Außerordentliche Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs
Autor: RAin FAinArbR Daniela Range-Ditz, Dr. Ditz und Partner, Rastatt
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 03/2012
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 03/2012
Eine vom Arbeitnehmer vorsätzlich fehlerhaft dokumentierte Arbeitszeit ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darzustellen.
BAG, Urt. v. 9.6.2011 - 2 AZR 381/10
Vorinstanz: LAG Niedersachen - 9 Sa 1913/08
BGB §§ 241 Abs. 2, 626 Abs. 1; ZPO § 286
Die Klägerin hat unstreitig an mindestens sieben Arbeitstagen 13 bis 28 Minuten fehlerhaft in der Zeiterfassung dokumentiert. Gegen die fristlose Kündigung wandte sie sich u.a. mit dem Einwand, viel Zeit mit der Suche nach einem Parkplatz verbracht zu haben. Die Arbeitszeit beginne bereits, wenn sie die Parkplatzeinfahrt der Dienststelle durchfahre und nicht erst mit dem Betreten des Dienstgebäudes. Zu Recht?
Unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls sowie unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile sei auch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – hier der fiktiven ordentliche Kündigungsfrist von zwölf Monaten – nicht mehr zumutbar gewesen. Eine Hinnahme dieses Verhaltens durch den Arbeitgeber sei offensichtlich und damit auch für den Arbeitnehmer erkennbar ausgeschlossen gewesen sei. Das auf Heimlichkeit angelegte vorsätzliche und systematische Fehlverhalten wiege besonders schwer. Die erforderliche Vertrauensgrundlage erscheine daher auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht mehr wiederherstellbar, zumal die Dienstvereinbarung ausdrücklich auf arbeitsrechtliche Schritte im Fall eines Missbrauchs hingewiesen habe.
BAG, Urt. v. 9.6.2011 - 2 AZR 381/10
Vorinstanz: LAG Niedersachen - 9 Sa 1913/08
BGB §§ 241 Abs. 2, 626 Abs. 1; ZPO § 286
Das Problem:
Die Parteien streiten über die Rechtsmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs. Die Klägerin, die aufgrund ihrer Betriebszugehörigkeitsdauer nach § 14 MDK-T nur noch aus wichtigem Grund kündbar war, nahm an einem Gleitzeit-System teil. Aufgrund der geltenden Dienstvereinbarung war sie verpflichtet, Beginn und Ende der Anwesenheitszeit minutengenau im elektronischen Zeiterfassungssystem einzugeben. Die Dienstvereinbarung sah ausdrücklich vor, dass im Fall von Unregelmäßigkeiten und Missbrauch grds. disziplinarische bzw. arbeitsrechtliche Maßnahmen folgen.Die Klägerin hat unstreitig an mindestens sieben Arbeitstagen 13 bis 28 Minuten fehlerhaft in der Zeiterfassung dokumentiert. Gegen die fristlose Kündigung wandte sie sich u.a. mit dem Einwand, viel Zeit mit der Suche nach einem Parkplatz verbracht zu haben. Die Arbeitszeit beginne bereits, wenn sie die Parkplatzeinfahrt der Dienststelle durchfahre und nicht erst mit dem Betreten des Dienstgebäudes. Zu Recht?
Die Entscheidung des Gerichts:
Das BAG hat das klageabweisende Urteil des LAG bestätigt: Der Sachverhalt sei bereits ohne seine besonderen Umstände „an sich” d.h. typischerweise als wichtiger Grund für eine Kündigung geeignet. Der vorsätzliche Verstoß gegen die Verpflichtung, die abgeleistete – vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende – Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, sei ungeachtet der strafrechtlichen Würdigung ein schwerer Vertrauensbruch. Der Arbeitgeber müsse auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit der am Gleitzeitmodell teilnehmenden Arbeitnehmer vertrauen können. Durch die im Zeitraum der Beobachtung täglich erfolgte fehlerhafte Angabe habe die Arbeitnehmerin systematisch und damit nicht mehr nur fahrlässig gehandelt.Unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls sowie unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile sei auch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – hier der fiktiven ordentliche Kündigungsfrist von zwölf Monaten – nicht mehr zumutbar gewesen. Eine Hinnahme dieses Verhaltens durch den Arbeitgeber sei offensichtlich und damit auch für den Arbeitnehmer erkennbar ausgeschlossen gewesen sei. Das auf Heimlichkeit angelegte vorsätzliche und systematische Fehlverhalten wiege besonders schwer. Die erforderliche Vertrauensgrundlage erscheine daher auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht mehr wiederherstellbar, zumal die Dienstvereinbarung ausdrücklich auf arbeitsrechtliche Schritte im Fall eines Missbrauchs hingewiesen habe.