BAG, Urt. 21.8.2019 - 7 AZR 452/17
Vorbeschäftigungsverbot – Erneute sachgrundlose Befristung nach 22 Jahren zulässig
Autor: RA FAArbR Werner M. Mues, CBH Rechtsanwälte Köln
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 02/2020
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 02/2020
Nach Ablauf von 22 Jahren ist die erneute Einstellung eines Arbeitnehmers mit einer sachgrundlosen Befristung in der Regel nur dann gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unzulässig, wenn besondere Umstände vorliegen, die eine Anwendung des Vorbeschäftigungsverbots gebieten.
TzBfG § 14 Abs. 2 Satz 2
TzBfG § 14 Abs. 2 Satz 2
Das Problem
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsverhältnisses. Das beklagte Arbeitsamt hat die Klägerin als Telefonberaterin im Servicecenter befristet für zunächst 8,5 Monate mit nachfolgender Verlängerung um ein weiteres Jahr eingestellt. 22 Jahre zuvor war die Klägerin bei der Beklagten befristet für ein Jahr als Hilfssachbearbeiterin für die Bearbeitung von Kindergeldanträgen beschäftigt gewesen. Die Klägerin macht die Unwirksamkeit der erneuten Befristung wegen Verstoßes gegen das Vorbeschäftigungsverbot gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG geltend und begehrt die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf der Befristung geendet hat. Nach Abweisung der Klage durch das Arbeitsgericht hat ihr das LAG stattgegeben.Die Entscheidung des Gerichts
Das BAG stellt das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts wieder her. Das Verbot der sachgrundlosen Befristung im Fall einer Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber gilt nicht unbeschränkt. Die Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bedarf einer verfassungskonformen Auslegung. Danach ist das Vorbeschäftigungsverbot unzumutbar, wenn im konkreten Fall- eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Arbeitnehmerin nicht besteht und
- das Verbot nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten.
- sehr lang zurückliegt,
- ganz anders geartet war oder
- von sehr kurzer Dauer gewesen ist (BVerfG, Beschl. v. 6.6.2018 – 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14, ArbRB 2018, 195 [Marquardt]).