köln hat entschieden, dass ein Verkäufer, der von einem Austausch des Tachos oder einer erheblichen Kilometerdifferenz weiß, dies dem Käufer mitteilen muss – und zwar von sich aus und ungefragt. Im Fall ging es um einen 14 Jahre alten Porsche 944. Ein Sportwagenhändler hatte diesen gekauft und nach einem Austausch des Motors und des Tachos zuerst als Firmenwagen gefahren. Der Händler verkaufte dann das Fahrzeug weiter, ohne dem Käufer mitzuteilen, dass der Kilometerstand laut Tacho gerade einmal die Hälfte der echten Laufleistung angab. Das Gericht erlaubte dem Käufer einen Rücktritt nach den Gewährleistungsregeln. Der im Kaufvertrag vereinbarte Gewährleistungsausschluss war laut Gericht wegen der arglistigen Täuschung über den Kilometerstand nach § 444 BGB unwirksam (Urteil vom 13.3.2007, Az. 22 U 170/06).
Arglistige Täuschung bei Angaben über Unfallfreiheit ins Blaue hinein?
In einem anderen Fall hatte ein Autokäufer auf ein Onlineangebot hin bei einem Vertragshändler einen Gebrauchtwagen gekauft. Dem Kaufvertrag lag ein Bestellformular bei, in dem es hieß: "Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden lt. Vorbesitzer: KEINE". Der Käufer brachte das Auto später in eine Werkstatt. Diese wies ihn auf einen erheblichen und nicht fachgerecht reparierten Unfallschaden hin. Es stellte sich heraus, dass ein anderer Vertragshändler die Reparatur durchgeführt hatte. Der Käufer erklärte die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung.
Der Fall kam schließlich vor den Bundesgerichtshof. Dieser erklärte: Ein arglistiges Handeln des Verkäufers liege bereits vor, wenn er zu Fragen, deren Beantwortung erkennbar entscheidend für den Kaufentschluss des anderen sei, ohne tatsächliche Grundlagen ins Blaue hinein falsche Angaben mache. Genau so sei es hier gewesen. Daher hatte die Anfechtung Erfolg (Urteil vom 7.6.2006, Az. VIII ZR 209/05).
Rücktritt vom Kaufvertrag wegen falsche Kilometerangabe in einer Online-Anzeige
Auch wegen falscher Angaben in Internetanzeigen können Autokäufer Ansprüche haben. Dies entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf. Dabei ging es um einen gebrauchten VW Lupo, den ein Gebrauchtwagenhändler angeboten hatte. Dieser hatte nach dem Kauf einen Getriebeschaden gehabt. Der Käufer forderte die Reparaturhistorie des Fahrzeugs bei VW an. Diese zeigte, dass das Auto 2008 beim Kilometerstand von 270.858 km in der Werkstatt gewesen war. Anfang 2010 war es erneut repariert worden mit einem Kilometerstand von 215.531. Bei einem dritten Werkstattaufenthalt im Herbst 2011 hatte der Tacho des rätselhaft verjüngten Autos jedoch nur noch eine Laufleistung von 137.907 km angezeigt.
Daraufhin trat der erboste Käufer vom Kaufvertrag zurück. Der Händler akzeptierte dies jedoch nicht, weil im Kaufvertrag nichts zur Kilometerzahl stand. Trotzdem sah das Gericht den in der Onlineanzeige genannten Kilometerstand von 137.800 km zumindest in diesem konkreten Fall als Beschaffenheitsgarantie an. Auch ohne eine nachgewiesene arglistige Täuschung durch den Gebrauchtwagenhändler galt daher dessen Gewährleistungsausschluss nicht. Der Käufer konnte vom Kaufvertrag zurücktreten und bekam sein Geld zurück (Beschluss vom 15.11.2012, Az. I-3 W 228/12).
Anfechtung wegen fehlender Eigenschaft "scheckheftgepflegt"?
Das Amtsgericht München beschäftigte sich mit einem privat verkauften Mercedes Sprinter. Auch dieser Transporter war online inseriert worden. Dabei hatte ihn der Verkäufer als "scheckheftgepflegt" angeboten. Der Kaufvertrag machte dazu jedoch keine Angabe. In Wahrheit war das Fahrzeug nicht scheckheftgepflegt. Der Käufer wollte den Kaufvertrag anfechten. Dies verweigerte jedoch der Verkäufer, weil er die Scheckheftpflege nicht vertraglich zugesichert habe.
Das Gericht entschied zugunsten des Käufers. Ein Zeuge hatte ausgesagt, dass in der Onlineanzeige tatsächlich "scheckheftgepflegt" gestanden hatte. Das Gericht sah die Scheckheftpflege als ein wesentliches wertbildendes Merkmal an. Bei wahrheitswidrigen Angaben zu diesem Punkt sei eine Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung möglich (Urteil vom 10.1.2018, Az. 142 C 10499/17).
Praxistipp zur arglistigen Täuschung beim Autokauf
Autokäufer sollten sich nicht durch fantasievolle Behauptungen oder Gewährleistungsausschlüsse irritieren lassen. Bei einer arglistigen Täuschung haben sie trotzdem Ansprüche und kommen womöglich aus dem Kaufvertrag wieder heraus. Dafür ist es wichtig, Beweise zu haben – zum Beispiel darüber, was der Verkäufer gesagt oder in seine Anzeige geschrieben hat. Screenshots oder Ausdrucke des Online-Angebots und Zeugen sind wichtig. Bei Streitigkeiten über Kfz-Kaufverträge kann Ihnen ein im Zivilrecht tätiger Rechtsanwalt am besten helfen.
(Wk)