BAG, Urt. 1.6.2017 - 6 AZR 720/15

Kündigung einer Geschäftsführerin wegen illoyalen Verhaltens – Vereinsrechtliche Fragen

Autor: RA FAArbR Axel Groeger,Redeker Sellner Dahs, Bonn
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 11/2017
Betreibt die Geschäftsführerin eines Vereins auf intrigante Weise zielgerichtet die Abwahl des Vereinsvorsitzenden, kann dies die außerordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.

BAG, Urt. v. 1.6.2017 - 6 AZR 720/15

Vorinstanz: Sächsisches LAG - 9 Sa 15/15

BGB §§ 26, 40, 626

Das Problem

Die vom Präsidium eingestellte Klägerin leitete die Geschäftsstelle eines Dachverbands. Sie hatte gegenüber den Vorsitzenden von Mitgliedsvereinen darauf hingewirkt, dass der Präsident des Dachverbands in einer Mitgliederversammlung abgewählt wird.

Nach der Satzung besteht der Vorstand des Vereins aus dem Präsidenten, drei Vizepräsidenten, dem Schatzmeister, dem Schriftführer und bis zu zehn Beisitzern. Der Präsident, die drei Vizepräsidenten und der Schatzmeister bilden das Präsidium. Je zwei Mitglieder des Präsidiums vertreten gemeinsam den Verein. Das Präsidium leitet den Verein und beschließt über dessen laufende Geschäfte. Es ist beschlussfähig, wenn drei Mitglieder anwesend sind. Es bleibt bis zur Wahl von Nachfolgern im Amt. Zur Aufrechterhaltung seiner Arbeitsfähigkeit kann der Vorstand eines seiner Mitglieder bis zur Wahl mit der Wahrnehmung der Geschäfte eines Präsidiumsmitglieds beauftragen.

Am 4.10.2013 trat Herr R von seiner Funktion als Vizepräsident des Beklagten zurück. Ein Nachfolger wurde am 10.5.2014 gewählt. In der Präsidiumssitzung am 7.10.2013 beschlossen die damals verbliebenen Mitglieder des Präsidiums einstimmig, der Klägerin wegen grober Pflichtverletzungen eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung zu erklären.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Präsidium war zuständig und beschlussfähig.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 u. 2 BGB muss ein Verein einen Vorstand haben, der die Stellung eines gesetzlichen Vertreters hat und ihn gerichtlich und außergerichtlich vertritt. Es entspricht allerdings verbreiteter Übung, dass bei der Abfassung von Vereinssatzungen Organbezeichnungen gewählt werden, die sich mit der gesetzlichen Terminologie des Vereinsrechts nicht in Einklang bringen lassen. Vorstand im Sinn der Satzung und Vorstand im Sinn des BGB sind nicht notwendig identisch. So kann der vertretungsberechtigte Vorstand auch als „Präsidium” bezeichnet sein. Lediglich ein in einer Vereinssatzung vorgesehenes Gremium, das keine Vertretungsmacht hat, kann nicht Vorstand im rechtlichen Sinn sein.

In einer Vereinssatzung kann zur Sicherung der Handlungsfähigkeit des Vereins bestimmt werden, dass die Beschlussfähigkeit des Vorstands auch dann gegeben ist, wenn nicht alle Vorstandsposten besetzt sind. Sieht eine Satzung die Aufrechterhaltung der Beschlussfähigkeit des Vorstands auch bei Nichtbesetzung einer Position vor, so wird hierdurch die demokratische Legitimation eines von der Mitgliederversammlung gem. § 27 Abs. 1 BGB bestellten Vorstands nicht verletzt. Die Legitimation der verbleibenden Vorstandsmitglieder wird durch eine Vakanz nicht beseitigt.


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