BAG, Urt. 30.8.2017 - 7 AZR 864/15
Sachgrundbefristung wegen Eigenart der Arbeitsleistung bei Serienschauspielern
Autor: RA FAArbR Dr. Henning Hülbach, Rechtsanwälte Verweyen Lenz-Voß Boisserée, Köln, Lehrbeauftragter für Arbeitsrecht (TH Köln)
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 03/2018
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 03/2018
Die befristete Beschäftigung eines Schauspielers für eine Fernsehserie ist im Regelfall wegen der Eigenart der Arbeitsleistung i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG wirksam.
BAG, Urt. v. 30.8.2017 - 7 AZR 864/15
Vorinstanz: LAG München - 4 Sa 527/15
TzBfG § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4; GG Art. 5 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1
Die Befristung sei aufgrund der Eigenart der Arbeitsleistung gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt. Dieser Sachgrund sei ausweislich der Gesetzesmaterialien in Fällen anzunehmen, in denen besondere grundgesetzlich geschützte Freiheiten, wie etwa die Rundfunk-, Kunst- und Pressefreiheit entsprechende Möglichkeiten für den Arbeitgeber erforderten.
Die Beklagte als reine Produktionsgesellschaft könne sich dabei zwar nicht auf die Rundfunkfreiheit, jedoch auf die Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG berufen. Dem bestehenden künstlerischen Gestaltungsinteresse der Beklagten, kurzfristig Drehbücher zu ändern (gleich ob alleine oder in Zusammenspiel mit dem beauftragenden Fernsehsender), würde durch einen unbefristeten Vertrag und dem dann bestehenden Erfordernis einer begründeten betriebsbedingten Kündigung im Ergebnis nicht ausreichend Rechnung getragen.
Dies gelte im vorliegenden Fall auch, obwohl die Kunstfreiheit das Interesse der Produktionsgesellschaft nicht absolut schütze. Vielmehr erfordere auch der Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG eine Interessenabwägung mit dem durch Art. 12 GG geschützten Interesse des Arbeitnehmers an einer unbefristeten Beschäftigung. Allerdings würden dabei im Regelfall die Interessen des Arbeitgebers an der Befristung überwiegen, wenn der Arbeitnehmer in verantwortlicher Weise bei dem infrage stehenden künstlerischen Werk eingesetzt sei. Anders wäre dann zu entscheiden, wenn der Arbeitnehmer nach dem Inhalt der vertraglichen Tätigkeit kein oder nur untergeordneten Einfluss auf die Umsetzung eines künstlerischen Konzepts habe. Mit dieser Maßgabe, einschließlich der Interessenabwägung, entspreche die Auslegung von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG auch der entsprechenden europäischen Richtlinie.
BAG, Urt. v. 30.8.2017 - 7 AZR 864/15
Vorinstanz: LAG München - 4 Sa 527/15
TzBfG § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4; GG Art. 5 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1
Das Problem
Auf Basis eines schriftlichen Vertrags mit der beklagten Filmproduktionsgesellschaft war der Kläger als Kommissar zuletzt für zwei Folgen einer Krimiserie beschäftigt. Nach Ablauf der vereinbarten Produktionszeit teilte die Beklagte mit, dass der Zweck des Engagements mit Ablauf des letzten Drehtages erreicht sei und der Vertrag daher spätestens zwei Wochen nach Zugang des Schreibens enden werde. Der Kläger erhob Klage zum Arbeitsgericht, u.a. mit dem Antrag festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristungsvereinbarung geendet hat. Mit seiner Revision wendet sich der Kläger gegen die abweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen.Die Entscheidung des Gerichts
Das BAG weist die Revision des Klägers zurück. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien sei mit Ablauf des befristeten Arbeitsvertrags beendet worden.Die Befristung sei aufgrund der Eigenart der Arbeitsleistung gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt. Dieser Sachgrund sei ausweislich der Gesetzesmaterialien in Fällen anzunehmen, in denen besondere grundgesetzlich geschützte Freiheiten, wie etwa die Rundfunk-, Kunst- und Pressefreiheit entsprechende Möglichkeiten für den Arbeitgeber erforderten.
Die Beklagte als reine Produktionsgesellschaft könne sich dabei zwar nicht auf die Rundfunkfreiheit, jedoch auf die Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG berufen. Dem bestehenden künstlerischen Gestaltungsinteresse der Beklagten, kurzfristig Drehbücher zu ändern (gleich ob alleine oder in Zusammenspiel mit dem beauftragenden Fernsehsender), würde durch einen unbefristeten Vertrag und dem dann bestehenden Erfordernis einer begründeten betriebsbedingten Kündigung im Ergebnis nicht ausreichend Rechnung getragen.
Dies gelte im vorliegenden Fall auch, obwohl die Kunstfreiheit das Interesse der Produktionsgesellschaft nicht absolut schütze. Vielmehr erfordere auch der Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG eine Interessenabwägung mit dem durch Art. 12 GG geschützten Interesse des Arbeitnehmers an einer unbefristeten Beschäftigung. Allerdings würden dabei im Regelfall die Interessen des Arbeitgebers an der Befristung überwiegen, wenn der Arbeitnehmer in verantwortlicher Weise bei dem infrage stehenden künstlerischen Werk eingesetzt sei. Anders wäre dann zu entscheiden, wenn der Arbeitnehmer nach dem Inhalt der vertraglichen Tätigkeit kein oder nur untergeordneten Einfluss auf die Umsetzung eines künstlerischen Konzepts habe. Mit dieser Maßgabe, einschließlich der Interessenabwägung, entspreche die Auslegung von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG auch der entsprechenden europäischen Richtlinie.