BAG, Urt. 11.10.2017 - 5 AZR 621/16

Mindestlohn – Berücksichtigung einer Anwesenheitsprämie

Autor: RA FAArbR Dr. Sascha Schewiola,Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 01/2018
Eine Anwesenheitsprämie kann den gesetzlichen Mindestlohn (mit-)erfüllen. Eine Anrechnung der Anwesenheitsprämie auf den gesetzlichen Mindestlohn ist aber nur möglich, wenn die vertraglich vereinbarte Grundvergütung unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns liegt. Ist dies nicht der Fall, ist die Anwesenheitsprämie zusätzlich zum Mindestlohn zu zahlen.

BAG, Urt. v. 11.10.2017 - 5 AZR 621/16

Vorinstanz: LAG Bremen - 3 Sa 8/16

BGB § 362 Abs. 1, § 366 Abs. 1; MiLoG § 1 Abs. 1 u. 2, § 3

Das Problem

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Anwesenheitsprämie i.H.v. 60,63 € brutto. Nach dem Arbeitsvertrag hat die Klägerin ab dem 1.1.2015 „in Anlehnung an das Mindestlohngesetz” Anspruch auf eine Vergütung von 8,50 € brutto pro Zeitstunde. Die Beklagte gewährt ihren Mitarbeitern eine Anwesenheitsprämie. Sie rechnete auf den Mindestlohn der Klägerin die Anwesenheitsprämie an. Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stünden Mindestlohn und Anwesenheitsprämie zu.

Die Entscheidung des Gerichts

Der 5. Senat des BAG folgt der Auffassung der Klägerin. Zwar sei die Anwesenheitsprämie grds. geeignet, den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn mit zu erfüllen. Diese sei jedenfalls auch Gegenleistung für erbrachte Arbeit.

Vorliegend sei eine Anrechnung jedoch aufgrund der arbeitsvertraglichen Regelungen nicht möglich. Nur wenn die vertraglich vereinbarte Grundvergütung nicht ausreiche, um den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn zu erfüllen, sei eine Anrechnung von Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn möglich. Die Grundvergütung der Klägerin sei aber schon so hoch wie der gesetzliche Mindestlohn. Daher bleibe für die Anrechnung einer Sonderzahlung auf diesen kein Raum. Die Anwesenheitsprämie sei daher zusätzlich zur Grundvergütung zu zahlen.


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