Arzthaftung bei Schulteroperationen
14.12.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Für Schulterverletzungen gibt es verschiedenste Ursachen und natürlich auch viele verschiedene Behandlungsmethoden. Leicht kann es zu einer Fehldiagnose oder einer nicht erfolgreichen Behandlung kommen. Für betroffene Patienten bedeutet dies oft langfristige Schmerzen und Bewegungseinschränkungen.
Für den Arzthaftungsprozess ist oft der Begriff des "groben Behandlungsfehlers" von Bedeutung. Dieser führt dazu, dass es zu einer Beweislastumkehr kommt: Nicht mehr der Patient muss beweisen, dass der Fehler zu dem gesundheitlichen Schaden geführt hat, sondern der Arzt muss beweisen, dass dies nicht der Fall war. Von einem groben Behandlungsfehler spricht man beispielsweise, wenn der Arzt eindeutig gegen bewährte, ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte, medizinische Erkenntnisse verstoßen hat.
Ärzte dürfen mit einer Arthroskopie eine Schulterverletzung abklären. Denn: Nach einer Schulterverletzung kann die Arthroskopie zur Klärung der Ursachen eines - nach der MRT vermeintlich eindeutigen - Einrisses der Supraspinatussehne erforderlich sein. Der Patient muss über die Möglichkeit einer konservativen Behandlung nicht aufgeklärt werden, wenn diese aus medizinischer Sicht nicht gleichermaßen erfolgversprechend ist. So hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden (Urteil vom 21.1.2014, Az. I 26 U 101/12).
In einem anderen Fall sprach das Oberlandesgericht Hamm einer Patientin, die ihre linke Schulter nach einer fehlerhaft gewählten und fehlerhaft durchgeführten Schulteroperation nicht mehr bewegen konnte, ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro zu.
Die Schulter der Patientin musste in diesem Fall nach mehreren operativen Eingriffen versteift werden. Die Patientin verlangte Schadensersatz und ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro, da sie unter Entfernung ihres Schulterdachs fehlerhaft operiert worden sei.
Ihre Klage war erfolgreich. Dem Gericht zufolge war die Patientin im beklagten Krankenhaus von den beiden beklagten Operateuren grob fehlerhaft behandelt worden. Nicht nur bei der Wahl einer offenen Schultergelenkoperation, sondern auch bei deren Durchführung hätten die Ärzte gegen medizinische Standards verstoßen. Nach der vor der Operation erfolgten MRT-Untersuchung sei aufgrund von erkannten krankhaften Veränderungen im Schultergelenk allein ein arthroskopischer Eingriff zur Entfernung des Schleimbeutels und zur Dekompression der Enge im Schultergelenk der Klägerin medizinisch angezeigt gewesen.
Der dann tatsächlich erfolgte Eingriff durch eine offene Schulteroperation sei obendrein auch noch fehlerhaft durchgeführt worden. Dabei seien wesentliche Teile des Schulterdachs entfernt worden. Das Schulterdach sei zerstört worden. So sei eine Versteifung der linken Schulter der Patientin erforderlich geworden, wodurch ihr linker Arm funktionsunfähig geworden sei. Den behandelnden Ärzten sei damit ein grober Behandlungsfehler vorzuwerfen (Urteil vom 1.7.2014, Az. 26 U 4/13).
Das Oberlandesgericht Hamm gestand einem Kläger nach einer Schulteroperation Schadensersatz und 8.000 Euro Schmerzensgeld zu. Operiert worden war hier eine Schultergelenksprengung. Der Operateur hatte die Bohrung für eine einzubringende Schraube zu nahe am Gelenk gesetzt und dies nicht erkannt, da er auf die hier übliche und gebotene Zwei-Ebenen-Bildgebung während der Operation verzichtete - und sich auf seine Erfahrung verließ. Dies führte zur Notwendigkeit einer zweiten Operation und zu einer verzögerten Heilung. Der vom Gericht befragte Sachverständige bezeichnet den Verzicht auf Bildgebung während dieser OP als "mehr als mutig und reine Selbstüberschätzung". Insofern lag hier ein grober Behandlungsfehler vor (OLG Hamm, Urteil vom 18.2.2014, Az. 26 U 152/13).
