BAG, Urt. 25.1.2018 - 8 AZR 309/16
Ohne Betriebsinhaberwechsel kein Betriebsübergang – Ohne Betriebsübergang keine Widerspruchsfrist
Autor: RAin FAinArbR Dr. Cornelia Marquardt, Norton Rose Fulbright LLP, München
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 08/2018
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 08/2018
Ein Betriebsübergang setzt voraus, dass die den Betrieb im eigenen Namen führende und nach außen als Inhaberin auftretende Person wechselt. Es reicht nicht, wenn gegenüber der Belegschaft eine andere Person als Inhaberin auftritt. Ohne Betriebsübergang ist ein Widerspruch dagegen auch dann nicht erforderlich, wenn über den vermeintlichen Betriebsübergang informiert wurde.
BAG, Urt. v. 25.1.2018 - 8 AZR 309/16
Vorinstanz: LAG Baden-Württemberg - 2 Sa 35/15
BGB § 613a Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 u. Abs. 6; Richtlinie (RL) 2001/23/EG
Im Nachgang zu dieser Vereinbarung wurden die Arbeitnehmer der Beklagten einschließlich des Klägers schriftlich über einen Betriebsübergang auf F informiert. Anschließend trat F gegenüber den Arbeitnehmern und verschiedenen Behörden im eigenen Namen als neue Arbeitgeberin auf. Verträge mit sonstigen Dritten schloss F auf Rechnung und im Namen der Beklagten ab. Der Marktauftritt zum Vertrieb der von F erstellten Produkte erfolgte über die Internetseite der Beklagten; E-Mails der F wurde jeweils automatisch eine Signatur der Beklagten angefügt.
Ein Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf F erfolgte nicht.
Vorliegend sei keine Übernahme der Nutzung der wirtschaftlichen Einheit nach außen durch F erfolgt. Die Beklagte habe auch nicht ihre wirtschaftliche Betätigung eingestellt. Vielmehr habe F nur wie ein leitender Angestellter bzw. Generalbevollmächtigter für die Beklagte tätig werden und gerade nicht die Verantwortung für den Betrieb nach außen übernehmen sollen. Diese sei bei der Beklagten verblieben, die weiterhin als Inhaberin habe auftreten wollen und auch aufgetreten sei. Allein das Auftreten im eigenen Namen gegenüber Behörden im Zusammenhang mit Arbeitsverhältnissen habe F nicht zur Betriebsinhaberin gemacht, da dies nur erfolgt sei, weil F und die Beklagte von einem Betriebsübergang ausgegangen seien.
Ohne Betriebsübergang sei die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 BGB nicht anwendbar. Auch eine analoge Anwendung scheide aus, da eine planwidrige Regelungslücke fehle. Ein Bedürfnis, Arbeitnehmer vor einem ungewollten Arbeitgeberwechsel zu schützen, bestehe ohne Betriebsübergang nicht. Zudem bestünde bei analoger Anwendung die Gefahr, dass nicht widersprechende Arbeitnehmer letztlich ganz ohne Arbeitsverhältnis wären. Dies wäre mit dem Schutzzweck der Regelung nicht vereinbar.
BAG, Urt. v. 25.1.2018 - 8 AZR 309/16
Vorinstanz: LAG Baden-Württemberg - 2 Sa 35/15
BGB § 613a Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 u. Abs. 6; Richtlinie (RL) 2001/23/EG
Das Problem
Die Parteien streiten über den Fortbestand des zwischen ihnen begründeten Arbeitsverhältnisses nach Abschluss einer „Vereinbarung über Lohnfertigung und Geschäftsbesorgungsvertrag über Betriebsführung” mit der Schwestergesellschaft F der Beklagten. Darin war vereinbart, dass F die Betriebsführung des Geschäftsbetriebs der Beklagten für diese übernimmt, und der F Generalvollmacht zur Vertretung der Beklagten im Zusammenhang mit der Produktion eingeräumt wird.Im Nachgang zu dieser Vereinbarung wurden die Arbeitnehmer der Beklagten einschließlich des Klägers schriftlich über einen Betriebsübergang auf F informiert. Anschließend trat F gegenüber den Arbeitnehmern und verschiedenen Behörden im eigenen Namen als neue Arbeitgeberin auf. Verträge mit sonstigen Dritten schloss F auf Rechnung und im Namen der Beklagten ab. Der Marktauftritt zum Vertrieb der von F erstellten Produkte erfolgte über die Internetseite der Beklagten; E-Mails der F wurde jeweils automatisch eine Signatur der Beklagten angefügt.
Ein Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf F erfolgte nicht.
Die Entscheidung des Gerichts
Das BAG verneint das Vorliegen eines Betriebsübergangs, weil es an dem dafür erforderlichen Inhaberwechsel fehlt. Ein „Übergang” i.S.d. RL 2001/23/EG erfordere eine Übernahme durch einen „neuen” Arbeitgeber. Dies setze einen Wechsel in der Person des für den Betrieb der übergehenden wirtschaftlichen Einheit Verantwortlichen voraus und damit desjenigen, der diese Einheit im eigenen Namen führe und nach außen als deren Inhaber auftrete. Zudem müsse der bisherige Inhaber seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb oder Betriebsteil einstellen.Vorliegend sei keine Übernahme der Nutzung der wirtschaftlichen Einheit nach außen durch F erfolgt. Die Beklagte habe auch nicht ihre wirtschaftliche Betätigung eingestellt. Vielmehr habe F nur wie ein leitender Angestellter bzw. Generalbevollmächtigter für die Beklagte tätig werden und gerade nicht die Verantwortung für den Betrieb nach außen übernehmen sollen. Diese sei bei der Beklagten verblieben, die weiterhin als Inhaberin habe auftreten wollen und auch aufgetreten sei. Allein das Auftreten im eigenen Namen gegenüber Behörden im Zusammenhang mit Arbeitsverhältnissen habe F nicht zur Betriebsinhaberin gemacht, da dies nur erfolgt sei, weil F und die Beklagte von einem Betriebsübergang ausgegangen seien.
Ohne Betriebsübergang sei die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 BGB nicht anwendbar. Auch eine analoge Anwendung scheide aus, da eine planwidrige Regelungslücke fehle. Ein Bedürfnis, Arbeitnehmer vor einem ungewollten Arbeitgeberwechsel zu schützen, bestehe ohne Betriebsübergang nicht. Zudem bestünde bei analoger Anwendung die Gefahr, dass nicht widersprechende Arbeitnehmer letztlich ganz ohne Arbeitsverhältnis wären. Dies wäre mit dem Schutzzweck der Regelung nicht vereinbar.