BAG, Urt. 19.10.2017 - 8 AZR 845/15
Kein Wiedereinstellungsanspruch im Kleinbetrieb
Autor: RAin FAinArbR Dr. Cornelia Marquardt, Norton Rose Fulbright LLP München
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 04/2018
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 04/2018
Arbeitnehmer in Kleinbetrieben haben keinen Wiedereinstellungsanspruch nach einer betriebsbedingten Kündigung.
BAG, Urt. v. 19.10.2017 - 8 AZR 845/15
Vorinstanz: LAG Düsseldorf - 4 Sa 1289/14
GG Art. 12 Abs. 1; BGB §§ 138, 242, 611, § 613a Abs. 4 Satz 1; KSchG § 1 Abs. 2, § 5 Abs. 3 Satz 2, § 23 Abs. 1 Sätze 2–4
Der in einer Apotheke mit sieben Arbeitnehmern beschäftigte Kläger erhielt von der vormaligen Beklagten eine Kündigung zum 30.6.2014, weil sie die Apotheke aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr weiterführen könne. Er erhob keine Kündigungsschutzklage. Die vormalige Beklagte führte die Apotheke mit reduziertem Personal schließlich doch noch über den 30.6.2014 hinaus weiter und schloss am 15.7.2014 mit der nunmehrigen Beklagten einen Vertrag über deren Verkauf. Die Übertragung und Übergabe der Apotheke an die Beklagte erfolgte am 1.9.2014.
Mit seiner am 29.7.2014 eingereichten Klage verlangt der Kläger den Neuabschluss eines Arbeitsvertrags.
Die zum Wiedereinstellungsanspruch entwickelten Grundsätze sind jedoch in sog. Kleinbetrieben nicht anwendbar, da sie eine betriebsbedingte Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG voraussetzen. Der Anspruch stellt einen nach § 242 BGB gebotenen Ausgleich dafür dar, dass eine betriebsbedingte Kündigung nicht erst möglich ist, wenn der Arbeitsplatz tatsächlich bereits entfallen ist, sondern schon erklärt werden kann, wenn die auf Tatsachen gestützte Vorausschau gerechtfertigt ist, dass jedenfalls zum Ablauf der Kündigungsfrist der die Entlassung erforderlich machende betriebliche Grund vorliegen wird; die spätere tatsächliche Entwicklung bleibt bei der Bewertung der Kündigung dann unberücksichtigt. Dies kann einen Arbeitnehmer in seinem durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Bestandsschutzinteresse beeinträchtigen. Allein vor diesem Hintergrund gebietet § 242 BGB eine Kompensation durch einen Wiedereinstellungsanspruch.
BAG, Urt. v. 19.10.2017 - 8 AZR 845/15
Vorinstanz: LAG Düsseldorf - 4 Sa 1289/14
GG Art. 12 Abs. 1; BGB §§ 138, 242, 611, § 613a Abs. 4 Satz 1; KSchG § 1 Abs. 2, § 5 Abs. 3 Satz 2, § 23 Abs. 1 Sätze 2–4
Das Problem
Die Parteien streiten um einen Wiedereinstellungsanspruch in einem Kleinbetrieb i.S.v. § 23 Abs. 1 Sätze 2–4 KSchG.Der in einer Apotheke mit sieben Arbeitnehmern beschäftigte Kläger erhielt von der vormaligen Beklagten eine Kündigung zum 30.6.2014, weil sie die Apotheke aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr weiterführen könne. Er erhob keine Kündigungsschutzklage. Die vormalige Beklagte führte die Apotheke mit reduziertem Personal schließlich doch noch über den 30.6.2014 hinaus weiter und schloss am 15.7.2014 mit der nunmehrigen Beklagten einen Vertrag über deren Verkauf. Die Übertragung und Übergabe der Apotheke an die Beklagte erfolgte am 1.9.2014.
Mit seiner am 29.7.2014 eingereichten Klage verlangt der Kläger den Neuabschluss eines Arbeitsvertrags.
Die Entscheidung des Gerichts
Das BAG verneint einen Wiedereinstellungsanspruch. Dieser kann einem gekündigten Arbeitnehmer zustehen, wenn zwischen dem Zugang einer betriebsbedingten Kündigung und dem Ende der Kündigungsfrist der bisherige Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers doch erhalten bleibt oder eine unvorhergesehene Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem freien Arbeitsplatz entsteht.Die zum Wiedereinstellungsanspruch entwickelten Grundsätze sind jedoch in sog. Kleinbetrieben nicht anwendbar, da sie eine betriebsbedingte Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG voraussetzen. Der Anspruch stellt einen nach § 242 BGB gebotenen Ausgleich dafür dar, dass eine betriebsbedingte Kündigung nicht erst möglich ist, wenn der Arbeitsplatz tatsächlich bereits entfallen ist, sondern schon erklärt werden kann, wenn die auf Tatsachen gestützte Vorausschau gerechtfertigt ist, dass jedenfalls zum Ablauf der Kündigungsfrist der die Entlassung erforderlich machende betriebliche Grund vorliegen wird; die spätere tatsächliche Entwicklung bleibt bei der Bewertung der Kündigung dann unberücksichtigt. Dies kann einen Arbeitnehmer in seinem durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Bestandsschutzinteresse beeinträchtigen. Allein vor diesem Hintergrund gebietet § 242 BGB eine Kompensation durch einen Wiedereinstellungsanspruch.