Ob eine Unfallversicherung eine Schulterverletzung als Unfallfolge anerkennt, hängt nicht nur vom konkreten Unfallablauf, sondern auch von Vorschäden ab.
Das Sozialgericht Karlsruhe verweigerte einer 37-jährigen Stuntfrau die Anerkennung einer Zerrung der Rotatorenmanschette als Unfallfolge. Die Frau war im Rahmen eines Fortbildungskurses "Tiefschneetechnik" auf ihre rechte Schulter gefallen. Zwei Wochen später ergab die MRT degenerative Veränderungen aller Rotatorenmanschettensehnen und Faserrisse der Supraspinatussehne, und unter anderem eine AC-Gelenksarthrose.
Das Gericht erläuterte, dass ein direktes Anpralltrauma keine Verletzung der Rotatorenmanschette hervorrufen könne. Die für ein Trauma typischen Verletzungen seien nicht feststellbar, stattdessen seien degenerative Veränderungen festgestellt worden. Durch den Unfall hätten sich bereits vorhandene Schäden manifestiert. Diese seien auf die sportlichen Aktivitäten der Frau zurückzuführen, nämlich Klettern, Kickboxen, Skifahren und Fallschirmspringen, sowie auf ihre beruflichen Aktivitäten wie Treppen herunterstürzen, Kletterunfälle vorführen oder Skiunfälle fahren (26.2.2019, Az. S 1 U 2389/18).
Bei Prozessen rund um Arzthaftung und Behandlungsfehler sind oft ausführliche medizinische Gutachten erforderlich. Auch im juristischen Bereich ist Spezialwissen gefragt - ein Fachanwalt für Medizinrecht kann Sie im Ernstfall kompetent beraten.
Die Schulter ist besonders verletzungsanfällig. Wenn sich der erhoffte Erfolg einer Schulterbehandlung nicht einstellt, könnte es sich um einen ärztlichen Behandlungsfehler handeln.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was ist ein grober Behandlungsfehler? Schulterverletzung: Wann ist eine Arthroskopie zulässig? Schulteroperation misslungen - Schmerzensgeld! Grob fehlerhafte Operation: Anspruch auf Schmerzensgeld Rotatorenmanschetten-Zerrung: Keine Unfallfolge bei Stuntfrau Praxistipp Was ist ein grober Behandlungsfehler?
Für den Arzthaftungsprozess ist oft der Begriff des "groben Behandlungsfehlers" von Bedeutung. Dieser führt dazu, dass es zu einer Beweislastumkehr kommt: Nicht mehr der Patient muss beweisen, dass der Fehler zu dem gesundheitlichen Schaden geführt hat, sondern der Arzt muss beweisen, dass dies nicht der Fall war. Von einem groben Behandlungsfehler spricht man beispielsweise, wenn der Arzt eindeutig gegen bewährte, ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte, medizinische Erkenntnisse verstoßen hat.
Schulterverletzung: Wann ist eine Arthroskopie zulässig?
Ärzte dürfen mit einer Arthroskopie eine Schulterverletzung abklären. Denn: Nach einer Schulterverletzung kann die Arthroskopie zur Klärung der Ursachen eines - nach der MRT vermeintlich eindeutigen - Einrisses der Supraspinatussehne erforderlich sein. Der Patient muss über die Möglichkeit einer konservativen Behandlung nicht aufgeklärt werden, wenn diese aus medizinischer Sicht nicht gleichermaßen erfolgversprechend ist. So hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden (Urteil vom 21.1.2014, Az. I 26 U 101/12).
Schulteroperation misslungen - Schmerzensgeld!
In einem anderen Fall sprach das Oberlandesgericht Hamm einer Patientin, die ihre linke Schulter nach einer fehlerhaft gewählten und fehlerhaft durchgeführten Schulteroperation nicht mehr bewegen konnte, ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro zu.
Die Schulter der Patientin musste in diesem Fall nach mehreren operativen Eingriffen versteift werden. Die Patientin verlangte Schadensersatz und ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro, da sie unter Entfernung ihres Schulterdachs fehlerhaft operiert worden sei.
