Auskunftsanspruch des abgelehnten Bewerbers

Autor: RAin FAinArbR Ursel Kappelhoff, Vahle Kühnel Becker, FAeArbR, Hamburg
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 05/2012
Ein abgelehnter Bewerber, der die in der Stellenbeschreibung genannten Voraussetzungen erfüllt, hat keinen Anspruch auf Auskunft, ob ein anderer Bewerber eingestellt wurde. Die Verweigerung von Informationen kann jedoch im Rahmen des Nachweises von Tatsachen, die eine Diskriminierung vermuten lassen, zu berücksichtigen sein.

EuGH, Urt. v. 19.4.2012 - Rs. C-415/10 „Meister

Vorinstanz: BAG - 8 AZR 287/08 [A]

Richtlinie 2000/43 Art. 8 Abs. 1; Richtlinie 2000/78 Art. 10 Abs. 1; Richtlinie 2006/54 Art. 19 Abs. 1

Das Problem:

Frau Meister, russ. Herkunft, Jahrgang 1961, bewirbt sich auf eine Stelle als Software-Entwicklerin. Sie verfügt über die geforderte Qualifikation, wird aber nicht zum Bewerbungsgespräch eingeladen. Gegenüber dem Arbeitgeber macht sie Schadenersatz wegen Diskriminierung aufgrund des Alters, des Geschlechts und ihrer ethnischen Herkunft geltend. Indizien trägt sie dazu nicht vor. Zusätzlich verlangt sie zur Aufklärung des Sachverhalts die Vorlage der Bewerbungsunterlagen des eingestellten Bewerbers. Das BAG legt das Verfahren hinsichtlich des Auskunftsanspruchs dem EuGH vor.

Die Entscheidung des Gerichts:

Der EuGH verneint einen Anspruch des abgelehnten Bewerbers auf Erteilung von Auskunft darüber, ob ein anderer Bewerber eingestellt wurde und aufgrund welcher Kriterien dies geschehen ist. Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass die Auskunftsverweigerung durch den Arbeitgeber ein Indiz für eine unzulässige Diskriminierung sein könne. Zu den in Betracht zu ziehenden Gesichtspunkten könne insbesondere der Umstand gehören, dass jeder Zugang zu Informationen verweigert worden sei, deren Übermittlung geltend gemacht worden sei. Darüber hinaus könne auch die Tatsache herangezogen werden, dass der Bewerber hinreichend qualifiziert und trotzdem nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei.


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