Auskunftsanspruch des bislang allein barunterhaltspflichtigen Elternteils gegen den anderen Elternteil

Autor: RiOLG Dr. Dagny Liceni-Kierstein, Brandenburg
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 01/2012
Beim Minderjährigenunterhalt besteht eine Auskunftsverpflichtung der Eltern untereinander nicht, wenn die Auskunft den Unterhaltsanspruch des Kindes unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen kann. Der Auskunftsanspruch des einen Elternteils gegen den anderen dient nämlich nur dazu, sich die für die richtige Bemessung der eigenen (anteiligen) Unterhaltsverpflichtung notwendigen Informationen für eine Rechtsverfolgung zu verschaffen.

OLG Bremen, Beschl. v. 7.9.2011 - 5 UF 52/11

Vorinstanz: AG Bremen - 60 F 4837/10

BGB §§ 242, 1603 Abs. 2 Satz 3, 1605, 1606 Abs. 3; SGB VIII §§ 10 Abs. 2 Satz 2, 92 Abs. 2, 94; FamGKG § 53

Das Problem:

Die Beteiligten sind die geschiedenen Eltern der im Jahr 1993 geborenen und bei Abschluss des Verfahrens noch minderjährigen Tochter A. Deren Unterhaltsanspruch gegen den Antragsteller, ihren Vater, ist durch Anerkenntnisurteil aus dem Jahr 2006 i.H.v. monatlich 337 € tituliert. Bis Juli 2010 lebte A. im Haushalt ihrer Mutter, der Antragsgegnerin. Anschließend wechselte die Tochter im Rahmen der Hilfe zur Erziehung nach dem SGB VIII in eine betreute Wohnform, für die tägliche Kosten i.H.v. rund 300 € (ohne Nebenkosten) anfielen. Im April 2011 kehrte A. in den Haushalt der Mutter zurück. Der Antragsteller, der vom Amt für Soziale Dienste auf Auskunft über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Anspruch genommen worden war, um ihn zu den Kosten der Jugendhilfeleistungen heranzuziehen, hat mit seinem im Dezember 2010 eingereichten und mit einer Streitwertangabe i.H.v. 500 € versehenen Antrag die Antragsgegnerin auf Auskunft über ihr Einkommen und Vermögen in Anspruch genommen. Zur Begründung hat er vorgetragen, der Kindesunterhaltstitel sei abzuändern. Um sein Abänderungsbegehren gegenüber der Tochter schlüssig darlegen zu können, sei die begehrte Auskunftserteilung erforderlich. Zum einen sei nunmehr auch die Mutter gegenüber der Tochter aufgrund ihrer Fremdunterbringung barunterhaltspflichtig und er müsse ihren Haftungsanteil benennen können. Zum anderen benötige er die Auskunft der Antragsgegnerin zur Berechnung seines Beitragsanteils zu den Kosten der Jugendhilfemaßnahme. Das AG hat den Auskunftsantrag zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Auskunft werde von der Mutter nicht geschuldet, weil sie die Unterhaltsverpflichtung des Vaters unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen könne. Für die Höhe des vom Vater zu leistenden öffentlich-rechtlichen Kostenbeitrags komme es nach den §§ 92 Abs. 2, 94 SGB VIII ausschließlich auf sein Einkommen an, da die Eltern im Rahmen ihrer fortbestehenden Verantwortung für die gemeinsame Tochter getrennt voneinander zu den Kosten der Jugendhilfemaßnahme herangezogen werden. Im Übrigen sei der Unterhaltsbedarf von A. während der Dauer ihrer Fremdunterbringung durch die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in vollem Umfang gedeckt, was bei der Berechnung der Unterhaltsverpflichtung der Eltern berücksichtigt werden müsse (§ 10 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII). Der Antragsteller könne die Auskunft für sein beabsichtigtes Unterhaltsabänderungsbegehren auch nicht mit der Begründung begehren, die Mutter komme als andere leistungsfähige Verwandte i.S.d. § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB in Betracht, weil sie über ein deutlich höheres Einkommen als er sowie Vermögen verfüge. Solange dem Unterhaltspflichtigen – wie hier – noch der notwendige Selbstbehalt verbleibe, sei der zu leistende Barunterhalt trotz der gebotenen Beteiligung des betreuenden Elternteils nicht unter den Mindestunterhalt zu ermäßigen. Andernfalls würde der Betreuungsunterhalt in nicht zu rechtfertigender Weise entwertet. Der für A. titulierte Kindesunterhalt von monatlich 337 € übersteige den Mindestunterhalt der 3. Altersstufe (von 334 €) nur um 3 €. Das rechtfertige nach Rückkehr der Tochter in den Haushalt der Mutter keinen Auskunftsanspruch gegen diese im Rahmen ihrer fortdauernden Betreuung.


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