Ihre Klage war erfolgreich. Dem Gericht zufolge war die Patientin im beklagten Krankenhaus von den beiden beklagten Operateuren grob fehlerhaft behandelt worden. Nicht nur bei der Wahl einer offenen Schultergelenkoperation, sondern auch bei deren Durchführung hätten die Ärzte gegen medizinische Standards verstoßen. Nach der vor der Operation erfolgten MRT-Untersuchung sei aufgrund von erkannten krankhaften Veränderungen im Schultergelenk allein ein arthroskopischer Eingriff zur Entfernung des Schleimbeutels und zur Dekompression der Enge im Schultergelenk der Klägerin medizinisch angezeigt gewesen.
Der dann tatsächlich erfolgte Eingriff durch eine offene Schulteroperation sei obendrein auch noch fehlerhaft durchgeführt worden. Dabei seien wesentliche Teile des Schulterdachs entfernt worden. Das Schulterdach sei zerstört worden. So sei eine Versteifung der linken Schulter der Patientin erforderlich geworden, wodurch ihr linker Arm funktionsunfähig geworden sei. Den behandelnden Ärzten sei damit ein grober Behandlungsfehler vorzuwerfen (Urteil vom 1.7.2014, Az. 26 U 4/13).
Grob fehlerhafte Operation: Anspruch auf Schmerzensgeld
Das Oberlandesgericht Hamm gestand einem Kläger nach einer Schulteroperation Schadensersatz und 8.000 Euro Schmerzensgeld zu. Operiert worden war hier eine Schultergelenksprengung. Der Operateur hatte die Bohrung für eine einzubringende Schraube zu nahe am Gelenk gesetzt und dies nicht erkannt, da er auf die hier übliche und gebotene Zwei-Ebenen-Bildgebung während der Operation verzichtete - und sich auf seine Erfahrung verließ. Dies führte zur Notwendigkeit einer zweiten Operation und zu einer verzögerten Heilung. Der vom Gericht befragte Sachverständige bezeichnet den Verzicht auf Bildgebung während dieser OP als "mehr als mutig und reine Selbstüberschätzung". Insofern lag hier ein grober Behandlungsfehler vor (OLG Hamm, Urteil vom 18.2.2014, Az. 26 U 152/13).
Rotatorenmanschetten-Zerrung: Keine Unfallfolge bei Stuntfrau
Ob eine Unfallversicherung eine Schulterverletzung als Unfallfolge anerkennt, hängt nicht nur vom konkreten Unfallablauf, sondern auch von Vorschäden ab.
Das Sozialgericht Karlsruhe verweigerte einer 37-jährigen Stuntfrau die Anerkennung einer Zerrung der Rotatorenmanschette als Unfallfolge. Die Frau war im Rahmen eines Fortbildungskurses "Tiefschneetechnik" auf ihre rechte Schulter gefallen. Zwei Wochen später ergab die MRT degenerative Veränderungen aller Rotatorenmanschettensehnen und Faserrisse der Supraspinatussehne, und unter anderem eine AC-Gelenksarthrose.
Das Gericht erläuterte, dass ein direktes Anpralltrauma keine Verletzung der Rotatorenmanschette hervorrufen könne. Die für ein Trauma typischen Verletzungen seien nicht feststellbar, stattdessen seien degenerative Veränderungen festgestellt worden. Durch den Unfall hätten sich bereits vorhandene Schäden manifestiert. Diese seien auf die sportlichen Aktivitäten der Frau zurückzuführen, nämlich Klettern, Kickboxen, Skifahren und Fallschirmspringen, sowie auf ihre beruflichen Aktivitäten wie Treppen herunterstürzen, Kletterunfälle vorführen oder Skiunfälle fahren (26.2.2019, Az. S 1 U 2389/18).
Praxistipp
Bei Prozessen rund um Arzthaftung und Behandlungsfehler sind oft ausführliche medizinische Gutachten erforderlich. Auch im juristischen Bereich ist Spezialwissen gefragt - ein Fachanwalt für Medizinrecht kann Sie im Ernstfall kompetent beraten.
(Wk)