BAG, Urt. 19.6.2024 - 5 AZR 241/23
Entgeltfortzahlung bei Erkrankung nach Tätigkeitsverbot auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes
Autor: RA FAArbR Axel Braun, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Köln
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 11/2024
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 11/2024
Ein Arbeitnehmer, gegen den mangels Vorlage eines Immunitätsnachweises ein behördliches Tätigkeitsverbot nach § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG a.F. verhängt wird, kann für eine zeitlich spätere Arbeitsunfähigkeit keine Entgeltfortzahlung verlangen.
EFZG § 3; IfSG a.F. § 20a Abs. 5 Satz 3
Das Gesundheitsamt verhängte daraufhin mit bestandskräftiger Ordnungsverfügung, zugestellt am 18.9. um 13:30 Uhr, ein Tätigkeitsverbot. Am gleichen Tag erschien die Klägerin um 6:00 Uhr nicht zur Arbeit und reichte mehrere zeitlich aufeinanderfolgende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wegen einer „Anpassungsstörung“ ein. Die Arbeitgeberin leistete keine Entgeltfortzahlung. Die Zahlungsklage haben das Arbeitsgericht und das LAG abgewiesen.
Es komme auch nicht darauf an, ob die Klägerin bereits vor oder erst nach Zugang der Ordnungsverfügung erkrankt sei, denn mit deren Zugang wäre ein zuvor bestehender Anspruch erloschen. Eine zuvor bestehende Arbeitsunfähigkeit wäre ab dann nicht mehr monokausal für den Arbeitsausfall gewesen.
EFZG § 3; IfSG a.F. § 20a Abs. 5 Satz 3
Das Problem
Die – nicht gegen das Coronavirus geimpfte – Klägerin war als Krankenschwester beschäftigt. Den erforderlichen einrichtungsbezogenen Immunitätsnachweis nach § 20a IfSG legte sie nicht vor. Das vom Arbeitgeber eingeschaltete Gesundheitsamt drohte daraufhin unter Fristsetzung die Verhängung eines Tätigkeitsverbots an, wenn kein Nachweis erbracht würde. Die Klägerin verweigerte diesen weiterhin, zunächst unter Berufung auf den Datenschutz, danach unter Hinweis auf die Nutzlosigkeit einer Impfung.Das Gesundheitsamt verhängte daraufhin mit bestandskräftiger Ordnungsverfügung, zugestellt am 18.9. um 13:30 Uhr, ein Tätigkeitsverbot. Am gleichen Tag erschien die Klägerin um 6:00 Uhr nicht zur Arbeit und reichte mehrere zeitlich aufeinanderfolgende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wegen einer „Anpassungsstörung“ ein. Die Arbeitgeberin leistete keine Entgeltfortzahlung. Die Zahlungsklage haben das Arbeitsgericht und das LAG abgewiesen.
Die Entscheidung des Gerichts
Das BAG bestätigt die Entscheidung der Vorinstanzen. Dabei nimmt der Senat als unstreitig an, dass die Klägerin ohne Verschulden aufgrund eines regelwidrigen Körper- und Geisteszustands nicht zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung in der Lage gewesen ist. Ein Entgeltfortzahlungsanspruch bestehe aber grds. nur, wenn die Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung sei. Der Entgeltfortzahlungsanspruch setze also voraus, dass der erkrankte Arbeitnehmer ohne die Arbeitsunfähigkeit einen Vergütungsanspruch gehabt hätte. Dem Anspruch stehe hier mit dem Tätigkeitsverbot aber ein weiterer, paralleler Umstand entgegen, der seinerseits nicht unmittelbare Folge der Erkrankung sei, sondern auf der fehlenden Vorlage eines Nachweises nach § 20a Abs. 5 Satz 1 IfSG a.F. beruhe.Es komme auch nicht darauf an, ob die Klägerin bereits vor oder erst nach Zugang der Ordnungsverfügung erkrankt sei, denn mit deren Zugang wäre ein zuvor bestehender Anspruch erloschen. Eine zuvor bestehende Arbeitsunfähigkeit wäre ab dann nicht mehr monokausal für den Arbeitsausfall gewesen.